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12.08.2005 · IWW-Abrufnummer 052329

Finanzgericht Bremen: Urteil vom 16.03.2005 – 2 K 179/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

2 K 179/04 <1>

In dem Rechtsstreit XXX

wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1997
hat das Finanzgericht Bremen - 2. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16. März 2005 durch XXX
für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Gesellschafter der Klägerin Existenzgründer i. S. des § 7g Abs. 7 EStG waren und deshalb eine 300.000,- DM übersteigende ?Ansparabschreibung? vornehmen durften.

Gesellschafter der Klägerin sind die Herren Dr. X und Dr. Y, die seit dem 1. September 1995 in der Rechtsform einer Partnerschaft eine ärztliche Gemeinschaftspraxis betreiben. Am ? wurde die Klägerin in das Register des Amtsgerichts O. eingetragen. Als Gegenstand der Partnerschaft wird dort die Ausübung der ärztlichen und zahnärztlichen Tätigkeit genannt. X und Y sind beide Fachärzte für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie Zahnärzte.

Die Klägerin ermittelte in ihren beim Beklagten eingereichten Einnahme-Überschuss-Rechnungen bereits für das Jahr nach ihrer Gründung (1996) einen Gewinn in Höhe von rund 500.000,- DM, für die beiden Folgejahren (1997 und 1998) noch höhere Gewinne in jeweils sechsstelliger DM Höhe sowie für die darauffolgenden Jahre (1999 bis 2001) Gewinne in jeweils siebenstelliger DM-Höhe.

Im Jahr 1997 bildete die Klägerin ? die ihren Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung ermittelt ? eine ?Ansparabschreibung Existenzgründer? gemäß § 7g Abs. 7 i. V. mit Abs. 3 und 6 EStG in Höhe von 321.314,- DM und ermittelte einen entsprechend geminderten Gewinn, der dem Beklagten in der am 2. Juni 1999 bei ihm eingegangenen Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1997 mitgeteilt wurde. Der Beklagte erließ antragsgemäß am 22. Juli 1999 einen bestandskräftig gewordenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1997. Zu diesem Zeitpunkt wurde Y noch nicht beim Beklagten, sondern beim Finanzamt M-W geführt ? von dem der Beklagte die für Y geführten Einkommensteuerakten erst im Jahr 2000 übernahm ?, so dass dem Beklagten die nach-folgend dargestellten Sachverhalte betreffend die Jahre 1992 bis 1995 nicht bekannt waren:

Y war in der Zeit vom 1. Februar 1989 bis zum 31. Januar 1995 hauptberuflich als angestellter Assistenzarzt beim Klinikum T -H-Hospital- tätig und erzielte hieraus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, und zwar im Jahr 1992 in Höhe von 88.547,- DM, im Jahr 1993 in Höhe von 106.012,- DM und im Jahr 1994 in Höhe von 108.587,- DM. Die sechsjährige Tätigkeit am H-Hospital war Bestandteil der Weiterbildung des Y zum Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Seit dem 1. Februar 1995 darf Y die Bezeichnung Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie führen.
Neben seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit setzte Y in den Jahren 1992 bis 1995 im Rahmen der Einkunftsart ?Einkünfte aus selbständiger Arbeit? folgende Einnahmen an:
1992 1993 1994 1995
DM DM DM DM
Gutachtertätigkeit 7.878 18.713 18.342 4.000
Ärztlicher Notfalldienst 11.696 15.290 13.458 7.324
Praxisvertretung 300
Privatpatienten 1.763
?Freie Mitarbeit? (01-05/1995) 46.230
In den Einnahme-Überschuss-Rechnungen für die Jahre 1994 und 1995 machte Y unter anderem an Dritte gezahlte Aushilfslöhne als ?Ausgaben? geltend.

Die im Jahr 1995 erzielten Einnahmen ?Privatpatienten? stammten aus der Behandlung von Privatpatienten während des Notfalldienstes. Y war in den Jahren 1992 bis 1995 ausschließlich im allgemeinärztlichen ? und nicht im zahnärztlichen ? Notfalldienst tätig.

Die durch Abzug sämtlicher Ausgaben von den Einnahmen ermittelten und entsprechend erklärten Einkünfte des Y aus selbständiger Arbeit beliefen sich im Jahr 1992 auf 15.105,- DM, im Jahr 1993 auf 24.925,- DM und im Jahr 1994 auf 13.907,- DM.

In der Zeit vom 14. Januar bis 14. März 2003 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung statt. Dabei vertraten die Betriebsprüfer des Beklagten die Auffassung, dass zwar die Voraussetzungen für die Vornahme einer ?Ansparabschreibung? nach § 7g Abs. 1, Abs. 3 EStG, nicht aber die Voraussetzungen für die Bildung einer ?Ansparabschreibung? für Existenzgründer gemäß § 7g Abs. 7 EStG vorlägen, weil zumindest einer der Mitunternehmer ? nämlich Y ? innerhalb der letzten fünf Jahre vor Betriebseröffnung Einkünfte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG EStG erzielt habe. Zulässig sei lediglich eine ?Ansparabschreibung? in Höhe von maximal 300.000,- DM, wie sie gemäß § 7g Abs. 1, Abs. 3 EStG für Personen, die nicht Existenzgründer seien, gewährt würde. Zur Begründung heißt es in dem Betriebsprüfungsbericht vom 28. März 2003:

? Tz. 1.01 Der Gesellschafter Dr. Y hat in seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1992 bis 1995 Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärt. Folgende Tätigkeiten wurden ausgeübt:
? Gutachten 1992 bis 1995
? Ärztlicher Notdienst 1992 bis 1995
? Praxisvertretung 1993
? Privatpatienten 1995
? Freier Mitarbeiter 1995
Besonders zu werten ist beim Gesellschafter Dr. Y hierbei die Behandlung von Privatpatienten und seine Arbeit im ärztlichen Notdienst (Hinweis ?Kassenärztliche Vereinigung?). Diese Tätigkeiten sind u.E. zweifelsfrei als ?freiberuflich? gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG anzusehen. Ob die weiteren Tätigkeiten des Gesellschafters tatsächlich ?freiberuflich? sind, ist in diesem Falle somit nicht mehr entscheidend. Ebenso ist es unerheblich, dass die Einnahmen aus der Behandlung von Privatpatienten der Höhe nach gering sind (1.763 DM).

Der Gesellschafter Dr. X ist nach Auskunft des FA B im Jahre 1994 ebenfalls mit Einkünften aus selbständiger Arbeit veranlagt worden. Nähere Angaben hierzu konnten weder vom Finanzamt B noch vom Steuerpflichtigen gemacht werden. Nach unseren o.g. Ausführungen ist dies auch nicht entscheidungsrelevant.

Tz 1.02 Bei der Auflösung der Ansparrücklage ist lt. Bp zu beachten, dass für den VZ 1998 eine Änderung nicht möglich ist. Der Gewinnfeststellungsbescheid ist ohne Vorbehalt der Nachprüfung ergangen. Neue Tatsachen liegen nicht vor.

Die Gewinne sind um folgende Beträge zu erhöhen:
1997 1999 2000 2001
DM DM DM DM
Auflösung 21.314 300.000 234.146 44.540
Gewinnzuschlag --- 36.000 28.097 5.345 ?
Unter anderem wegen dieser Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte am 15. April 2003 für das Jahr 1997 einen nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen.

Gegen den Änderungsbescheid vom 15. April 2003 legte die Klägerin mit Schreiben vom 6. Mai 2003, das am gleichen Tag beim Beklagten einging, Einspruch ein, den sie in der Folgezeit näher begründete:

Dass der Beklagte zu Unrecht die Vornahme einer erhöhten ?Ansparabschreibung? für Existenzgründer gemäß § 7g Abs. 7 EStG versagt habe, folge aus mehreren Argumenten:

Zunächst seien sämtliche im Jahr 1995 erzielten Einkünfte für die Beurteilung der Existenzgründereigenschaft des Y außer Betracht zu lassen. Nach § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG sei Existenzgründer nämlich eine Person, die innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung keine Gewinneinkünfte erzielt habe. Das Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung der Klägerin sei aber das gesamte Kalenderjahr 1995, denn das Wirtschaftsjahr eines Freiberuflers entspreche zwingend dem Kalenderjahr (Abschn. 25 EStH).

Unabhängig davon und ungeachtet der Tatsache, dass Y in seinen Einkommensteuererklärungen Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus verschiedenen Quellen erklärt habe, habe er vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung in Wahrheit nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen, da seine Rechtstellung gegenüber den Vergütungsschuldnern tatsächlich so beschaffen gewesen sei, dass es sich um Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit gehandelt habe. Y sei in den vom Beklagten betrachteten Veranlagungszeiträumen nämlich hauptberuflich angestellter Assistenzarzt am H-Hospital in T gewesen und habe in dieser Zeit lediglich weitere Einkünfte aus der Vorbereitung von ärztlichen Gutachten auf Verlangen des dortigen Ärztlichen Direktors bzw. Chefarztes sowie aus der nebenberuflichen Wahrnehmung des ärztlichen Notfalldienstes in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung S erzielt. Zu jenen in den Jahren vor der Betriebseröffnung neben seiner assistenzärztlichen Tätigkeit ausgeübten Tätigkeiten sei Folgendes auszuführen:

● Anfertigung von Gutachten

Alle Vergütungen für Gutachten hätten sich aus der Zusammenarbeit von Y mit seinem damaligen Chefarzt Prof. Dr. Dr. E im H-Hospital in T ergeben. Die Gutachtenaufträge stammten von Krankenversicherungsgesellschaften und Berufsgenossenschaften und seien von den Auftraggebern regelmäßig dem Träger des H-Hospitals (Stadt T) oder ausnahmsweise dem Ärztlichen Direktor bzw. Chefarzt erteilt worden. Die Assistenzärzte seien daraufhin im Innenverhältnis ? rechtlich gesehen also entweder von dem beauftragten Krankenhaus oder von dem beauftragten Ärztlichen Direktor bzw. Chefarzt ? zur Anfertigung der Gutachtenentwürfe herangezogen worden. In beiden Fällen habe der Ärztliche Direktor bzw. Chefarzt als verantwortlicher Unterzeichner die erste Unterschrift und zwecks Dokumentation, wer den Entwurf des Gutachtens angefertigt habe, der Assistenzarzt die zweite Unterschrift geleistet. Y habe die Gutachten in keinem einzigen Fall unter seinem eigenen Namen erstellt.

Die Anfertigung von Gutachten sei Teil der Ausbildung des Assistenzarztes und deshalb ohne gesonderte Bezahlung zu leisten. In der Praxis habe sich die Gewohnheit herausgebildet, dass der Ärztliche Direktor bzw. Chefarzt, der seinerseits Anspruch auf ein Honorar für die Anfertigung des jeweiligen Gutachtens habe, einen Teil der ihm zu-stehenden Vergütung dem Assistenzarzt überlasse. Einen anderen Teil des dem Auftraggeber berechneten Gutachtenhonorars beanspruche das Krankenhaus für die Verwendung der sachlichen und persönlichen Mittel zur Anfertigung des Gutachtens. Die Vergütung an den Assistenzarzt habe seinerzeit ? und dies sei auch heute noch so ? im Belieben des Ärztlichen Direktors bzw. Chefarztes gestanden. Der Assistenzarzt sei deshalb bei der Bestimmung seiner Tätigkeitsvergütung ebenso weisungsgebunden wie bei der Anfertigung der Gutachten und seinen übrigen Tätigkeiten im Krankenhaus. Er könne sich ohne Beeinträchtigung der täglichen Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten der Anfertigung von Gutachten weder vollständig noch in der Art und Weise der Durchführung entziehen. Ob dadurch in denjenigen Fällen, in denen der Ärztliche Direktor bzw. Chefarzt den Gutachtenauftrag unmittelbar vom Auftraggeber erhalte, ein gesondertes Anstellungsverhältnis zwischen dem Ärztlichen Direktor bzw. Chefarzt und dem Assistenzarzt zustande komme, brauche nicht weiter geklärt zu werden, denn entscheidend sei die nichtselbständige Stellung des Assistenzarztes. F?s Mitarbeit an den Gutachtenaufträgen des Ärztlichen Direktors bzw. Chefarztes könne nur entweder eine nichtselbständige Tätigkeit im Verhältnis zu diesem oder eine erweiterte nichtselbständige Tätigkeit im Verhältnis zum Krankenhausträger sein. Es müsse dasselbe gelten wie in denjenigen Fällen, in denen ein fest angestellter Krankenhausarzt für die Mitarbeit im Bereich der Privatstation eines liquidationsberechtigten Chefarztes eine Vergütung erhalte; in diesen Fällen erziele der Krankenhausarzt nach einhelliger Meinung in Literatur und Rechtsprechung (z. B. BFH-Urteil vom 11. November 1971 IV R 241/70, BFHE 103, 567, BStBI II 1972, 213) ebenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Tatsache, dass somit ? entgegen der tatsächlichen Handhabung ? Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge hätten einbehalten werden müssen, sei kein Grund, die damalige Tätigkeit des Y als selbständige Arbeit einzustufen.

Zur Untermauerung legte die Klägerin im Einspruchsverfahren eine vom 14. Oktober 2003 datierende Erklärung des Ärztlichen Direktors des H-Hospitals in T, Herrn Prof. Dr. Dr. G, vor, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten verwiesen wird.
Die in den eingereichten Einnahme-Überschuss-Rechnungen des Y enthaltenen Aufwendungen für Schreibgebühren stünden ? so der weitere Vortrag der Klägerin ? mit der Erarbeitung der Gutachten im Zusammenhang. Y habe, ebenso wie der Ärztliche Direktor, für die Schreibarbeiten die in der Klinik beschäftigten Schreibkräfte eingesetzt.

● Mitarbeit in den Praxen Dres. C und K und Dr. Dr. A

Aufgrund seiner assistenzärztlichen Tätigkeit im H-Hospital in T habe Y am 31. Januar 1995 in der Mindestzeit von 6 Jahren die Qualifikation als Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie als Allgemeinarzt erworben. Danach habe für die kassen-zahnärztliche Zulassung noch die erforderliche Ausübung einer Tätigkeit in einer zahn-ärztlichen und gesichtschirurgischen Praxis gefehlt. Diese habe Y bei den Fachärzten Dres. C und K und dem Facharzt Dr. Dr. A erworben. Seine Tätigkeit sei in beiden Stationen ausschließlich in Anwesenheit der Praxisinhaber erfolgt, unter deren Überwachung und in deren Namen. Es habe daher eine nichtselbständige Tätigkeit des Y vor-gelegen. Die Praxisinhaber und Y hätten die Einbehaltung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen offenbar nicht in Erwägung gezogen, weil dies für beide Teile verwaltungsmäßig einfacher gewesen sei.

Ohnehin seien die Einnahmen aus der Mitarbeit in den Praxen der Fachärzte Dres. C und K und des Facharztes Dr. Dr. A nur im Jahr 1995 erzielt worden und mithin ? aus dem eingangs genannten Grund (keine Einbeziehung des Wirtschaftsjahres der Betriebseröffnung in die Betrachtung) ? für die Beurteilung der Existenzgründereigenschaft außer Betracht zu lassen.

● Ärztlicher Notfalldienst

Die Ansicht des Beklagten, zumindest die Arbeit im ärztlichen Notfalldienst stelle die Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit dar, sei unzutreffend. Y habe nur im allgemeinärztlichen ? und nicht im zahnärztlichen ? Notfalldienst in abhängiger Stellung, zu festen Dienstzeiten und gegen zeitabhängige Vergütung gearbeitet und sei deshalb auch in dieser Stellung Arbeitnehmer gewesen. Dies ergebe sich aus der damaligen Organisation des Notfalldienstes, die die Klägerin in einer bereits während der Betriebsprüfung abgegebenen Stellungnahme ? auf die sie zur Einspruchsbegründung Bezug nahm (RbA) ? wie folgt beschrieb:

? [?]
3. Ärztliche Notdienste 1992 bis 1995 (nur allgemeinärztlicher, nicht zahnärztlicher Notdienst)

Die ärztlichen Notdienste werden von den kassenärztlichen Vereinigungen organisiert. Die kassenärztlichen Vereinigungen (KV) sind Körperschaften des öffentlichen Rechts ebenso wie ihre Vertragspartner, die Krankenkassen oder Verbände von Krankenkassen. Die zugelassenen Kassenärzte haben keine Honoraransprüche gegen die Mitglieder der Krankenkassen, sondern nur gegen die KV.
Die Wahrnehmung des ärztlichen Notdienstes obliegt den niedergelassenen Kassenärzten. Da diese den Notdienst, zumal an Wochenenden, im allgemeinen ungern wahrnehmen, haben Gruppen von niedergelassenen Ärzten mit der KV vereinbart, Assistenzärzte, die von Krankenhäusern beschäftigt werden, anzuwerben und zu bitten, statt der niedergelassenen KV-Mitglieder die Notdiensttätigkeit wahrzunehmen.

Aus dem Kreise der angesprochenen Assistenzärzte, die ihrerseits durch lange Arbeitszeiten belastet sind, finden sich gewöhnlich eine Anzahl von Assistenzärzten bereit, für bestimmte Zeiträume die Notdiensttätigkeit zu übernehmen. Die Vereinbarung mit der KV lautet, dass die Assistenzärzte, die mangels eigener Niederlassung nicht Mitglieder der kassenärztlichen Vereinigung sind, zu bestimmten vereinbarten Zeiten auf Abruf zur Verfügung stehen, um Notfallpatienten zu behandeln. Soweit im Verlaufe des Notdienstes, also hauptsächlich an Wochenenden, keine Notfälle auftreten, erhalten die Assistenzärzte eine feste Vergütung von DM 25,00 pro Stunde (= DM 600,00 für den normalen Notdienstzeitraum von 24 Stunden). Soweit Notfälle behandelt werden, haben sie einen zusätzlichen Vergütungsanspruch, der folgendermaßen berechnet wird:

Vergütungsanspruch gemäß den üblichen Regeln für Kassenärzte für die Leistung aus Anlass des Notdienstes
./. abzüglich eines pauschalen Abzuges von 18 % (womit die Leistungen des ?Arbeitgebers? KV für die Vorhaltung des notärztlichen Behandlungsraumes und für sonstige Verwaltungsleistungen abgegolten werden sollen).
./. abzüglich der festen nach der Notdienstdauer berechneten festen Vergütung von DM 25,00/Stunde (= üblicherweise DM 600,00 für einen 24-stündigen Notdienst).

Diese Art und Weise der Berechnung führt dazu, dass eine über die stundenweise Vergütung hinausgehende Bezahlung erst erreicht wird, wenn der Assistenzarzt als Notarzt in der 24-Stunden-Periode ärztliche Leistungen erbringt, die dem niedergelassenen regulären Notarzt mit mehr als rd. DM 731,00 vergütet werden (DM 731,00 ./. 18 % = rd. DM 600,00). Der Zahlungsanspruch richtet sich gegen die KV. Der reguläre Notarzt erhält demgegenüber von der KV dieselbe Bezahlung wie für seine ärztlichen Leistungen in eigener Praxis, und keine nach Stunden berechnete Vergütung.

Daraus ist zu entnehmen, dass die aushilfsweise als Notärzte tätigen Assistenzärzte, die nicht selber als Kassenärzte tätig sein dürfen, für ihre Notarzttätigkeit eine Sondervereinbarung mit der KV abschließen, die den Notfalleinsatz zu bestimmten im voraus festgelegten Zeiten als Bereitschaftsdienst zum Gegenstand hat. Die Vergütung entspricht der für den Bereitschaftsdienst festangestellter Ärzte in Krankenhäusern gezahlten Vergütung, die ebenfalls nach Stunden berechnet wird, mit dem Unterschied, dass der Notarzt in Notfällen Krankenbesuche machen muss und dafür statt nach Zeitaufwand eine (reduzierte) Vergütung nach Arbeitsaufwand erhält. Für die Notfallbehandlung sind Richtlinien der KV einzuhalten, die es ausschließen, dass der Notarzt, etwa im wirtschaftlichen Eigeninteresse, eine gründlichere als nur den Notfall überbrückende Behandlung vornimmt. Als nicht niedergelassener Arzt ist der aushilfsweise Tätige auch außerstande, die Behandlung eines Notfallpatienten in eigener Praxis fortzusetzen, wie es ansonsten in manchen Fällen geschieht. Die Höhe der Notdienstvergütung für eine qualifizierte ärztliche Tätigkeit entspricht offenkundig einer einfacheren Tätigkeit in abhängiger Stellung. ?

Ergänzend hierzu legte die Klägerin eine Kopie der zur Zeit geltenden Dienstordnung für Notfalldienstärzte der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinhessen vor, auf deren Wortlaut Bezug genommen wird. Sie ging dabei davon aus, dass diese Notfalldienstordnung mit der im Jahr 1995 für die Notfalldiensttätigkeit des Y geltenden Notfalldienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung S ? die trotz mehrfacher Bemühungen nicht habe beschafft werden können und die Y jedenfalls nach seiner Erinnerung auch niemals erhalten habe ? übereinstimme.

Die in der vorgelegten Notfalldienstordnung sowie der vorstehenden Stellungnahme beschriebene Stellung des Vertreters eines Notfalldienstarztes erfülle ? so der weitere Vortrag der Klägerin zur Einspruchsbegründung ? die steuerlichen Merkmale einer nichtselbständigen Tätigkeit im Verhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung. Dies ergebe sich aus der persönlichen Abhängigkeit des Vertreters eines Notfalldienstarztes, der Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit, der festen Arbeitszeiten, der (fast ausschließlich) festen Bezüge, dem fehlenden Unternehmerrisiko, der fehlenden Unternehmerinitiative, dem fehlenden Kapitaleinsatz und der fehlenden Verpflichtung zur Beschaffung von Arbeitsmitteln (vgl. Abschn. 67 LStH). Anders als die Vertragsärzte ? früher Kassenärzte genannt ? hätten sich die nebenberuflich tätigen Assistenzärzte während der Notfalldienstzeit immer an ihrem Arbeitsplatz in der Notfalldienstzentrale aufzuhalten gehabt. Das würde zwar in der vorgelegten neuen Dienstordnung (Ziffer I. 4. a)) auch von den Vertragsärzten verlangt. Tatsächlich hätten sich jedoch seinerzeit die Vertragsärzte, soweit sie ? ausnahmsweise ? den Notfalldienst wahrgenommen hätten, in ihrer eigenen Praxis zur Verfügung gehalten. Dass der Notfalldiensteinsatz des Y im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses mit der Kassenärztlichen Vereinigung ausgeführt worden sei und zu Einkünften aus nichtselbst-ständiger Arbeit geführt habe, werde besonders auch dadurch indiziert, dass Y zum damaligen Zeitpunkt noch kein niedergelassener Vertragsarzt gewesen sei und deshalb ? anders als ein solcher ? für die Wahrnehmung der Notfalldiensttätigkeit auf die Einwilligung der Kassenärztlichen Vereinigung angewiesen gewesen sei und dass er von der Kassenärztlichen Vereinigung für seinen Einsatz als Notfalldienstarzt in der Regel eine niedrig bemessene Tätigkeitsvergütung pro Stunde erhalten habe. Die Tatsache, dass die Kassenärztliche Vereinigung ihre daraus resultierenden lohnsteuerlichen Pflichten als Arbeitgeberin für die Assistenzärzte nicht wahrgenommen habe, sei demgegenüber nicht als Hinweis darauf zu werten, dass ein Organ der Kassenärztlichen Vereinigung dazu steuerliche Überlegungen angestellt habe und von einer selbständigen Tätigkeit der eingesetzten Assistenzärzte ausgegangen sei. Die Nichtabführung von Lohnsteuer dürfte vielmehr darauf beruht haben, dass weder die Assistenzärzte noch die Kassenärztliche Vereinigung die steuerlichen Verhältnisse des Näheren geprüft hätten und auch kein eigenes Interesse an einer Klärung im Sinne einer Lohnsteuerpflicht gehabt hätten. Die lohnsteuerliche Erfassung sei durch die Steuererklärungspflicht der Assistenzärzte gesichert gewesen.

Es werde auch ausdrücklich der Darstellung des Beklagten widersprochen, dass kein Arbeitsvertrag zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und den Assistenzärzten als Vertretern der niedergelassenen und zur Wahrnehmung des Notfalldienstes verpflichteten Vertragsärzte bestanden habe, weil die Rechtsbeziehungen gesetzlich geregelt gewesen seien. An einer gesetzlichen Regelung fehle es nämlich gerade. Alle Hinweise des Beklagten auf die Vorschriften des SGB V, die die Beziehungen zwischen den Sozialversicherungsträgern und den in Kassenärztlichen Vereinigungen verbundenen niedergelassenen Vertragsärzten regelten, seien auf Y und andere Assistenzärzte un-anwendbar. Insbesondere treffe die Vorschrift des § 116 SGB V (ambulante Behandlung durch Krankenhausärzte) auf sie nicht zu. Y sei nicht vom Zulassungsausschuss zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt worden, und er habe deshalb auch nicht zum Kreis der in § 95 SGB V angesprochenen zugelassenen oder ermächtigten Ärzte gehört. Die Ermächtigung von Krankenhausärzten habe ausschließlich den Zweck, die notwendige ärztliche Versorgung notfalls auch durch angestellte Krankenhausärzte durchzuführen, wenn die Versorgung ohne die besonderen Qualifikationen von Krankenhausärzten nicht sichergestellt sei (§ 116 Satz 2 SGB V). Davon könne bei der vertretungsweisen Wahrnehmung des ärztlichen Notfalldienstes durch Assistenzärzte keine Rede sein. Zur Tätigkeit als Notfalldienstärzte seien grundsätzlich nur die in der Kassenärztlichen Vereinigung zusammengeschlossenen niedergelassenen sogenannten Vertragsärzte berechtigt und verpflichtet. Deren Vertretung bei der Wahrnehmung des Notfalldienstes sei durch eine von der Kassen-ärztlichen Vereinigung erlassene Notfalldienstordnung möglich (Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 75 SGB V, Tz. 30 unter Berufung auf BSG USK 8665). In der Realität sei der Notfalldienst im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung S weitgehend ohne die Beteiligung der Vertragsärzte durchgeführt worden. Die Vertragsärzte hätten den Notfalldienst als Belastung neben ihrer Arbeit in der eigenen Praxis empfunden und sich bemüht, nicht erst im Falle einer akuten Verhinderung, sondern generell für Vertretungen zu sorgen. Bei der Kassenärztlichen Vereinigung S sei der Notfalldienst deshalb fast ausschließlich von angestellten Assistenzärzten wahrgenommen worden. Dies werde in der vorgelegten Notfalldienstordnung dadurch ermöglicht, dass unter der Gliederungsnummer 1. 2. als Voraussetzungen für die Tätigkeit eines Arztes im ärztlichen Notfalldienst (als Notfalldienstarzt) nicht die Voraussetzung der vertragsärztlichen Zulassung genannt werde. Auf diese Weise habe sich auch die Kassenärztliche Vereinigung S, die ? dort zur Regel gewordene ? Möglichkeit eröffnet, die Vertragsärzte von der Tätigkeit als Notfalldienstarzt zu befreien und statt ihrer Nicht-Vertragsärzte einzusetzen.

Was die mit den als Notfalldienstärzten beschäftigten Assistenzärzten praktizierte Abrechnung von deren ärztlichen Leistungen anlange, so sei Folgendes anzumerken: Unter Ziffer II. 2. a) - d) der vorgelegten Notfalldienstordnung werde die Kassenabrechnung für den Notfalldienstarzt dargestellt, wie sie von einem Vertragsarzt erwartet werde. Der Vertragsarzt erhalte für seine Behandlungstätigkeiten im Notfalldienst seitens der Krankenkassen und Sozialhilfeträger dieselben Vergütungen wie für seine Behandlungstätigkeiten außerhalb des Notfalldienstes. Der nebenberuflich tätige Assistenzarzt erhalte hingegen ? ohne dass dies allerdings in der Notfalldienstordnung erwähnt werde ? diejenige Vergütung, die in der gegenüber der Betriebsprüfung abgegebenen Stellungnahme genannt sei. Die dortigen Angaben habe die Kassenärztliche Vereinigung Rheinhessen gegenüber Y in einem Schreiben vom 5. Dezember 2003 mit einer geringfügigen Korrektur ? derzufolge die Kostenbeteiligung der Assistenzärzte an der Notfalldienstzentrale 19 v.H. statt 18 v.H. betrage ? bestätigt. Darüber, dass diese Besoldungsgrundsätze in der Notfalldienstordnung nicht enthalten seien, habe sich offenbar, ebenso wie über die steuerliche Einordnung, bis heute niemand aus dem Kreis der Organisatoren des Notfalldienstes oder der dort nebenberuflich beschäftigten Assistenzärzte Gedanken gemacht.

Sollten die Einnahmen des Y aus dem ärztlichem Notfalldienst ? entgegen ihrer, der Klägerin, Auffassung ? zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit zählen, so sei der angefochtene Steuerbescheid jedenfalls wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbots rechtsfehlerhaft. Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit habe der BFH in seinem Urteil vom 11. August 1999 XI R 12/98 (BFHE 189, 419, BStBI II 2000, 229) in einem vergleichbaren Sachverhalt Ausführungen gemacht. Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG führe bekanntlich jegliche gewerbliche Tätigkeit einer ansonsten freiberuflich tätigen Gemeinschaftspraxis zur Einstufung aller freiberuflichen Einkünfte als gewerbliche Einkünfte (?Abfärbetheorie?). Diese gesetzliche Regelung sei nach Auffassung des BFH unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dahin zu interpretieren, dass ?äußerst geringe? originär gewerbliche Tätigkeiten außer Acht zu lassen seien. In dem Urteil heiße es, dass jedenfalls bei einem Anteil der originär gewerblichen Umsätze von 1,25 v.H. der Gesamtumsätze die umqualifizierende Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht eingreife. Gleichermaßen vernachlässigbar gering seien im Streitfall die Einkünfte aus der Notfalldiensttätigkeit ? und erst recht diejenigen aus der Behandlung von Privatpatienten während des Notfalldienstes ? im Vergleich zu den gesamten Einkünften von Y während des Fünfjahreszeitraums vor der Betriebseröffnung. Der BFH bezeichne es zudem als Verstoß gegen das Übermaßverbot, wenn die Folgen einer schematisierenden steuerlichen Behandlung extrem über das normale Maß hinaus gingen, das der Schematisierung zugrunde liege, oder wenn die Folgen auch unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Planvorstellungen durch den gebotenen Anlass nicht mehr gerechtfertigt seien (BFH-Beschluss vom 22. Mai 2002 II B 173/01, BFHE 199, 11, BStBI II 2002, 844; BFH-Beschluss vom 23. Oktober 2002 I B 153/01, BFHE 200, 393, BStBI II 2003, 118). Es stelle eine Übermaßreaktion dar, wenn die Existenzgründereigenschaft hier wegen zufällig zustande gekommener ? nicht planmäßig aufgesuchter ? Notfallbehandlungen von Privatpatienten vergleichsweise geringfügigen Umfangs vollständig verneint werde.

Der Gesetzeswortlaut in § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG stelle zwar ohne weitere Einschränkung auf die Erzielung von Gewinneinkünften i. S. des § 2 EStG ab. Daraus sei der gesetzgeberische Wille abzulesen, dass Existenzgründer nur sein könne, wer diese Absicht nach Ablauf einer Zeitspanne von fünf Jahren abhängiger Beschäftigung zum ersten Mal verwirkliche. Die Wahrnehmung des ärztlichen Notfalldienstes sei jedoch für Y ? wie generell für Assistenzärzte neben ihrem hauptberuflichen Anstellungsverhältnis ? keinesfalls eine Maßnahme der Existenzgründung, sondern nur eine Maßnahme des Broterwerbs gewesen. Der von Y wahrgenommene allgemeinärztliche Notfalldienstarzt habe keinerlei Zusammenhang mit seiner Karriereplanung gehabt und sei ohne irgendwelche Ambitionen auf eine Betriebseröffnung aufgenommen worden. Der Notfalldienst münde ohnehin nie in die Eröffnung einer Arztpraxis und sei keine berufliche Qualifikationsvoraussetzung für eine spätere Niederlassung. Da junge ärztliche Existenzgründer in der Regel während ihrer Ausbildungszeit ärztlichen Notfalldienst verrichtet hätten, hätte die strikte Anwendung des Gesetzeswortlauts durch die Finanzverwaltung zur Folge, dass die Existenzgründereigenschaft im ärztlichen Beruf nur noch ausnahmsweise in Betracht komme. Die buchstäbliche Anwendung der Gesetzesbestimmung führe demgemäß auch im vorliegenden Fall zu einer planwidrigen Verneinung der Existenzgründereigenschaft. Es solle nach dem Gesetzeszweck lediglich keine Subventionierung von mehrfachen gleichzeitigen oder annähernd gleichzeitigen Existenzgründungsvorhaben erfolgen. Wer aber ? wie Y ? in der Vergangenheit nachweisbar nicht Existenzgründer gewesen sei, disqualifiziere sich durch die Versteuerung von Einkünften aus selbständiger Arbeit nicht für eine nachfolgende echte Existenzgründung.

Was den Gewinnzuschlag laut Tz. 1.02 des Betriebsprüfungsberichts vom 28. März 2003 anlange, so sei dessen Festsetzung gemäß § 7g Abs. 5 EStG ungerechtfertigt. Gewinnzuschläge seien nur verwirkt, wenn die Auflösung einer ?Ansparabschreibung? gemäß § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG erfolge, nicht aber wenn ? wie der Beklagte meine ? die Vornahme der Ansparabschreibung von vornherein unzulässig gewesen sei. In diesem letzteren Fall bewirkten bekanntlich die Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO eine Zinsbelastung, durch die die Verspätung der Steuererhebung kompensiert werden solle. Durch das Zusammenwirken von § 7g Abs. 5 EStG mit § 233a AO würde sich eine ungerechtfertigte Doppelbelastung ergeben.

Am 21. Juni 2004 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er Folgendes aus:
Die Vornahme einer erhöhten ?Ansparabschreibung? für Existenzgründer gemäß § 7g Abs. 7 EStG sei zu Recht nicht anerkannt worden.

Existenzgründer i. S. des § 7g Abs. 7 Satz 1 EStG sei eine natürliche Person, die innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung weder an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt gewesen sei noch Einkünfte i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG erzielt habe (§ 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 EStG). Eine Personengesellschaft sei Existenzgründerin, wenn alle Mitunternehmer die für natürliche Personen geltenden Voraussetzungen des § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 EStG erfüllten (§ 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 EStG) und deshalb für sich betrachtet als Existenzgründer anzuerkennen wären. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall. Da die Gesellschafter X und Y zuvor jeweils selbständig tätig gewesen seien, hätten sie zum Zeitpunkt der Gründung der Klägerin am 1. September 1995 schädliche Voreinkünfte i. S. des § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 EStG erzielt ? nämlich solche nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG ? und schieden damit als begünstigte Gesellschafter aus.

I. Gewinneinkünfte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG von Y

1. Einkunftsquellen
Der Ansicht der Klägerin, die von Y im Jahr 1995 erzielten Einkünfte seien für die Beurteilung der Existenzgründereigenschaft außer Betracht zu lassen, könne nicht zugestimmt werden. Im Streitfall liege nämlich hinsichtlich des Zeitraums 1. September 1995 bis 31. Dezember 1995 kein abweichendes Wirtschaftjahr i. S. des Abschn. 25 EStH, sondern vielmehr ein Rumpfwirtschaftsjahr vor, das im ?Vor-Gründungszeitraum? des § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 EStG als volles Wirtschaftsjahr gelte (vgl. die von Schmidt/Drenseck EStG § 7g Rz 25 zum Gewinnzuschlag vertretene Rechtsauffassung).

2. Gutachtertätigkeit
Grundsätzlich stelle die Tätigkeit eines Arztes/Facharztes eine selbständige Berufstätigkeit dar. Er erbringe eine unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung. Die Erstellung ärztlicher Gutachten geschehe regelmäßig in selbständiger Tätigkeit (vgl. Schmidt/Drenseck EStG § 19 Rz 15). Sie sei nur dann nichtselbständig, wenn die Gutachten als Gutachten des Krankenhauses oder des Instituts gelten würden (BFH-Urteil vom 19. April 1956 IV 88/56 U, BFHE 62, 501, BStBI III 1956, 187). Gutachtertätigkeit von Ärzten, die neben einer nichtselbständigen Tätigkeit ausgeübt werde, sei selbständige Ausübung ärztlicher Berufstätigkeit (BFH-Urteil Urteil vom 7. Februar 1985 IV R 102/83, BFHE 143, 82, BStBI II 1985, 293).

Eine Umqualifizierung der bisher von Y selbst als Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärten Gewinne für die Jahre 1992 bis 1995 zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sei ohne einen Nachweis der tatsächlichen Verhältnisse ? z. B. Vorlage von Gutachten des Y mit Briefkopf des H-Hospitals ? im Nachhinein nicht möglich. Für die Richtigkeit der Einordnung der Gutachtertätigkeit des Y als eine Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG spreche ferner, dass Y in seiner Einnahme-Überschuss-Rechnung für das Jahr 1994 Aushilfslohn als Betriebsausgaben geltend gemacht habe.

Die Erklärung des Ärztlichen Direktors des H-Hospitals in T, Prof. Dr. Dr. G, vom 14. Oktober 2003, nach der die Bearbeitung der in Rede stehenden Gutachtenaufträge nicht als selbständige Tätigkeit gewertet werden könne, führe zu keiner abweichenden Betrachtungsweise, weil der Ärztliche Direktor naturgemäß zur Frage der steuerrechtlichen Abgrenzung zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit keine Ausführungen machen könne.

Die tatsächliche Durchführung des freien Mitarbeiterverhältnisses der Assistenzärzte, insbesondere die unterbliebene Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen, spreche nach seiner, des Beklagten, Überzeugung gegen die Annahme eines nichtselbständigen Arbeitsverhältnisses. Das von der Klägerin angeführte BFH-Urteil vom 11. November 1971 IV R 241/70 (BFHE 103, 567, BStBI II 1972, 213) betreffe Vergütungen, die ein nichtselbständig tätiger Oberarzt in einer Universitätsklinik von dem Klinikdirektor für die Vertretung oder die Mitarbeit bei der Behandlung der Privatpatienten des Klinikdirektors erhalte. Die Mitarbeit des Oberarztes als Gutachter werde darin hingegen ausdrücklich als selbständige Tätigkeit eingestuft. Es sei daher auch im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass hinsichtlich der Bearbeitung der Gutachtenaufträge durch Y zulässigerweise eine selbständige Tätigkeit vereinbart gewesen sei.

3. Ärztlicher Notfalldienst
Die ärztliche und zahnärztliche Notfallversorgung sei im SGB V geregelt; dort seien insbesondere die ? in der Einspruchsentscheidung auf Seite 9 f. vom Beklagten näher erläuterten ? §§ 28, 72, 76, 77, 85, 95, 95a, 115, 116 und 295 SGB V bei der Beurteilung der Frage von Bedeutung, ob die Tätigkeit als selbständig oder nichtselbständig einzustufen sei. Nach seiner, des Beklagten, Auffassung fielen auch Assistenzärzte aus Krankenhäusern, die über die notwendige Qualifikation nach § 95a SGB V verfügten, unter die Regelungen zur vertragsärztlichen Versorgung. Die Ermächtigung zur Teilnahme an der ärztlichen Notfallversorgung sei nach § 116 SGB V möglich. Der Einwand der Klägerin, § 116 SGB V sei im Falle des Y nicht einschlägig, sei nicht stichhaltig. Denn die Ermächtigung zur Teilnahme an der ärztlichen Notfallversorgung müsse selbstverständlich für jeden Arzt gelten, der diese Tätigkeit ausübe, ob nun als niedergelassener Arzt oder ? wie Y ? als Assistenzarzt eines Krankenhauses. Vergütungen aus einer notfallärztlichen Versorgung, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen mit befreiender Wirkung für die Krankenkassen geleistet würden, seien daher grundsätzlich im Rahmen des § 18 EStG zu erfassen. Etwas anderes gelte nur dann, wenn nachweislich andere Rechtsbeziehungen in Form von festen Anstellungsverträgen o. ä. bestanden hätten. Ein Anstellungsvertrag existiere aber im Streitfall nicht, weil eben die Rechtsbeziehungen gesetzlich geregelt gewesen seien. Auch sei nicht erkennbar, dass die Kassenärztliche Vereinigung als Arbeitgeberin gegenüber Y aufgetreten sei. Der von der Klägerin vorgelegten Dienstordnung für Notfalldienstärzte der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinhessen lasse sich nicht entnehmen, dass ? wie die Klägerin meine ? zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und den nebenberuflich tätigen Assistenzärzten in ihrer Eigenschaft als Notfalldienstärzte ein nichtselbständiges Beschäftigungsverhältnis bestehe. Vielmehr erteile die Kassenärztliche Vereinigung dem jeweiligen Assistenzarzt lediglich die Genehmigung, am organisierten ärztlichen Notfalldienst teilzunehmen. Dieser werde dann grundsätzlich im Rahmen der Notfallversorgung nicht weisungsgebunden, auf eigene Rechung und Gefahr und eigenverantwortlich i. S. von § 18 EStG tätig. Dass Y in den betreffenden Jahren noch kein niedergelassener Arzt gewesen sei und für seine Notfalldiensttätigkeit eine niedrig bemessene Tätigkeitsvergütung erhalten habe, führe zu keinem anderen Ergebnis.

4. Freie Mitarbeit
Die freie Mitarbeit in den Praxen der Fachärzte Dres. C und K und des Facharztes Dr. Dr. A sei genauso wie die Gutachtertätigkeit zu beurteilen; insoweit werde auf das zu Ziffer 2. Gesagte Bezug genommen. Die Behauptungen der Klägerin zur Überwachung der Tätigkeit des freien Mitarbeiters Y durch die Fachärzte Dres. C und K und Dr. Dr. A seien durch keine Nachweise belegt worden. Abgesehen davon, dass bisher Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erklärt worden seien, vermöge der Einwand, die Praxisinhaber und Y hätten die Einbehaltung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen offenbar nicht in Erwägung gezogen, weil dies für beide Teile verwaltungsmäßig einfacher gewesen sei, nicht zu überzeugen.

II. Gewinneinkünfte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG von X

Der Gesellschafter X habe im Jahr 1994 ebenfalls schädliche Voreinkünfte ? nämlich solche nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG ? erzielt. Dies werde von der Klägerin nicht bestritten.

III. Verhältnismäßigkeit/Übermaßverbot

Die von der Klägerin vorgetragenen ?Grundsätze? seien nicht einschlägig. Die Abfärbetheorien seien im vorliegenden Fall ebenfalls nicht analog anzuwenden. Die Voraussetzungen der ?Existenzgründung? ergäben sich direkt aus dem Gesetz, nämlich § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG. Danach trete eine Schädlichkeit ein, wenn Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG erzielt worden seien. Für das Erzielen der Einkünfte sei keine ?Bagatellgrenze? vorgesehen; ausgeschlossen sei daher beispielsweise auch ein Arbeitnehmer, der vor der Betriebseröffnung in geringem Umfang ?nebenberufliche? Gewinneinkünfte erzielt habe. Eine Parallele zu dem BFH-Urteil vom 11. August 1999 XI R 12/98 (BFHE 189, 419, BStBI II 2000, 229) sei nicht angebracht (vgl. Blümich/Brandis, § 7g EStG Rz. 102). Abgesehen davon, dass das Gesetz für die von der Klägerin vorgenommene Auslegung keine Grundlage biete, entstünde bei der Anerkennung einer betragsmäßigen ?Bagatellgrenze? das Problem der gerechten Abgrenzung. Der Ausschluss von Steuerpflichtigen mit bestimmten Voreinkünften stehe auch nicht im Widerspruch zum Zweck des § 7g Abs. 7 EStG und führe entgegen der Auffassung der Klägerin zu keiner planwidrigen Versagung der Existenzgründereigenschaft. Ebenso wenig handele sich dabei um eine verfassungswidrige Auslegung des Begriffs des Existenzgründers. Mit der Möglichkeit, von der Vornahme einer ?Ansparabschreibung? in erweitertem Umfang Gebrauch zu machen, solle dem höheren Liquiditätsbedarf von Existenzgründern abgeholfen werden (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf, BTDrs. 13/4839 S. 77). Dem so geschaffenen steuerlichen Anreiz für den Schritt in die Selbständigkeit widerspräche es, Unternehmer zu unterstützen, die zuvor ? in welchem Umfang auch immer ? schon selbständig tätig gewesen seien. Im Hinblick auf die beabsichtigte gezielte Starthilfe für Neueinsteiger in die Selbständigkeit habe der Gesetzgeber den Begriff des Existenzgründers daher einschränkend bestimmt. ?Unerwünschte Gestaltungen und Mitnahmeeffekte? sollten auf diese Weise unterbunden werden (Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 13/4839 S. 77).

IV. Gewinnzuschlag

Soweit die Auflösung einer Rücklage nicht auf § 7g Abs. 4 Satz 1 EStG beruhe, sei der Gewinn des Wirtschaftsjahrs, in dem die Rücklage aufgelöst werde, für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden habe, um 6 v.H. des aufgelösten Rücklagenbetrags zu erhöhen (§ 7g Abs. 5 EStG). Im Streitfall sei die ?Rücklage? wegen Fehlens der Voraussetzungen nach § 7g Abs. 7 EStG aufgelöst worden. Da die Auflösung somit zweifelsfrei nicht auf § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG beruhe, sei der Gewinnzuschlag zu Recht vorgenommen worden. § 233a AO und § 7g Abs. 5 EStG schlössen sich gegenseitig nicht aus. Zur Vermeidung unerwünschter Gestaltungen und Mitnahmeeffekte bestehe gerade bei zu Unrecht gebildeten Existenzgründerrücklagen ein Bedürfnis für einen Gewinnzuschlag.

Gegen die Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2004, die am selben Tag zur Post aufgegeben wurde, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 20. Juli 2004, der am 26. Juli 2004 ? einem Montag ? beim Gericht eingegangen ist, Klage erhoben.

Mit der gerichtlichen Eingangsverfügung vom 28. Juli 2004 ist die Klägerin aufgefordert worden, für jede der in der Klageschrift auf den Seiten 3 ff. beschriebenen strittigen Einkunftsquellen eine unterschriebene Bestätigung des jeweils ?übergeordneten? Arztes bzw. Krankenhausträgers vorzulegen, dass X bzw. Y auf Rechnung des Verfassers der Bestätigung tätig geworden sind, oder ? alternativ ? eine unterschriebene schriftliche Aussage des jeweils ?übergeordneten? Arztes bzw. Krankenhausträgers darüber, dass und aus welchen Gründen X bzw. Y nicht in ausschließlich eigener Verantwortung tätig geworden sind, sondern in der (Mit-)Verantwortung desjenigen, der die schriftliche Aussage verfasst hat, oder eines namentlich zu benennenden Dritten. Zugleich wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass ein entscheidendes Indiz für freiberufliche/selbständige Tätigkeit von X bzw. Y sein dürfte, falls die Klägerin die geforderten Nachweise nicht erbringen kann, weil es keine ?übergeordneten? Personen gab, die in der Lage sind, entsprechende Bestätigungen abzugeben.

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin daraufhin ? ergänzend zu ihren Ausführungen zur Einspruchsbegründung, die sie wiederholt ? Folgendes vorgetragen:

I. Gewinneinkünfte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG von Y

1. Gutachtertätigkeit
Y habe sich seinerzeit in der Facharztausbildung befunden und kein einziges Gut-achten unter seinem Namen erstattet. Die steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung durch den damaligen Arbeitgeber des Y sei fehlerhaft gewesen und dürfe sich im vorliegenden Verfahren nicht zum Nachteil der Klägerin auswirken. Hierzu hat die Klägerin eine vom 19. November 2004 datierende weitere Erklärung des Ärztlichen Direktors des H-Hospitals in T, Herrn Prof. Dr. Dr. G, vorgelegt, die in ihrem ersten Teil mit der vom 14. Oktober 2003 datierende Erklärung übereinstimmt und zusätzlich folgenden Wortlaut hat:

? [?]

Entsprechend den oben zitierten Richtlinien wurde Herr Dr. Y im Rahmen seiner Weiterbildung auch mit der Erstellung von Gutachten beauftragt; angefordert wurden diese Gutachten von den Auftraggebern entweder direkt beim ärztlichen Direktor der Klinik oder sie wurden über die Verwaltung des H-Hospitals an ihn herangetragen. Sie wurden unter dem Briefkopf der Landeshauptstadt T, H-Hospital, Klinik für Kiefer- und Gesichtschirurgie, unter Nennung des Namens Prof. Dr. Dr. E erstattet.

Herr Dr. Y war bei seiner Tätigkeit weisungsgebunden gegenüber dem Ärztlichen Direktor und den Oberärzten. Die Gutachten, Berichte und Stellungnahmen haben nur mit der Unterschrift des Ärztlichen Direktors als Linksunterzeichner (unter Mitzeichnung Herrn Dr. Ys) das Haus verlassen. Die Honoraransprüche an die Auftraggeber wurden vom Klinikum geltend gemacht; umgekehrt würden sich eventuelle vertragliche Ansprüche der Auftraggeber nach meiner Einschätzung demgemäss gegen das Klinikum, nicht gegen den Ärztlichen Direktor oder gar gegen den Assistenzarzt richten. Die Verantwortung für den Inhalt der Gutachten trägt im Außenverhältnis der Träger der Klinik, im Innenverhältnis (zwischen der Klinik und den Ärzten) primär der unterzeichnende Ärztliche Direktor bzw. der unterzeichnende Oberarzt und erst in letzter Linie, und zwar vermutlich nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen, der Assistenzarzt.

Im Verhältnis zwischen der Klinik und dem Assistenzarzt fällt die Gutachtenanfertigung, wie bemerkt, unter den Ausbildungsauftrag der Klinik und wird deshalb diesseits als Teil des Beschäftigungsverhältnisses mit dem Assistenzarzt betrachtet. Die Zahlung einer Vergütung an den Assistenzarzt für die Anfertigung von Gutachten lag dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen des Ärztlichen Direktors. ?

2. Ärztlicher Notfalldienst

Die Behauptung des Beklagten, Y sei gemäß § 116 SGB V zur Teilnahme an der ärztlichen Notfalldienstversorgung ermächtigt worden, sei unzutreffend. Y sei weder niedergelassener Arzt noch ermächtigter Arzt gewesen. Die Ermächtigung sei ein besonderes sozialversicherungsrechtliches Verfahren für die Zulassung von Krankenhausärzten zum Notfalldienst, welches unter Mitwirkung des Krankenhauses vonstatten gehe. Dieses Verfahren habe keiner der Assistenzärzte durchlaufen, die damals ? und heute ? den niedergelassenen Vertragsärzten die Wahrnehmung des Notfalldienstes abgenommen hätten.
Ebenso unzutreffend sei die Behauptung des Beklagten, dass die Rechtsbeziehungen bei der Notfalldienstarzttätigkeit, die durch Assistenzärzte wahrgenommen werde, gesetzlich geregelt seien. Dies sei nur bei niedergelassenen Ärzten der Fall, wenn sie den Notfalldienst selbst wahrnähmen. Sie hätten dann insbesondere Anspruch auf die zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen vereinbarten Honorare. Ein Honorar habe der nebenberuflich tätige Assistenzarzt jedoch gerade nicht erhalten, sondern eine nach Stunden bemessene Vergütung. Auch seien feste Arbeitszeiten, Anwesenheitspflicht und die Ausstattung des Arbeitsplatzes in der Notfalldienstzentrale durch die Kassenärztliche Vereinigung vorgegeben gewesen. Der vertretungsweise tätige Assistenzarzt sei im Unterschied zu dem normalerweise tätigen Vertragsarzt nicht Mitglied der Kassenärztlichen Vereinigung und unterliege deshalb nicht den Vorschriften des SGB V.

Auch bei den notfalldienstärztlichen Beschäftigungsverhältnissen würden sich die Vertragschließenden über die zutreffende lohnsteuerliche und sozialversicherungs-rechtliche Einordnung keine Gedanken machen und gingen zur Vereinfachung der Handhabung kurzerhand von der Selbständigkeit aus, ohne dass dies jemals fachlich geprüft würde.

3. Mitarbeit in den Praxen Dres. C und K und Dr. Dr. A

Die Mitarbeit in den Praxen der Fachärzte Dres. C und K und des Facharztes Dr. Dr. A habe Y ebenfalls als Teil seiner Ausbildung absolvieren müssen. Sie sei verpflichtend für die kassenzahnärztliche Zulassung gewesen. Für diese Ausbildungsphase werde durch die jeweilige Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung eine mindestens 6-monatige Ausbildung mit einer Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden vorgeschrieben, die demgemäss auch von dem ausbildenden niedergelassenen Arzt kontrolliert und später bescheinigt werden müsse. In der Gemeinschaftspraxis der Klägerin würden die dort zur Ausbildung beschäftigten Zahnärzte unter Vorlage einer Lohnsteuerkarte tätig; dies sei auch so üblich.

Während seiner eigenen Ausbildung sei Y auch nicht etwa in vertragliche Beziehungen zu den Patienten der jeweiligen Praxen getreten. Hierzu hat die Klägerin eine vom 23. November 2004 datierende Bestätigung der Praxisinhaber Dr. C und Dr. K vorgelegt, in der es wörtlich heißt:

? Herr Dr. Y, geb. am ?, war in der Zeit vom 01.02. bis 29.05.1995 als Assistent in unserer vertragszahnärztlichen Praxis tätig. Diese assistenzzahnärztliche Tätigkeit diente für Herrn Dr. Y der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen für seine Eintragung in das Zahnarztregister der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung gemäß § 3 Abs. 3 der Zulassungsverordnung für Kassenärzte (Zahnärzte-LV). Ohne die Tätigkeit wäre Herr Dr. Y zur Gründung einer eigenen kassenzahnärztlichen Praxis nicht in der Lage gewesen.

Wir bestätigen, dass Herr Dr. Y die Tätigkeit in unserer Praxis ausschließlich für unsere Rechnung ausgeübt hat und bei uns in unselbständiger Stellung nach unserer Anleitung und unter unserer Aufsicht und deshalb auch unter unserer Verantwortung tätig war. Er hat bei uns eine fest vereinbarte arbeitszeitabhängige Vergütung erhalten. ?

Herr Dr. Dr. Ar sei ? so der weitere Vortrag der Klägerin ? ihrer Bitte um Übersendung einer entsprechenden Bestätigung für Y nicht nachgekommen, offenbar weil er wegen Nichteinbehaltung von Lohnsteuer Nachteile befürchte. Die Tätigkeit von Y in der Praxis von Dr. Dr. A habe jedoch derjenigen in der Praxis der Dres. C und K entsprochen. Y habe eine Beschäftigung in der Praxis von Dr. Dr. A aufgenommen, weil dieser ? ebenso wie heute er selbst und X ? nicht nur die Zulassung als Kassenzahnarzt, sondern auch die als Kassenarzt besessen habe und sowohl in der Kassenzahnärztlichen als auch in der Kassenärztlichen Vereinigung Mitglied gewesen sei. Die kassenärztlichen Abrechnungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung unterlägen Besonderheiten, mit denen Y bis dahin nicht in Berührung gekommen sei.

II. Gewinneinkünfte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG von X

X habe ? entgegen der Behauptung des Beklagten in der Einspruchsentscheidung ? keine Voreinkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG erzielt. Die entsprechenden Steuerakten des Finanzamts B, die dies belegten könnten, hätten auch zwischenzeitlich nicht aufgefunden werden können.

III. Verfassungskonforme

Auslegung/Verhältnismäßigkeitsgrundsatz/Übermaßverbot

Selbst wenn die von Y vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung erzielten streitigen Einkünfte als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu qualifizieren seien, falle Y bei zweckgerechter, verfassungskonformer Auslegung unter den Begriff des Existenzgründers in § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG, so dass der Klage in jedem Fall stattzugeben sei.

Die hinter dem Ausschluss von Personen, die innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung an einer Kapitalgesellschaft beteiligt gewesen seien oder Gewinneinkünfte erzielt hätten, stehende gesetzgeberische Absicht sei die Verhinderung einer mehrfachen Inanspruchnahme der Vergünstigung in einem Fünfjahreszeitraum durch die Gründung mehrerer Betriebe nebeneinander sowie die Verhinderung der mehrfachen Inanspruchnahme einer ?Ansparabschreibung? durch einen Unternehmensgründer, der vor dem Ablauf der Fünfjahresfrist, die zur Auflösung der ?Ansparabschreibung? führen würde, einen neuen Betrieb gründe, abermals eine ?Ansparabschreibung? in Anspruch nehme und auf diese Weise eine ?Dauersubvention? erreichen könnte. Durch den weiten Gesetzeswortlaut würden allerdings auch Sachverhalte erfasst, die gänzlich außerhalb des Gesetzeszwecks lägen, nämlich Tätigkeiten, die der Steuerpflichtige innerhalb des Fünfjahreszeitraums ausgeübt habe, ohne auch nur im entferntesten auf eine Existenzgründung hinzuarbeiten. Dieser Mangel des Gesetzeswortlauts sei in der Literatur kritisiert worden (vgl. Meyer/Ball, FR 1997, 84 f.). Die Hoffnung, dass es eine mildernde Erlassregelung geben würde, habe sich nicht verwirklicht. Sachverhalte, für die dies dringend geboten sei, gebe es in größerer Zahl (vgl. Meyer/Ball, a. a. O.). Auch im vorliegenden Fall laufe es der gesetzgeberischen Absicht krass zuwider, wenn bestimmte frühere Tätigkeiten zu Ausbildungs- oder Broterwerbszwecken als Grund für die Verweigerung der ?Rücklagenbildung? herangezogen würden. Y hätten für die Ausübung der in Rede stehenden Tätigkeiten im Rahmen seiner Ausbildung keine anderen Organisationsformen als die jeweils verwirklichten zur Verfügung gestanden; die Ausgestaltung der Tätigkeiten als (vermeintlich) freiberufliche Tätigkeiten habe dem im Rahmen der ärztlichen Ausbildung Üblichen entsprochen. Es sei ein Verstoß gegen das Übermaßverbot, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und gegen Art. 3 GG, wenn durch die starre Gesetzesanwendung, wie sie der Beklagte praktizieren wolle, im Ergebnis ein ganzer Berufszweig von der erweiterten Ansparabschreibung für Existenzgründer ausgeschlossen werde. Deshalb sei eine einschränkende, verfassungskonforme Auslegung von § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG dahin geboten, dass Gewinneinkünfte in geringer Höhe (ungeschriebene Bagatellgrenze), denen zum Zwecke der Berufsausbildung ausgeübte Tätigkeiten zugrunde gelegen und die nicht im Zusammenhang mit einer Existenzgründung gestanden hätten, unschädlich seien.

Den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz habe der BFH nicht nur in dem bereits in der Einspruchsbegründung zitierten Urteil vom 11. August 1999 XI R 12/98 (BFHE 189, 419, BStBI II 2000, 229) zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (sog. Abfärberegelung), sondern auch in anderen mit dem vorliegenden Fall vergleichbaren Konstellationen herangezogen, beispielsweise bei der Anwendung der Tarifbegünstigung des § 34 Abs. 1 EStG auf außerordentliche Einkünfte in seinen Urteilen vom 24. Januar 2002 XI R 43/99 (BFHE 197, 522, BStBI II 2004, 442), vom 03. Juli 2002 XI R 80/00 (BFHE 199, 395, BStBl II 2004, 447), vom 14. Mai 2003 XI R 23/02 (BFHE 202, 491, BStBI II 2004, 451), vom 21. Januar 2004 XI R 33/02 (BFHE 205, 125, BStBl II 2004, 715, FR 2004, 769), und vom 14. Januar 2004 X R 37/02 (BFHE 205, 96, BStBl II 2004, 493) sowie im Zusammenhang mit der erweiterten Grundstückskürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in seinem Urteil vom 18. April 2000 VIII R 68/98 (BFHE 192, 100, BStBl II 2001, 359).

Die von Y vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung erzielten Einkünfte seien als geringfügig anzusehen. Für die Beurteilung, ob Einkünfte geringfügig seien, seien richtigerweise die Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Fünfjahreszeitraum vor der Betriebseröffnung an den Einkünften im Fünfjahreszeitraum nach der Betriebseröffnung zu messen. Geringfügigkeit sei hier im Übrigen selbst dann noch gegeben, wenn man ? entgegen der von ihr, der Klägerin, vertretenen Auffassung ? auch die im Wirtschaftsjahr 1995 außerhalb der Gemeinschaftspraxis erzielten Einkünfte einbeziehe.

Im vorliegenden Fall sei schließlich auch von Bedeutung, dass die erweiterte ?Ansparabschreibung? für Existenzgründer gemäß § 7g Abs. 7 EStG erst im Rahmen des Jahressteuergesetzes 1997 eingeführt worden sei. Zum Zeitpunkt der Aufnahme der vom Beklagten als schädlich erachteten Tätigkeiten, die sämtlich in den Jahren bis einschließlich 1995 ausgeübt worden seien, habe Y deshalb die mögliche Schädlichkeit dieser Tätigkeiten im Hinblick auf eine spätere Inanspruchnahme der erweiterten ?Ansparabschreibung? für Existenzgründer noch gar nicht erkennen können.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für den Veranlagungszeitraum 1997 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2004 dahingehend abzuändern, dass die gebildete Ansparrücklage nach § 7g Abs. 7 EStG als solche anerkannt wird und nicht im Jahr 1997 zuzüglich eines Gewinnzuschlags aufzulösen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung seines Klageabweisungsantrags verweist er auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt außerdem vor:

Auch nach Vorlage der Bescheinigungen der Fachärzte Dr. C und Dr. K sowie des Klinikums T halte er, der Beklagte daran fest, dass Y schädliche Voreinkünfte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG erzielt habe. So erscheine zumindest die erstgenannte Bestätigung insofern zweifelhaft, als Y im letzten ?Ausbildungsabschnitt? die entsprechende Facharztqualifikation bereits besessen habe; es liege daher nahe, dass er bereits aufgrund jener Qualifikation als selbständig tätiger Mitarbeiter in der Praxis gearbeitet habe.

Davon abgesehen habe sich die Klägerin zu dem Umstand, dass X im Jahr 1994 ebenfalls schädliche Voreinkünfte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG erzielt habe, nicht geäußert. Nach den Regeln der Feststellungslast trage in tatsächlicher Hinsicht der die ?Ansparabschreibung? begehrende Steuerpflichtige die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 EStG erfüllt seien; er habe die die Steuervergünstigung begründenden Tatsachen, soweit seine Mitwirkungspflicht reiche, im Klageverfahren nachzuweisen. Im Hinblick darauf, dass der Beklagte mit seinen diesbezüglichen Recherchen beim Finanzamt B seiner Aufklärungspflicht in zureichendem Maße nachgekommen sei und die für X geführten Steuerakten trotz intensiver Bemühungen der Beamten des Finanzamts B nicht hätten aufgefunden werden können, liege die Feststellungslast bezüglich des substantiierten Nachweises der Voreinkünfte ausschließlich bei der KIägerin. Da X die Voraussetzungen des § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 EStG ebenfalls nicht erfülle, sei auch aus diesem Grund die notwendige Existenzgründereigenschaft der Klägerin zu verneinen (vgl. Meyer/Ball, FR 1997, 85).

Die außerdem von der Klägerin vertretene Auffassung, er, der Beklagte, verfüge im Streitfall aufgrund der in der Literatur befürworteten ?Bagatellgrenze? über einen gewissen ?Spielraum? für eine weniger restriktive Handhabung der besagten Gesetzesregelung, teile er nicht. Angesichts des klaren und erschöpfenden Wortlauts der Vorschrift sei ein ?Aufweichen? in der Weise, dass Wörter wie z. B. ?geringfügige? dem Wort Einkünfte vor-angestellt würden, nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Verwaltungsakte sind rechtmäßig. Die Klägerin wird durch den Bescheid vom 15. April 2003 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2004 nicht in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 FGO).

Der Beklagte hat zu Recht am 15. April 2003 den bestandskräftigen, aber rechtswidrigen Bescheid vom 22. Juli 1999 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 1997 geändert, denn es lagen zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO für eine Änderung des vorangegangenen Bescheids vor, und es war auch noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO).

Dem Beklagten war erstmals nach Übernahme der Akten vom Finanzamt M-W im Jahr 2000 bekannt geworden, dass der Gesellschafter Y in seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1992 bis 1995 Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärt hatte. Der Bescheid vom 22. Juli 1999 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 1997 war rechtswidrig, weil der Beklagte darin zu Unrecht die von der Klägerin vorgenommene erweiterte ?Ansparabschreibung? für Existenzgründer gemäß § 7 Abs. 7 EStG in Höhe von 321.314,- DM gewinnmindernd berücksichtigt hatte. In dem geänderten Bescheid vom 15. April 2003 hat der Beklagte jene ?Ansparabschreibung? zu Recht in Höhe von 21.314,- DM rückgängig gemacht, denn es konnte nicht fest-gestellt werden, dass beide Gesellschafter der Klägerin innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung Existenzgründer waren, d. h. keine Einkünfte i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG erzielt haben.

Nach § 7g Abs. 3 und 6 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung können Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Bestandsvergleich oder ? wie die Klägerin ? durch Einnahme-Überschuss-Rechnung ermitteln, für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden bzw. im Rahmen der Einnahme-Überschuss-Rechnung Betriebsausgaben geltend machen. Die Investitionsrücklage bzw. Betriebsausgaben dürfen dabei 50 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs angeschafft oder hergestellt wird. Die am Bilanzstichtag insgesamt gebildeten Rücklagen bzw. im Rahmen der Einnahme-Überschuss-Rechnung angesetzten Betriebsausgaben dürfen bei Steuerpflichtigen, die keine Existenzgründer i. S. des § 7 Abs. 7 EStG sind, 300.000,- DM nicht übersteigen, während für Existenzgründer i. S. des § 7 Abs. 7 EStG der Höchstbetrag 600.000,- DM ist. Spätestens am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs hat ein Steuerpflichtiger, der kein Existenzgründer i. S. des § 7 Abs. 7 EStG ist, die Investitionszulage gewinnerhöhend aufzulösen bzw. im Rahmen der Einnahme-Überschuss-Rechnung eine entsprechende Betriebseinnahme anzusetzen (§ 7g Abs. 4 und 6 EStG). Soweit die Auflösung nicht aufgrund der Vornahme der begünstigten Investition erfolgt, ist im Jahr der Auflösung eine zusätzliche Gewinnerhöhung (?Verzinsung?) vorzunehmen, die 6 v.H. des aufgelösten Rücklagenbetrags für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, beträgt (§ 7g Abs. 5 EStG). Entsprechendes gilt bei der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschuss-Rechnung, wobei der Zeitraum zwischen dem Ansatz als Betriebsausgabe und dem Ansatz als Betriebseinnahme als Zeitraum gilt, in dem die Rücklage bestanden hat (§ 7g Abs. 6 EStG).

Demgegenüber genügt es bei einem Steuerpflichtigen, der Existenzgründer i. S. des § 7g Abs. 7 EStG ist, dass das begünstigte Wirtschaftsgut von ihm voraussichtlich bis zum Ende des fünften auf die Bildung der Rücklage bzw. im Rahmen der Einnahme-Überschuss-Rechnung bis zum Ende des fünften auf den Ansatz einer entsprechenden Betriebsausgabe folgenden Wirtschaftsjahrs angeschafft oder hergestellt wird. Er muss die Rücklage auch erst spätestens am Ende des fünften auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs gewinnerhöhend auflösen bzw. im Rahmen der Einnahme-Überschuss-Rechnung erst spätestens am Ende des fünften auf die Geltendmachung einer entsprechenden Betriebsausgabe folgenden Wirtschaftsjahrs eine Betriebseinnahme ansetzen (§ 7g Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 EStG). Schließlich hat er dabei außerdem den Vorteil, dass er keine zusätzliche Gewinnerhöhung um 6 v.H. (?Verzinsung?) gemäß § 7g Abs. 5 EStG vorzunehmen braucht (§ 7g Abs. 7 Satz 1 letzter Halbsatz EStG). Das Recht, eine gewinnmindernde Rücklage zu bilden bzw. im Rahmen der Einnahme-Überschuss-Rechnung eine entsprechende Betriebsausgabe geltend zu machen, steht einem Existenzgründer nach § 7g Abs. 7 Satz 1 EStG im Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung und in den folgenden fünf Wirtschaftsjahren (Gründungszeitraum) zu. § 7g Abs. 7 EStG wurde im Jahr 1997 eingeführt und ist nach § 52 Abs. 11 Satz 3 EStG 1997 erstmals für Wirtschaftsjahre anwendbar ist, die nach dem 31. Dezember 1996 beginnen.

Existenzgründer i. S. des § 7g Abs. 7 Satz 1 EStG ist eine natürliche Person, die innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung weder an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt gewesen ist noch Einkünfte i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG erzielt hat (§ 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 EStG). Eine Personengesellschaft ist Existenzgründerin, wenn alle Mitunternehmer die für natürliche Personen geltenden Voraussetzungen des § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 EStG erfüllen (§ 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 EStG) und deshalb für sich betrachtet als Existenzgründer anzuerkennen wären. Das ist bei der Klägerin nicht der Fall:

1.

Es kann schon nicht festgestellt werden, dass X in keinem der letzten fünf Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung Einkünfte i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG erzielt hat. Die Klägerin trifft die Feststellungslast (objektive Beweislast) dafür, dass ihre beiden Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung keine Einkünfte i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG erzielt haben. Denn nach den Regeln der Feststellungslast geht die Unerweislichkeit entscheidungserheblicher steuerbegründender Tatsachen zu Lasten der Finanzbehörde, diejenige steuerbefreiender oder steuermindernder Tatsachen zu Lasten des Steuerpflichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462, m. w. N.). Im Zweifelsfall ist die Bildung einer Existenzgründerrücklage gemäß § 7 Abs. 7 EStG daher zu versagen.

Hier hat die Betriebsprüfung in ihrem Bericht vom 28. März 2003 ausgeführt, dass X ?nach Auskunft des FA B im Jahre 1994 ebenfalls mit Einkünften aus selbständiger Arbeit veranlagt worden? sei, nähere Angaben hierzu jedoch ?weder vom Finanzamt B noch vom Steuerpflichtigen? gemacht worden seien. Der Beklagte hat daraufhin in seiner Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2004 festgehalten, dass der Gesellschafter X im Jahr 1994 gleichfalls schädliche Voreinkünfte ? nämlich solche nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG ? erzielt habe und dies von der Klägerin nicht bestritten werde. Nachdem die Klägerin in ihrer Klageschrift mitgeteilt hatte, dass X ? entgegen der Angaben in der Einspruchsentscheidung ? keine Voreinkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG erzielt habe, hat das Gericht in seiner Eingangsverfügung vom 28. Juli 2004 erläutert, dass es im vorliegenden Verfahren darum gehe aufzuklären, ?welcher Art die von den Herren Dr. X und Dr. Y innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung erzielten Einkünfte waren?. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat die Klägerin trotz dieses gerichtlichen Hinweises lediglich zu den von Y erzielten Einkünften ausführlich Stellung genommen, sich hingegen bezüglich X auf die pauschale Behauptung beschränkt, ?dass dieser, anders als in der Einspruchsentscheidung dargestellt, keine Voreinkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG erzielt hat? und die entsprechenden Steuerakten des Finanzamts B ?bedauerlicherweise auch zwischenzeitlich nicht aufgefunden werden? konnten.

Angesichts dieser nicht näher substantiierten Einlassung der Klägerin, erwuchsen dem Finanzgericht keine weitergehenden Amtsermittlungspflichten, denn wenn ein Beteiligter keine Auskunft über Tatsachen gibt, die in sein Wissen gestellt sind und deren Mitteilung schon wegen der persönlichen Nähe zu der zu erteilenden Information seine Sache ist ? hier: über die Art der von ihm bzw. seinen Gesellschaftern innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung im Einzelnen erzielten Einkünfte ?, kann das Finanzgericht in aller Regel auf die weitere Sachverhaltsaufklärung verzichten. Die Amtsermittlungspflicht des Finanzgerichts nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO wird nämlich durch die Mitwirkungspflicht der Beteiligten nach § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO begrenzt. Danach sind die Beteiligten gemäß § 76 Abs. 1 Satz 3 FGO verpflichtet, sich über alle tatsächlichen Umstände vollständig und der Wahrheit entsprechend zu erklären (vgl. BFH-Beschluss vom 3. September 1996 IV B 107/95, BFH/NV 1997, 116; BFH-Urteil vom 13. März 1985 I R 7/81, BFHE 145, 502, BStBl II 1986, 318).

2.

Selbst wenn man aber unterstellen würde, dass die pauschale Behauptung der Klägerin, ihr Gesellschafter X habe ?keine Voreinkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG erzielt?, zutreffend ist, oder wenn man annähme, dass hier ? etwa wegen der Unauffindbarkeit der von X für die Veranlagungszeiträume vor 1996 abgegebenen Einkommensteuererklärungen beim Finanzamt B ? die Feststellungslast beim Beklagten läge, müsste die Klage abgewiesen werden, da jedenfalls Y nach der Überzeugung des Gerichts schädliche Voreinkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG erzielt hat und diese auch nicht nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen außer Betracht gelassen werden können. Dabei lässt das Gericht offen, ob die Einkünfte des Y aus der Gutachtertätigkeit in den Jahren 1992 bis 1995 und aus seiner Mitarbeit in den Praxen der Fachärzte Dres. C und K und des Facharztes Dr. Dr. A im Jahr 1995 als Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder ? wofür nach Auffassung des Gerichts die im Klageverfahren vorgelegte Erklärung des Ärztlichen Direktors des H-Hospitals in T, Herrn Prof. Dr. Dr. G, vom 19. November 2004 sowie die Bestätigung der Praxisinhaber Dr. C und Dr. K vom 23. November 2004 sprechen ? als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu qualifizieren sind. Denn jedenfalls die Einkünfte des Y aus der Notfalldiensttätigkeit in den Jahren 1992 bis 1995 stellen nach der Überzeugung des Gerichts Einkünfte aus selbständiger Arbeit i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG dar und sind damit schädliche Voreinkünfte i. S. des § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG, denn Y übte die Notfalldiensttätigkeit wie ein Angehöriger eines freien Berufs aus, nämlich eigenverantwortlich und frei von solchen Weisungen, die über Rahmenanweisungen, wie sie (auch) bei der Beauftragung von Gewerbetreibenden und freiberuflich Tätigen üblich sind, hinausgingen:

a)
Ein Steuerpflichtiger bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, wenn er als Arbeitnehmer aus einem Dienstverhältnis Arbeitslohn erhält (§ 2 Abs. 3 Nr. 4, § 19 Abs. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG, § 1 Abs. 2 LStDV). Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Beschäftigte dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Das ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (§ 1 Abs. 2 LStDV). Die Entscheidung darüber, ob eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ist, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse unter Abwägung aller Umstände zu entscheiden (BFH-Urteil vom 18. Januar 1974 VI R 221/69, BFHE 111, 326, BStBl II 1974, 301; BFH-Urteil vom 4. Dezember 1975 IV R 180/72, BFHE 117, 550, BStBl II 1976, 292). Eine Würdigung nach dem Gesamtbild bedeutet, dass die für und gegen ein Dienstverhältnis sprechenden Merkmale gegeneinander abgewogen werden. In diese Würdigung ist auch einzubeziehen, wie das der Beschäftigung zugrunde liegende Vertragsverhältnis ausgestaltet worden ist, sofern die Vereinbarungen ernsthaft waren und auch tatsächlich durchgeführt worden sind (BFH-Urteil vom 14. Dezember 1978 I R 121/76, BFHE 126, 311, BStBl II 1979, 188, m. w. N.). Nach ganz herrschender Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum besteht keine Bindung des Steuerrechts an das Arbeitsrecht oder an das Sozialversicherungsrecht, sondern nur eine Indizwirkung des Arbeits- und Sozialversicherungsrechts (z. B. BFH-Urteil vom 4. Dezember 1975 IV R 180/72, BFHE 117, 550, BStBl II 1976, 292; BFH-Urteil vom 29. November 1978 I R 159/76, BFHE 126, 457, BStBl II 1979, 182; Lang, DStJG 9, 27 f., m. w. N. in Fn. 58 + 59).

Im vorliegenden Fall ist Y nach den eigenen Angaben der Klägerin auf der Grundlage der von der Kassenärztlichen Vereinigung S erlassenen Notfalldienstordnung tätig geworden, die auch und in erster Linie für alle freiberuflich tätigen und zur Teilnahme am Notfalldienst verpflichteten Vertragsärzte galt und inhaltlich mit der vorgelegten Notfalldienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinhessen übereinstimmte. Y war nicht in einen Betrieb der Kassenärztlichen Vereinigung S ? soweit man das Vorhandensein eines solchen überhaupt bejahen kann ? als abhängiges, unselbständiges Glied eingegliedert und schuldete der Kassenärztlichen Vereinigung S auch nicht seine Arbeitskraft, denn er konnte selbst entscheiden, ob und wie viele Notfalldienstschichten er ? neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Assistenzarzt im H-Hospital ? übernehmen wollte. Im Falle der Behandlung von privat Versicherten während einer Notfalldienstschicht durfte er diesen seine Leistungen selbst in Rechnung stellen. Bei der Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgte die Abrechnung ? ebenso wie die Abrechnung eines zugelassenen Vertragsarztes ? über die Kassenärztliche Vereinigung S, wobei Y die gesetzlichen Gebühren für die erbrachten Leistungen allerdings nicht in voller Höhe zuflossen, sondern ? anders als bei einem zugelassenen Vertragsarzt ? vermindert um 18 v.H. bzw. 19 v.H. als Pauschale für die Vorhaltung des notärztlichen Behandlungsraums und für sonstige Verwaltungsleistungen der Kassenärztlichen Vereinigung S sowie außerdem vermindert um die nach der Notfalldienstdauer berechnete feste Vergütung von 25,- DM pro Stunde. Bei Abwägung der genannten Umstände sprechen die gewichtigeren Merkmale für eine selbständige Tätigkeit des F, weil sich Tätigkeit und Vergütung des Y im Kern nicht von einem Vertragsarzt unterschieden, der aufgrund seiner gesetzlichen Verpflichtung am Notfalldienst teilnahm.

Maßgeblich zu berücksichtigen ist bei der erforderlichen Gesamtwürdigung zudem, dass der Beruf des Arztes, ebenso wie der des Rechtsanwalts, Notars, Wirtschaftsprüfers oder Steuerberaters, eine standesrechtlich institutionalisierte Selbstständigkeit im Sinne eines fachlich eigenverantwortlichen Handelns impliziert, die den Typus des Freiberuflers schärfer zum Arbeitnehmer abgrenzt als den Typus des Gewerbetreibenden (Lang, DStJG 9, 39 f.). Zwar besteht wegen der unterschiedlichen Gesetzeszwecke zwischen der standes- und steuerrechtlichen Terminologie ebenso wenig Deckungsgleichheit wie zwischen Steuer-, Arbeits- und Sozialversicherungsrecht. Jedoch erzeugen die ausdrücklichen Verweisungen in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auf standesgesetzlich geregelte Berufe eine besondere Bindung an der Standesgesetz, die über die bloße Indizwirkung der Arbeits- und Sozialversicherungsrechtslage hinausreicht. So heißt es in § 1 Abs. 1 der Muster-Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte (Stand 2004) unter der Überschrift ?Aufgaben der Ärztinnen und Ärzte? wörtlich (http://www.bundesaerztekammer.de/30/Berufsordnung/10Mbo/index.html#B41): ?Ärztinnen und Ärzte dienen der Gesundheit des einzelnen Menschen und der Bevölkerung. Der ärztliche Beruf ist kein Gewerbe. Er ist seiner Natur nach ein freier Beruf.? Ist demnach der freiberufliche Charakter gesetzliche Voraussetzung für den Beruf und die Berufsausübung des Arztes, ist dies grundsätzlich auch für das Steuerrecht maßgeblich; der Arbeitnehmerbegriff des § 19 EStG wird hier speziell eingeschränkt. Wenn also die Einkünfte nicht schon von dem Arzt selbst oder von Dritten für den Arzt als lohnsteuerpflichtig behandelt werden ? was hier unstreitig gerade nicht der Fall war ?, erwirtschaftet derjenige Arzt, der eigenverantwortlich der Gesundheit des einzelnen Menschen und der Bevölkerung dienend tätig wird, auch dann Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, wenn er im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis oder ärztlichen Einrichtung, an der er nicht beteiligt ist, tätig wird und durch Zuweisung von Patienten so abgesichert ist, dass seine Tätigkeit mit keinem unternehmerischen Wagnis verknüpft ist. Nur und allerdings dann, wenn im Innenverhältnis fachliche Weisungsgebundenheit und Kontrolle hinzutritt, wird der Arzt nichtselbständig tätig und damit lohnsteuerpflichtig, weil seine Tätigkeit dann dem Berufsbild des Arztes i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht mehr zugeordnet werden kann. Die Maßgeblichkeit des Standesrechts für die Anwendung des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG gilt dabei ebenso für die Fälle der (Ur-laubs-)Vertretung, denn auch dort begründet in Fällen fehlender fachlicher Weisungsgebundenheit und Kontrolle das standesrechtliche Argument den freiberuflichen Charakter des (Urlaubs-)Vertreters, ohne dass es darauf ankommt, ob der (Urlaubs-)Vertreter Unternehmerrisiko trägt (Lang, DStJG 9, 40, Fn. 119).

Nach diesen Grundsätzen spricht zwar die in der Erklärung des Ärztlichen Direktors des H-Hospitals vom 19. November 2004 sowie in der Bestätigung der Praxisinhaber Dr. C und Dr. K vom 23. November 2004 attestierte Weisungsgebundenheit des Y insoweit für Einkünfte des Y aus nichtselbständiger Arbeit. Hinsichtlich der Notfalldiensttätigkeit des Y fehlt es hingegen an einer entsprechenden fachlichen Weisungsgebundenheit und Kontrolle im Innenverhältnis. Diese ist praktisch auch gar nicht denkbar, weil ein Notfalldienstarzt die Behandlung von Patienten in Notfällen typischerweise auf sich allein gestellt übernimmt, denn er stellt im Rahmen des durch die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Ärztekammern organisierten ambulanten Notfall- und Bereitschaftsdienstes die ambulante ärztliche Versorgung bei dringenden Behandlungsfällen in solchen Zeiträumen sicher, in denen die in freier Praxis niedergelassenen Ärzte üblicherweise keine Sprechstunden abhalten. Dass Y Einkünfte aus seiner Notfalldiensttätigkeit in der für die Jahre 1992 bis 1995 jeweils erklärten Höhe erzielt hat, indem er mit einem anderen Notfalldienstarzt lediglich mitgegangen ist und unter dessen Aufsicht tätig geworden ist, behauptet die Klägerin selbst nicht. Hierfür hat sie auch keinerlei Nachweise vorgelegt; insbesondere hat sie trotz der mit einer Ausschlussfrist versehenen Aufforderung in der gerichtlichen Eingangsverfügung vom 28. Juli 2004 keine Bestätigung eines insoweit ?übergeordneten? Arztes vorgelegt.

Die von Y eigenverantwortlich wahrgenommene ärztliche Notfalldiensttätigkeit war auch vollwertige ärztliche Tätigkeit, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu erfolgen hatte (siehe dazu die ?Leitsätze? auf Seite 5 der von der Klägerin vorgelegten Dienstordnung für Notfalldienstärzte der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinhessen). Unter der Überschrift ?1. Allgemeines? auf Seite 6 der von der Klägerin vorgelegten Dienstordnung heißt es: ?Der Notfalldienstarzt als Vertreter des niedergelassenen Vertragsarztes übernimmt [?] die Rechte und Pflichten eines Vertragsarztes.? Konsequenterweise wird unter der Überschrift ?2. Voraussetzungen für die Tätigkeit eines Arztes im ärztlichen Notfalldienst (als Notfalldienstarzt)? verlangt, dass jeder Arzt, der als Notfalldienstarzt tätig wird, neben Kenntnissen in der Notfallmedizin und Kenntnissen in der vertragsärztlichen Behandlungs- und Verordnungsweise sowie im vertragsärztlichen Formular- und Abrechnungswesen über die Approbation als Arzt und über eine persönliche Berufshaftpflichtversicherung verfügt (siehe Seite 7 der vorgelegten Notfalldienstordnung). Auf die Eigenverantwortlichkeit der ärztlichen Notfalldiensttätigkeit wird ausdrücklich hingewiesen, und zwar unter der Überschrift ?4. Dienstausübung? auf Seite 8 der vorgelegten Notfalldienstordnung: ?Der Notfalldienstarzt übt seinen Dienst eigenverantwortlich aus. Das bedeutet z. B., daß ein Notfalldienstarzt, der sich für 24 Stunden zum Dienst einteilen läßt, auch bei maximaler Inanspruchnahme physisch und psychisch imstande sein muß, seinen Dienst korrekt zu versehen. Im Falle eines Behandlungsfehlers wird der Erschöpfungszustand nicht zugunsten des Arztes gewertet, da er möglicherweise unverantwortlich weiter behandelt hat.? Die Notfalldiensttätigkeit verlangt außerdem breite, präsente medizinische Kenntnisse und einen Wissens- und Erfahrungsstand, der nicht ohne weiteres bei jedem Arzt vorhanden ist, sondern mit wachsender zeitlicher Entfernung von der Approbation und/oder der letzten allgemeinärztlichen Tätigkeit durch Fortbildung erhalten und nötigenfalls ergänzt werden muss (vgl. Landessozialgericht für das Land Niedersachsen Urteil vom 25. April 2001 L 3/5 KA 67/99, juris Nr. KSRE 085441318 Rz. 18 ff.). Nach Auffassung des erkennenden Gerichts entspricht die ärztliche Notfalldiensttätigkeit daher nicht bloß ? wie die Klägerin in ihrer während der Betriebsprüfung abgegebenen Stellungnahme andeutet ? ?einer einfacheren Tätigkeit in abhängiger Stellung?. In dieser Einschätzung sieht sich das Gericht auch durch die strenge Rechtsprechung der Zivilgerichte in Arzthaftungsfällen bestätigt. So hat beispielsweise das OLG Stuttgart in einem Fall, in dem der aufgesuchte Arzt, der den Notfalldienst wahrnahm, bei dem Patienten, einem Kind, die differentialdiagnostische Erwägung ?Meningitis? und entsprechende Untersuchungen und Befunderhebungen sowie eine sofortige Krankenhauseinweisung unterlassen hatte, den Arzt unter anderem zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 150.000,- DM verurteilt und in seiner Urteilsbegründung Folgendes ausgeführt (Urteil vom 21. Januar 1993 14 U 34/91, VersR 1994, 313): ?Der Bekl. [Anm. des Gerichts: dies war der Arzt, der den Notfalldienst wahrnahm] kann sich schließlich nicht darauf berufen, ?er sei ja lediglich Notarzt gewesen und nur wegen der Verabreichung einer Injektion aufgesucht worden?. Der Sorgfaltsmaßstab wird im Rahmen eines Notfall- oder Bereitschaftsdienstes grundsätzlich nicht gemildert (OLG Stuttgart vom 27. 8. 1987 - 14 U 19/87). Der Notarzt hat nicht nur akute Beschwerden zu behandeln, sondern im Rahmen seiner Möglichkeiten das Krankheitsbild vollständig zu ermitteln (vgl. hierzu auch Steffen aaO S. 21 m. w. N.).?

Die freiberufliche ärztliche Notfalldiensttätigkeit, die zu Einkünften aus selbständiger Arbeit führte, hat Y jedenfalls seit 1992 ausgeübt und daraus Einnahmen in Höhe von 11.696,- DM im Jahr 1992, 15.290,- DM im Jahr 1993, 13.458,- DM im Jahr 1994 und 7.324,- DM im Jahr 1995 erzielt. Da Y insoweit mithin auch schon vor dem Jahr 1995 Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt hat, hilft der Klägerin ihre Argumentation, sämtliche im Jahr 1995 von Y erzielten Einkünfte seien für die Beurteilung der Existenzgründereigenschaft des Y außer Betracht zu lassen, hier von vornherein nicht weiter. Abgesehen davon vermag ihre Ansicht, das Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung beginne trotz faktischer Betriebseröffnung erst am 1. September 1995 bereits mit Beginn des Kalenderjahrs 1995, d. h. am 1. Januar 1995, nicht zu überzeugen. Vielmehr ist nach Auffassung des Gerichts zur Ermittlung des Fünfjahreszeitraums vom tatsächlichen Zeitpunkt der Betriebseröffnung fünf Jahre zurückzurechnen. Wird ein Betrieb also am 1. September 1995 eröffnet, führen Einkünfte i. S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG, die letztmals im September 1990 erzielt werden, zur Verneinung der Existenzgründereigenschaft, während Einkünfte i. S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG, die letztmals im August 1990 erzielt werden, unschädlich sind (ebenso z. B. Meyer/Ball, FR 1997, 86). Die gegenteilige Betrachtungsweise der Klägerin würde dazu führen, dass ein Steuerpflichtiger, der letztmals im August 1990 Einkünfte i. S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG erzielt hat, noch bis zum 1. Januar 1996 warten müsste, um eine nach § 7g Abs. 7 EStG begünstigte Betriebseröffnung vornehmen zu können, weil nach der Lesart der Klägerin Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung nicht ein vom 1. September 1995 bis zum 31. Dezember 1995 laufendes Rumpfwirtschaftsjahr sein kann, sondern stets das (gesamte) Kalenderjahr als Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung zu werten ist. Diese Ansicht der Klägerin ist auch deshalb abzulehnen, weil danach der Begriff des Wirtschaftsjahrs in § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG abweichend von der Legaldefinition der §§ 4a EStG und 8b EStDV im Ergebnis dahin ausgelegt wird, dass der Begriff i. S. von Kalenderjahr zu verstehen ist. Der Gesetzgeber hat aber bei Fassung des § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG den Begriff ?Wirtschaftsjahr? und nicht den Begriff ?Kalenderjahr? gewählt. Anhaltspunkte dafür, dass der Begriff des Wirtschaftsjahrs i. S. des § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG abweichend von der Legaldefinition der §§ 4a EStG und 8b EStDV dahingehend auszulegen wäre, dass der Begriff Wirtschaftsjahr i. S. von Kalenderjahr gemeint gewesen ist, bestehen nicht. Vielmehr sind die im Einkommensteuerrecht verwandten Begriffe grundsätzlich einheitlich auszulegen (vgl. FG Köln Urteil vom 8. Juli 2003 1 K 4237/02, EFG 2003, 1607, m. w. N.).

b)
Im Ergebnis hilft dem Klagebegehren der Klägerin auch nicht ihre Ansicht zum Erfolg, wonach eine Korrektur des Wortlauts des § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG im Wege verfassungskonformer Auslegung und nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbots in der Weise geboten sei, dass Gewinneinkünfte in geringer Höhe, denen zum Zwecke der Berufsausbildung ausgeübte Tätigkeiten zugrunde gelegen und die nicht im Zusammenhang mit einer Existenzgründung gestanden hätten, unschädlich seien. Zum einen handelt es sich bei den von Y in den Jahren 1992 bis 1994 erzielten Einkünften aus ärztlicher Notfalldiensttätigkeit nämlich nicht um geringe Einkünfte, die noch als ?Bagatellen? bezeichnet werden könnten, sondern um Einkünfte in jeweils fünfstelliger DM-Höhe. Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, dass Y die ärztliche Notfalldiensttätigkeit zum Zwecke der Berufsausbildung ausgeübt hat, denn unstreitig handelte es sich um allgemeinärztlichen Notfalldienst, der nicht Voraussetzung zur Erlangung seiner Qualifikation als Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie war.

Selbst wenn die Vornahme einer erweiterten ?Ansparabschreibung? für Existenzgründer im vorliegenden Fall aber nur im Hinblick auf Einkünfte des Y aus einer Tätigkeit, die er zum Zwecke der Berufsausbildung ausgeübt hätte ? z. B. im Hinblick auf die Einkünfte aus der Gutachtertätigkeit im H-Hospital oder aus ?Freier Mitarbeit? in den Praxen der Fachärzte Dres. C und K und des Facharztes Dr. Dr. A ?, verneint worden wäre, sähe das Gericht keinen Anlass, die Vorschrift des § 7g Abs. 7 EStG über ihren Wortlaut hinaus im vorliegenden Fall anzuwenden. Mit der Möglichkeit, von der Bildung einer Investitionsrücklage in erweitertem Umfang Gebrauch zu machen, soll nämlich die Wettbewerbssituation kleinerer und mittlerer Betriebe dadurch verbessert werden, dass deren Liquidität und Eigenkapitalbildung unterstützt und deren Investitions- und Innovationskraft gestärkt werden (vgl. BT-Drs. 11/257 S. 8 f., BT-Drs. 13/4839 S. 77). In typisierender Weise ist der Gesetzgeber dabei davon ausgegangen, dass Personen, die bereits innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung Einkünfte i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG erzielt haben, in den fünf Jahren nach Betriebseröffnung keinen erhöhten Liquiditätsbedarf haben und auch ohne Hilfe des Staates genügend Eigenkapital bilden können. Dass diese typisierende Einschätzung des Gesetzgebers im Falle der Klägerin unzutreffend ist, hat sie weder vorgetragen noch nachgewiesen. Die im Streitjahr 1997 und in den drei darauffolgenden Jahren erzielten Gewinne sprechen jedenfalls dagegen. Hinzu kommt, dass es sich bei § 7g Abs. 7 EStG um eine Subventionsnorm handelt, deren Wortlaut trotz kritischer Stimmen in der Literatur vom Gesetzgeber bislang nicht erweitert wurde. Auch aus diesem Grund sieht sich das Gericht gehindert, den Anwendungsbereich in der vorliegenden Fallkonstellation über die vom Gesetzgeber gesetzten Grenzen hinaus auszudehnen. Demgemäß wird es in Literatur (Blümich/Brandis, § 7g EStG Rz. 102; Lambrecht in Kirchhof/Söhn, EStG, § 7g Rdnr. H 15; Handzik in Littmann/Bitz/Pust § 7g EStG Rdnr. 119; Keller in Korn, § 7g EStG Rz. 75; B. Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 7g EStG Anm. 142), Verwaltung (OFD Berlin Verfügung vom 28. August 2001 St 122 - S 2139b - 2/01, FR 2002, 49; OFD Koblenz Verfügung vom 28. Juli 2003 S 2183b A, DStR 2003, 1484; BMF-Schreiben vom 25. Februar 2004 IV A 6 - S 2183b - 1/04 Rz. 44, BB 2004, 768) und Rechtsprechung (Sächsisches Finanzgericht Urteil vom 23. Juni 2003 3 K 2328/02, EFG 2003, 1560) allgemein abgelehnt, im Gesetz nicht vorgesehene zeitliche oder betragsmäßige ?Bagatellgrenzen? anzuwenden.

3.

Trotz entsprechender Ausführungen des Beklagten in seiner Einspruchsentscheidung besteht für das Streitjahr 1997 ? um das es im vorliegenden Verfahren nur geht ? kein Anlass für einen Streit über die Rechtmäßigkeit eines Gewinnzuschlags, denn der Beklagte hat einen solchen ausweislich seiner Ausführungen zu Tz. 1.02 des Betriebsprüfungsberichts vom 28. März 2003 bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr 1997 gar nicht vorgenommen. Das Gericht weist ? mit Blick auf die noch beim Beklagten anhängigen Streitjahre 1999 bis 2002 ? ausdrücklich darauf hin, dass der Beklagte zu Recht davon abgesehen hat, einen Gewinnzuschlag vorzunehmen, denn es liegt hier kein Fall der Auflösung einer Investitionsrücklage i. S. des § 7g Abs. 5, 6 EStG, sondern ein Fall der Rückgängigmachung bzw. rückwirkenden Beseitigung vor. Wurde der Sachverhalt, aus dem sich ergibt, dass die Voraussetzungen für die Bildung einer Investitionsrücklage von Anfang fehlten, der Finanzbehörde ? wie hier ? erst nachträglich bekannt, ist bei bereits bestandskräftiger Veranlagung für das Jahr der Rücklagenbildung ? sofern abgabenrechtlich zulässig ? ein Änderungsbescheid zu erlassen (BFH-Urteil vom 13. Mai 2004 IV R 11/02, BFH/NV 2004, 1400, juris Nr. STRE200450795 Rz. 15 ff.; FG Hamburg Beschluss vom 4. August 2004 III 264/04, EFG 2005, 183, juris Nr. STRE200471545 Rz. 21 ff., m. w. N.). In diesem Fall ist nach Auffassung des Gerichts kein Gewinnzuschlag nach § 7g Abs. 5, 6 EStG anzusetzen, weil es sich nicht um eine Auflösung einer Rücklage, sondern um eine Rückgängigmachung bzw. rückwirkende Beseitigung handelt. Zwar hat der Steuerpflichtige ebenfalls einen Steuerstundungseffekt erzielt, wenn der Änderungsbescheid, z. B. ? wie hier ? aufgrund einer Betriebsprüfung erst Jahre später ergeht. Dieser Vorteil wird aber nach Maßgabe des § 233a AO bereits abgeschöpft.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO insgesamt abzuweisen.

Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

RechtsgebietEinkommensteuerrechtVorschriften§ 18 Abs. 1 Nr. 1, § 7g Abs. 7 EStG

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