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15.12.2004 · IWW-Abrufnummer 043100

Oberlandesgericht Koblenz: Urteil vom 22.04.2004 – 5 U 1384/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Geschäftsnummer: 5 U 1384/03
5 O 112/03 Landgericht Trier
Verkündet am 22. April 2004

OBERLANDESGERICHTKOBLENZ
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

in dem Rechtsstreit XXX

w e g e n Schadensersatzes aus Anlageberatung.

Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 2004 durch XXX für R e c h t erkannt:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Trier vom 8. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

G r ü n d e :

I.

Der Kläger erwarb für sich und die Klägerin, seine Ehefrau, am 14. November 2000 über die Beklagte Wertpapiere der Republik Argentinien, DM-Anleihe 1995 (02) zum Nennwert von 20.000,00 DM. Am Fälligkeitstag, dem 14.11.2002, wurden weder Erträgnis- noch Tilgungszahlungen geleistet. Der Wert der Anleihen ist nur noch gering (48, 42 GA). Die Kläger verlangen Schadensersatz in voller Höhe.

Sie haben behauptet, der Mitarbeiter S?? der Beklagten habe die Anlage empfohlen und als absolut ohne Risiko bezeichnet. Sofern sie bis zum Fälligkeitstermin gehalten werde, ergäbe sich garantiert eine Rendite von 8,872 %.

Das Landgericht hat die Klage nach der Vernehmung von Zeugen abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Mit der Berufung wiederholen und vertiefen die Kläger ihr Vorbringen:

Ungeachtet des Beratungsgesprächs von 1997 hätte ihre Risikobereitschaft anlässlich der Kaufentscheidung vom 14.11.2000 erneut abgefragt werden müssen. Der Zeuge S?? habe sie nicht auf das Insolvenzrisiko und die besonderen Verhältnisse des argentinischen Staates hingewiesen. Die gebotene ausführliche Beratung sei bei dem nur drei Minuten dauernden Telefonat nicht möglich gewesen. Letztlich habe die Zeugin K?? noch im Dezember 2001 erklärt, sie, die Kläger hätten keinen Grund zu verkaufen, sie sollten die Anleihe halten.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 10.225,84 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.11.2000 zu zahlen.

Die Beklagte beruft sich darauf, dass der Zeuge S?? sich am 25.11.1997 anlässlich der Zeichnung von COBAS-Basis Aktien/Renten über 30.000,00 DM in einem umfassenden Beratungsgespräch und unter Ausfüllung eines Wertpapiererhebungsbogens über die Anlagekenntnisse des Klägers informiert habe. Angesichts dieses Vorverständnisses und der Hinweise des Zeugen am 14.11.2000 seien die Kläger über die Risiken einer Argentinien-Anleihe hinreichend belehrt gewesen.

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Landgericht hat die Verletzung einer aus dem Beratungsvertrag abgeleiteten Pflicht der Beklagten zutreffend verneint. Das Vorbringen der Berufung gibt zu folgenden Bemerkungen Anlass:

Dass die Klägerin bei den Beratungsgesprächen nicht zugegen war (86 GA), ist unbeachtlich. In der Klageschrift ist vorgetragen, der Kläger habe für sich und die Klägerin die Anleihe erworben. Das Wissen ihres Ehemannes muss sie sich zurechnen lassen (§ 166 Abs. 1 BGB).

Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ist über die Risiken der "Argentinien-Anleihe" hinreichend aufgeklärt worden (§ 286 ZPO). Zweifel an der Richtigkeit und der Vollständigkeit der Feststellungen sind nicht gegeben (§ 529 Abs. 1 ZPO).

Tritt ein Interessent an eine Bank heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden, so kommt durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs ein Beratungsvertrag zustande. Die Bank hat zu erfragen den Wissensstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art, seine Risikobereitschaft, ob es sich bei dem Kunden um einen erfahrenen Anleger mit einschlägigem Fachwissen handelt und welches Anlageziel er verfolgt. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf die Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die in Aussicht genommene Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (BGHZ, 123, 126 f.). Dies vorausgeschickt, hat die Beklagte die ihr obliegenden Beratungspflichten nicht verletzt.

Der Kläger war kein unerfahrener Anleger. Seine Risikobereitschaft ist anlässlich des Beratungsgesprächs von 1997 zutreffend als im mittleren Bereich liegend eingeschätzt worden (23 GA). Damals hat er COBAS-Aktien/Renten zum Nennwert von 30.000,00 DM erworben, die der Produktrisikokategorie "E" zugeordnet waren, worin der Erwerb von Rentenfonds, Optionsanleihen, Aktienfonds, auch im internationalen Bereich, ein-geschlossen sind.

Nach dem Beweisergebnis hat der Zeuge S?? am 14.11.2000 auf die instabile Regierung des Landes Argentinien hingewiesen und ausgeführt, dass das Land eigentlich zahlungsunfähig wäre, wenn es nicht "am Tropf der Weltbank hinge". Dies wird gestützt durch die Wertpapier-Beraterkarte, auf der der Zeuge am 15.11.2000 vermerkte, "auf ausdrücklichen Wunsch des Kundens, nachdem über die politischen und wirtschaftlichen Risiken ausführlich informiert wurde" (25 GA). Dass die dem entgegenstehende Notiz des Klägers vom 14.11.2000 inhaltlich richtig ist, haben die beweisbelasteten Kläger nicht unter Beweis gestellt. Mit der drastischen Formulierung, Argentinien wäre zahlungsunfähig, wenn es nicht am Tropf der Weltbank hinge, hat der Zeuge S?? deutlich und ausreichend auf das Insolvenzrisiko des Staates Argentinien hingewiesen. Dass eine Unterstützung der Weltbank jederzeit entzogen oder eingeschränkt werden kann, ist eine nicht von der Hand zu weisende Möglichkeit.

Soweit andere Gerichte zu Gunsten von "Argentinien-Anlegern" entschieden haben, sind solche Hinweise nicht gegeben worden. Vielmehr wurden die seitens der Kunden geäußerten Bedenken zerstreut und darauf hingewiesen, dass noch nie "ein Land pleite gegangen sei". Durch die Verhandlungen Argentiniens mit dem internationalen Währungsfond sei gesichert, dass das Land seinen Rückzahlungsverpflichtungen nachkommen werde (LG Münster vom 28.05.2003, 14 O 1580/02 und vom 1.07.2003, 14 O 17/03).

Ihre Beratungspflichten hat die Beklagte auch nicht im Dezember 2001 verletzt. Die Behauptung, die Zeugin K?? habe ausdrücklich dahin beraten, dass die Kläger die Anlage weiter halten sollten, ist nicht bewiesen. Die Zeugin hat ausgesagt, nach Rücksprache mit einem Kollegen habe sie dem Kläger keine Empfehlung gegeben (Bl. 43 GA), sondern lediglich den damaligen Wert der Anlage mit 6.800,00 EUR mitgeteilt. Genauere Informationen oder ein zusätzliches Beratungsgespräch hat der Kläger nicht verlangt.

Ist nach alledem davon auszugehen, dass der Kläger genügend beraten war, so ist die Berufung mit den Nebenentscheidungen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Ziff. 10, 711, 713 ZPO zurückzuweisen.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe hierfür nicht ersichtlich sind.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 10.225,84 EUR.

RechtsgebietBGBVorschriften§ 311 BGB

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