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01.02.2006 · IWW-Abrufnummer 060296

Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 15.12.2005 – 10 K 191/00

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


NIEDERSÄCHSISCHES FINANZGERICHT

URTEIL

vom 15.12.2005
Az.: 10 K 191/00

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung der Steuerberatungskosten in Zusammenhang mit der Erstellung einer Erbschaftssteuererklärung als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Der Kläger ist Erbe des im März 1998 verstorbenen A. Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung für 1998 ihnen im Rahmen der Anfertigung der Erbschaftssteuererklärung entstandene Kosten als Steuerberatungskosten bei den Sonderausgaben geltend. Der Beklagte erkannte diese Aufwendungen nicht als Sonderausgeben an, da er der Meinung war, die Steuerberatungskosten seien als Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Erbschaftssteuergesetz (ErbStG) ausschließlich im Rahmen der Erbschaftssteuer zu berücksichtigen und außerdem dort auch berücksichtigt worden. In der zurückweisenden Einspruchsentscheidung führte der Beklagte weiter aus, die Aufwendungen minderten zwar den Nachlass des Erblassers, hätten aber keine wirtschaftliche Belastung des Klägers zur Folge. Da der Kläger die Berücksichtigung der streitigen Aufwendungen im Rahmen der Erbschaftssteuer als Nachlassverbindlichkeit beantragt habe und die Kosten dort berücksichtigt worden seien, hätten sich diese bereits steuermindernd ausgewirkt.

Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren auf Berücksichtigung der bisher nicht anerkannten Steuerberatungskosten weiter. Sie sind der Ansicht, dass es unerheblich sei, wie sich die Kosten erbschaftssteuerlich auswirkten, weil es zwischen der erbschaftssteuerlichen Einordnung dieser Kosten als Nachlassverbindlichkeiten und der einkommensteuerlichen Abzugsfähigkeit bei den Sonderausgaben keinen Zusammenhang oder gesetzlich normierte Einschränkungen zur Abzugsfähigkeit gebe.

Die Kläger beantragen,

weitere Steuerberatungskosten in Höhe von x DM bei den Sonderausgaben ein-kommensmindernd zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält an seiner im Vorverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest und meint ergänzend, dass die von den Klägern begehrte doppelte Berücksichtigung dieser Aufwendungen nicht im Sinne der Vorschrift sei.

Die Kläger und der Beklagte haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der Beklagte hat zu Unrecht die Steuerberatungskosten nicht bei bei den Sonderausgaben berücksichtigt.

1. Nach § 10 Abs.1 Nr.6 EStG dürfen Steuerberatungskosten als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn sie weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben sind.

Nach herrschender Meinung und Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Steuerberatungskosten, soweit sie sich auf die Ermittlung der Einkünfte beziehen, Werbungskosten oder Betriebsausgaben und soweit sie das Ausfüllen der Steuererklärung oder Beratung in Tarif- und Veranlagungsfragen betreffen, als Sonderausgaben abziehbare Kosten der Lebensführung, wobei § 10 Abs.1 Nr.6 EStG dem Normzweck entsprechend weit auszulegen ist und alle Ausgaben erfasst, die dem Steuerpflichtigen dadurch entstehen, daß er zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten oder zur Wahrung seiner steuerlichen Rechte fremde Hilfe in Anspruch nimmt (Kirchhof/Söhn EStG § 10 I2; Hermann/Heuer/Raupach-Nolde EStG § 10 Rz. 263, BFH-Urteile vom 30. April 1965 VI 207/62 S , BFHE 82, 449, BStBl III 1965, 410; vom 30. April 1965 VI 7/63 U, BFHE 82, 455, BStBl III 1965, 412; vom 18. November 1965 IV 151/64 U, BFHE 84, 519, BStBl III 1966, 190; vom 12. Juli 1989 X R 35/86, BStBl II 1989, 967). Die Steuerberatung muss sich auf die steuerlichen Rechte und Pflichten des Steuerpflichtigen selbst beziehen und in sachlichem Zusammenhang mit dem Besteuerungsverfahren stehen; auch Beratungskosten, die dem Erben im Zusammenhang mit der Erbschaftssteuererklärung erwachsen, entstehen im Besteuerungsverfahren und sind Steuerberatungskosten im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG (vgl. Hermann/Heuer/ Raupach-Nolde EStG § 10 Rz. 263, FG Hannover Urteil vom 17. März 1988 VI 306/88 ?juris- BFH-Urteil vom 18. Juli 1972 VIII R 54/68, BFHE 106, 525, BStBl II 1972, 878 zur Frage der Einordnung als Sonderausgaben).

Die streitigen Steuerberatungskosten, die dem Kläger als Erben im Zusammenhang mit der Erstellung der Erbschaftssteuererklärung entstanden und unstreitig weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind, sind somit grundsätzlich als Steuerberatungskosten im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG abzugsfähig.

2. Der Abzug bei den Sonderausgaben ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil dieselben Aufwendungen auch als Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 10 Abs. 5 ErbStG den steuerpflichtigen Erwerb des Vermögens des Erblassers gemindert haben.

a) Die Vorschrift des § 10 EStG, die den Abzug von Sonderausgaben regelt, enthält keine dahingehende Einschränkung, da hiernach ein Abzug entsprechender Aufwendungen nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 10 Abs. 1 S. 1 EStG nur dann ausgeschlossen sein soll, wenn die Aufwendungen Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Unter Berücksichtigung der Intention des Gesetzgebers, nach der Steuerpflichtige ?in allen Fällen die Möglichkeit haben (sollten), die ihnen durch Steuerberatung erwachsenen Kosten bei der Ermittlung des Einkommens abzusetzen?(s. Kirchhof/Söhn EStG § 10 I2 m.w.N.) kommt eine Erweiterung der vom Gesetzgeber vorgesehenen Einschränkung über den Wortlaut der Vorschrift hinaus nicht in Betracht, da sie nicht dem gesetzgeberischen Willen entspricht.

b) Im Einkommensteuergesetz findet sich auch keine allgemeine Vorschrift dergestalt, dass grundsätzlich die einkommensteuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen ausgeschlossen ist, wenn diese in anderen Besteuerungsverfahren steuermindernd berücksichtigt werden können oder berücksichtigt worden sind.

c) Ein Abzug der Steuerberatungskosten bei der Einkommensteuer ist auch nicht durch die Regelung des § 10 ErbStG ausgeschlossen. §10 ErbStG regelt lediglich die Grundsätze, nach denen der steuerrelevante Wert des steuerpflichtigen Erwerbs, - hier des Nachlasses - ermittelt wird, ohne dass sich hierdurch auch Auswirkungen auf einkommensteuerrelevante Tatbestände ergäben. Für die uneingeschränkte Berücksichtigung bei der Einkommensteuer spricht vielmehr auch die frühere Handhabung der Finanzverwaltung, diese Kosten nicht als Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 10 Abs. 5 ErbStG zu berücksichtigen (Meincke ErbStG 9. Aufl. § 10 RZ. 45). Die schlichte Änderung der Verwaltungsauffassung zur Abzugsfähigkeit dieser Aufwendungen im Rahmen der Erbschaftssteuer hat keine unmittelbare Auswirkung auf die gesetzlich normierte Abzugsfähigkeit der Kosten im Rahmen der Einkommensteuer derart, dass nunmehr der Abzug als Sonderausgabe bei der Einkommensteuer zu versagen wäre.

d) Das Gericht teilt auch nicht die Ansicht des Beklagten, dass hierdurch eine unzulässige Doppelentlastung erreicht werde. Die Minderung des zu versteuernden Einkommens durch den Abzug von Sonderausgaben und die Minderung des Nachlasses durch Berücksichtigung von Nachlassverbindlichkeiten betreffen unterschiedliche Steuersubjekte; in dem einen Fall den Erben und im zweiten Fall den Erblasser, dessen vom ihm hinterlassenes und für den Erben steuerpflichtiges Vermögen durch die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten geschmälert wird. Eine Verknüpfung dieser zunächst einmal unabhängigen Steuersubjekte dergestalt, dass im Zusammenhang mit der Erbschaft entstehende Aufwendungen entweder nur als Nachlassverbindlichkeit oder nur als Sonderausgaben steuerlich geltend gemacht werden können und die gleichzeitige einkommensteuerliche und erbschaftssteuerliche Berücksichtigung somit ausgeschlossen ist, kann allenfalls durch eine gesetzliche Regelung erfolgen, die vom Gesetzgeber so jedoch nicht getroffen worden ist. Im Übrigen steht es dem Gesetzgeber frei, doppelte Be- und Entlastungen vorzusehen, sind diese nicht schon grundsätzlich unzulässig.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kosten aus den §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

4. Die Entscheidung über die Übertragung der Neuberechnung der der festzusetzenden Steuer folgt aus § 100 Abs. 2 S. 2 FGO.

5. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen.

RechtsgebietEStGVorschriften§ 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG

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