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02.09.2005 · IWW-Abrufnummer 052489

Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 04.10.1999 – II 237/99

Mietzahlungen für eine angemietete, aber noch nichtbezogene Wohnung sind gem. Abschnitt 41 Abs. 2 Nr. 1 LStR i.V.m. § 8 Abs. 2 BUKG als Umzugskosten auch dann für drei Monate berücksichtigungsfähig, wenn der Umzug anläßlich einer doppelten Haushaltsführung erfolgt


T A T B E S T A N D :

Die Beteiligten streiten darüber, ob und in welchem Umfang Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten berücksichtigungsfähig sind.

Die miteinander verheirateten Kläger erzielten in den Streitjahren jeweils Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der im Jahr 1940 geborene Kläger arbeitete bis zum 31.12.1994 in der Hamburger Betriebsstätte der A GmbH. Bereits in den Jahren 1992/1993 hatte er erfahren, daß im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen eine Versetzung nach Oldenburg auf ihn zukommen könnte. Mit Schreiben vom 28.1.1994 erhielt der Kläger die Bestätigung seines Arbeitgebers, daß er mit Wirkung ab dem 1.1.1995 als Leiter des Rechenzentrums nach Oldenburg versetzt werden würde. Da die Klägerin weiterhin in Hamburg beruftstätig war, entschlossen sich die Kläger, ihre Hamburger 4-Zimmer Wohnung zu behalten und begannen, eine Wohnung für den Kläger im Oldenburger Raum zu suchen. Der Kläger stieß dabei bereits im April 1994 auf ein Angebot eines sogen. "Resthofes" in X (Entfernung nach Oldenburg: 49 km) bestehend aus einem Gebäude mit drei Zimmern, Küche und Bad sowie Stall und großer Diele auf einem ca. 3.300 m² großen Grundstück. Aufgrund des günstigen Kaufpreises (118.000,- DM) entschloß er sich kurzfristig, dieses Objekt zu erwerben. Der notarielle Kaufvertrag wurde am 15.4.1994 geschlossen, die Übergabe der Hofstelle erfolgte am 1.6.1994. Seit Anfang Januar 1995 wohnte der Kläger von montags bis freitags in dem Resthof, die Wochenenden verbrachten die Kläger regelmäßig gemeinsam in ihrer Hamburger Wohnung.

In seiner Einkommensteuererklärung 1994 erklärte der Kläger im Rahmen seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für die vorgehaltene Unterkunft in X "vorweggenommene Kosten der doppelten Haushaltsführung" in Höhe von 22.435,86 DM (Gebäude - AfA, Schuldzinsen und Erhaltungsaufwand). In den Jahren 1995 und 1996 machte er folgende Kosten einer doppelten Haushaltsführung geltend:

Kosten (DM) Vom Arbgeber steuerfrei ersetzt
1995
Unterkunft 16.461,29 6.000,00
Heimfahrten 5.328,00 5.204,84
(43 x 117 km x 0,70)
1. Fahrt 93,00
(1x 177 km x 0,52)
Verpfl.mehraufw. 2.796,00 2.796,00

1996
Unterkunft 12.529,00 3.000,00
Heimfahrten 5.700,00 1.853,60
(46x177kmx0,70)

Der Beklagte berücksichtigte in dem Einkommensteuerbescheid 1994 der Kläger vom 21.9.1995 die geltend gemachten Unterkunftskosten nicht, da eine berufliche Veranlassung nicht gegeben sei. Die Kläger hätten keine günstige Wohnung, sondern einen Resthof erworben, deshalb seien die entstandenen Kosten privat veranlaßt. Auch in den Einkommensteuerbescheiden 1995 vom 25.7.1997 und 1996 vom 16.3.1998 wurden Kosten doppelter Haushaltsführung nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen. Die Aufwendungen für Fahrten zwischen der Wohnung des Klägers in X und seiner Arbeitsstätte in Oldenburg wurden dagegen in 1995 mit 5.351,- DM (156 Fahrten x 49 km x 0,70 DM) und 1996 mit 5.969,- DM (174 Fahrten x 49 km x 0,70 DM) antragsgemäß als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

Die Kläger legten gegen diese Steuerbescheide am 27.9.1995, 29.7.1997 und 24.3.1998 Einsprüche ein. Zur Begründung wiesen sie darauf hin, daß die Größe des erworbenen Objektes angesichts des niedrigen Kaufpreises kein Indiz für eine private Veranlassung sei. Durch den frühzeitigen Erwerb des Grundstückes habe der Kläger rechtzeitig eine Wohnung in der Nähe seiner neuen Arbeitsstelle gehabt, so daß Kosten für eine Übergangsregelung hätten vermieden werden können.

Der Beklagte wies die Einsprüche für die Streitjahre 1994 und 1995 zurück, während er dem Einspruch für das Jahr 1996 teilweise stattgab und weitere Werbungskosten in Höhe von 6.229,- DM ansetzte. Zur Begründung führte er in der Einspruchsentscheidung vom 18.12.1998 aus: Die für 1994 geltend gemachten Mehraufwendungen seien steuerlich irrelevant, da eine doppelte Haushaltsführung nicht vorgelegen habe. Zudem deute die Größe der erworbenen Immobilie, der Erwerb acht Monate vor der Versetzung des Klägers und die weite Entfernung zu dessen Arbeitsstelle in Oldenburg auf eine private Veranlassung hin. Für das Streitjahr 1995 berücksichtigte der Beklagte die seiner Auffassung nach notwendigen Kosten einer Wohnung am Beschäftigungsort in folgender Weise: Zu den von dem Arbeitgeber des Klägers steuerfrei erstatteten Unterkunftskosten in Höhe von 6.000,-DM (monatlich 500,- DM) addierte er die in dem ursprünglichen Bescheid anerkannten Kosten für die Fahrten zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte (5.350,80 DM) und zog einen Betrag von 480,- DM als die für einen in Oldenburg ansässigen Steuerpflichtigen anzusetzenden Fahrtkosten wieder ab. 1995 seien somit 10.870,80 DM, also monatlich 905,90 DM "steuerfrei" geblieben. In dieser Höhe könnten die Kosten einer Wohnung als angemessen angesehen, ein weiterer Werbungskostenabzug aber nicht gewährt werden. 1996 seien lediglich 8.488,20 DM "steuerfrei" geblieben (5.488,20 DM als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie 3.000,- DM steuerfreie Arbeitgeberleistung für die Unterkunft). Der Minderbetrag gegenüber dem Vorjahr (2.382,60 DM) werde als Werbungskosten anerkannt, so daß insgesamt unter Berücksichtigung nicht ersetzter Fahrtkosten für Heimfahrten noch Werbungskosten in Höhe von 6.229,- DM berücksichtigungsfähig seien.

Mit ihrer am 15.1.1999 erhobenen Klage tragen die Kläger vor, daß 1994 zwar noch keine tatsächliche doppelte Haushaltsführung vorgelegen habe, die Aufwendungen aber im Zusammenhang der später erfolgten Versetzung getätigt worden seien, so daß sogen. vorweggenommene Werbungskosten vorlägen. Da der Kläger frühzeitig von der Versetzung erfahren habe, habe er rechtzeitig ein kostengünstiges Objekt erwerben und rechtzeitig vor der Versetzung beziehen können. Grundsätzlich hätte für 1994 die Möglichkeit bestanden, für das Objekt Vorkosten gem. § 10e Abs. 6 EStG geltend zu machen, dann müßten aber auch entsprechende Werbungskosten angesetzt werden können. Die Entfernung von 49 km zu seiner Arbeitsstelle in Oldenburg könne er in der ländlichen Gegend genauso schnell bewältigen, wie seine erheblich kürzere frühere Fahrstrecke in Hamburg. Mit dem Beklagten stimmten sie überein, daß als notwendige Unterkunftskosten lediglich "fiktive Mietkosten" in Höhe von 905, 90 DM in Ansatz gebracht werden könnten. Danach berechneten sich die noch anzuerkennenden Werbungskosten aber wie folgt:

1994: 7 x 905, 90 DM = 6.341,30 DM

1995
Fahrten Whg/Arbeitsstätte 156 X 49 km x 0,70 5.351,00 DM
Übrige WK 830,00 DM
Doppelte Haushaltsführung:
1. Fahrt 93,00 DM
Heimfahrten 5.328,00 DM
Unterkunft (12x 905,90 DM) 10.870,80 DM
Verpflegungsmehraufwand 2.796,00 DM
./. steuerfreie Arbeitgeberleistungen ./. 14.000,84 DM
Weitere Werbungskosten = 5.086,96 DM

1996
Fahrten Whg/Arbeitsstätte 174 x 49 km x 0,70 DM 5.969,00 DM
Übrige WK 1.292,00 DM
Doppelte Haushaltsführung:
Heimfahrten 5.700,00 DM
Unterkunft 10.870,80 DM
./. steuerfreie Arbeitgeberleistungen ./. 4.853,60 DM
Weitere Werbungskosten = 11.717,20 DM

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Niederschrift des Erörterungstermins vom 10.9.1999 Bezug genommen. Die Kläger haben bei dieser Gelegenheit erklärt, dass sie von der Möglichkeit, die vor Beginn der Nutzung der Wohnung entstandenen Kosten als sogen. Vorkosten gem. § 10 e Abs. 6 EStG geltend zu machen, keinen Gebrauch machen möchten.

Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Einspruchsentscheidung vom 18.12.1998 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1994 vom 21.9.1995 dahingehend zu ändern, daß weitere Werbungskosten in Höhe von 6.341,30 DM berücksichtigt werden, den Einkommensteuerbescheid 1995 vom 25.7.1997 dahingehend zu ändern, daß weitere Werbungskosten in Höhe von 5.086, 96 DM berücksichtigt werden und den Einkommensteuerbescheid 1996 dahingehend zu ändern, daß weitere Werbungskosten in Höhe von 5.488,20 DM anerkannt werden.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er wendet ein, Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung könnten 1994 noch nicht anerkannt werden, da die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG nicht vorlägen und diese abschließende Regelung die Anerkennung sogen. vorweggenommene Werbungskosten nicht zulasse. Für die Streitjahre 1994 und 1995 beruhe die Abweichung zu den von den Klägern errechneten Werbungskosten darauf, daß man die Fahrten zwischen der Wohnung in X und der Arbeitsstelle in Oldenburg angesichts einer Wegstrecke von 49 km nicht als notwendige Kosten einer doppelten Haushaltsführung anerkannt habe. Das Hausgrundstück befinde sich nicht in Oldenburg oder seiner näheren Umgebung. Für die beruflich bedingten Fahrten könnten nur 480,- DM angesetzt werden.

Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.

Dem Gericht haben die Einkommensteuer- und die Rechtsbehelfsakte der Kläger (St.-Nr.: ...) vorgelegen.

E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 FGO.

Die Klage erweist sich überwiegend als begründet, da der Beklagte die in den Streitjahren 1995 und 1996 geltend gemachten Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte des Klägers zu Unrecht nicht bzw. nur im Rahmen angemessener Kosten einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten anerkannte und für das Streitjahr 1994 gem. Abschnitt 41 Abs. 2 Nr. 1 LStR 1993 i.V.m. § 8 Abs. 2 Bundesumzugskostengesetz (BUKG) Mietzahlungen für eine angemietete aber noch nicht genutzte Wohnung drei Monate lang als Umzugskosten berücksichtigungsfähig sind, die in diesem Umfang ebenfalls zu Werbungskosten führen.

1. Streitjahre 1995, 1996:

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlaß begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird. Das Gesetz trifft keine näheren Regelungen darüber, wann Mehraufwendungen als notwendig anzusehen sind.

a) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, sind Mietaufwendungen am Arbeitsort nicht notwendig, wenn sie überhöht sind. Überhöht können sie z.B. sein, wenn der Steuerpflichtige zur Befriedigung seiner gesellschaftlichen Bedürfnisse eine große und teure Wohnung angemietet hat (vgl. BFH - Urteil vom 16. März 1979 VI R 126/78, BFHE 127, 393, BStBl II 1979, 473). Wohnt der Arbeitnehmer am Beschäftigungsort nicht in einer Mietwohnung, sondern in einer eigenen Wohnung im eigenen Haus, deren Nutzungswert nicht zu versteuern ist, so können die Aufwendungen dafür nur insoweit als notwendig betrachtet werden, als sie die üblichen Kosten einer Mietwohnung nicht übersteigen (vgl. BFH - Urteil vom 27.07.1995 VI R 32/95, BFHE 178, 348, BStBl II1995, 841). Von diesen Grundsätzen gehen auch die Beteiligten aus. Die Kläger stimmen im übrigen dem von dem Beklagten angenommenen fiktiven Mietzins einer angemessenen Wohnung am Beschäftigungsort (Oldenburg) in Höhe von 905,90 DM ausdrücklich zu und machen sich diesen Betrag in der von ihnen vorgelegten Berechnung zu eigen. Der Senat hält einen Mietzins in dieser Höhe für einer Einzelperson angemessenen Wohnung von ca. 60 m² (vgl. Hartz/Meeßen/Wolf Lohnsteuer, Kommentar Rz. 137 "Doppelte Haushaltsführung) für realistisch. Dabei spielt es keine Rolle, daß der Kläger von seinem Arbeitgeber 1995 lediglich 6000,- DM, also monatlich 500,- DM als Wohnungskosten steuerfrei ersetzt bekam. Der Kläger mußte sich angesichts seiner Einkommensverhältnisse (Bruttoarbeitslohn im Streitjahr: über 130.000 DM) und beruflichen Stellung (Leiter eines Rechenzentrums) nicht darauf verweisen lassen, ein möbliertes Zimmer oder eine Kleinwohnung am unteren Ende der Mietenskala anzumieten. Berücksichtigungsfähig im Rahmen von § 9 Abs.1 Nr. 5 S.1 sind somit in den Streitjahren 1995 und 1996 jeweils Unterkunftskosten in Höhe von 10.870,80 DM.

b) Entgegen der offenbar von dem Beklagten vertretenen Ansicht beschränkt § 9 Abs. 1 Nr.5 EStG die Abzugsfähigkeit von anderen Werbungskosten, die während der auswärtigen Beschäftigung entstehen, nicht. So können nach einhelliger Auffassung neben den Mehraufwendungen infolge doppelter Haushaltsführung Aufwendungen für Fahrten zwischen der Wohnung/Unterkunft am Beschäftigungsort zur dortigen Arbeitsstätte gem. § 9 Abs. 1 Nr.4 EStG geltend gemacht werden (vgl. nur Lang in Littmann/Bitz/Hellwig, EStG, Kommentar, Rz. 329; Hartz/Meeßen/Wolf, a.a.O., Rz. 153). § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG ist nicht etwa als spezielle Rechtsnorm aufzufassen, die die Abzugsfähigkeit berufsbedingter Aufwendungen während auswärtiger Beschäftigung abschließend regelte. Lediglich die konkret durch die zweifache Unterhaltung eines Hausstandes berufsbedingt anfallenden Aufwendungen werden von dieser Bestimmung erfaßt. Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte fallen demgegenüber unabhängig davon an, ob man an seinem Heimatort oder auswärts beschäftigt ist.

c) Dem Umstand, daß § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG nur notwendige Mehraufwendungen zum Werbungskostenabzug zuläßt, kann auch nicht etwa entnommen werden, daß eine am Beschäftigungsort angemietete Wohnung nur dann als angemessen anzusehen ist, wenn sie in der Nähe oder jedenfalls innerhalb derselben Gemeinde des Beschäftigungsortes liegt. Eine solche Einschränkung würde zunächst nicht dazu führen, daß die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht oder nur eingeschränkt abzugsfähig wären. Vielmehr würde es dann gem. § 9 Abs. 1 Nr. 5 S. 2 EStG an den Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung, wonach der Arbeitnehmer am "Beschäftigungsort" wohnen muß, überhaupt fehlen. Unter "Beschäftigungsort" in diesem Sinne ist aber nicht nur die politische Gemeinde, sondern auch das Einzugsgebiet des Beschäftigungsortes zu verstehen, also der Bezirk, von dem aus Arbeitnehmer üblicherweise täglich zu diesem Ort fahren (vgl. z.B. FG Saarbrücken - Urteil vom 25.6.1993 1 K 189/92, EFG 1994, 201). Angesichts heutiger Verkehsverhältnisse gehört eine 49 km entfernt liegende Gemeinde noch zum Einzugsbereich der nächstgelegenen größeren Stadt, wie dies im Verhältnis von X zu Oldenburg der Fall ist. Auch der Beklagte hatte im übrigen keinen Zweifel daran, daß die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung grundsätzlich in den Streitjahren 1995/1996 vorlagen.

d) Für das Streitjahr 1995 ergibt sich danach folgende Berechnung der Einkommensteuer:
Gesamtbetrag der Einkünfte bisher 166.170 DM
(darin bereits berücksichtigt:
Fahrten Whg/Arbeitsstätte: 5.351,- DM
übrige Werbungskosten 830,- DM)
weitere Werbungskosten, ./. 5.086 DM
nämlich

Doppelte Haushaltsführung:
1. Fahrt 93,00 DM
Heimfahrten 5.328,00 DM
Unterkunft (12x 905,90 DM) 10.870,80 DM
Verpflegungsmehraufwand 2.796,00 DM
./. steuerfreie Arbeitgeberleistungen ./. 14.000,84 DM
Weitere Werbungskosten = 5.086,96 DM

Gesamtbetrag der Einkünfte neu: ... DM
Sonderausgaben ./. 8.640 DM
außergewöhnliche Belastungen ./. 7.200 DM
Behinderten Pauschbetrag ./. 840 DM
Zu versteuerndes Einkommen = ... DM
Festzusetzende Einkommensteuer = ... DM

e) Für das Streitjahr 1996 ist folgende Einkommensteuer festzusetzen:
Gesamtbetrag der Einkünfte bisher: ... DM
(darin bereits berücksichtigt:
Fahrten Whg/Arbeitsstätte 5.969 DM
Übrige Werbungskosten: 1.292 DM)

Weitere Werbungskosten, nämlich ./. 11.717 DM
Doppelte Haushaltsführung:
Heimfahrten 5.700,00 DM
Unterkunft 10.870,80 DM
./. steuerfreie Arbeitgeberleistungen ./. 4.853,60 DM
Weitere Werbungskosten = 11.717,20 DM

Sonderausgaben ./. 8.201 DM
Außergewöhnliche Belastungen ./. 15.994 DM
Behinderten-Pauschbetrag ./. 840 DM
Zu versteuerndes Einkommen: = ... DM

Festzusetzende Einkommensteuer: ... DM.

2. Streitjahr 1994

Die von den Klägern für das Streitjahr 1994 geltend gemachten Wohnungskosten sind für drei Monate in Höhe des fiktiven Mietzinses als weitere Werbungskosten zu berücksichtigen.

a) Notwendige Mietzahlungen für die neue Wohnung (am Beschäftigungsort) können grundsätzlich im Rahmen der zum Werbungskostenabzug berechtigenden Umzugskosten berücksichtigungsfähig sein. Im Falle einer aus beruflichem Anlaß begründeten doppelten Haushaltsführung sind die Aufwendungen für den vorangegangenen Bezug der Zweitwohnung am Arbeitsort beruflich veranlaßt. Denn die Begründung des zweiten Hausstands am Arbeitsort macht einen Umzug regelmäßig erforderlich (vgl. BFH - Urteil vom 29. April 1992 Az: VI R 146/89, BFHE 167, 446, BStBl II 1992, 667; Abschnitt 41 Abs. 1 Nr. 3 LStR 1993) .

Nach Abschnitt 41 Abs. 2 Nr. 1 LStR 1993 sind als berufsbedingte Umzugskosten ohne weitere Prüfung solche anzuerkennen, die nach dem Bundesumzugskostenrecht als Umzugskostenvergütung höchstens gezahlt werden können. Dazu gehört nach § 8 Abs. 2 BUKG als sogen. Mietentschädigung auch die Miete für die neue Wohnung, die nach Lage des Wohnungsmarktes für eine Zeit bezahlt werden mußte, während der die Wohnung noch nicht genutzt werden konnte, für die bisherige Wohnung aber noch Miete gezahlt werden mußte. Diese Mietentschädigung wird höchstens für drei Monate gewährt.
Diese Regelungen sind zwar als Verwaltungsanweisungen nicht allgemein verbindliches Recht. Sie sind jedoch auch von der Rechtsprechung zu beachten, weil im Hinblick auf die Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen Umzugskosten, die aus privaten Kassen gezahlt werden, steuerlich nicht anders gewürdigt werden können als Vergütungen dieser Art aus öffentlichen Kassen. Die Verweisung stellt damit eine zutreffende Auslegung des allgemeinen Werbungskostenbegriffs dar, die ihre Grenze dort findet, wo Bestimmungen mit dem allgemeinen Werbungskostenbegriff nicht mehr vereinbar sind (BFH - Urteil vom 6. November 1986 VI R 135/85, BFHE 148, 283, BStBl II 1987, 188).

Entsprechend der in § 8 Abs. 2 BUKG enthaltenden Regelung kann der Kläger im Streitfall die als angemessene angesehenen fiktiven Mietkosten in Höhe von 3 x
905,90 DM als weitere Werbungskosten geltend machen. Er hat die neue Wohnung bereits zu einem Zeitpunkt angeschafft, zu dem er sie vor Beginn der Versetzung noch nicht nutzen konnte. Aufgrund der Wohnungsmarktes in Norddeutschland in den Streitjahren ist auch davon auszugehen, dass die Anmietung (bzw. der Ankauf) einer Wohnung einige Zeit vor Beginn der Versetzung notwendig war, um diese zu Beginn der Arbeitsaufnahme am auswärtigen Beschäftigungsort zur Verfügung zu haben.
Für den über diese Dreimonatsfrist hinausgehenden Zeitraum, können die Kläger dagegen weitere Werbungskosten für den bereitgestellten Wohnraum nicht ansetzen: Die Kläger haben gerade nicht - etwa aufgrund eines engen Mietwohnungsmarktes - eine Mietwohnung acht Monate vor der Versetzung des Klägers angemietet, sondern sich zum frühzeitigen Kauf eines Eigenheims entschlossen. Der Erwerb eines Hauses am neuen Arbeitsort ist aber grundsätzlich eine Entscheidung im Bereich der privaten Vermögenssphäre, weil ein Arbeitnehmer bei einem beruflich ver
anlaßten Umzug in der Regel frei wählen kann, ob er dort eine Mietwohnung beziehen oder ein Eigenheim kaufen will, um anschließend darin zu wohnen (vgl. BFH - Urteil vom 15.11.1991 VI R 36/89, BFHE 166, 456, BStBl II 1992, 492). Die Berücksichtigung fiktiver Mietkosten über den genannten Zeitraum von drei Monaten hinaus käme deshalb nur dann in Betracht, wenn auch eine derart frühe Anmietung einer Wohnung zwingend geboten gewesen wäre, da angemessener Wohnraum nur sehr schwer zu finden gewesen wäre. Das ist jedoch nicht ersichtlich und wird von den Klägern auch nicht behauptet. Nach ihrem eigenen Vortrag haben sie das Objekt vielmehr deshalb kurzentschlossen erworben, weil es sich um eine ausgesprochen günstige Gelegenheit gehandelt habe. Diese Motivation weist aber auf eine private Veranlassung im Bereich der Vermögenssphäre hin.

b) Durch die Berücksichtigung der vorab entstandenen (fiktiven) Mietkosten wird die mit dem Jahressteuergesetz 1996 eingefügte Befristung der doppelten Haushaltsführung auf maximal zwei Jahre nicht umgangen: Gem. § 52 Nr. 11a EStG 1996 ist diese Befristung auch im Streitfall zu beachten, da die Befristung auf zwei Jahre auch für Fälle einer bereits vor dem 1.1.1996 bestehenden doppelten Haushaltsführung gilt. Die hier berücksichtigten Mietkosten gehören jedoch nicht zu den eigentlichen Aufwendungen doppelter Haushaltsführung, sondern als Umzugskosten zu den weiteren Werbungskosten. Sie verlängern den begünstigten Zeitraum nicht, denn die Zweijahresfrist beginnt mit der Begründung der doppelten Haushaltsführung (Schmidt/ Drenseck, EStG, Kommentar, 18. Aufl. 1999, Rz. 154 zu § 9).

c) Die von den Klägern für das Streitjahr 1994 geltend gemachten Wohnungskosten sind somit für drei Monate in Höhe des fiktiven Mietzinses (905,90 DM), also 2.717,70 DM als weitere Werbungskosten zu berücksichtigen, so daß die Einkommensteuer für das Streitjahr 1994 wie folgt festzusetzen ist:

Gesamtbetrag der Einkünfte bisher: ... DM
Weitere Werbungskosten, nämlich ./. 2.718 DM

Sonderausgaben ./. 8.046 DM
Behinderten-Pauschbetrag ./. 840 DM
Ausbildungsfreibetrag ./. 4.020 DM
Einkommen: = ... DM
Übertrag: ... DM

1 Kinderfreibetrag ./. 4.104 DM
zu versteuerndes Einkommen = ... DM

Festzusetzende Einkommensteuer: ... DM.

Da die Kläger ausdrücklich erklärt haben, von der Möglichkeit, die im Jahr 1994 entstandenen Kosten des Objektes in X als Vorkosten gem. § 10 e Abs. 6 EStG geltend zu machen, keinen Gebrauch machen zu wollen, braucht der Senat auf die weitere Frage, ob diese Kosten neben den Umzugskosten berücksichtigt werden könnten, nicht einzugehen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 S. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 1 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die entsprechenden Voraussetzungen des
§ 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

RechtsgebietEStGVorschriften§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG

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