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10.11.2005 · IWW-Abrufnummer 053185

Finanzgericht München: Urteil vom 18.02.2004 – 3 K 2834/01

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Az.: 3 K 2834/01

Finanzgericht München

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache XXX

wegen Umsatzsteuer 1998 und 1999

hat der 3. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung XXX
auf Grund mündlicher Verhandlung vom 18. Februar 2004
für Recht erkannt:

1. Unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 7. März 2001 und der Einspruchsentscheidung wird der Beklagte verpflichtet, die Umsatzsteuer für 1998 und 1999 auf jeweils Null ? festzusetzen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.
Bei der Einlegung und Begründung der Beschwerde muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden.
Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089 / 92 31-201.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten
lassen.

G r ü n d e:

I.

Die Klägerin, eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, betrieb in den Streitjahren (1998, 1999) eine physikalische Praxis. Die in der Praxis erbrachten krankengymnastischen Leistungen werden von angestellten Krankengymnasten erbracht, die die beruflichen Qualifikation für eine Anerkennung ihrer Tätigkeit als freiberuflich i. S. des § 18 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes besitzen. Die beiden Gesellschafterinnen der Klägerin besitzen keine derartige Qualifikation.

Die Klägerin erklärte für die Streitjahre keine steuerfreien Umsätze. Sie errechnete die von ihr erklärte Umsatzsteuer aus den Beträgen der von ihr ohne gesonderten Ausweis der Mehrwertsteuer erteilten Rechnungen. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) folgte den Erklärungen und rechnete über die von der Klägerin errechnete Umsatzsteuer ab (27 840,30 DM für 1998, 28 380,10 DM für 1999).

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 12. Februar 2001, die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre aufzuheben, da die erzielten Umsätze unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) fallen würden. Mit Schreiben vom 7. März 2001 lehnte das FA den Antrag ab. Den Einspruch der Klägerin wies es mit Einspruchsentscheidung vom 21. Mai 2001 als unbegründet zurück.

Mit ihrer hiergegen am 21. Juni 2001 per Telefax eingegangenen Klage trägt die Klägerin vor: Sie habe die von ihr erbrachten Umsätze bislang der Umsatzsteuer unterworfen, da die beiden Gesellschafterinnen nicht die erforderliche berufliche Qualifikation aufwiesen. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in der Rechtssache V R 54/98 dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) u. a. die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob auch psychotherapeutische Behandlungen in einer Ambulanz, die eine Stiftung mit angestellten Diplompsychologen ausführe, steuerbefreit seien.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das FA zu verpflichten, die Umsatzsteuer 1998 und 1999 auf Null ? festzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten, die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

II.

Die Klage ist begründet.

Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG 1980 sind "die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Krankengymnast, Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes oder aus der Tätigkeit als klinischer Chemiker" steuerfrei.

Zwar hat der Steuerpflichtige, also die Klägerin als juristische Person des Privatrechts, selbst keine "Umsätze aus der Tätigkeit als Krankengymnast" oder aus einer "ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit" erbracht. Sie hat aber Umsätze mit Hilfe angestellter Krankengymnasten ausgeführt, die die jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsvoraussetzungen erfüllen.

Dieser Umstand führt zur Steuerbefreiung.

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hat mit Entscheidungen vom 10. September 2002 Rs. C-141/00 ?Ambulanter Pflegedienst Kügler? (HFR 2002, 1146, UVR 2003, 104, UR 2002, 513) und vom 6. November 2003 Rs. C-45/01 ?Christoph-Dornier-Stiftung? (UR 2003, 594 m. Anm. Widmann, BB 2004, 312 m. Anm. Lohse) entschieden, dass die Steuerbefreiung nach Art. 13. Teil A Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) von der Rechtsform des Steuerpflichtigen, der die dort genannten ärztlichen oder arztähnlichen Leistungen erbringt, unabhängig ist.

Danach sind heilberufliche Leistungen, die ein Steuerpflichtiger - der nicht selbst über die entsprechende Qualifikation verfügt- durch Angestellte erbringt, dann steuerfrei, wenn die Angestellten, würden sie die Leistungen als selbständige Unternehmer erbringen, bei der Ausführung der nämlichen Umsätze steuerbefreit wären. Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass ? wie das FA meint ? wenigstens eine der Gesellschafterinnen der Klägerin die berufsrechtliche Erlaubnis zur Ausübung krankengymnastischer Leistungen hat.

Nach der Einnahmen-Überschussrechnung hat die Klägerin ausschließlich Umsätze aus Krankengymnastik erzielt (also keine nicht befreiten Umsätze erbracht wie z. B. den Verkauf von Hilfsmitteln), sie hat auch keine Rechnungen mit gesondertem Ausweis der Mehrwertsteuer erteilt, so dass die Anwendung des § 14 Abs. 2 bzw. 3 UStG (in der bis 31. Dezember 2003) geltenden Fassung nicht in Betracht kommt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

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