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27.01.2005 · IWW-Abrufnummer 050192

Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 18.07.2003 – 24 U 223/01

1. Bei einer Regelung, wonach das Honorar des Architekten prozentual nach verkauften Wohneinheiten zu zahlen ist, handelt es sich um eine Stundungsabrede, nicht um eine Bedingung.


2. Eine zeitlich unbefristete, aber an ein bestimmtes künftiges Ereignis gebundene Stundungsabrede ist im Wege der Vertragsauslegung auf einen angemessenen Zeitraum zu beschränken.

OLG Frankfurt, Urteil vom 18.07.2003 - 24 U 223/01 (rechtskräftig)

BGH, Beschluss vom 11.11.2004 - VII ZR 259/03 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)


In dem Rechtsstreit

....

hat der 24. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.07.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. ####, den Richter am Oberlandesgericht Dr. #### und den Richter am Oberlandesgericht #### für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 02.08.2001 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass in Höhe von 209.581,74 DM = 107.157,44 ? einschließlich der ausgeurteilten Zinsen die Zahlung nicht an den Kläger, sondern an das Finanzamt Michelstadt zu Steuernummer 33 860 60044 - Voll 1/II zu erfolgen hat.

Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Sicherheit darf auch durch schriftliche, unbedingte, unbefristete und unwiderrufliche Bankbürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

Die Beklagte ist mehr als 20.000.- ? beschwert.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten Architektenlohn. Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil und die dort dargestellten Parteivorträge und -anträge Bezug genommen (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.).

Insbesondere wird Bezug genommen auf den Architektenvertrag der Parteien vom 25.02.1994 (GA 22). Dieser hat in § 4 unter der Überschrift "Zahlungen" u.a. folgenden Wortlaut: "40 % des Pauschalhonorars zu B und C wird nach Beendigung der Planungsleistungen in Rechnung gestellt. (...) Die weiteren Zahlungen erfolgen prozentual nach verkauften Wohneinheiten.". Nach Fertigstellung von 5 der geplanten 114 Wohneinheiten veräußerte die Beklagte das Grundstück.

Das Landgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, die angegebene Zahlungsbestimmung sei eine Stundungsabrede für die bereits unbedingt entstandene Forderung des Klägers. Dieser Abrede sei durch den Verkauf des Grundstücks seitens der Beklagten die Geschäftsgrundlage entzogen worden. Dadurch habe der Kläger einen fälligen Gebührenanspruch gegenüber der Beklagten. Wegen der weiteren Überlegungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (GA 99) Bezug genommen.

Gegen dieses der Beklagten am 09.10.2001 zugestellte Urteil hat sie am 09.11.2001 Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist am 11.02.2002 begründet.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und meint, der Kläger sei bereits teilweise nicht aktivlegitimiert, da er sechsstellige Beträge an das Finanzamt abgetreten habe und über ähnlich hohe Beträge Pfändungen vorlägen. § 4 des Architektenvertrages enthalte ein Pauschalhonorar nur für die Phasen 1 - 4. Die restlichen Phasen der Architektenplanung hätten erst stufenweise später beauftragt werden sollen, nämlich entsprechend dem Baufortschritt. Grund sei eine beabsichtigte Risikobeteiligung des Klägers gewesen. Im Übrigen sei der Architektenvertrag ohnehin wegen Verstoßes gegen das Koppelungsverbot nach Art. 10 § 3 MRVG unwirksam. Die Beklagte habe nämlich mit dem Kläger einen Architektenvertrag schließen müssen, um das Grundstück überhaupt kaufen zu können. Da der Kläger das Koppelungsverbot gekannt habe, stehe ihm auch keine Vergütung zu. Schließlich sei die Abrechnung des Klägers auch fehlerhaft. Die vom Kläger in Abzug gebrachte Objektüberwachung sei nämlich mit mindestens 15 % der Pauschalsumme anzusetzen, d.s. 123.750.- DM. Im Übrigen habe der Kläger nicht alle vertraglich vereinbarten Leistungen erbracht. Auf diese nichterbrachten Planungen entfielen weitere 123.750.- DM.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 02.08.2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

wie erkannt.

Der Kläger verweist zu seiner Aktivlegitimation darauf, dass er im Einverständnis des Finanzamts Michelstadt die Forderung im eigenen Namen geltend macht. Er habe auch alle Planungsleistungen erbracht, weil sonst die Genehmigungen nicht erteilt worden seien und der Baubeginn nicht erfolgt wäre. Ein Verstoß gegen das Koppelungsverbot liege nicht vor. Auch sei die Berechnung des Architektenhonorars richtig.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Kläger ist aktivlegitimiert. Aus dem Schreiben des Finanzamts Michelstadt vom 05.04.2002 (GA 302) geht die Ermächtigung des Klägers zum Forderungseinzug hervor. Soweit Pfändungen erfolgt sind, hat der Kläger dem durch die erfolgte Antragsumstellung zugunsten des Finanzamts Michelstadt Rechnung getragen. Die am 26.09.1995 erfolgte Pfändung ist in der vom 07.08.2001 enthalten. Der darüber hinausgehende Vortrag der Beklagten zu einer weiteren Abtretung des Klägers an das Finanzamt i.H.v. 105.521,46 DM ist unsubstantiiert geblieben.

§ 4 des Vertrages enthält eine Fälligkeitsvereinbarung i.S. einer Stundungsabrede und keine aufschiebende Bedingung. Der Vertragstext hierzu ist eindeutig. Der Senat schließt sich den hierzu angestellten Erwägungen des Landgerichts an und macht sich diese zu eigen. Angesichts der Interessenlage beider Parteien musste der Kläger nicht damit rechnen, durch einen Grundstücksverkauf der Beklagten einen Großteil des anvisierten Honorars zu verlieren. Wenn die Beklagte den Kläger tatsächlich am Verkaufsrisiko der Wohnungen hat beteiligen wollen, hätte sie dies explizit in den Architektenvertrag hineinschreiben müssen. Dieser hat seinerseits die Vermutung, der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich, insbesondere gegenüber einer derart ungewöhnlichen Risikobeteiligung des bauplanenden Architekten.

Auch das Koppelungsverbot nach Art. 10, § 3 MRVG ist nicht verletzt. Die Beklagte hat nicht zur Überzeugung des Senats darlegen können, dass sie ausschließlich mit dem Kläger als Architekt hat kontrahieren müssen. Allein aus der zeitlichen Nähe zwischen Grundstückskaufvertrag und Architektenvertrag lässt sich ein solcher Verstoß nicht herleiten.

Letztendlich erweist sich auch die Abrechnung des Klägers als korrekt. Denn ausweislich § 2 des Architektenvertrages war für die Bauüberwachung lediglich ein einziger Tag in einem Zeitraum von zwei Wochen vorgesehen. In Anbetracht der Größe der geplanten Gesamtbebauung mit 114 Wohneinheiten und der damit verbundenen Planungsaufgabe entspricht ein Tag in zwei Wochen nicht 15 % der Gesamtleistung des Klägers, wie die Beklagte meint. Insofern ist auch die generelle Regelung in § 15 HOAI (Bewertung der Objektüberwachung mit 31 % der Architektenleistung) individualverträglich abbedungen.

Soweit die Beklagte dagegen Planungsleistungen des Klägers insgesamt in Abrede stellt, muss sich die Beklagte zunächst das Einladungsschreiben der "#### #### #### GmbH #### ####" "zum ersten Spatenstich am 27.04.1996" entgegenhalten lassen, das vom Vorliegen "aller Genehmigungen" spricht. Diese wären jedoch nicht erteilt worden, wenn der Kläger die entsprechende Planungsleistung nicht erbracht hätte. Im Übrigen hat die Beklagte die Leistung des Klägers durch ihre vorbehaltslose Teilzahlung anerkannt, den Einbehalt des restlichen Werklohns hingegen erstinstanzlich mit der von ihr behaupteten aufschiebenden Bedingung in § 4 des Architektenvertrages begründet. Soweit nunmehr in zweiter Instanz behauptet wird, der Kläger habe Planungsleistungen für die nichtgebauten Wohneinheiten gar nicht erbracht, stehen dem die erteilten Genehmigungen entgegen. Das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten erweist sich neben mangelnder Substantiierung daher auch als wenig plausibel.

Nach alledem hat die Berufung keinen Erfolg.

Nebenentscheidungen: §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

RechtsgebieteBGB, HOAI, MRVG, ZPOVorschriftenBGB § 242; HOAI §§ 8, 15; MRVG Art 10 § 3; ZPO §§ 29, 156

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