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30.06.2005 · IWW-Abrufnummer 051835

Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 03.11.2004 – 10 K 211/01

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FINANZGERICHT BADEN-WÜRTTEMBERG

Im Namen des Volkes

Urteil

Az.: 10 K 211/01

In dem Finanzrechtsstreit XXX

wegen Einkommensteuer 1999

hat der 10. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg auf die mündliche Verhandlung vom 3. November 2004 durch Richter am Finanzgericht ... als Berichterstatter

für Recht erkannt.

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Rechtsmittelbelehrung xxx

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Einkommensteuerfestsetzung 1999.

Der am 6. November 1961 geborene Kläger ist ledig. Er reichte am 17. Oktober 2000 beim Beklagten eine Einkommensteuererklärung für das Jahr 1999 ein, bei deren Anfertigung der Prozessbevollmächtigte des Klägers mitgewirkt hatte. In Zeile 5 und 6 der Einkommensteuererklärung gab der Kläger folgende Anschrift an: ?... ?

Der Kläger wurde durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 15. Dezember 1995 wegen vorsätzlicher Tierquälerei und wegen tateinheitlichen Erwerbs, Besitzes in nicht geringer Menge und Handeltreibens mit BTM (Haschisch) in zwei Fällen zu zwei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Am 11. August 1998 wurde beim Kläger durch die Polizeidirektion... in seiner Wohnung im 3. Obergeschoss des Anwesens ..., eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Nach Fertigung eines Schlussvermerks vom 30. Oktober 1998 legte die Polizeidirektion ... an 11. Dezember 1998 der Staatsanwaltschaft ... eine Strafanzeige gegen den Kläger wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz und das Tierschutzgesetz vor. Der Kläger reiste zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im September/Oktober 1998 aus der Bundesrepublik Deutschland aus. Am 20. Oktober 1998 wurde ihm durch das Königreich Thailand ein Non-Immigrant-Visum bis zum 19. April 1999 erteilt. Am 6- Mau 1999 wurde dem Kläger erneut von Thailand ein Non-Immigrant-Visum mit Gültigkeit bis zum 5. August 1999 ausgestellt. Am 22. Januar 1999 wurde der Kläger zur Fahndung ausgeschrieben. Am 5. August 1999 wurde der Kläger bei seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland am Flughafen Frankfurt wegen Aufenthaltsermittlung festgenommen. Das Amtsgericht ... widerriet mit Beschluss vom 8. November 1999 ? 1 Ls 43 Js 19614/98 ? 1 AK 21/95, 1 Ls (Cs) 15 Js 16247/94 ? 1 AK 27/95 ? die Strafaussetzung zur Bewährung. Die Polizeidirektion ... führte im vermerk vom 27. Februar 2000 aus, der Kläger habe bei seiner Festnahme angegeben, dass er in der ...- wohnhaft sei. Am 10. September 1999 wurde dem Kläger vom thailändischen Generalkonsulat in Frankfurt wiederum ein Non -Immigrant - Visum bis zum 10. September 2000 erteilt. Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt reiste der Kläger in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 10. Juni 2000 wurde er von Polizeibeamten des Autobahnpolizeireviers Walldorf auf der Bundesautobahn 6 Mannheim-Heilbronn festgenommen. Am 3. Juni 2003 wurde der Kläger bei der Einreisekontrolle ins Bundesgebiet am Grenzübergang Weil am Rhein von Grenzpolizeibeamten festgehalten. Nach dem polizeilichen Bericht vom 11. Juni 2003 führte er keinerlei Ausweispapiere mit sich und konnte sich nur mittels seiner Visa-Kreditkarte ausweisen. Bei seiner Vernehmung gab er als seine ladungsfähige Anschrift die Wohnanschrift ... an. Das gegen den Kläger eingeleitete Strafverfahren, in dessen Verlauf das Amtsgericht... einen Strafbefehl erließ, wurde nach Einspruch des Klägers durch Beschluss des Amtsgerichts ... vom 17. August 2004 ? 3 Cs 15 Js 7119/98 ? AK 632/00 ? wegen Eintritts der Strafverfolgungsverjährung eingestellt.

Der Beklagte erließ am 30. Oktober 2000 eine Einkommensteuerbescheid 1999 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO).
Hiergegen legte der Kläger am 30. November 2000 Einspruch ein. Zur Begründung trug er im wesentlichen vor, er habe ab dem 4. Quartal 1998 seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt nach Thailand verlegt. Gelegentlich habe er sich auch in Malaysia aufgehalten und sei nur zu kurzzeitigen Aufenthalten nach Deutschland eingereist.

Mit Schreiben vom 8. März 2001 forderte der Beklagte den Kläger auf, eine chronologische Aufstellung über den jeweiligen Aufenthaltswort im Jahr 1999 vorzulegen. Die Stempeleinträge des Reisepasses seien nicht klar lesbar. Des weiteren wurde er aufgefordert, die Anschrift von Frau ... in ... anzugeben sowie eine Bescheinigung der thailändischen Steuerbehörde vorzulegen, dass er in 1999 einen Wohnsitz in Thailand gehabt habe und als in Thailand ansässig behandelt worden sei. Denn in den bis zum 5. August 1999 geltenden Visum sei vermerkt. Extension of stay nof permitted. Dem kam der Kläger nicht nach.

Der Beklagte wies mit Einspruchsentscheidung vom 12. September 2001 den Einspruch des Klägers mit der Begründung zurück, oder Kläger habe seine Mitwirkungspflicht nicht erfüllt. Es sei deshalb nach wie vor von einer unbeschränkten Steuerpflicht des Klägers auszugehen.

Der Kläger hat am 12. Oktober 2001 beim Finanzgericht Baden-Württemberg Klage erhoben. Er beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 30. Oktober 2000 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten von 12. September 2001 aufzuheben.

Zur Begründung nimmt er auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren Bezug und trägt ergänzend vor, er verweise auf den Mietvertrag vom 20. September 1998. Er habe dieses Mietobjekt in der Gemeinde Kathu/Thailand fest angemietet und seit dem 21. Oktober 1998 ununterbrochen als Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt auf Dauer inne gehabt. Insoweit verweise er auf sein Schreiben vom 19. Januar 1999 an die Rechtsanwaltskanzlei ... in ..., in der er darum bitte, bei Postzustellungen solche ausschließlich an seine neue Wohnanschrift in Thailand zu richten. In diesem Schreiben habe er auch darauf hingewiesen, dass seine bisherige Wohnanschrift bei Frau ... mit seinem Umzug nach Thailand definitiv hinfällig geworden sei. Bis zum 1. Quartal 2002 habe er dieses Mietverhältnis aufrechterhalten und im Anschluss daran eine Wohnsitzverlegung nach ... / Thailand eingegangen. Seit der Begründung seines ausländischen Wohnsitzes mit ständigem Aufenthalt in Thailand sei er nur gelegentlich zu Besuchszwecken (Weihnachten , Ostern und Pfingsten) für kurzweilige Aufenthalte nach Deutschland zu seiner Familie zurückgekehrt. Bei seinen Besuchsreisen habe er bei seiner Mutter, Frau ..., gewohnt. Er habe bei den kurzen Besuchsreisen im elterlichen Anwesen sein Jugendzimmer als Gastzimmer bewohnt. Eine Wohnung im Sinne des steuerlichen Wohnsitzbegriffes habe er nicht inne gehabt. Der Hinweis des Beklagten auf die den Reisepass ausstellenden Gemeindebehörde besagt nichts über das Innehaben einer Wohnung bzw. des gewöhnlichen Aufenthalts. Als deutscher Staatsbürger habe er einen Rechtsanspruch auf einen gültigen Reisepass unabhängig davon, von welcher Behörde er ausgestellt werde und unabhängig davon, wo sich der Passinhaber in der Welt aufhalte. Ein Reisepass indiziere keinen Wohnsitz. Des weiteren ergebe sich aus dem Beschluss des Amtsgerichts ... vom 8. November 1999, mit dem die Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen worden sei, dass er sich seit Herbst 1998 ununterbrochen in Thailand aufhalte.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung trägt ergänzend vor, das Visa bis zum 26. April 2002 sei weiterhin als ?Non immigrant? Visa ausgestellt. bei der Einreise nach Thailand habe der Kläger einen Personalausweis vorgelegt, aus dem hervorgehe, dass er einen Wohnsitz in... habe. Auch in 2001 sei er mit Touristen-Visum ? Dauer des Aufenthalts auf drei Monate begrenzt ? eingereist. Jeweils bei Grenzübertritt habe er demnach geltend gemacht, einen Wohnsitz in Deutschland zu haben und deshalb nur ein Touristen-Visum zu benötigen. Eine Bescheinigung der thailändischen Steuerbehörden sei bisher nicht vorgelegt worden. Es sei begrifflich nicht möglich einen Wohnsitz zu begründen, wenn man jeweils nach drei Monaten das Land verlassen muss und dabei die Einhaltung dieser Vorschrift als Voraussetzung für spätere Besuchsvisa überprüft werde.

Die Einkommensteuer ? und Rechtsbehelfsakten des Beklagten sowie die Strafakten des Amtsgerichts ... und des Amtsgerichts... und des Landgerichts ... 4 O 551/98 liegen dem Gericht vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf sie und auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Berichterstatter anstelle des Senats (§ 79a Abs. 3 und 4 FGO).

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Einkommensteuerbescheid 1999 vom 30. Oktober 2000 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 12. September 2001 sind rechtmäßig; sie verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz FGO).
Der Beklagte hat zu Recht angenommen, dass der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Denn der Kläger hatte im maßgeblichen Streitjahr 1999 in der Bundesrepublik Deutschland einen Wohnsitz.

Nach § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (BStG) sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Was ?Wohnsitz? im Sinne dieser Regelung ist, bestimmte sich nach § 8 der Abgabenordnung (AO 1977). Hiernach hat eine Person einen Wohnsitz dort, wo sie eine Wohnung unter Umständen innehat, die auf ein Beibehalten und Benutzen der Wohnung schließen lassen.

Der Begriff der Wohnung ist weit auszulegen im Sinne von Räumlichkeiten, die zum Wohnen geeignet sind. Es braucht sich nicht um ein Gebäude oder einen baulich angeschlossenen Gebäudeteil zu handeln, wenn nur ein fester, zum Wohnen geeigneter Raum vorhanden ist; dies kann auch ein möbliertes Zimmer sein (Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, März 2003, § 8 AO Rdnr. 5; Heinicke in Schmidt, EStG, 23. Aufl. 2004, § 1 Rdnr. 21). Die Wohnung muss so ausgestattet sein, dass diese dem Betroffenen jederzeit als Bleibe dienen kann (BFH, Urteil vom 17. März 1995, I R 8/94 BFHE 178, 294, BSzBl II 1996, 2). Auf die rechtliche Eigentürmerstellung kommt es nicht an, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung unter Duldung des Eigentümers tatsächlich nutzen kann und auch über sie verfügt (vgl. Heinicke in Schmidt, EStG 23. Aufl. 2004, § 1 Rdnr. 22). Eben sowenig ist die polizeiliche Anmeldung erforderlich, und einen Wohnsitz zu begründen (BFH, Urteil v. 14. November 1969 II R 95/68, BFHE 97, 425B BStBl II 1970, 153).

Außer dem Innehaben einer Wohnung setzt der Wohnsitzbegriff zunächst Umstände voraus, die darauf schließen lassen, dass die Wohnung durch den Inhaber als solche genutzt werden soll. Das Wesen eines Wohnsitzes mit steuerlichen Sinn besteht somit darin, dass objektiv die Wohnung ihrem Inhaber (wann immer er es wünscht) als Bleibe zur Verfügung steht und von ihm subjektiv zu entsprechender Nutzung auch bestimmt ist. In dieser zur objektiven Eignung hinzutretenden subjektiven Bestimmung liegt der Unterschied zwischen dem bloßen Aufenthaltnehmen in einer Wohnung und dem Wohnsitz (BFH, Urteil vom 26. Februar 1986 II R 200/82, BFH/NV 1987, 301; Urteil vom 22. April 1994, III R 22/92, BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887). In welchem zeitlichen Umfang der Steuerpflichtige die Wohnung in den Streitjahren genutzt hat, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass auch unregelmäßige Aufenthalte in einer Wohnung zur Aufrechterhaltung des dortigen Wohnsitzes führen können (vgl. BFH, Beschluss vom 27. September 1999 B 83/98, BFH/NV 2000, 673; Urteil vom 23. November 1988 II R 139/87, BFHE 155, 29, BStBl II 1989, 182, [2 regelmäßige Aufenthalte im Jahr Ortsansässigkeit von Geschwistern]). Es ist nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige sich während einer Mindestzahl von Tagen oder Wochen im Jahr tatsächlich in der Wohnung aufhält (BFH, Urteil vom 28. Januar 2004, I R 56/02, BFH/NV 2004, 917). Entscheidend ist allein, ob objektiv erkennbare Umstände dafür sprechen, dass der Steuerpflichtige die Wohnung für Zwecke des eigenen Wohnens beibehält. Für die Beurteilung dieser Frage können alle Umstände des Einzelfalles herangezogen werden. Sie müssen nur nach der Lebenserfahrung den Schluss er
erlauben, dass der Steuerpflichtige die Wohnung hält, um sie als solche zu nutzen. In diesem Zusammenhang kommt es auf einen Vergleich der Wohnung mit einer anderen nach Größe und Ausstattung nicht an. Ein Wohnsitz i. S. des § 8 AO 1977 setzt auch nicht voraus, dass der Steuerpflichtige von dort aus seiner täglichen Arbeit nachgeht (BFH, Urteile v. 19 März 2002 I R 15/01, BFHNV 2002, 1411, Urteil v. 19 März 1997 I R 69/96, BFHE 182, 296, BStBl II 1997, 447, Urteil vom 28. Januar 2004, I R 56/02, BFH/NV 2004, 917).

Ein Steuerpflichtiger kann daher gleichzeitig mehrere Wohnungen und mehrere Wohnsitze i S. des § 8 AO 1977 haben. Diese können im In- und/oder Ausland belegen sein (BFH, Urteil v. 19. März 2002 I R 15/01, BFH/NV 2002, 1411; Urteil v. 19. März 1997 I R 69/96, BFHE 182, BStBI II 1997, 447; vgl. auch Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 8 AO Rdnr. 4). Da diese Vorschrift ohne weitere Unterscheidung nur das Vorliegen ?eines? Wohnsitzes verlangt, geht sie erkennbar von der Gleichwertigkeit aller Wohnsitze einer Person aus. Insbesondere erhält § 8 AO 1977 keinen Anknüpfungspunkt für eine Differenzierung zwischen ?Hauptwohnsitz? und ?Nebenwohnsitz?. Vor diesem Hintergrund verbietet sich die Annahme, dass nur ein ? in welcher Weise auch immer ?qualifizierter? Wohnsitz zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht führt (BFH, Urteil vom 28. Januar 2004, I R 56/02, BFH/NV 2004, 917). Der hiernach bestehende Wohnsitz im Inland führt auch dann zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht des Klägers wenn dieser dort nicht den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hatte (vgl. BFH, Urteil vom 24. Januar 2001 I R 100/99, BFH/NV 2001, 1402). Dementsprechend führt ein inländischer Wohnsitz auch dann zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht eines Steuerpflichtigen, wenn der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen sich im Ausland befindet (BFH, Urteile v. 19. März 2002 I R 15/01, BFH/NV 2002, 1411; Urteil v. 19. März 1997 I R 69/95, BFHE 182, 296, BStBl II 1997, 447; , Urteil vom 28. Januar 2004, I R 56/02, BFH/NC 2004, 917).

In Anwendung dieser Grundsätze und in Würdigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls hatte der Kläger im ? maßgeblichen ? Streitjahr 1999 in der Bundesrepublik Deutschland einen Wohnsitz, und zwar im elterlichen Anwesen ... Allein der Umstand, dass sich der Kläger in 1999 auch in Thailand und in Malaysia aufhielt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Kläger hat in 1999 seinen Wohnsitz in der ... begründet und diesen in der Folgezeit auch aufrechterhalten. In dem elterlichen Anwesen... in dem 1999 nach dem Tode des Vaters des Klägers seine Mutter ... wohnte, verfüge der Kläger über einen den oben dargestellten Anforderungen an eine Wohnung gerecht werdenden Raum. Ihm war ? eigenen Angaben zu Folge ? die Nutzung seines (sog.) Jugendzimmer möglich und damit auch zweifelsohne die Mitbenutzung der sanitären Anlagen im elterlichen Wohngebäude. Der Kläger hat 1999 diese Wohnung als solche angesehen und genutzt.
Nach dem Durchsuchungsbericht der Polizeidirektion ... vom 11. August 1998 und dem der Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz und das Tierschutzgesetz von 11. Dezember 1998 vorausgehenden Schlussvermerk der Polizeidirektion... vom 30. Oktober 1998 bewohnte der Kläger eine Wohnung im dritten Obergeschoss des Anwesens ..., sein Bruder ... ein Wohnung im Erdgeschoss. In dem Schlüsselvermerk der Polizeidirektion ... vom 30. Oktober 1998 wird des weiteren vermerkt, dass am 19. November 1998 die Mutter ... auf der Dienststelle erschienen sei, um ausgewertete Gegenstände abzuholen. Sie haben angegeben, dass sich der Kläger ihr gegenüber dahin geäußert habe, er wolle der Bundesrepublik Deutschland den Rücken und weiterhin in Thailand verbleiben. In dem Schriftsatz des seinerzeitigen Vertreters des Klägers, Rechtsanwalt ... erklärt dieser auf Nachfrage der Staatsanwaltschaft ... nach den ihm vorliegenden Informationen treffe es zu, dass der Kläger bis auf weiteres beabsichtige, in Thailand zu bleiben und nicht in die Bundesrepublik Deutschland zurückzukehren. Es ist zwar zutreffend, dass der Kläger 1998 nach Thailand ausgereist ist. Nach den vorliegenden Umständen, insbesondere wie sie den vom Gericht beigezogenen und, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Strafakten zu entnehmen sind, muss die Ausreise des Klägers im Zusammenhang mit dem ihm drohenden Widerruf des Bewährungsbeschlusses und der gleichfalls drohenden erneuten Strafverfolgung gesehen werden. Diese Konsequenzen waren auf Grund des Ergebnisses der Hausdurchsuchung auch für den Kläger, der bei der polizeilichen Durchsuchungsaktion anwesend war, sehr nahe liegend. Am 22. Januar 1999 wurde der Kläger zur Fahndung ausgeschrieben.
Entgegen der ? allerdings lediglich von Dritten wiedergegebenen ? Absichtserklärungen ist der Kläger jedoch nicht in Thailand geblieben, sondern ? mehrfach ? in die Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt und hat im Anwesen ... einen Wohnsitz begründet. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der nachfolgenden Erwägungen fest. Die Ausreise des Klägers in 1998 ist aufgrund der ? eigenen Angaben zufolge ? vollständig vorgelegten Kopien des Reisepasses dokumentiert. Am 20. Oktober 1998 wurde dem Kläger durch das Königreich Thailand ein Non-Immigrant-Visum bis zum 19. April 1999 erteilt, nach dem er sich im September und Oktober 1998 auch in Malaysia aufgehalten hatte. Am 16. Mai 1999 wurde dem Kläger erneut vom Königreich Thailand ein Non-Immigrant-Visum mit Gültigkeit bis zum 5. August 1999 ausgestellt. In der Zeit vom 20. April 1999 bis zum 5. Mai 1999 ist ein Auslandsaufenthalt des Klägers in seinem Reisepass nicht dokumentiert. Einen solchen hat er auch nicht behauptet. Vielmehr ist seinem Vorbringen zu entnehmen, dass er sich während dieses Zeitraums in seiner Wohnung im Anwesen ... bei seiner Mutter aufgehalten hat. Dies fügt sich in das weitere aufenthaltliche Verhalten des Klägers im Jahr 1999 ein. Denn nach Ablauf seines bis 5. August 1999 erteilten Visums kehrte der Kläger am 5. August 1999 in die Bundesrepublik Deutschland zurück, wo er bei seiner Ankunft am Flughafen Frankfurt wegen Aufenthaltsermittlung festgenommen wurde. Wie dem Vermerk der Polizeidirektion ... vom 27. Februar 2000 entnommen werden kann, gab der Kläger bei seiner Festnahme an, dass er in der ... ? wohnhaft sei. Vor diesem Hintergrund kommt der Auskunft des Einwohnermeldeamts ... vom 30. November 2000, nach der der Kläger am 1. August 1999 nach Thailand verzogen sei, keine Indizwirkung zugunsten der Rechtsauffassung des Klägers zu. Denn die Abmeldung erfolgte von Amts wegen und betraf nur die Wohnung .... Allein die Tatsache, dass der Kläger 1999 seinen neuen Wohnsitz in der ... polizeilich nicht anmeldete, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn für die Begründung eines Wohnsitzes ist die polizeiliche Anmeldung nicht erforderlich (BFH, Urteil v. 14. November 1969 II R 95/68, BFHE 97, 425B BStBl II 1970, 153).
Am 10. September 1999 wurde dem Kläger vom thailändischen Generalkonsulat in Frankfurt wiederum ein Non-Immigrant-Visum bis zum 10. September 2000 erteilt. Der Kläger blieb indessen nicht bis zum Ablauf dieses Visums in Thailand. Vielmehr kehrte er zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt erneut in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Denn am 10. Juni 2000 wurde der Kläger von Polizeibeamten des Autobahnpolizeireviers Walldorf auf der Bundesautobahn 6 Mannheim-Heilbronn festgenommen. Im weiteren Verlauf teilte der damalige Verteidigter des Klägers, Rechtsanwalt ..., am 24. November 2000 im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen des Strafbefehl des Amtsgerichts ... als ladungsfähige Anschrift des am 27. Oktober 2000 aus der Haft entlassenen Klägers: ... mit. Dies entspricht auch den Angaben des Klägers in seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1998 und 1999, die er im Oktober 2000 beim Beklagten eingereicht und in denen er als Anschrift ebenfalls ... angegeben hat. Ein Auslandsaufenthalt nach Haftende ist im Reisepass, der ? wie oben bereits vermerkt ? nach den Angaben des Klägers vollständig abgelichtet und vorgelegt wurde, nicht dokumentiert. Am 3. Juni 2003 wurde der Kläger bei der Einreisekontrolle ins Bundesgebiet am Grenzübergang Weil am Rhein festgehalten. Nach dem polizeilichen Bericht vom 11. Juni 2003 führte der Kläger keinerlei Ausweispapiere mit sich und konnte sich nur mittels seiner ?visa card? ausweisen. Auch hier gab der Kläger folgende Wohnanschrift als seine ladungsfähige Anschrift an: ....
Unter Würdigung des oben dargestellten Geschehensablaufs und der gesamten Umstände des vorliegenden Falls, insbesondere der Tatsache, dass der Kläger im Streitjahr 1999 lediglich Non-Immigrant-Visum erhalten hat, die also gerade keinen dauerhaften Aufenthalt in Thailand ermöglichten, ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger in 1999 einen Wohnsitz bei seiner Mutter ... begründet und diesen auch in der Folgezeit als seinen Wohnsitz angesehen und beibehalten hat. In seinen diesbezüglichen Angaben gegenüber den jeweiligen Polizeibeamten kommt auch in aller Deutlichkeit zum Ausdruck, dass er über diese Wohnung jederzeit verfügen konnte. Gerade weil dem Kläger nur Non-Immigrant-Visa erteilt wurden, wobei in dem am 6. Mai ausgestellten Visa zusätzlich vermerkt war: ?Extension of stay not permitted?, also eine Aufenthaltsverlängerung nicht gestattet war, hat der Kläger seinen Wohnsitz im Sinne des § 8 AO beibehalten wollen. Er hat die Wohnung im elterlichen Anwesen ... in 1999 begründet und für einen jederzeitigen Aufenthalt vorgehalten. Dass ihm diese Wohnung auch tatsächlich ständig zur Verfügung stand, steht für das Gericht außer Zweifel; Gegenteiliges hat der Kläger auch nicht vorgebracht. Der Kläger hat ? wie von ihm selbst vorgetragen ? diese Wohnung im Jahr 1999 auch mehrfach über mehrere Wochen bewohnt (vgl. insoweit BFH, Urteil vom 23. November 1988 II R 139/87, BFHE 155, 29, BStBl II 1989, 182).
Von dem Hintergrund des oben dargestellten Geschehensablaufs glaubt das Gericht nicht, dass sich der Kläger in dieser Zeit lediglich zu Besuchen bei seiner Mutter aufgehalten habe. Allein der Umstand, dass die Aufenthalte des Klägers unregelmäßig erfolgten, führt zu keiner anderen Beurteilung (vgl. insoweit BFH, Beschluss vom 27. September 1999 I B 83/98, BFH/NV 2000, 673). Denn es ist nicht erforderlich, dass sich der Steuerpflichtige während einer Mindestzahl von Tagen oder Wochen im Jahr tatsächlich in der Wohnung aufhält (BFH, Urteil vom 28. Januar 2004 I R 56/02, BFH/NV 2004, 917). Entscheidend ist allein, dass ? wie im vorliegenden Fall nach Überzeugung des Gerichts ? der Steuerpflichtige die Wohnung für Zwecke des eigenen Wohnens vorhält. Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger ? über seinen Bruder ? im Januar 1999 einer Rechtsanwaltskanzlei seine Postanschrift in Thailand hat zukommen lassen.
Soweit der Kläger vorträgt, der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen habe in Thailand gelegen, bleibt sein Vorbringen unsubstantiiert. Abgesehen von der Vorlage eines Mietvertrages über einer Wohnung in Thailand fehlen jegliche Darlegungen zu den angeblichen Lebensinteressen, deren Mittelpunkt 1999 in Thailand gelegen hätten. Persönliche oder wirtschaftliche Umstände, die für eine Lebensführung in Thailand prägend gewesen wären, hat der Kläger nicht vorgetragen. Eine thailändische Arbeitserlaubnis oder einen einen Daueraufenthalt gestattenden Aufenthaltstitel hat der Kläger ebenfalls nicht vorgelegt. Ungeachtet dessen führt ? wie vorliegend ? ein in der Bundesrepublik bestehender Wohnsitz auch dann zu unbeschränkten Einkommensteuerpflicht des Klägers, wenn dieser dort nicht den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gehabt haben sollte (vgl. BFH, Urteil vom 24. Januar 2001 I R 100/99, BFH/NV 2001, 1402).

Einwendungen gegen die Höhe der angesetzten Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie gegen die festgesetzte Einkommensteuer wurden nicht erhoben.
Der Beklagte hat den Kläger hiernach zu Recht mit seinem gesamten (Welt-)Einkommen zur Einkommensteuer herangezogen. Dass er hierbei die Besteuerungsgrundlagen unzutreffend ermittelt hätte, ist weder vom Kläger geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. Insbesondere hat der Kläger nicht geltend gemacht, seine Einkünfte aus Kapitalvermögen fielen insgesamt oder zum Teil in den Anwendungsbereich eines Doppelbesteuerungsabkommens. Der Kläger hat weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass er in Thailand zu einer Steuer herangezogen worden sei. Insbesondere hat der Kläger nicht geltend gemacht und gar nachgewiesen, dass entsprechend dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand vom 10. Juli 1967 (BGBl 1968 II S. 590). ? DBA-Thailand ? für bestimmte Einkünfte ein Besteuerungsrecht des Königreichs Thailands bestünde. Selbst wenn das DBA-Thailand für die Besteuerung bestimmter Einkünfte bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 4 DBA-Thailand anwendbar wäre, führte dies lediglich zu den Anrechnungs- und Befreiungsregelungen des Art. 22 DBA-Thailand. Im vorliegenden Verfahren jedenfalls erübrigt sich eine nähere Prüfung dieser Punkte ? ungeachtet des insoweit fehlenden Vortrags des Klägers ? zudem deshalb, weil der angefochtene Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht (§ 164 Abs. 1 Satz 2 AO) und deshalb gem. § 164 Abs. 2 Satz 1 AO jederzeit geändert werden kann (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 24. Januar 2001 I R 100/99, BFH/NV 2001, 1402).

Nach alledem war die Klage daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebieteAbgabenordnung, DBA-Thailand EinkommensteuerVorschriften§ 1 Abs. 1 EStG, § 8, 164 Abs. 1 und 2 AO; Art. 4 und 22 DBA-Thailand

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