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06.05.2005 · IWW-Abrufnummer 051310

Landgericht Frankenthal/Pfalz: Beschluss vom 20.10.2004 – 8 T 142/04

1. Eine Fertigstellungsbescheinigung im Sinne des § 641a Abs. 1 Satz 1 BGB stellt kein Privatgutachten dar, sondern eine bloße Privaturkunde im Sinne des § 416 ZPO.



2. Grundsätzlich hat der Unternehmer als Auftraggeber des Sachverständigen die Kosten der Fertigstellungsbescheinigung zu tragen.



3. Eine Kostenerstattung des Auftragnehmers kommt nur beim Vorliegen einer materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage in Betracht, etwa wenn sich der Besteller in Verzug befindet, was unter anderem ein Verschulden des Bestellers voraussetzt.

LG Frankenthal, Beschluss vom 20.10.2004 - 8 T 142/04


In Sachen

....

wegen Kostenfestsetzung, hier wegen Fertigstellungsbescheinigung gem. § 641a BGB, hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht #### als Einzelrichter auf die am 22.09.2004 eingegangene sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den ihm am 14.09.2004 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin am Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße vom 07.09.2004 am 20. Oktober 2004 beschlossen:

I. Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss wird abgeändert:

Unter Zurückweisung des weitergehenden Kostenfestsetzungsantrages werden die vom Beklagten nach dem Urteil des Amtsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 20.02.2004 an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 633,79 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.03.2004 festgesetzt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 218,43 EUR.

Gründe:

Die aus formellen Gründen (§ 11 Abs. 1 RpflG, §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 2, 569 Abs. 1 ZPO) nicht zu beanstandende sofortige Beschwerde führt auch in der Sache selbst zu dem erstrebten Erfolg. Entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin können vorliegend die Kosten der von der Klägerin vorprozessual eingeholten Fertigstellungsbescheinigung (§ 641a Abs. 1 S. 1 ZPO) nicht als erstattungsfähig im Sinne von 91 Abs. 1 ZPO angesehen werden.

1. a) Zum einen stellt eine vom Unternehmer in Auftrag gegebene Fertigstellungsbescheinigung im Sinne des § 641a Abs. 1 S. 1 BGB kein Privatgutachten dar, sondern eine bloße Privaturkunde im Sinne des § 416 ZPO (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Auflage, Rdn. 149), so dass die von der Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von vorprozessual eingeholten Privatgutachten herausgearbeiteten Grundsätze auf die Kosten einer Fertigstellungsbescheinigung nicht ohne weiteres anwendbar sind.

b) Hinzu kommt, dass nach der gesetzlichen Konzeption des § 641a Abs. 2 S. 2 BGB grundsätzlich der Unternehmer als Auftraggeber des Sachverständigen die Kosten der Fertigstellungsbescheinigung zu tragen hat. Eine Kostenerstattung seitens des Auftragnehmers kommt nur unter besonderen Voraussetzungen, nämlich bei Vorliegen einer materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage in Betracht, etwa wenn sich der Besteller in Verzug befindet, was unter anderem ein Verschulden des Bestellers voraussetzt (vgl. hierzu Bamberger/Roth, BGB, § 641 a Rdn. 10; Ingenstau/Korbion, VOB/B, 15. Auflage, 12 Rdn. 41; Staudinger/Peters, BGB, 12. Bearbeitung 2003, § 641a Rdn. 36). Dieser, sich auch aus den Gesetzesmaterialien ergebende (vgl. Bamberger/Roth, a.a.O.), materiell-rechtliche Grundsatz kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass die Kosten der Fertigstellungsbescheinigung als notwendige Parteiauslagen im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO angesehen und festgesetzt werden. Es ist auch nicht Aufgabe des Kostenfestsetzungsverfahrens nachzuprüfen, ob der Unternehmer einen auf die Erstattung der Kosten der Fertigstellungsbescheinigung gerichteten materiell-rechtlichen Anspruch gegen den Besteller besitzt.

Nach diesen Grundsätzen ist von der fehlenden Erstattungsfähigkeit der Kosten der Fertigstellungsbescheinigung jedenfalls dann auszugehen, wenn, wie im vorliegenden Fall, nicht im Urkundenprozess (§§ 592 ff ZPO) geklagt wird. Im "gewöhnlichen" Erkenntnisverfahren benötigt der Unternehmer die Fertigstellungsbescheinigung nicht zum Nachweis seiner Klageforderung (§ 592 S. 1 ZPO). Auch tritt, wenn der Unternehmer trotz des Vorliegens einer Fertigstellungsbescheinigung nicht den Weg des Urkundenprozesses beschreitet oder beschreiten kann, durch die vorherige Einholung dieser Bescheinigung in Hinblick auf die Durchsetzung der Klageforderung kein nennenswerter Beschleunigungseffekt ein.

c) Vorliegend gilt weiter, dass auch dann, wenn man die Kosten einer Fertigstellungsbescheinigung entgegen den obigen Ausführungen als grundsätzlich erstattungsfähige Kosten eines Parteigutachtens ansehen wollte, diese Kosten nicht notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO wären. Grundsätzlich kommt eine Erstattung der Kosten eines vorprozessual eingeholten Sachverständigengutachtens nämlich nur dann in Betracht, wenn die Partei in Folge fehlender eigener Sachkenntnisse nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage ist (vgl. BGHZ 153, 235, 238 m.w.N.). Dass dies vorliegend der Fall wäre, ist nicht ersichtlich. Bei der Klägerin handelt es sich um einen Fachbetrieb für Kamine und Kachelöfen, so dass davon auszugehen ist, dass die Klägerin aus eigener Fachkunde in der Lage war, selbst zu beurteilen, ob das von ihr hergestellte Werk mit erheblichen Mängeln behaftet war oder nicht.

Wenn die Klägerin ungeachtet dessen eine Fertigstellungsbescheinigung eingeholt hat, um im anschließenden Werklohnprozess eine Beweislastumkehr zu ihren Gunsten zu erreichen, so kann hieraus nicht geschlossen werden, dass die Kosten dieser Bescheinigung als notwendige Parteiauslagen im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO anzusehen wären.

2. Die Klägerin muss sich nach alledem darauf verweisen lassen, ihren vermeintlichen Kostenerstattungsanspruch im Erkenntnisverfahren durchzusetzen, so dass für das Kostenfestsetzungsverfahren der sofortigen Beschwerde des Beklagten mit der sich aus § 91 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge stattzugeben ist.

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2, Abs. 3 ZPO) ist nicht veranlasst. Dabei kann dahinstehen, ob die Frage, ob die Kosten einer Fertigstellungsbescheinigung im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähig sind, von grundsätzlicher Bedeutung ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung setzt nämlich voraus, dass die die Zulassung begründende Rechtsfrage für die Entscheidung des zulassenden Gerichts von entscheidungserheblicher Bedeutung ist (vgl. für die Zulassung der Revision BGH, FamRZ 2004, 1275 m.w.N.). Dies ist vorliegend aus den oben unter 1.c) genannten Gründen indes nicht der Fall.

RechtsgebieteBGB, ZPOVorschriftenBGB § 641a Abs. 1 Satz 1; ZPO § 416

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