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21.02.2006 · IWW-Abrufnummer 060520

Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 15.02.2005 – 9 U 19/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Köln
9. Zivilsenat

Urteil

Aktenzeichen: 9 U 19/04

Vorinstanz: Landgericht Köln, 24 0 167/03

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 8. Januar 2004 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 0167/03 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Zahlung einer Kaskoentschädigung für einen Schaden an dem Kastenaufbau seines LKWs mit dem amtlichen Kennzeichen xx-x xxx. Das Fahrzeug war bei der Beklagten vollkaskoversichert mit einer Selbstbeteiligung von 1.000 DM.

Am 2.12.1999 verunfallte das Fahrzeug, indem es bei einem Ausweichmanöver mit der oberen rechten Ecke des Kastenaufbaus gegen einen Baumast stieß. Mit Schadenanzeige vom 27.12.1999 wurde der Schaden schriftlich bei der Beklagten angezeigt. Die Frage, ob das Fahrzeug reparierte oder unreparierte Vorschäden aufwies, blieb unbeantwortet. Nach einem von der Beklagten bei der DEKRA in Auftrag gegebenen Gutachten des Sachverständigen L. vom 18.1.2000 bestand ein Vorschaden am Kastenaufbau. Mit Schreiben vom 24.1.2000 übersandte die Beklagte das Gutachten an den Kläger und bat gleichzeitig um Unterrichtung über alle Vorschäden, wobei der Kläger behauptet, er habe dieses Schreiben erstmals im Prozess gesehen. Der Kläger meldete sich unter dem 31.1.2000 schriftlich bei der Beklagten, jedoch ohne Angaben zu den Vorschäden zu machen. Unter dem 24.7.2000 erinnerte die Beklagte an die Beantwortung ihres Schreibens vom 24.1.2000 und stellte nochmals im einzelnen Fragen nach Vorschäden. Am 27.7.2001 erinnerte die Beklagte an die Beantwortung ihres Schreibens vom 24.7.2000. Der Kläger bat am 12.12.2001 um Abrechnung auf Gutachtenbasis, ohne auf die Fragen der Beklagten zu den Vorschäden einzugehen. Am 20.12.2001 mahnte die Beklagte nochmals die Beantwortung des Schreibens vom 24.7.2000 an. Sie übersandte dieses Schreiben erneut am 3.1.2002. Unter dem 16.1.2002 meldete sich der Kläger schriftlich bei der Beklagten und bat nochmals um Abrechnung auf Gutachtenbasis, wiederum, ohne auf Vorschäden einzugehen. Mit Schreiben vom 18.1.2002 lehnte die Beklagte die Deckung ab.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 8.1.2004 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei leistungsfrei, da der Kläger seine Aufklärungsobliegenheiten nach § 7 l Abs. 2 AKB massiv verletzt habe. Sämtliche Nachfragen nach den von ihrem Sachverständigen festgestellten Vorschäden seien unbeantwortet geblieben. Soweit der Kläger vorgetragen habe, die Vorschäden seien durch einen früheren Mitarbeiter telefonisch erläutert worden, sei dieser Vortrag nicht hinreichend substantiiert. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil und seine tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers. Er trägt vor, dass eine Obliegenheitsverletzung wegen Verschweigens des Vorschadens bereits deshalb nicht vorliege, da der Beklagten bei Verfassung der diesbezüglichen Anfrage der Vorschaden bekannt gewesen sei. Die Auflistung in dem Gutachten der DEKRA sei abschließend. Darüber hinaus habe der Kläger nicht vorsätzlich gehandelt. Er habe gewusst, dass das die Vorschäden ausweisende Gutachten bereits vorgelegen habe, so dass er keine Notwendigkeit gesehen habe, formelhafte Nachfragen nach Vorschäden zu beantworten. Auch sei das Unterlassen der Beantwortung dieser Fragen nicht geeignet gewesen, die Feststellungsinteressen der Beklagten zu beeinträchtigen.

Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 8. Januar 2004, - 24 0167/03 -, zu verurteilen, an die Klägerin EUR 5.080,12 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Ansicht, dass sie aufgrund der unterbliebenen Beantwortung der Fragen hinsichtlich der Vorschäden leistungsfrei sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften in beiden Instanzen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigung gern. §§ 1,49 WG, 12 Abs. 1 II e AKB. Die Beklagte ist wegen Obliegenheitsverletzung des Klägers von ihrer Leistung gern. § 7 V Nr. 4 AKB i.V.m. § 6 Abs. 3 WG frei.

Gem. § 7 I Nr. 2 Satz 3 AKB war der Kläger verpflichtet alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann. Diese Aufklärungsobliegenheit hat er dadurch verletzt, dass er die Nachfragen der Beklagten zu den Vorschäden in den Schreiben vom 24.7.2000, vom 27.7.2001, vom 20.12.2001 und vom 3.1.2002 nicht beantwortet hat. Da er unstreitig diese Schreiben erhalten hat, kann es dahinstehen, ob ihm außerdem das Schreiben der Klägerin vom 24.1.2000 zugegangen ist.

Soweit der Kläger vorträgt, sein Mitarbeiter F. habe telefonisch die Fragen beantwortet, ist dieser Vortrag nicht hinreichend substantiiert. Zwar muss die Beklagte die Obliegenheitsverletzung beweisen (st. Rspr., vgl. BGH NJW-RR 1996,981; OLG Köln VersR 1993, 310); da es sich hier um eine negative Tatsache handelt, muss der Kläger im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast jedoch substantiiert vortragen, wie er seinen Obliegenheiten nachgekommen ist (allgemein hierzu etwa BGH NJW 1987,1322). Allein der pauschale Hinweis auf ein Telefonat, ohne Angabe mit wem und wann es geführt worden ist, und was im einzelnen besprochen wurde, ist nicht ausreichend.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass die Beklagte aufgrund des Gutachtens vom 18.1.2000 Kenntnis von den Vorschäden gehabt habe.

Zwar ist es richtig, dass die Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers ein Aufklärungsbedürfnis auf Seiten des Versicherers voraussetzt. Soweit der Versicherer über einzelne den Versicherungsfall betreffende Punkte bereits ausreichend informiert ist, bedarf es keiner Aufklärung mehr (OLG Hamm r+ s 1993,442; OLG Hamm NJW-RR 1990, 1310).

Hier hatte die Beklagte aufgrund des Gutachtens jedoch nur Kenntnis darüber, dass ein nicht-reparierter Vorschaden am Fahrzeug vorlag. Weder wusste sie, ob es sich um den einzigen Vorschaden handelte, noch ob weitere reparierte Vorschäden vorlagen. Die Beklagte musste sich nicht darauf verlassen, dass die Angaben im Gutachten insoweit richtig und vollständig waren. Vielmehr durfte sie insoweit bei ihrem Versicherungsnehmer, dem Kläger, nachfragen.

Der Kläger hat auch vorsätzlich gehandelt. Da in objektiver Hinsicht eine Obliegenheitsverletzung vorliegt, greift die Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 Satz 1 WG ein (vgl. BGH r + s 2002, 51 ).Demgemäss muss der Versicherungsnehmer beweisen, dass die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht.

Der Kläger konnte diese Vorsatzvermutung nicht widerlegen. Er trägt vor, er habe keine Notwendigkeit zur Beantwortung der Fragen gesehen, da der Beklagten die Vorschäden aufgrund des Gutachtens bekannt gewesen seien und er dies auch gewusst habe. Die Fragen der Beklagten gehen aber erkennbar über die ihr bereits bekannten Vorschäden hinaus. Sie hat auch nach reparierten Vorschäden und der möglicherweise durchgeführten Reparatur sowie danach gefragt, ob alle in dem Gutachten kalkulierten Schäden auf das Unfallereignis zurückzuführen sind. Die Beklagte hat danach eindeutig erkennen lassen, dass sie von dem Kläger weitere Informationen zu den Vorschäden benötige. Daher ist es nicht nachvollziehbar, dass der Kläger keine Notwendigkeit zur Beantwortung sah.

Zwar ist die vorsätzliche Obliegenheitsverletzung des Klägers folgenlos geblieben. Die Beklagte ist aber nach der Relevanzrechtsprechung leistungsfrei. Danach tritt bei vorsätzlichen, aber folgenlosen Obliegenheitsverletzungen die Leistungsfreiheit dann ein, wenn der Verstoß zum einen generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden und zum anderen dem Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden zur Last fällt (BGH VersR 1984, 228 = r + s 1984,178; BGH r + s 1993, 308).

Das Unterlassen der Mitteilung über Vorschäden war generell geeignet, die Interessen der Beklagten ernsthaft zu gefährden. Denn der Umfang der Vorschäden und insbesondere, ob alle in dem Gutachten der DEKRA kalkulierten Schäden auf das Unfallereignis zurückzuführen sind, war für den Umfang der Leistungspflicht durch die Beklagte wesentlich (vgl. zu Vorschäden BGH r + S 2002, 51; BGH VersR 1984, 228f.).

Den Kläger trifft auch ein erhebliches Verschulden. Die Abgrenzung des erheblichen vom nicht so gewichtigen Verschulden ist danach vorzunehmen, ob es sich um ein Fehlverhalten handelt, das auch einem ordentlichen Versicherungsnehmer leicht unterlaufen kann und für das deshalb ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermag (vgl. BGH r + s 1984, 178; BGH r + S 1989, 5; OLG Köln r + s 1994, 316). Die Beklagte hat hier mehrfach nachgefragt. Der Kläger hat dennoch nicht reagiert. Dies geht deutlich über eine Obliegenheitsverletzung, die auch einem ordentlichen Versicherungsnehmer unterlaufen mag, hinaus, so dass dem Kläger ein erhebliches Verschulden vorzuwerfen ist.

Der Kläger ist in der Schadenanzeige vom 27.12.1999 zu Beginn, gut erkennbar und drucktechnisch hervorgehoben, über die Folgen einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung belehrt worden. Zwar liegt diese Belehrung mehr als 2 Jahre vor der letzten Nachfrage nach den Vorschäden mit Schreiben vom 20.12.2001, das nochmals am 3.1.2002 übersandt wurde. Insoweit könnten Bedenken bestehen, ob die Belehrung in der Schadenanzeige noch bis zu dieser letzten Nachfrage fortwirkt (vgl. hierzu OLG Hamm r + s 2001, 140). Die Beklagte hat den Kläger jedoch in den zuletzt genannten Schreiben noch einmal auf die Folgen einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung hingewiesen, so dass für den Kläger erkennbar war, dass er bei Nichtbeantwortung der Frage nach den Vorschäden seinen Versicherungsschutz gefährden würde.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Streitwert: 5.080,12 EUR

RechtsgebieteVersicherungsrecht, KaskoversicherungVorschriften§ 7 I Nr. 2 AKB (-> I ist richtig, nicht Abs. 1); § 12 Abs. 1 AKB

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