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24.06.2005 · IWW-Abrufnummer 051799

Amtsgericht Detmold: Urteil vom 02.06.2005 – 8 C 839/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


8 C 839/04
Verkündet am: 02.06.2005

AMTSGERICHT DETMOLD

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit XXX

hat das Amtsgericht Detmold auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 2005 durch den Richter Kornol für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.818,22 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.09.2004 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Zahlung von (Rest-)Honorar für zahnärztliche Behandlungen.

Der Kläger ist Zahnarzt. Der Beklagte ließ sich im Jahr 2002 bei dem Kläger behandeln. Vor Behandlungsbeginn erstellte der Kläger unter dem 23.10.2002 eine Voraussage über die beabsichtigte Behandlung und die voraussichtlichen Kosten (Bl. 32 ff. d.A.). Der Beklagte legte diese Kostenvoraussage seiner Krankenversicherung (DKV) vor (vgl. Bl. 45 f. d.A.).

In dem Zeitraum vom 02.12.2002 bis zum 14.05.2003 ließ sich der Beklagte bei dem Kläger behandeln. Der Kläger stellte dem Beklagten unter dem 05.05.2003 zunächst hierfür einen Betrag von 13.816,90 ? in Rechnung. Diese Rechnung wurde nachfolgend durch Rechnungen vom 23.08.2004 ersetzt. Der Kläger stellte dem Beklagten dann mit Rechnung vom 16.05.2003 und den vorgenannten Rechnungen vom 23.08.2004 für die erfolgten Behandlungen insgesamt einen Betrag von 13.818,22 ? in Rechnung (Bl. 17 ff. d.A.). Der Beklagte leistete daraufhin vorgerichtlich Zahlungen in Höhe von 9.000,00 ?.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.05.2004 forderte der Kläger den Beklagten fruchtlos auf, bis zum 31.05.2004 das restliche Honorar aus den vorgenannten Rechnungen zu begleichen (Bl. 35 f. d.A.).

Diesen Zahlungsanspruch verfolgt der Kläger mit der Klage weiter.

Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.818,22 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.09.2004 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor:

Der Kläger habe gegen die ihm obliegende ärztliche Aufklärungspflicht verstoßen. Diese erstrecke sich auch auf die Aussage hinsichtlich der zu erwartenden Kosten der Behandlung. In der Kostenvorhersage sei zwar der Hinweis enthalten gewesen, dass konservierende, chirurgische und sonstige Leistungen nicht enthalten seien, aber auf diesen Umstand sei er, der Beklagte, in einem Beratungsgespräch nicht hingewiesen worden. Zudem sei der Heil- und Kostenplan unvollständig, da der Kläger bereits bei der Erstellung die Kosten für konservierende, chirurgische und sonstige Leistungen in Ansehung des Behandlungsdarfes habe einplanen können.

Bei der Behandlung habe er sich nach den Kosten erkundigt, worauf der Kläger keine weiteren Angaben gemacht habe.

Schließlich sei die Abrechnung der Leistungen nicht korrekt. Die Positionen Bohrer und Fräse (Einmalmaterial) seien nicht richtig berechnet. Der Kläger habe Rabatte seiner Lieferanten zu diesen Positionen an ihn, den Beklagten, nicht weitergegeben.

Der Kläger trägt hierzu vor:

Die Rechnungen seien durch die Zahnärztekammer Westfalen-Lippe (Bl. 59 ff. d.A.) kontrolliert worden und seien nicht zu beanstanden. Unabhängig davon, dass er, der Kläger, keine Aufklärungspflicht verletzt habe, habe der Beklagte nicht schlüssig dargetan, welchen Schaden er dadurch erlitten habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

I.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 4.818,22 ? aus §§ 611, 612, 631 BGB.

1.
Zwischen den Parteien hatte ein Zahnarztvertrag, der wegen der teilweise prothetischen Versorgung als Dienstvertrag mit werkvertraglichen Elementen (§§ 611, 631 BGB) einzustufen ist (OLG Köln, MedR 1990, 96), bestanden. Die noch offene Honorarforderung aus den gesamten Behandlungsmaßnahmen abzüglich der erfolgten vorgerichtlichen Teilzahlung von 9.000,00 ? beträgt - unstreitig- noch 4.818,22 ?.

2.
Dem Vergütungsanspruch der Kläger aus §§ 611, 612, 631 BGB steht kein Schadenersatzanspruch des Beklagten aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB n.F. entgegen.

a.
Grundsätzlich gilt zwar, dass die Geltendmachung eines berechtigten Schadenersatzanspruches aufgrund einer Pflichtverletzung aus einem Zahnarztvertrag bewirkt, dass die Vergütung des zur Dienstleistung verpflichteten von vornherein um den eingetretenen Schaden des Patienten begrenzt wird, ohne dass es einer Aufrechnung mit dem Schadenersatzanspruch bedarf (OLG Köln, VersR 1987, 620; OLG Köln, MedR 1994, 198; OLG Oldenburg, MDR 1996, 155 m.w.N.; OLG Köln, MedR 1990, 96; OLG Düsseldorf, VersR 1985, 456).

Dies gilt auch für den Fall des Vorliegens der Nebenpflichtverletzung des Zahnarztes hinsichtlich der Aufklärung über Behandlungskosten (OLG Karlsruhe, RuS 2003, 250).

aa.
Eine Aufklärungspflichtverletzung des Klägers war vorliegend jedoch nicht anzunehmen. Die Pflicht eines Zahnarztes, einen Patienten über die voraussichtlichen Behandlungskosten zu informieren, gehört nicht zur Aufklärungspflicht des Arztes im eigentlichen Sinne (Eingriffsaufklärung oder Sicherheitsaufklärung bzgl. der ärztlichen Maßnahmen). Es handelt sich vielmehr um eine vertragliche Nebenpflicht des Behandlungsvertrages (OLG Gelle vom 28.05.2001, Az: 1 U 28/00; OLG Köln, NJW 1987, 2304). Den Beklagten als Patient trifft daher die Darlegungs- und Beweispflicht für das Vorliegen einer Pflichtverletzung (OLG Gelle, aaO). Mit Übersendung des Heil- und Kostenplanes vom 23.10.2002 mit dem enthaltenen Hinweis, dass bestimmte Kosten nicht enthalten sind, und dem Verweis, zur Abklärung der Kostenübernahme die Versicherung zu kontaktieren, ist der Kläger seiner Nebenpflicht zur Aufklärung über die zu erwartenden Kosten vor Beginn der einzelnen Behandlungen gerecht geworden.

Der behandelnde Arzt wird seiner Aufklärungspflicht dann gerecht, wenn er vor Aufnahme der Behandlung einen Kosten- und Heilplan zu den voraussichtlichen Kosten erstellt und dem Patienten damit die Möglichkeit eröffnet, die Kostenfrage vor der Behandlung mit seiner Versicherung abzuklären (OLG Düsseldorf, NJW-RR 2000, 906). Es ist Sache des Patienten, sicherzustellen, den Zahnarzt darauf hinzuweisen, dass eine Behandlung erst nach Sicherstellung der Kostenübernahme beginnen soll (OLG Düsseldorf, aaO). Die Beantwortung versicherungsrechtlicher Einstandsfragen überschreitet den Kompetenz- und Aufklärungsbereich des Arztes (OLG Düsseldorf, aaO). Insofern geht die Rüge des Beklagten fehl, der Heil- und Kostenplan vom 23.10.2002 sei unvollständig und fehlerhaft gewesen und er habe trotz Vorliegens des Heil- und Kostplanes in einem weiteren Beratungsgespräch auf nicht enthaltene Punkte hingewiesen werden müssen.

Der Kläger hatte in dem vor der Behandlung erstellten Heil- und Kostenplan deutlich und in Fettdruck darauf hingewiesen, dass er bestimmte Leistungen noch nicht eingerechnet hatte. Es hätte nunmehr vielmehr zunächst dem Beklagten selbst oblegen, sämtliche versicherungsrechtliche Einstandsfragen vorab mit seiner Krankenversicherung zu klären und sich im Hinblick auf die im Heil- und Kostenplan enthaltenen Hinweise auf die nicht einkalkulierten Leistungen für konservierende, chirurgische und sonstige Leistungen abzusichern und ggf. bei sich nach Rücksprache mit seiner Krankenversicherung ergebenden Zweifelsfragen dann eine weitere ergänzende Kostenschätzung vor Behandlungsbeginn bei dem Kläger anfordern müssen. Dies ist nicht erfolgt. Wenn sich der Beklagte nunmehr in Kenntnis dieses - aus seiner Sicht ?unvollständigen - Kosten- und Heilplanes behandeln ließ, ohne zuvor die Übernahme weiterer Kosten durch seine Versicherung abzusichern, hatte er bewusst das entsprechende Kostenrisiko selbst übernommen und kann sich nunmehr nicht auf die Unvollständigkeit des Planes berufen.

bb.
Eine Pflichtverletzung des Klägers durch Nichtaufklärung trotz Nachfrage bei der Behandlung war nicht anzunehmen. Zum einen ist das Vorbringen des Beklagten zu unsubstantiiert. Der Beklagte hatte nicht im Einzelnen vorgetragen, wann bei welchen Behandlungsschritten in welchem Zusammenhang nach den Kosten (erneut/wiederholt) nachgefragt worden war. Ohne diese von dem Beklagten zu fordernden Angaben ist es dem Kläger nicht möglich, in der prozessual geforderten Weise einen entsprechenden substantiierten Gegenvortrag bzw. ggf. einen Gegenbeweis zu erbringen. Die beantragte Parteivernehmung kam bei dieser Sachlage nicht in Betracht. Diese wäre auf eine unzulässige Ausforschung des Sachverhaltes hinausgelaufen. Zum anderen hatte wie zuvor bereits ausgeführt der Kläger seine Nebenpflicht zur Aufklärung über die zu erwartenden Kosten durch den erstellten Heil- und Kostenplan erfüllt. Nach Auffassung des Gerichts kann einem Arzt bei der eigentlichen Behandlung nicht zugemutet werden, ad hoc eine (erweiterte) Kostenvorhersage/-bestimmung zu machen. Bei der Behandlung selbst hat der Arzt seine vordergründige Hauptpflicht, die Heilbehandlung an sich, zu erfüllen. Wenn es dem Beklagten auf eine gesicherte weitere Kostenprognose angekommen wäre, hätte er vor den einzelnen Behandlungsterminen nach Maßgabe der Bedürfnisse seiner Krankenversicherung einen dezidierten Heil- und Kostenplan von dem Kläger verlangen müssen und letztendlich erst nach Vorlage und Abklärung der Kostenübernahme seiner Versicherung die Behandlung fortsetzen dürfen.

cc.
Eine Pflichtverletzung, die in der fehlerhaften Abrechnung bestanden hatte, war ebenfalls nicht anzunehmen.

Der Vorwurf, der Kläger habe ersparte Kosten für (Einmal-)Material (Bohrer und Fräsen) nicht weitergegeben, geht ins Leere. Das Vorbringen ist zu unsubstantiiert und ins blaue hinein. Der Beklagte trägt keine schlüssigen Umstände vor, anhand derer davon auszugehen wäre, dass die bei seiner Behandlung verwendeten Materialien aufgrund nicht berücksichtigter, aber zu berücksichtigender Rabatte ihm in welcher Höhe falsch berechnet worden sind.

3.
Schließlich hatte der Beklagte seinen Schaden nicht hinreichend belegt. Der Beklagte nicht im einzelnen konkret dargelegt, welcher Schaden ihm aufgrund der behaupteten Pflichtverletzung entstanden ist. Es war nicht ersichtlich, bei welcher der abgerechneten Positionen, die der Kläger nach den Behandlungen abgerechnet hatte, sich die gerügte Aufklärungspflichtverletzung letztendlich in einem Schaden niedergeschlagen hatte. Schließlich hatte der Beklagte trotz Auflage des Gerichts im Termin vom 12.05.2005 nicht innerhalb der gesetzten Frist das Abrechnungsschreiben seiner Krankenkasse zu den Gerichtsakten gereicht, aus dem ersichtlich geworden wäre, dass sich die gerügte Aufklärungspflichtverletzung bei Abrechnung seiner Krankenkasse in Höhe von 4.818,22 ? tatsächlich ausgewirkt bzw. dass und warum seine Krankenkasse nicht den vollen Rechnungsbetrag erstattet hatte.

II.

Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286, 288, 291 BGB n.F.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2, 709 S. 1 ZPO. Soweit der Kläger im Mahnverfahren zunächst einen Betrag von 4.934,77 ? geltend gemacht hatte, hatte das Gericht den ermäßigten Antrag im streitigen Verfahren als Klagerücknahme (§ 269 ZPO) ausgelegt (§ 133 BGB analog). Wegen der geringfügigen zurückgenommenen Zuvielforderung war § 92 Abs. 2 ZPO anzuwenden.

IV.

Der Gebührenstreitwert wird auf bis zu 5.000,00 ? festgesetzt (§ 48 GKG n.F.).

RechtsgebieteVersicherungsrecht, GebührenrechtVorschriftenBGB/BGB n.F.; ZPO

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