Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

05.05.2004 · IWW-Abrufnummer 041141

Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 30.03.2004 – 23 U 65/03

1. Bei einem unbezifferten Feststellungsantrag ist ein Grundurteil regelmäßig nicht zulässig. Wird bei einer Schadensersatzklage ein Zahlungsantrag mit einem Antrag auf Feststellung der weitergehenden Schadensersatzpflicht verbunden, so ist deshalb in aller Regel ein Grundurteil hinsichtlich des Zahlungsantrags mit einem Teilurteil hinsichtlich des Feststellungsantrags zu verbinden.


2. Bei einem Werkvertrag setzt ein Organisationsverschulden des Architekten, das zu einer dreißigjährigen Verjährungsfrist des Schadensersatzanspruchs des Bestellers führen kann, nicht voraus, dass der Architekt die geschuldete Bauüberwachung nicht arbeitsteilig organisiert, sondern selbst wahrnimmt.


3. Über die Rechtsfigur des Organisationsverschuldens soll nicht erreicht werden, dass der Architekt auch bei Fahrlässigkeit im Rahmen einer Verjährungsfrist von 30 Jahren haftet (wie OLG Hamm, BauR 2002, 1706, 1708).


4. Der mit der Bauaufsicht beauftragte Architekt ist verpflichtet, die Mangelfreiheit des Baus zu überwachen, die Ursachen erkennbar gewordener Baumängel aufzuklären und den Bauherrn entsprechend zu unterrichten. Dabei handelt es sich nicht um eine Nebenpflicht, sondern um die Hauptpflicht aus dem Architektenvertrag (wie LG Deggendorf BauR 2002, 339). Ansprüche gegen den Architekten, der dieser Pflicht fehlerhaft nachkommt, können sich daher nur aus § 635 BGB mit der Verjährungsfrist des § 638 BGB (fünf Jahre) ergeben und nicht aus positiver Vertragsverletzung mit der Folge einer dreißigjährigen Verjährungsfrist.


5. Jedenfalls würde ein derartiger Anspruch aus positiver Vertragsverletzung der fünfjährigen Verjährungsfrist in entsprechender Anwendung des § 638 Abs. 1 BGB unterliegen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.03.2004 - 23 U 65/03


In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 2004 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht D........ sowie die Richter am Oberlandesgericht D........ und Dr. M.......

für R e c h t erkannt:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 23. April 2003 verkündete Grundurteil der Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf geändert und wie folgt als Schlussurteil neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

G r ü n d e

A.
Der Kläger macht gegen den beklagten Architekten einen Anspruch auf Ersatz der Schäden geltend, die ihm als Folge einer unzureichenden Bauaufsicht des Beklagten entstanden sein sollen. Der Beklagten hatte für den Bau des Wohnhauses des Klägers mit angebauter Garage in den Jahren 1975/76 die Vollarchitektur übernommen. Die Garage zeigt heute umfangreiche Risse. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 392 ff. GA) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme durch Grundurteil für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe einen Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB. Die Garage weise nach dem Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens Fehler auf, die bei einer pflichtgemäß vom Beklagten vorgenommenen Bauaufsicht vermieden worden wären. Der Anspruch sei nicht verjährt, weil mit Blick auf die Schwere der Mängel die Voraussetzungen für ein Organisationsverschulden des Beklagten anzunehmen seien.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter verfolgt. Zur Begründung führt er aus, dass die vom Sachverständigen festgestellten Gründungsfehler der Garage nur für einen Teil der Fundamente festgestellt worden seien. Im übrigen sei nach den Feststellungen des Sachverständigen eine Ursache der Risse die unzureichende Gründung der unmittelbar auf dem Nachbargrundstück angrenzenden Garage, wofür er - der Beklagte - nicht verantwortlich gemacht werden könne. Der Beklagte ist darüber hinaus der Ansicht, die Voraussetzungen für ein Organisationsverschulden lägen nicht vor. Ein nicht verjährter Anspruch des Klägers sei auch deshalb ausgeschlossen, weil letzterer nach seinem eigenen Vortrag die Rissbildung bereits im Jahre 1978 bemerkt habe.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, die Feststellungen des Sachverständigen reichten völlig aus, um eine Verpflichtung des Beklagten dem Grunde nach festzustellen. Sein Anspruch sei im übrigen nicht verjährt, weil von einem Organisationsverschulden des Beklagten und demgemäß von einer dreißigjährigen Verjährungsfrist auszugehen sei. Ein Schadensersatzanspruch scheide auch nicht deshalb aus, weil er - der Kläger - erste Risse bereits im Jahre 1978 entdeckt habe. Hierzu behauptet der Kläger, seine Ehefrau habe dem Beklagten diese Risse mit Schreiben vom 15.10.1978 (Bl. 115 GA) mitgeteilt. Daraufhin habe der Beklagte sich die Schäden angesehen und erklärt, es handele sich um unbedeutende Setzrisse. Entsprechendes habe sich im Jahre 1986 wiederholt.

B.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache Erfolg. Das Landgericht hat zu Unrecht die Klage für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt und angenommen, dem Kläger stehe ein nicht verjährter Schadensersatzanspruch zu. Die angefochtenen Entscheidung beruht auf einer Rechtsverletzung im Sinne der §§ 513, 546 ZPO.

Soweit es auf die Anwendung bürgerlichen Rechts ankommt, ist das bis zum 31.12.2001 geltende Recht maßgeblich, Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB.

I.
Der Senat entscheidet gemäß § 538 Abs. 1 ZPO in der Sache selbst, obwohl das angefochtene Grundurteil in der vorliegenden Form unzulässig ist. Das Landgericht hat das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs "dem Grunde nach" festgestellt und wollte damit über beide Anträge des Klägers, also über den bezifferten Antrag zu 1. und den unbezifferten Feststellungsantrag zu 2. entscheiden. Die Entscheidungsgründe enthalten nämlich den einleitenden Satz, dass "die Klage" dem Grunde nach gerechtfertigt sei. Zu "der Klage" gehört aber auch der Feststellungsantrag. Auch an keiner anderen Stelle des landgerichtlichen Urteils sind Hinweise darauf enthalten, dass der Feststellungsantrag nicht von der Entscheidung dem Grunde nach erfasst sein sollte.
Hinsichtlich eines derartigen unbezifferten Feststellungsantrags ist ein Grundurteil indes nicht zulässig, sondern scheidet wesensmäßig aus. Nach § 304 Abs. 1 ZPO kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden, wenn ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig und lediglich der Streit über den Anspruchsgrund entscheidungsreif ist. Eine entsprechende Trennung in Grund- und Betragsverfahren setzt einen Anspruch voraus, der auf Zahlung von Geld oder die Leistung vertretbarer, der Höhe nach summenmäßig bestimmter Sachen gerichtet ist (BGH NJW 2000, 1572 m. w. Nachw.). Eine denkbare Ausnahme (BGH a.a.O.: "Ausnahmsweise kann ein Grundurteil über eine Feststellungsklage ergehen, wenn damit ein bestimmter Betrag in der Weise geltend gemacht wird, dass die Klage auch zu einem Ausspruch über die Höhe des Anspruchs führen soll") ist hier nicht gegeben. Das Landgericht hätte vielmehr das Grundurteil hinsichtlich des Klageantrags zu 1. mit einem Teilurteil hinsichtlich des Klageantrags zu 2. verbinden müssen.

II.
Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen unverjährten Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB.

1. Die Voraussetzungen des § 635 BGB dürften nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme allerdings vorliegen. Fehler in der vom Beklagten geschuldeten Bauaufsicht haben zu Mängeln der Garage in zweierlei Hinsicht geführt.

In erster Linie betrifft dies den vom Landgericht festgestellten Mangel in der Gründung der Garage, weil deren rechte hintere Ecke in aufgefülltem, nicht gewachsenem Boden gegründet wurde. Das trug maßgeblich zu den heute vorhandenen Rissen bei, wie sich aus dem Baugrundgutachten des Sachverständigen Dr. M....... vom 10.9.2002 (Bl. 318 ff. GA) ergibt. Diesen Gründungsfehler hätte der Beklagte im Rahmen der beauftragten Bauüberwachung feststellen und für dessen Beseitigung Sorge tragen müssen.

Daneben hat nach den Feststellungen des Sachverständigen von der Weien auch eine unzureichende, nämlich nicht frostsichere Gründungstiefe der Garage an deren Längsseite, die an das Nachbargrundstück grenzt, mit zu den Rissen beigetragen. Das galt jedenfalls für die Zeit bis zur Erhöhung des Nachbargrundstücks. Auch insoweit dürfte der vom Kläger erhobene Vorwurf einer unzureichenden Bauaufsicht zutreffen. Der - wie hier - mit der Objektüberwachung beauftragte Architekt muss darauf achten, dass die erforderliche Gründungstiefe eingehalten wird (OLG Düsseldorf, 22 Zivilsenat, NJW-RR 1995, 232). Planungsfehler behauptet der Kläger insoweit nicht.

2. Weitere Einzelheiten zu den Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs aus § 635 BGB können indes offen bleiben, weil dieser Anspruch gemäß § 638 Abs. 1 BGB verjährt ist.

a) Der Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers gegen den Architekten wegen Mängeln der Planung oder der Bauaufsicht verjährt grundsätzlich in fünf Jahren gemäß § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Frist beginnt gemäß § 638 Abs. 1 Satz 2 BGB mit der Abnahme der (Architekten-)Werks.

Für den Beginn der Verjährungsfrist ist als spätester Zeitpunkt der Ablauf der fünfjährigen Frist für die Verjährung der Ansprüche des Klägers gegen den Bauunternehmer denkbar. Dann beginnt nämlich in den Fällen die Verjährungsfrist für die Ansprüche gegen den Architekten zu laufen, in denen - wie hier - auch die nach Abnahme liegende Objektbetreuung mit beauftragt ist, wie sie der Leistungsphase 9 des § 15 HOAI entspricht (BGH NJW 1994, 392; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 2000, S. 557, Randnr. 172). Davon dürfte im vorliegenden Fall trotz des Umstandes auszugehen sein, dass die HOAI mit der Bestimmung der Leistungsphasen in § 15 gemäß ihrem § 103 Abs. 1 erst am 1.1.1977, mithin nach Erteilung des Architektenauftrags und sogar nach Fertigstellung des Bauvorhabens in Kraft trat. Dies hindert nicht, gleichwohl eine Beauftragung der Leistungen anzunehmen, die hinsichtlich ihrer Vergütung zu einem späteren Zeitpunkt in § 15 HOAI als Leistungsphase 9 geregelt wurden. Letztere Vorschrift regelt nur die Vergütung für Leistungen, zu deren Erbringung Architekten sich auch bereits vor dem 1.1.1977 verpflichten konnten. Dass ein entsprechender Auftrag vorlag, ist zwischen den Parteien nicht streitig.

Nach diesen Grundsätzen ist die fünfjährige Verjährungsfrist abgelaufen. Das Bauwerk wurde hier nach der unwidersprochenen Mitteilung des Klägers im Senatstermin spätestens in der ersten Hälfte 1976 fertiggestellt und abgenommen, kurz nach der Anfertigung des Fotos in der Hülle Bl. 450 GA, das den Bauzustand im Februar 1976 zeigt. Zu diesem Zeitpunkt begann die fünfjährige Verjährungsfrist für die Ansprüche des Klägers gegen den Bauunternehmer, die mithin im Jahre 1981 ablief. Auch wenn man erst zu diesem Zeitpunkt den Beginn der fünfjährigen Verjährungsfrist für die Ansprüche des Klägers gegen den beklagten Architekten ansetzt, ist der Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten spätestens seit dem Jahre 1986 verjährt. Die Verjährung unterbrechende oder hemmende Maßnahmen sind bis zur Klageerhebung im Jahre 1999 nicht ersichtlich.

b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat der Beklagte den Mangel seines Architektenwerks, also die unzureichende Bauaufsicht nicht arglistig verschwiegen im Sinne des § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB, was eine 30jährige Verjährungsfrist in Lauf gesetzt hätte (§ 195 BGB).

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verschweigt arglistig, wer sich bewusst ist, dass ein bestimmter Umstand für die Entschließung seines Vertragsgegners von Erheblichkeit ist, nach Treu und Glauben diesen Umstand mitzuteilen verpflichtet ist und ihn trotzdem nicht offenbart (BGH NJW 1992, 1754 m. w. Nachw.). Dass der Beklagte positiv von der unzureichenden Gründungstiefe und dem nicht geeigneten Untergrund wusste, dies verschwieg und nichts zur Beseitigung des Mangels unternahm, behauptet der Kläger nicht. Es sind dafür auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich.

bb) Aber auch die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgestellten Voraussetzungen eines Organisationsverschuldens liegen nicht vor.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich der Unternehmer seiner vertraglichen Offenbarungspflicht bei Ablieferung des fertigen Werkes nicht dadurch entziehen, dass er sich bewusst unwissend hält oder sich keiner Gehilfen bei der Pflicht bedient, Mängel zu offenbaren. Sorgt er bei der Herstellung des Werkes nicht für eine den Umständen nach angemessene Überwachung und Prüfung der Leistung und damit auch nicht dafür, dass er oder seine Erfüllungsgehilfen etwaige Mängel erkennen können, so handelt er vertragswidrig. Er ist gehalten, den Herstellungsprozess angemessen zu überwachen und das Werk vor Abnahme zu überprüfen. Denn der Unternehmer muss fehlerfrei leisten. Er muss daher jedenfalls die organisatorischen Voraussetzungen schaffen, um sachgerecht beurteilen zu können, ob das fertiggestellte Werk bei Ablieferung keinen Fehler aufweist. Dabei kann die Art des Mangels ein so überzeugendes Indiz für eine fehlende oder nicht richtige Organisation sein, dass es weiterer Darlegung hierzu nicht bedarf. So kann ein gravierender Mangel an besonders wichtigen Gewerken ebenso den Schluss auf eine mangelhafte Organisation von Überwachung und Überprüfung zulassen wie ein besonders augenfälliger Mangel an weniger wichtigen Bauteilen (BGH NJW 1992, 1754 f.). Folge eines Verstoßes gegen diese Verpflichtung ist eine dreißigjährige Verjährungsfrist des Unternehmers. Diese Grundsätze finden auch auf die Haftung des Architekten Anwendung (OLG Hamm, BauR 2002, 1706; OLG Celle, NJW-RR 1995, 1486).

Die Annahme eines Organisationsverschuldens scheitert hier zwar nicht bereits daran, dass der Beklagte die geschuldete Bauüberwachung nicht arbeitsteilig organisierte, sondern selbst wahrnahm. Der maßgebliche Grundgedanke der Haftung für Organisationsverschulden ist, dass der Bauunternehmer die 30jährige Haftung für Arglist nicht dadurch vermeiden kann, dass er sich bewusst unwissend hält. Das könnte der Architekt aber auch dadurch erreichen, dass er selbst die Bauüberwachung nicht ausreichend vornimmt.

Der Kläger hat aber nicht dargelegt, dass der Beklagte seiner Pflicht zur Bauaufsicht überhaupt nicht nachgekommen ist. Es geht im vorliegenden Fall um Nachlässigkeiten bei der Durchführung der Bauaufsicht. Wie erwähnt, soll das Organisationsverschulden den Auftraggeber davor schützen, dass sich der Auftragnehmer bewusst unwissend hält, um so der Arglisthaftung zu entgehen. Dagegen soll über das Organisationsverschulden nicht erreicht werden, dass der Architekt auch bei Fahrlässigkeit im Rahmen einer Verjährungsfrist von 30 Jahren haftet (OLG Hamm, BauR 2002, 1706, 1708).

Es liegen hier entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht derart gravierende Mängel an besonders wichtigen Gewerken vor, die den Schluss auf eine mangelhafte Organisation von Überwachung und Überprüfung zulassen und so den Anschein eines Organisationsverschuldens begründen könnten. Das gilt zunächst offensichtlich für die Gründungstiefe, die lediglich an einer Längsseite der Garage nicht die erforderliche Tiefe von 80 cm, sondern nur 40 cm erreichte. Eine derartige Maßabweichung läst sich selbstverständlich an der Baustelle nachmessen; sie ist aber nicht derart offensichtlich, dass sie nur bei einer fehlerhaften Organisation der Bauaufsicht hätte übersehen werden können. Es handelt sich insoweit auch nicht um einen besonders gravierenden Mangel, da nach den Feststellungen des Sachverständigen von der Weien nahe liegt, dass wegen der geringen Fröste im Rheinland diese unzureichende Tiefe ohnehin allenfalls in einem geringeren Umfang zu den Rissbildungen beigetragen haben kann.

Auch bei dem unzureichenden Untergrund für die Gründung handelt es sich nicht um einen gravierenden Mangel, der Rückschlüsse auf eine fehlerhafte Organisation der Bauaufsicht zuließe. Zwar ist die Gründung eines Gebäudes sicherlich für dessen dauerhafte Standsicherheit von erheblicher Bedeutung. Sie stellt deshalb einen Punkt dar, dem bei der Bauaufsicht ein besonderes Augenmerk zu widmen ist. Allerdings geht es nicht um die - offenbar fehlerfreie - Gründung des Hauptteils des Bauwerks, nämlich des Wohnhauses des Klägers. Betroffen ist lediglich die Gründung der Garage und dies noch nicht einmal in vollem Umfang, sondern nur hinsichtlich der rechten hinteren Ecke, möglicherweise auch noch außerhalb der vom Sachverständigen M....... untersuchten Probegrabungen: Nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Klägers in seinem nachgelassenen Schriftsatz vom 16.2.2004 mag die gesamte hintere Schmalseite der Garage betroffen sein. Aber auch dann wäre nur ein kleinerer Teil der Garagenfundamente betroffen. Ob insoweit eine Gründung in gewachsenem oder aufgefülltem Boden erfolgte, ist bei der Bauaufsicht auch nicht ohne weiteres leicht ohne nähere Nachprüfung zu erkennen, zumal wenn die Gründung weit überwiegend einwandfrei ist. Es kommt hinzu, dass der Gründungsmangel an Teilen der Garage des Klägers für sich allein nicht einen derart gravierenden Mangel darstellt, wie es zunächst angesichts der schwerwiegenden Rissbildungen den Anschein hatte. Maßgeblich zu dem heute erkennbaren Schadensbild hat nämlich nach den Feststellungen des Sachverständigen M....... die ebenfalls fehlerhafte Gründung der unmittelbar angrenzenden Garage auf dem Nachbargrundstück beigetragen, deren Absacken die Garage des Klägers gleichsam "mitriss".

3. Dem Beklagten ist es nicht gemäß § 249 Satz 1 BGB verwehrt, sich auf Verjährung zu berufen. Der Kläger hat keinen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung wegen der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht des Beklagten, die Mangelursachen aufzuklären und den Kläger über die Ansprüche gegen sich - den Beklagten - aufzuklären (sog. "Sekundärhaftung"). Der Beklagte hat eine entsprechende Nebenpflicht nicht verletzt, zumindest ist ein eventl. Anspruch des Klägers seinerseits verjährt.

Der Architekt schuldet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Sachwalter des Bauherrn die unverzügliche und umfassende Aufklärung der Ursachen sichtbar gewordener Baumängel sowie die sachkundige Unterrichtung des Bauherrn vom Ergebnis der Untersuchung und von der daraus sich ergebenden Rechtslage (BGH BauR 2002, 1718 = NJW-RR 2002, 1531 m. w. Nachw.). Verletzt der Architekt diese Pflicht, so steht dem Auftraggeber ein Schadensersatzanspruch gegen den Architekten dahin zu, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche als nicht eingetreten gilt. Der Architekt muss dann nach wie vor für die auf Fehlern seines Architektenwerks beruhenden Schäden einstehen, ohne sich auf Verjährung berufen zu dürfen (BGH BauR 1986, 112).

Eine Anwendung dieser Grundsätze kommt hier deshalb in Betracht, weil der Beklagte nach der unter Beweisantritt vorgetragenen Behauptung des Klägers mit Schreiben vom 15.10.1978 (Bl. 115 GA) auf erste Rissbildungen hingewiesen worden sein soll, woraufhin der Beklagte die Risse als bloße Setzrisse bezeichnet haben soll. Dies wäre nach Abnahme des Bauwerks und vor Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist für die Ansprüche gegen den Bauunternehmer geschehen. Aber auch wenn man diesen streitigen Sachvortrag des Klägers als richtig unterstellt, besteht ein unverjährter Anspruch des Klägers aus positiver Vertragsverletzung nicht.

a) Auch der erkennende Senat geht davon aus, dass der mit der Bauaufsicht beauftragte Architekt verpflichtet ist, die Mangelfreiheit des Baus zu überwachen, die Ursachen erkennbar gewordener Baumängel aufzuklären und den Bauherrn entsprechend zu unterrichten. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Nebenpflicht, sondern um die Hauptpflicht aus dem Architektenvertrag (LG Deggendorf BauR 2002, 339). Die Bauüberwachung, wie sie § 15 HOAI für die Leistungsphase 8 umschreibt, ist nichts anderes als die beständige Überprüfung des Bauwerks auf die Übereinstimmung mit den Planvorgaben und den Regeln der Technik. Erst recht gilt dies, wenn - wie hier - auch die Objektbetreuung (Leistungsphase 9) mit beauftragt ist. Hier ist die Mängelfeststellung auch im Zeitraum nach Abnahme ausdrücklich Gegenstand der Hauptleistungspflicht. Ansprüche gegen den Architekten, der dieser Pflicht fehlerhaft nachkommt, können sich daher nur aus § 635 BGB mit der Verjährungsfrist des § 638 BGB ergeben und nicht aus positiver Vertragsverletzung. Die Konstruktion einer daneben bestehenden vertraglichen Nebenpflicht ist nach Auffassung des Senats gekünstelt und dient nur dazu, das Tor zur 30jährigen Verjährung des § 195 BGB zu öffnen.

Eine derartige Ausdehnung der Haftung des Architekten hält der Senat angesichts der gesetzgeberischen Absicht, mit § 638 BGB die Haftung des Werkunternehmers zeitlich zu begrenzen, für nicht gerechtfertigt. Erst recht gilt dies mit Blick auf die Neufassung des werkvertraglichen Verjährungsrechts, wie sie seit dem 1.1.2002 gilt, auch wenn diese Vorschriften im vorliegenden Fall noch nicht anwendbar sind. Zum einen war die Abschaffung der dreißigjährigen Verjährungsfrist ein Hauptanliegen des Gesetzgebers. Zum anderen sind jetzt die Überwachungsleistungen des Architekten in § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB n. F. ausdrücklich genannt und der fünfjährigen Verjährungsfrist unterworfen. Darin zeigt sich, dass Fehler bei der vertraglich geschuldeten Überwachung als ein mangelhaftes Werk des Architekten und nicht - zugleich - als die Verletzung irgendwie gearteter Nebenpflichten anzusehen sind. Der Gesetzgeber wollte ausdrücklich die zeitliche Beschränkung der Haftung der Bauunternehmer einerseits und der Architekten andererseits möglichst gleich behandeln, um zu verhindern, dass der Architekt unter Entlastung der übrigen am Bau Beteiligten einseitig als derjenige in Anspruch genommen wird, gegen den die Ansprüche noch nicht verjährt sind (vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf, BT-Drs. 14/6857, S. 36, und die Gegenäußerung der Bundesregierung hierzu, BT-Drs. 14/6857, S. 67).

b) Aber auch wenn man für möglich halten wollte, dass der Beklagte mit seiner Reaktion auf das Schreiben vom 15.10.1978 zugleich eine Nebenpflicht aus dem Architektenvertrag verletzt haben sollte, so wäre ein sich daraus ergebender Anspruch jedenfalls verjährt.

aa) Nicht zweifelhaft kann sein, dass auch ein derartiger Anspruch überhaupt der Verjährung unterliegt. Soweit einige Äußerungen in der Literatur dahin verstanden werden könnten, dass der Anspruch des Auftraggebers zeitlich uneingeschränkt der Verjährungseinrede des Architekten entgegengehalten werden kann (vgl. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 2000, S. 560, Randnr. 176), verstößt dies gegen § 194 Abs. 1 BGB. Danach unterliegt jeder Anspruch der Verjährung. Eine diesem allgemeinen Grundsatz vorgehende spezielle gesetzliche Regelung ist hier nicht ersichtlich.

bb) Ein derartiger Anspruch aus positiver Vertragsverletzung unterliegt auch der fünfjährigen Verjährungsfrist in entsprechender Anwendung des § 638 Abs. 1 BGB (LG Deggendorf BauR 2002, 339, 341 f.). Das folgt aus der engen Verbindung der Nebenpflicht zu den Hauptpflichten bei der "eigentlichen" Bauüberwachung und Objektbetreuung, die ohnehin - wie dargelegt - kaum voneinander zu unterscheiden sind.

Offen bleiben kann, wann genau diese fünfjährige Frist zu laufen beginnt. Der späteste denkbare Verjährungsbeginn wäre - wie bei der Sekundärhaftung rechtlicher Berater - mit dem Eintritt der Primärverjährung anzunehmen. In diesem Zeitpunkt entsteht nämlich der Schadensersatzanspruch des Auftraggebers wegen der unzureichenden Aufklärung durch den Architekten. Damit hätte die Verjährung eines derartigen Anspruchs nach den vorstehenden Ausführungen spätestens im Jahre 1986 begonnen; sie wäre im Jahre 1991 eingetreten, also weit vor der Erhebung der Klage im Jahre 1999.

cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der weiteren Behauptung des Klägers, im Jahre 1986 habe der Beklagte nach einem wiederholten Hinweis des Klägers auf den Riss seine Pflichtverletzung wiederholt. Ein abweichendes Ergebnis kann hieraus nicht folgen.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision erfolgt gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 20.000,-- ?.

RechtsgebieteBGB a.F., ZPOVorschriftenBGB a.F. §§ 195, 635, 638; ZPO § 304

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr