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02.03.2005 · IWW-Abrufnummer 050603

Amtsgericht Delbrück: Urteil vom 08.02.2005 – 2 C 427/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


2 C 427/04

AMTSGERICHT DELBRÜCK

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit
des Herrn ....

Klägers,

Prozessbevollmächtigte: XXX
gegen

die HUK-Coburg Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstand...

Beklagte,

Prozessbevollmächtigte: ...

hat das Amtsgericht Delbrück
im schriftlichen Verfahren gem. § 495 a ZPO
nach dem Sach- und Streitstand vom 08. Februar 2005
durch den Richter ...
für Recht erkannt.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Gebührenansprüchen der Rechtsanwälte Schütte und Neumann-Domnick in 3375 Schloß Holte-Stukenbrock gemäß Kostenrechnung von 10.11.2004 in Höhe von 109,62 EUR freizustellen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Des Tatbestandes bedurfte es gemäß § 313a Abs. 1 ZPO nicht.

Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Freistellungsanspruch in Höhe von 157,01 EUR aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 StVG, § 3 Nr. 1 Pflichtversicherungsgesetz.

Unstreitig hat die Beklagte als Haftpflichtversicherung für die Folgen aus dem Verkehrsunfall vom 08.10.2004 einzustehen. Zu den erstattungsfähigen Schäden gehören auch die mit der Rechnung vom 10.11.2004 geltend gemachten Rechtsanwaltskosten in Höhe von 308,21 EUR, die von der Beklagte lediglich in Höhe von 198,59 EUR reguliert worden sind, sodass ein restlicher Anspruch in Höhe von 109,62 EUR verbleibt. Denn dass bei der Rechnungsstellung eine 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 VV-RVG zugrunde gelegt worden ist, ist entgegen der Aussicht der Beklagten nicht zu beanstanden.

Bei einem Gebührensatzrahmen bestimmt der Rechtsanwalt gemäß § 14 RVG die Gebühr im Einzelfall nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände; sofern sämtliche Merkmale dieser Vorschrift als durchschnittlich zu bewerten sind, ist dem Rechtanwalt die sogenannte Mittelgebühr zuzubilligen bzw. sind diese Gebühr zu ermäßigen oder zu erhöhen, wenn einzelne Merkmale anders zu bewerten sind. Hierbei ist angesichts des Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5 von eine Mittelgebühr von 1,5 auszugehen (vgl. Madert, ZfS 2004, 301).

Dass die Tätigkeit des mit dem Unfall befassten Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig gewesen wäre, ist zwar angesichts des detaillierten diesbezüglichen Vortrags der Beklagten nicht anzunehmen und schon vom Kläger nicht vorgetragen worden, sodass entsprechend der Anmerkung zu Nr. 2400 VV-RVG höchstens eine Gebühr von 1,3 gefordert werden konnte.

Umgekehrt hat sich ? abgesehen davon, dass es sich bei der Abwicklung eines üblichen Verkehrsunfalls grundsätzlich um eine durchschnittliche Angelegenheit handeln und hierbei der Mittelwert zu Grunde zu legen sein dürfte ? aber auch nicht ergeben, dass eine solche Gebühr ermessensmißbräuchlich wäre, was wohl dann der Fall wäre, wenn alle für die Gebührenhöhe maßgebenden Umstände eine Gebühr im unteren Bereich rechtfertigen würden. Denn liegt allein der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit im unteren Bereich, wie dies die Beklagte vorgetragen hat, so läßt allein dies noch nicht den Schluß auf eine ermessenmißbräuliche Bestimmung zu, da nicht ersichtlich ist, dass auch Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Kläger oder die Bedeutung der Angelegenheit für ihn ebenfalls für eine niedrigere Gebühr sprechen würde (vgl. AG Bielefeld, Urt. v. 28.12.2004, Az. 41 C 1221/04).

Da das Gericht aber allein über diese Frage zu befinden hatte, ob also die Prozessbevollmächtigten des Klägers bei ihrer gem. § 315 Abs. 1 BGR nach billigem Ermessen vorzunehmenden Bestimmung der Gebühr die ihnen zuzubilligende Toleranzgrenze von 20 % überschritten haben, konnten die Einwände der Beklagten nicht durchgreifen. Im übrigen könnte man, auch wenn man den Beklagtenvortrag hinsichtlich des Bearbeitungsaufwandes als zutreffend unterstellt, vielleicht von einer unterdurchschnittlich schwierigen, aber nicht unbedingt von einer Tätigkeit einfachster Natur ausgehen, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt ein Ermessensmißbrauch nicht festzustellen war.

Diese Auslegung entspricht nach Ansicht des Gerichts sowohl dem Wortlaut des Gesetzes als auch der in der Begründung zum Gesetzesentwurf zum Ausdruck gekommenen Absicht des grundsätzlich eine Gebührenerhöhung anstrebenden Gesetzgebers, dass in Fällen, in denen der Umfang oder die Schwierigkeit nicht über dem Durchschnitt sind, die sogenannten Schwellengebühr von 1,3 zur Regelgebühr werden dürfte (BT-Drs. 15/1971, S. 207; Otto NJW 2004, 1420).

Dieser Auffassung steht auch nicht das Argument entgegen, dass Konsequenz dieser Ansicht eine übermäßige Erhöhung der anwaltlichen Vergütung wäre (so aber AG Herne, Urt. v. 02.12.2004, Az. 5 C 349/04); denn dass bei Verkehrsunfallregulierungen wie der vorliegenden schon nach der alten Rechtslage qua Geschäfts- und Besprechungsgebühr regelmäßig eine Mittelgebühr von insgesamt 15/10 angefallen sein dürfte, ist durchaus plausibel, so dass der Umstand, dass nunmehr in der Regel die Berechnung einer 1,3-Geschäftsgebühr unter Berücksichtigung des anwaltlichen Ermessensspielraums nicht zu beanstanden sein dürfte, kein unhaltbares und vom Gesetzgeber nicht intendiertes Ergebnis darstellt.

Aus diesen Gründen war die Rechnung des Klägervertreters zulässig, nach der bei einem Gegenstandswert von 2.943,43 EUR die 1,3-Gebühr 245,70 EUR betrug, was zuzüglich Unkostenpauschale und Mehrwertsteuer einen Gebührenanspruch in Höhe von 308,21 EUR begründete. Aufgrund der zwischenzeitlichen erfolgten Zahlungen ist die Klage daher in Höhe von 109,62 EUR begründet.

Der Einholung eines Gutachtens der Rechtsanwaltskammer gemäß § 14 Abs. 2 RVG bedurfte es vorliegend nicht, weil diese Norm im Verhältnis zum Haftpflichtversicherer nicht anwendbar ist.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 91, 91 a ZPO. Durch die Zahlung von 47,39 EUR nach Rechtshängigkeit hat sich die Beklagte insofern in die Rolle der Unterlegenen begeben, so dass insoweit die Kostentragung der Beklagten der Billigkeit unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes entsprach.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach denn §§ 708 Ziffer 11, 711, 713 ZPO.

Die Berufung war nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen. Eine berufungsgerichtliche Entscheidung ist insbesondere schon deshalb nicht erforderlich, weil angesichts des weiten Gebührenrahmens von 0,5 bis 2,5 nicht von einen bestimmten Einsatz für eine bestimmte Tätigkeit (hier etwa: Verkehrsunfallregulierung) die Rede sein kann, sondern sich jeder Fall nach dem neuen Gebührenrecht als Einzelfall darstellt.

Streitwert bis zum 18.01.2005: 157.01 EUR
Streitwert ab dem 18.01.2005: 109,62 EUR

RechtsgebietRVGVorschriftenNr. 2400 VV RVG

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