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06.04.2005 · IWW-Abrufnummer 050927

Finanzgericht Münster: Urteil vom 14.10.2004 – 3 K 901/02

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FINANZGERICHT MÜNSTER
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

3. Senat
3 K 901/02 Erb

In dem Rechtsstreit des Herrn C F

- Kläger -
Prozessbevollmächtigter:

gegen Finanzamt
- vertreten durch den Vorsteher -

- Beklagter -
wegen Schenkungsteuer 1998

hat der 3. Senat des Finanzgerichts Münster in der Sitzung vom 14.10.2004, an der teilgenommen haben:

1. Vorsitzende Richterin am Finanzgericht
2. Richterin am Finanzgericht
3. Richterin am Finanzgericht
4. Ehrenamtliche Richterin
5. Ehrenamtlicher Richter

auf Grund mündlicher Verhandlung für Recht erkannt:
Der Schenkungsteuerbescheid vom 05.10.2001, die Einspruchsentscheidung vom 15.01.2002 und der Änderungsbescheid vom 14.10.2004 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt das Finanzamt.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vor läufig vollstreckbar. Das Finanzamt kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.

Die Revision ist bei dem Bundesfinanzhof innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich einzulegen. Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Abschrift oder Ausfertigung des Urteils soll ihr beigefügt werden. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. Die Begründung muss den Voraussetzungen des § 120 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung -FGO- entsprechen.

Bei der Einlegung und Begründung der Revision sowie in dem weiteren Verfahren vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugte Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/9231-201.


T a t b e s t a n d :

Streitig ist, ob der Freibetrag und der Bewertungsabschlag für Betriebsvermögen nach § 13 a Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) wegen Verstoßes gegen die Behaltensfrist entfallen sind.

Der Vater des Klägers (Kl.), Herr F F, war Inhaber von Geschäftsanteilen an der F GmbH (Geschäftsanteile in Höhe von nominal 250.000 DM sowie 225.000 DM, Stammkapital 1 Mio. DM), an der F Verwaltungs GmbH (Geschäftsanteil von nominal 25.000 DM) und an der F GmbH & Co KG. 1998 schenkte er diese Geschäftsanteile seinem Sohn C, dem Kl. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 26.03.1998, UR-NR 299/1998 des Notars L in E Bezug genommen.

Bei der Erbschaftsteuerfestsetzung gewährte das Finanzamt (FA) gem. § 13 a ErbStG den Freibetrag i. H. v. 500.000 DM sowie einen Bewertungsabschlag in Höhe von 1.130.733 DM. Es setzte die Schenkungsteuer von einem steuerpflichtigen Erwerb von insgesamt 1.546.000 DM auf 293.740 DM fest. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schenkungsteuerbscheid vom 18.04.2001 einschließlich Anlagen Bezug genommen.

Auf die ?Anfrage zwecks Überwachung von steuerfrei erworbenem Betriebsvermögen nach § 13 a ErbStG? des FA teilte der Kl. mit, dass die F GmbH mit Wirkung zum 02.01.2000 auf die F GmbH & Co KG verschmolzen worden sei. Zum Zeitpunkt der Verschmelzung waren am Stammkapital der F GmbH von 1 Mio. der Kl. und ein weiterer Gesellschafter Inhaber von Geschäftsanteilen in Höhe von jeweils 500.000 DM. Die F GmbH übertrug ihr Vermögen auf die F GmbH & Co KG ?im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme gegen Gewährung eines Kommanditanteils (im Wege der Anteilserhöhung) an die alleinigen Gesellschafter der F GmbH? (§ 1 Nr. 1 des Verschmelzungsvertrages). Nach § 6 Nr. 1 des Verschmelzungsvertrages entfiel ein Abfindungsangebot, ?weil an beiden Rechtsträgern dieselben Gesellschafter quotengleich beteiligt sind?. Wegen der Einzelheiten wird auf den Verschmelzungsvertrag vom 29.08.2000, UR-Nr. 708/2000 des Notars L in C, Bezug genommen (Bl. 26 ff. der Gerichtsakte).

Das FA vertrat die Auffassung, dass die Einbringung der F GmbH in die F GmbH & Co KG steuerschädlich sei. Da die Einbringung innerhalb der Behaltensfrist von 5 Jahren erfolgt sei, entfalle insoweit rückwirkend die Steuerbefreiung des § 13 a ErbStG.

Das FA änderte den Schenkungsteuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO und gewährte neben dem Betriebsvermögensfreibetrag von 500.000 DM nur noch einen Bewertungsabschlag i. H. v. 655.003 DM. Die Schenkungsteuer setzte es von einem steuerpflichtigen Erwerb von 2.011.800 DM auf 382.271 DM fest; wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 05.10.2001 Bezug genommen.

Der Kl. legte Einspruch ein. Die Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft innerhalb von 5 Jahren nach dem Erwerb führe nicht zum Wegfall des verminderten Wertansatzes i. S. v. § 13 a Abs. 2 ErbStG. Analog hierzu könne im vorliegenden Fall, nämlich der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft, nichts anderes gelten. Der Bewertungsabschlag für Anteile an der F GmbH sei deswegen weiterhin zu gewähren.

Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Nach § 13 a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG falle der Freibetrag nach § 13 a Abs. 1 ErbStG und der verminderte Wertansatz nach § 13 a Abs. 2 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von 5 Jahren nach dem Erwerb Vermögen der Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft (§§ 3 ? 16 UmwStG) übertrage. Im Streitfall sei der Wortlaut von § 13 a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG erfüllt. Deswegen sei die Nachversteuerung durchzuführen. Wegen der Einzelheiten wird auf die EE vom 15.01.2002 Bezug genommen.

Der Kl. erhob Klage. Nach dem Wortlaut des § 13 a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 ErbStG werde der Nachversteuerungsfall ausgelöst, wenn Vermögen der Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft übertragen werde. Im Wege der verfassungskonformen Auslegung müsse die Anwendung der Vorschrift teleologisch reduziert werden. Im Schrifttum werde einheitlich vertreten, dass die Regelung nicht recht verständlich sei, weil Umwandlungen nach dem neuen UmwStG gerade steuerunschädlich möglich sein sollten, so dass die erbschaft- bzw. schenkungsteuerliche Belastung widersprüchlich sei; zur Begründung verweist der Kl. auf Meincke, ErbStG, 13. Auflage 2002, § 13 a Anm. 25; Kapp/Ebbeling, ErbStG, Kommentar, § 13 a Tz 167; Moench, ErbStG, Kommentar § 13 a Tz 102 a. E.; Crezelius DB 1997, 1584 ff.; Hübner, NWB Fach 10, 701 ff.

Widersprüchlich sei insbesondre, dass nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 ErbStG die Umstrukturierung eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft unschädlich sei, der umgekehrte Fall (Umstrukturierung von der Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft) erbschaft- und schenkungsteuerlich aber nach § 13 a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 ErbStG benachteiligt sei. Darin liege eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung. Gerechtfertigt erscheine diese Ungleichbehandlung allenfalls in Fällen, in denen eine effektive Schmälerung des Vermögens eintrete, bzw. Abfindungen gezahlt würden. Ein derartiger Fall sei vorliegend aber nicht gegeben. Sofern man eine solche Auslegung im Wege der teleologischen Reduktion gegen den Wortlaut nicht für möglich halte, sei die Vorschrift als Verstoß gegen Art. 3 GG wegen einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung verfassungswidrig.

Der Kl. beantragt,

den Schenkungsteuerbescheid vom 05.10.2001, die EE vom 15.01.2002 und den Änderungsbescheid vom 14.10.2004 aufzuheben,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Der Nachversteuerungstatbestand sei in § 13 a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG ausdrücklich aufgeführt. Der Wortlaut sei eindeutig, eine andere Auslegung erscheine nicht möglich.

Das FA hat den angefochtenen Bescheid im Klageverfahren wegen eines Fehlers der Berechnung zugunsten des Kl. geändert; auf den Bescheid vom 14.10.2004 wird hingewiesen.

Der Senat hat am 14.10.2004 mündlich verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist begründet.

Entgegen der Auffassung des FA ist der Nachversteuerungstatbestand des § 13 a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG im Streitfall nicht erfüllt.

Nach § 13 a Abs. 5 Nr. 4 Satz 1 1.Halbsatz ErbStG in der im Streitjahr geltenden Fassung fallen der Freibetrag (§ 13 a Abs. 1 ErbStG) und der verminderte Wertansatz (§ 13 a Abs. 2 ErbStG) mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb Anteile an Kapitalgesellschaften i. S. d. Abs. 4 ganz oder teilweise veräußert. Eine verdeckte Einlage der Anteile in eine Kapitalgesellschaft steht der Veräußerung gleich (§ 13 a Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz ErbStG). Nach § 13 a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 ErbStG gilt gleiches, ?wenn die Kapitalgesellschaft innerhalb der Frist aufgelöst oder ihr Nennkapital herabgesetzt wird, wenn diese wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert und das Vermögen an die Gesellschafter verteilt wird oder wenn Vermögen der Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft, eine natürliche Person oder eine andere Körperschaft (§§ 3 ? 16 des Umwandlungsteuergesetzes) übertragen wird?.

Wird also, wie im Streitfall, Vermögen der Kapitalgesellschaft nach §§ 3 ? 16 UmwStG auf eine Personengesellschaft übertragen, ist der Nachversteuerungstatbestand nach dem Wortlaut der Vorschrift erfüllt.

Im Schrifttum ist die Regelung auf herbe Kritik gestoßen. Meincke meint, diese Regelung sei ?nicht recht verständlich... Denn wenn die Umwandlung nach dem neuen UmwStR gerade steuerunschädlich möglich sein soll, dann passt dazu nicht eine Nachsteuervorschrift, die an die Umwandlung gerade doch wieder steuerschädliche Wirkungen anknüpft" (Meincke, Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 14. Aufl. 2004, § 13 a Anm. 25). Moench meint, der Gesetzgeber habe hier übervorsichtig agiert. Das Vermögen, das die begünstigt erworbenen Anteile repräsentierten, werde im Fall der Umwandlung nach §§ 3 ? 16 UmwStG der erhöhten Sozialpflicht gar nicht entzogen. Moench verdeutlicht dies an folgendem Beispiel: ?Wenn beispielsweise der Erbe eines GmbH-Alleingesellschafters diese Gesellschaft aus unternehmerischen Gründen spaltet oder umgekehrt zwei GmbH`s, deren Anteile er erworben hat, miteinander verschmilzt, liegt der Sinn der Nachversteuerung nicht auf der Hand. Zweifel am Sinn der Regelung bestehen auch, soweit die formwechselnde Umwandlung (§ 14 UmwStG) schädlich sein soll, zumal § 13 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 die Einbringung von Betriebsvermögen in eine Personengesellschaft nach § 24 Abs. 1 UmwStG als unschädlich bezeichnet und erst die anschließende Veräußerung der Beteiligung mit Sanktionen belegt.......? (Moench, Erbschaft- und Schenkungsteuer, Kommentar, § 13 a Rz. 137). Nach soweit ersichtlich einhelliger Meinung im Schrifttum wäre eine teleologische Reduktion der Vorschrift zwar wünschenswert (Hübner in Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, Kommentar, 2001, § 13 a Rz. 127), aber gegen den eindeutigen Wortlaut kaum zu vertreten (vgl. Moench a.a.O., § 13 a Rz. 137; Troll/Gebel/Jülicher, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar § 13 a Tz. 338; Piltz, Die neue Erbschaftsbesteuerung des unternehmerischen Vermögens, ZEV 1997, 61, 68; Söffing/Peters/Ommer, Ausgewählte Probleme im Zusammenhang mit den Erbschaftsteuer-Richtlinien, ZEV 1999, 15, 17).

Mit dem Schrifttum ist davon auszugehen, dass die Regelung nach dem Wortlaut des § 13 a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 ErbStG zunächst nicht systemgerecht erscheint. Der Senat vertritt deshalb die Auffassung, dass eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift in der Weise geboten ist, dass in Verschmelzungsfällen, in denen der Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers Gesellschafter des übernehmenden Rechtsträgers bleibt und nicht gegen Abfindung gem. § 29 UmwG aus dem übernehmenden Rechtsträger ausscheidet, der Nachversteuerungstatbestand des § 13 a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 ErbStG nicht ausgelöst wird. Einer derartigen Auslegung steht der eindeutige Wortlaut des § 13 a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 ErbStG solange nicht entgegen, wie der normative Gehalt der Vorschrift nicht neu bestimmt wird (vgl. BFH-Urteil vom 05.05.2004 II R 45/01, BFHE 204, 570 zur Bedarfsbewertung eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks bei überhöhtem Erbbauszins ? Verletzung des Übermaßverbots; BFH-Urteil vom 02.07.2004 II R 22/02, noch nicht veröffentlicht, JURIS Nr. STRE200450943 zur Bedarfsbewertung eines Grundstücks mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ? Übermaßverbot; BVerfG-Beschluss vom 19.06.1973 1BvL 39/69 und 1 BvL 14/72, BVerfGE 35, 263, 278 ff.; vgl. auch Tipke/Kruse, AO, FGO, Kommentar, § 4 AO Tz. 238 f.). Eine normative Neubestimmung der Vorschrift geschieht durch die nur Einzelfälle betreffende Auslegung, die den Regelfall unberührt lässt, nicht.

Die durch das Standortsicherungsgesetz vom 13.09.1993 (BGBl. I 1993, 1569) zum 01.01.1994 eingefügte Vorschrift des damaligen § 13 Abs. 2 a ErbStG begünstigte Betriebsvermögen; im Falle der Veräußerung des begünstigt erworbenen Vermögens innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb und in einer Reihe vergleichbarer Fälle entfiel die Begünstigung mit Rückwirkung (Nachsteuerregelung). Durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11.10.1995 ( BGBl. I 1995, 1250) ist die Nachsteuerregelung modifiziert worden; der damals eingefügte § 13 Abs. 2 a Satz 4 Nr. 2 ErbStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 stimmt wörtlich überein mit der im Streitfall geltenden Fassung des § 13 a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 ErbStG. Im Gesetzentwurf zum Entwurf eines Jahresteuergesetzes 1996 (BT-Drucks. 13/901) wird zu den vorgeschlagenen Änderungen von § 13 Abs. 2 a ErbStG u.a. folgendes ausgeführt: ?Die Entlastungen für den Erwerb des begünstigten Vermögens sollen vom Erwerber für notwendige Investitionen und den Erhalt von Arbeitsplätzen innerhalb des Betriebsvermögens oder der Kapitalgesellschaft genutzt werden. Deshalb ist es gerechtfertigt, den Freibetrag und den Bewertungsabschlag rückwirkend entfallen zu lassen, wenn der Erwerber das begünstigte Betriebsvermögen oder wesentliche Teile davon oder die Gesellschaftsbeteiligung innerhalb von fünf Jahren veräußert. Der Veräußerung gleichgestellt werden andere Verfügungen über das begünstigte Vermögen, die letztlich dazu führen, dass dieses Vermögen aus dem der Unternehmensnachfolge zugedachten Vermögen ausscheidet. Damit sollen missbräuchliche Gestaltungen, die nur das Ziel haben, die besonderen Steuerbefreiungen auszunutzen, vermieden werden. Die mit der Entlastung verbundenen Erwartungen werden nämlich insoweit nicht erfüllt. Außerdem werden Unstimmigkeiten in den bisherigen Sätzen 3 und 4 klargestellt.? Gleichlautend ist die Begründung im Referentenentwurf vom 17.02.1995.

Der Sinn und Zweck von § 13 a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 ErbStG ist danach, dass das begünstigte Vermögen nicht aus dem der Unternehmensnachfolge zugedachten Vermögen ausscheidet, sondern dass das begünstigte Vermögen in der Hand des Erben bzw. des Beschenkten bleibt.

In den Fällen der Verschmelzung nach §§ 3 bis 16 UmwG, deren steuerliche Folgen in §§ 3 bis 16 UmwStG geregelt sind, wird der Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers zwangsweise Anteilsinhaber der übernehmenden Personengesellschaft. Denn nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwG können Rechtsträger ?unter Auflösung ohne Abwicklung verschmolzen werden im Wege der Aufnahme durch Übertragung des Vermögens eines Rechtsträgers oder mehrerer Rechtsträger (übertragende Rechtsträger) als Ganzes auf einen anderen bestehenden Rechtsträger (übernehmender Rechtsträger) gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften des übernehmenden ... Rechtsträgers an die Anteilsinhaber (Gesellschafter, Partner, Aktionäre, Genossen oder Mitglieder) der übertragenden Rechtsträger?. Danach ist zunächst gesichert, dass das begünstigte Vermögen im Fall der Verschmelzung in der Hand des bisherigen Anteilsinhabers bleibt. § 29 UmwG sieht aber auch zwingend vor, dass dem Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers ein Abfindungsangebot gemacht werden muss und dieser damit die Wahl hat, ob er durch Annahme des Barabfindungsangebotes den Austritt aus dem übernehmenden Rechtsträger erklärt (§ 29 Abs. 1 UmwG i.V.m. § 31 UmwG) oder ob er Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers bleibt.

Der Senat geht unter Zugrundelegung der Begründung zum JStG 1996 davon aus, dass der Gesetzgeber mit der Nachsteuerregelung des § 13 a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 ErbStG die Fälle gemeint hat, in denen der Anteilsinhaber von dem Abfindungsangebot Gebrauch macht und aus dem übernehmenden Rechtsträger endgültig ausscheidet, so dass das ursprünglich begünstigte Betriebsvermögen nicht mehr in der Hand des Erben oder Beschenkten verbleibt. Gegenüber einer Veräußerung der Geschäftsanteile der GmbH an eine Personengesellschaft und der anschließenden Liquidation der GmbH besteht der Vorteil der Verschmelzung in der steuerlichen Neutralität des Vermögensübergangs auf Grund Gesamtrechtsnachfolge (keine Einzelrechtsübertragung, keine Zustimmung von Gläubigern, keine Liquidation und Abwicklung notwendig) und in der Möglichkeit der Firmenfortführung (§ 18 UmwG); vgl. dazu auch Engl in Formularbuch Recht und Steuern, 5. Aufl. 2004, A.15.70 Rz. 1), so dass in der Praxis häufig die Verschmelzung statt der Veräußerung gewählt wird und die Verschmelzung insofern einen besonderen Fall der Veräußerung im Sinne des § 13 a Abs. 5 Nr. 4 Satz 2 ErbStG darstellt. Diese Fälle lösen deshalb zu Recht den Nachversteuerungstatbestand des § 13 a Abs. 5 N. 5 ErbStG aus.

Im Streitfall liegt jedoch der Sachverhalt anders. Denn der Kl. ist in der übernehmenden Personengesellschaft Kommanditist (Gewährung von Kommanditanteilen im Wege der Anteilserhöhung) geworden und geblieben. Ausnahmsweise ist wegen der quotengleichen Beteiligung derselben Gesellschafter an beiden Rechtsträgern ein Abfindungsangebot nach § 29 UmwG entfallen (§ 6 Abs. 1 des Verschmelzungsvertrags vom 29.08.2000). Bei der nach Ansicht des Senats gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 13 a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG ist dieser Fall von der gesetzlichen Regelung nicht erfasst, weil das Betriebsvermögen in der Hand desselben Gesellschafters betrieblich gebunden bleibt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird wegen der grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

RechtsgebietErbStGVorschriften§ 13a ErbStG

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