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27.12.2005 · IWW-Abrufnummer 053626

Oberlandesgericht Koblenz: Urteil vom 07.09.2004 – 3 U 1235/02

Der Subplaner, der mit dem Hauptplaner eine Honorarvergütung unter den Mindestsätzen getroffen hat, kann eine Abrechnung nach Mindestsätzen verlangen, auch wenn ihm bekannt ist, dass der Hauptplaner mit seinem Auftraggeber ebenfalls ein Honorar unter den Mindestsätzen vereinbart hat.

OLG Koblenz, Urteil vom 07.09.2004 - 3 U 1235/02

BGH, Beschluss vom 10.11.2005 - VII ZR 238/04 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)


In dem Rechtsstreit

XXX

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Richter am Oberlandesgericht Mille, die Richterin am Oberlandesgericht Becht und den Richter am Oberlandesgericht Ritter, auf die mündliche Verhandlung vom 13.07.2004

für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 29.08.2002 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz teilweise abgeändert und das Urteil insgesamt neu gefasst wie folgt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 35.924,41 Euro nebst 4% Zinsen hieraus seit dem 09.06.2001 zu zahlen.

Die Klage wird im Übrigen abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des gesamten Rechtsstreits tragen der Kläger 5/14 und der Beklagte 9/14.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegen den Beklagten Honoraransprüche für Leistungen der Tragwerksplanung in Bezug auf drei Brückenbauwerke geltend.

Der Beklagte, der seinerzeit unter der Bezeichnung ?K GmbH? auftrat, war im Rahmen des Bauvorhabens vom Generalunternehmer, der H AG, Niederlassung Leipzig, (jetzt: W AG, A) mit der Ausführungsplanung beauftragt und erteilte dem Kläger im Jahre 1995 den Auftrag, für drei Brückenbauwerke dieses Projektes die Schalungs- und Bewehrungsplanung einschließlich der dazu gehörenden Statik zu erstellen. Die Parteien vereinbarten dabei ein Stundenhonorar. Der Kläger führte. den Auftrag aus und stellte dem Beklagten zunächst ein Zeithonorar von insgesamt 34.071,63 DM in Rechnung. Am 11.11.1996 erteilte der Kläger dem Beklagten vier Schlussrechnungen auf der Basis geschätzter anrechenbarer Kosten, nachdem der Beklagte ihm keine Unterlagen zu deren Berechnung zur Verfügung gestellt hatte.

Am 30.12.1998 reichte der Kläger gegen die K GmbH Stufenklage ein, gerichtet auf Auskunftserteilung über die anrechenbaren Kosten der Brückenbauwerke, eidesstattliche Versicherung und Zahlung eines noch zu bestimmenden Honorars. In diesem Rechtsstreit erging bezüglich des ersten Klageantrags ein Versäumnisurteil gegen die damalige Beklagte, aus welchem der Kläger erfolglos vollstreckte. Unter dem 14.05.2001 erteilte er dem Beklagten weitere vier Schlussrechnungen, die sich auf insgesamt 101.330,64 DM belaufen. Außer einer Leistung in Höhe von 1.000,00 DM für die Herstellung von Mutterpausen erbrachte der Beklagte keine Zahlungen an den Kläger.

Der Kläger hat u. a. vorgetragen, er habe die in Auftrag gegebenen Ingenieurleistungen mangelfrei erbracht. Die Vereinbarung eines Zeithonorars sei unwirksam. Die anrechenbaren Kosten zur Ermittlung des geschuldeten Honorars habe er mangels ausreichender Informationen nicht ordnungsgemäß ermitteln können.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 55.781,71 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 09.06.1998 (BGBl. I S. 1242) aus 51.809,53 Euro seit dem 09.06.2001 sowie aus weiteren 3.972,18 Euro seit Klagezustellung zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, es liege ein Ausnahmefall vor, in welchem die Vereinbarung eines unterhalb der Mindestsätze der HOAI liegenden Honorars zulässig sei. Einen Großteil der in Rechnung gestellten Leistungen habe der Kläger nicht erbracht. Zudem habe er fehlerhaft gearbeitet, wodurch ihm, dem Beklagten, ein erheblicher Schaden entstanden sei. Hierauf stütze er eine Gegenforderung von insgesamt 53.563,93 DM, mit welcher er Aufrechnung erkläre. Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat. die Klage abgewiesen und dazu in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Berechnung des vom Kläger geltend gemachten Honorars sei nicht substantiiert dargelegt, weil die Grundlagen der Schätzung der anrechenbaren Kosten nicht angeben seien. Auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.

Der Kläger trägt zur Begründung seiner Berufung vor, zu den anrechenbaren Kosten könne er nicht eingehender vortragen, weil der Beklagte ihm die dazu erforderlichen Informationen nicht beschaffe. Seine Honorarforderung sei nicht verjährt. Die Verjährung sei durch die am 30.12.1998 eingereichte Klage unterbrochen worden.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und nach seinem Schlussantrag aus erster Instanz zu erkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, die Verjährung der Honorarforderung des Klägers habe durch die gegen die K GmbH gerichtete Stufenklage nicht unterbrochen werden können, da diese nicht gegen den wahren Schuldner gerichtet gewesen sei und zudem andere Forderungen zum Gegenstand gehabt habe als der vorliegende Rechtsstreit. Zumindest nach Mitteilung der Nichtexistenz der GmbH durch Schreiben des Beklagtenvertreters vom 15.07.2000 habe der Kläger unverzüglich Klage gegen ihn, den Beklagten, erheben müssen. Dass der Kläger nach Vereinbarung eines die Mindestsätze der HOAI unterschreitenden Honorars einen höheren Betrag fordere, sei überdies rechtsmissbräuchlich. Die Schlussrechnungen des Klägers seien nicht prüffähig.

Der Beklagte hat der Firma W AG, A den Streit verkündet.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze und Urkunden (bis Bl. 395 GA) Bezug genommen. Der Beklagte hat seinen Vortrag in einem zu diesem Zweck nicht vorbehaltenen Schriftsatz vom 16.08.2004 (Bl. 406 -411 GA) ergänzt.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) O vom 14.11.2003 (Bl. 315 ff. GA) sowie Ergänzungsgutachten vom 01.03.2004 (Bl. 356 ff. GA).

II.

Die Berufung ist zulässig. Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch nur zum Teil Erfolg.

Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung eines Honorars für erbrachte Ingenieurleistungen in Höhe von 35.924,41 Euro (§ 631 Abs. 1 BGB).

Zwischen den Parteien kamen Ingenieurverträge zustande. Die von den Parteien getroffene Vereinbarung eines Zeithonorars ist gemäß § 4 HOAI unwirksam. Stattdessen gelten die jeweiligen Mindestsätze als vereinbart (§ 4 Abs. 4 HOAI).

Eine nach § 4 Abs. 2 HOAI zulässige schriftliche Vereinbarung von Honoraren unterhalb der Mindestsätze wurde nicht getroffen. Weder wurde die erforderliche Schriftform eingehalten - die zu den Akten gereichten handschriftlichen Aufzeichnungen (Bl. 7 ff. GA) sind insofern unzureichend - noch liegt ein Ausnahmefall i. S. des § 4 Abs. 2 HOAI vor. Bei der Bestimmung eines Ausnahmefalles sind der Zweck der Norm und die berechtigten Interessen der Beteiligten zu berücksichtigen. Die zulässigen Ausnahmefälle dürfen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. z. B. BGHZ 136, 1, 8) einerseits nicht dazu führen, dass der Zweck der Mindestsatzregelung gefährdet wird, einen ?ruinösen Preiswettbewerb? unter Architekten und Ingenieuren zu verhindern; andererseits können alle die Umstände eine Unterschreitung der Mindestsätze rechtfertigen, die das Vertragsverhältnis in dem Sinne deutlich von den durchschnittlichen Vertragsverhältnissen unterscheiden, dass ein unter den Mindestsätzen liegendes Honorar angemessen ist. Das kann der Fall sein, wenn die vom Architekten oder Ingenieur geschuldete Leistung nur einen besonders geringen Aufwand erfordert, sofern dieser Umstand nicht schon bei den Bemessungsmerkmalen der HOAI zu berücksichtigen ist. Ein Ausnahmefall in diesem Sinne kann beispielsweise bei engen Beziehungen rechtlicher, wirtschaftlicher, sozialer oder persönlicher Art gegeben sein oder sich aus sonstigen besonderen Umständen ergeben, wie etwa der mehrfachen Verwendung einer Planung (vgl. BGH BauR 1997, 1062). Solche Voraussetzungen fehlen im vorliegenden Fall. Die vom Beklagten vorgetragenen Umstände lassen keine wesentlichen Unterschiede gegenüber üblichen Verträgen über die Tragwerksplanung erkennen und bieten nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen weder für sich genommen noch in ihrer Verbundenheit einen Anhaltspunkt dafür, dass ein Ausnahmefall im Sinne des § 4 Abs. 2 HOAI vorliegt.

Die Geltendmachung eines Honorars in Höhe der Mindestsätze durch den Kläger ist nicht rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes handelt ein Architekt oder Ingenieur treuwidrig, der nach Vereinbarung eines unter den Mindestsätzen liegenden Honorars die Mindestsätze geltend macht, sofern der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut hat und vertrauen durfte und wenn dieser sich darauf in einer Weise eingerichtet hat, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann (BGH NJW 1997, 2329, 2331). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.

Es trifft bereits nicht zu, dass der Beklagte auf die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung hätte vertrauen dürfen. Denn dem Beklagten, der selbst Bauingenieur ist, war die Regelung des § 4 HOAI mit Sicherheit bekannt, so dass er auch wissen musste, welche rechtlichen Folgen die Vereinbarung eines die Mindestsätze unterschreitenden Honorars hat. Darüber hinaus ist nicht dargetan, dass der Beklagte sich auf die Honorarvereinbarung mit dem Kläger in einer Weise eingerichtet hätte, die das Verlangen eines höheren Betrages unzumutbar machen würde. Anders als z. B. in dem durch das zuvor zitierte Urteil des Bundesgerichtshofes entschiedenen Fall kalkulierte der Beklagte nicht erst nach der Vereinbarung mit dem Kläger einen Preis, zu dem er seine, des Beklagten, Leistungen Dritten anbot, sondern er hatte den Auftrag für die Ausführungsplanung bereits von der Firma H erhalten, als er seinerseits den Kläger als Subunternehmer beauftragte. Die Preisvereinbarung des Beklagten mit seinem Auftraggeber basierte also nicht auf derjenigen mit dem Kläger. Sollte das zwischen dem Beklagten und dessen Auftraggeber vereinbarte Honorar im Fall der Zahlung von Mindestsätzen an den Kläger nicht auskömmlich sein, so beruht dies also auf einer von vornherein fehlerhaften Kalkulation des Beklagten, nicht aber auf einer vom Kläger geschaffenen Vertrauenslage.

Der Senat folgt nicht der im Urteil des OLG Nürnberg vom 15.06.2001 (NJW-RR 2003, 1326) vertretenen Auffassung, dass ein Architekt oder Ingenieur, der mit seinem Auftraggeber ein unter den Mindestsätzen liegendes Pauschalhonorar vereinbart habe und dieses an seinen Subunternehmer weitergebe, deshalb schutzwürdig sei, weil er nur dann eine Chance habe beauftragt zu werden, wenn er selbst sich auf ein solches Honorar einlasse. Soweit das OLG Nürnberg in seiner Entscheidung darauf abstellt, dass der Subunternehmer in einem solchen Fall wisse, er habe an den Vorteilen des Auftragsverhältnisses nur Teil, wenn er sich auch an dem Nachteil beteilige, der in der Unterschreitung der Mindestsätze liege, so übersieht es, dass die Bestimmung des § 4 HOAI gerade einer solchen durch den Wettbewerb bedingten Situation vorbeugen soll: Außer in den Fällen des § 4 Abs. 2 HOAI soll kein Architekt oder Ingenieur in die Zwangslage geraten, einen Auftrag nur unter der Voraussetzung annehmen zu können, dass er sich mit einem unzulänglichen Honorar zufrieden gibt. Der in der genannten Entscheidung beklagte Unterschied zwischen ?den Idealen der HOAI? und der Praxis stellt einen häufig zu beobachtenden Fall unzureichender Durchsetzbarkeit von Gesetzen - wie z. B. der Bestimmungen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit - dar, der es aber nicht rechtfertigt, auf die Durchsetzung der betreffenden Gesetze gänzlich zu verzichten.

Die Honorarforderung des Klägers ist fällig (§ 8 Abs. I HOAI).

Die Schlussrechnung des Klägers ist prüffähig i. S. des § 8 Abs. 1 HOAI. Sie umfasst zwar nicht die hierzu grundsätzlich erforderliche Kostenermittlung nach DIN 276 (§ 10 Abs. 2 HOAI). Im vorliegenden Fall jedoch genügte die Beifügung einer bloßen Kostenschätzung, da der Auftraggeber dem Kläger die Grundlagen zur Erstellung einer Kostenfeststellung oder Kostenberechnung vorenthält (vgl. dazu BGH NJW 1995, 399, 401).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann die Prüffähigkeit der Schlussrechnung des Architekten oder Ingenieurs ausnahmsweise schon bei Angaben des Architekten gegeben sein, die auf Schätzungen beruhen, wenn er nicht im Besitz der für eine Berechnung erforderlichen Informationen oder Unterlagen ist und der Auftraggeber ihm vertragswidrig die erforderlichen Auskünfte oder die Herausgabe der Unterlagen verweigert (BGH aaO.). Wenn die nachträgliche Rekonstruktion der nach § 10 Abs. 2 HOAI maßgeblichen Kostenansätze aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles praktisch nicht möglich oder unzumutbar ist, können diese Kostenansätze nach § 242 BGB auch durch ein Sachverständigengutachten ersetzt werden (BGH NJW-RR 1990, 601). Im vorliegenden Fall war der Kläger zur Erstellung einer ordnungsgemäßen Kostenermittlung nicht in der Lage, weil ihm der Beklagte die maßgeblichen Auskünfte unstreitig nicht erteilte, obwohl dieser hierzu im Stande war. Allein der Beklagte war, falls er nicht bereits über die Informationen verfügte, berechtigt, die Auskünfte von seinem Auftraggeber zu verlangen. Dass die anrechenbaren Kosten anhand der dem Kläger zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht zu ermitteln waren, hat der Sachverständige O in seinem Gutachten vom 14.11.2003 bestätigt (S. 4 d. Guta.; Bl. 318 GA). Die Prüffähigkeit bestand daher bereits aufgrund der vom Kläger mit den Rechnungen vom 11.11.1996 vorgelegten Kostenschätzungen. Soweit Einwendungen gegen deren inhaltliche Richtigkeit geltend gemacht werden, ist die Prüffähigkeit dadurch nicht berührt.

Gegen die Ansprüche des Klägers steht dem Beklagten die Einrede der Verjährung nicht zu. Dieser muss sich so behandeln lassen, als wäre die Verjährung durch die vom Kläger gegen die K GmbH erhoben Klage unterbrochen worden.

Ansprüche aus Architekten- und Ingenieurleistungen verjähren gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 7 BGB a. F. in zwei Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch entsteht (§ 201 BGB a. F.). Danach ist die Verjährung an sich am 31.12.1998 eingetreten. Die vom Kläger am 30.12.1998 beim Landgericht Koblenz - Aktenzeichen: 9 O 596/98 - eingereichte Stufenklage hätte, wenn sie gegen den Beklagten gerichtet gewesen wäre, die Unterbrechung der Verjährung herbeigeführt. Die Klageschrift wurde nach Zahlung des Kostenvorschusses am 27.01.1999, somit demnächst i. S. von § 270 Abs. 3 ZPO a. F., zugestellt. Gegenstand der Klage waren die im vorliegenden Verfahren eingeklagten Forderungen aus den vom Kläger erbrachten Ingenieurleistungen. Diese Forderungen wurden durch die Erstellung der weiteren Rechnungen vom 14.05.2001 nicht etwa fallengelassen und durch neue Forderungen ersetzt, sondern es handelt sich weiterhin um das Honorar für dieselben Ingenieurleistungen. Zur Unterbrechung der Verjährung genügt auch die Erhebung einer Stufenklage (vgl. BGH NJW 1999, 1101). Die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus dem auf die damalige Klage erlassenen Teilversäumnisurteil des Landgerichts Koblenz vom 23.02.1999 dauerten bis Juli 2000. Die vorliegende Klage ist am 08.01.2001 zugestellt worden.

Der Beklagte kann sich nach Treu und Glauben nicht darauf berufen, dass die 1998 eingereichte Klage nicht gegen ihn, den Schuldner der Klageforderung, sondern gegen die GmbH gleichen Namens gerichtet war. Denn dies beruht auf einem vom Beklagten zu vertretenden Umstand. Die Erhebung der Verjährungseinrede ist rechtsmissbräuchlich, wenn für die Unterlassung einer rechtzeitigen Klageerhebung ein Verhalten des Schuldners ursächlich ist und die spätere Verjährungseinrede unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls mit dem Gebot von Treu und Glauben unvereinbar ist. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn der Gläubiger von einer Klage gegen den ?richtigen? Schuldner dadurch abgehalten wird, dass der Schuldner es pflichtwidrig unterlassen hat, ihn auf eine Firmenänderung hinzuweisen (BGH NJW 2002, 3110, 3111). So liegen die Dinge hier.

Bei Vertragsschluss mit dem Kläger trat der Beklagte unter der Bezeichnung ?I GmbH? auf und erweckte dadurch beim Kläger die Vorstellung, dass diese Firma existiere und Auftraggeberin sei. Dies wurde vom Beklagten bis zur Klageerhebung und sogar im Rahmen des Rechtsstreits sowie der anschließenden Zwangsvollstreckung nicht korrigiert, obwohl der Beklagte aufgrund seines vorangegangenen Verhaltens dem Kläger gegenüber dazu verpflichtet war. Der Kläger durfte darauf vertrauen, dass eine Änderung der Firma des Auftraggebers ihm von diesem mitgeteilt werde. Er war daher auch nicht gehalten, vor Klageerhebung Einsicht in das Handelsregister zu nehmen oder auf andere Weise zu überprüfen, ob die vom Beklagten angegebene GmbH existierte (vgl. dazu BGH aaO. S. 3112). Der Beklagte muss sich deshalb so behandeln lassen, als wäre die Verjährung durch die Klage, die aufgrund seines vorwerfbaren Verhaltens gegen die nicht bestehende GmbH gerichtet wurde, unterbrochen worden. Diese Wirkung der Klageerhebung wurde auch durch das an die Rechtsanwälte des Klägers gerichtete Schreiben des Vertreters des Beklagten vom 15.07.2000, welches erstmals einen Hinweis auf die Nichtexistenz der GmbH enthält, nicht beseitigt.

Der Beklagte beruft sich den Honoraransprüchen des Klägers gegenüber zu Unrecht darauf, dass die Leistungen des Klägers mangelhaft gewesen seien. Gewährleistungsansprüche gemäß §§ 634, 635 BGB a. F. sind nicht entstanden, da der Beklagte dem Kläger nicht gemäß § 634 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. unter Ablehnungsandrohung eine Frist zur Mangelbeseitigung setzte. Eine solche Fristsetzung war nicht entbehrlich, da die Mängel nach dem Vortrag des Beklagten bereits vor Ausführung der geplanten Bauvorhaben erkannt wurden und deshalb eine Nachbesserung noch möglich war. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Arbeiten, wie der Beklagte vorträgt, dringlich waren. Es ist nicht dargetan, dass selbst für die Setzung einer kurzen Nachfrist keine Zeit mehr zur Verfügung gestanden habe.

Die Honoraransprüche des Klägers betragen insgesamt 70.262,03 DM oder 35.924,41 Euro.

Der Kläger war beauftragt mit der Schalungs- und Bewehrungsplanung für die Brückenbauwerke 70, 73 und 74. Der Sachverständige hat die anrechenbaren Kosten (§ 62 Abs. 6 HOAI) dieser Bauvorhaben aufgrund vergleichbarer Vorhaben und anhand von Richtpreisen in folgender Höhe in nachvollziehbarer Weise geschätzt:

Bauwerk 70: 350.000,00 DM
Bauwerk 73: 160.000,00 DM
Bauwerk 74: 540.000,00 DM

Wie der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten vom 01.03.2004 überzeugend dargetan hat, sind die anrechenbaren Kosten entgegen der Auffassung des Beklagten nicht deshalb niedriger anzusetzen, weil die Bauarbeiten in den neuen Bundesländern durchgeführt wurden. Nennenswerte Preisunterschiede zwischen den neuen und den alten Bundesländern sind nicht festzustellen.

Auf der Grundlage der geschätzten anrechenbaren Kosten errechnen sich die geschuldeten Honorare nach § 65 HOAI wie folgt:

Bauwerk 70:
Leistungsphase 4 8.556,00 DM
Leistungsphase 5 11.978,40 DM
-------------
20.534,40 DM
16% MWSt 3.285,50 DM
--------------
23.819,90 DM

Bauwerk 73:
Leistungsphase 4 4.592,40 DM
Leistungsphase 5 6.429,36 DM
-------------
11.021,76 DM
16 % MWSt 1.763,48 DM
-------------
12.785,24 DM

Bauwerk 74:
Leistungsphase 4 12.089,40 DM
Leistungsphase 5 16.925,16 DM
-------------
29.014,56 DM
16 % MWSt 4.642,30 DM
---------------
33.656,89 DM

Daraus ergibt sich ein Gesamtbetrag von 70.262,03 DM (= 35.924,41 Euro).

Nicht zu folgen ist dem Vortrag des Beklagten, dem Kläger stehe nicht der volle Honoraranspruch zu, weil er nicht alle Grundleistungen der Leistungsphasen 4 und 5 erbracht habe. Das volle Honorar fällt grundsätzlich auch dann an, wenn nur die zentralen Teile der Grundleistungen nach § 64 Abs. 3 HOAI in vollem Umfang erbracht werden, andere in dieser Bestimmung aufgeführte Leistungen zur Errichtung eines mangelfreien Bauwerks aber nicht erforderlich waren (vgl. BGH NJW 1982, 1387; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rdnr. 786, 788). Das gilt auch für den Tragwerksplaner (so OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 340, 341). Die genannten Voraussetzungen sind hier gegeben. Ob der Kläger sich bei der Erfüllung des Vertrages einer Mitarbeiterin bediente, wie vom Beklagten behauptet, ist für seinen Honoraranspruch irrelevant.
Der Kläger war mit der Erstellung der Schalungs- und Bewehrungsplanung einschließlich der dazu gehörigen Statik beauftragt. Die hierfür erforderlichen Leistungen hat er erbracht, .d. h., die für die Erstellung der geplanten Brückenbauwerke im Rahmen der Tragwerksplanung notwendigen Berechnungen und Zeichnungen angefertigt und übergeben. Dabei handelt es sich, wie der Beklagte nicht bestreitet, um mindestens folgende in § 64 Abs. 3 Nr. 4 HOAI (Genehmigungsplanung) aufgeführte Grundleistungen: Aufstellen der prüffähigen statischen Berechnungen für das Tragwerk unter Berücksichtigung der vorgegebenen bauphysikalischen Anforderungen sowie folgende Grundleistungen gemäß § 64 Abs. 3 Nr. 5 HOAI (Ausführungsplanung): Anfertigen der Schalpläne in Ergänzung der fertig gestellten Ausführungspläne des Objektplaners, Zeichnerische Darstellung der Konstruktionen mit Einbau- und Verlegeanweisungen (Bewehrungspläne etc.). Dies aber sind die zentralen Teile der Grundleistungen der Leistungsphasen 4 und 5. Die nach dem Vortrag des Beklagten nicht erbrachten Teile der Grundleistungen, wie Erfassen von normalen Bauzuständen, Anfertigen der Positionspläne für das Tragwerk oder Eintragung statischer Positionen etc. in die Entwurfszeichnungen des Objektplaners, Zusammenstellen der Unterlagen der Tragwerksplanung zur bauaufsichtlichen Genehmigung, Verhandlungen mit Prüfämtern und Prüfingenieuren, Vervollständigen und Berichtigen der Rechnungen und Pläne, gehören nicht zu den unerlässlichen Bestandteilen der Genehmigungsplanung. Sollten diese Leistungen nicht erbracht worden sein, so rechtfertigt dies nicht eine Kürzung des Honorars (vgl. OLG Düsseldorf aaO.). Insofern könnte der Beklagte allenfalls Gewährleistungsansprüche geltend machen (vgl. dazu Werner/Pastor Rdnr. 786). Dazu fehlt es jedoch, wie bereits ausgeführt, an den Voraussetzungen nach § 634 Abs. 1 BGB a. F.

Der Kläger hat gegen den Beklagten also einen Anspruch auf Zahlung eines Honorars in Höhe von 35 924,41 Euro.

Die Zinsforderung beruht auf den §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB in der bis zum 30.04.2000 geltenden Fassung. Ein höherer Zinssatz als 4% ist nicht geschuldet, da die Hauptforderungen vor dem 01.05.2000 fällig geworden sind (Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB).

Das angefochtene Urteil war in dem Umfang, wie aus dem Tenor ersichtlich, abzuändern. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 55.781,71 Euro festgesetzt.

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB §§ 631, 242; HOAI § 4 Abs. 2, 4

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