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25.02.2003 · IWW-Abrufnummer 030352

Arbeitsgericht Dortmund: Urteil vom 04.07.2002 – 6 Ca 306/02

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Geschäfts-Nr.: 6 Ca 306/02
Verkündet am: 04.07.2002

16 Sa 1529/02 = LAG Hamm

Arbeitsgericht Dortmund

Im Namen des Volkes

Urteil

hat die 6. Kammer des Arbeitsgerichts Dortmund
auf mündliche Verhandlung vom 04.07.2002
durch den Richter am Arbeitsgericht ... als Vorsitzenden
sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ...

für Recht erkannt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 27.12.2001 nicht aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu den bisherigen Bedingungen als Abteilungsärztin der ... in ... weiter zu beschäftigen.

3. Der Auflösungsantrag wird zurückgewiesen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

5. Der Streitwert wird auf 95.867,23 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses.

Die 49jährige, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Klägerin steht aufgrund des Arbeitsvertrages vom 31.08.1999 seit dem 01.02.2000 als Abteilungsärztin der Frauenklinik ..., das von der Beklagten getragen wird, in einem Arbeitsverhältnis.

In § 2 des Anstellungsvertrages heißt es unter ?Stellung und dienstliche Aufgaben? wie folgt:

?(1)Stellung des Arztes

1. Dem Arzt obliegt die Führung und fachliche Leitung seiner Abteilung. Er ist in seiner ärztlichen Tätigkeit grundsätzlich unabhängig. Die Beachtung wirtschaftlicher Zwänge und Notwendigkeiten bleibt davon unberührt. Er hat dabei die Lehren und Grundsätze der katholischen Kirche zu beachten und auch sein außerdienstliches Verhalten danach auszurichten. Er hat den christlichen Geist des Krankenhauses mit zu prägen und seinen Dienst zur Wahrnehmung der leiblichen und seelischen Belange der Patienten auszuüben. Das verlangt auch die regelmäßige und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Pflegedienst, der Seelsorge und dem Sozialdienst.

2. Der Arzt untersteht der Dienstaufsicht der Geschäftsführung. Er hat die Anordnungen des vom Träger bestellten Gremiums zu beachten und für deren Durchführung zu sorgen. Er ist in seiner Tätigkeit durch den vom Träger festgelegten Leistungsumfang und das vorgesehene Budget begrenzt.

3. Der Arzt ist verpflichtet, mit dem Träger, seinen Beauftragten und allen im Krankenhaus Tätigen zusammenzuarbeiten, damit die Leistungsfähigkeit und das Ansehen des Krankenhauses gefördert werden.

4. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Arzt und/oder anderen Abteilungs- und Belegärzten entscheidet in ärztlichorganisatorischen Fragen der Leitende Arzt des Krankenhauses, ansonsten die Geschäftsführung. Diese entscheidet auch, wenn der Leitende Arzt an der Meinungsverschiedenheit beteiligt ist oder keine Entscheidung trifft, ferner bei Meinungsverschiedenheiten mit dem Leiter des Wirtschafts- und Verwaltungsdienstes oder der leitenden Pflegekraft.

(2) Behandlung der Patienten

1. Der Arzt ist für die medizinische Versorgung der Kranken in seiner Abteilung verantwortlich. Er hat alle ärztlichen Tätigkeiten nach Maßgabe der vom Träger bestimmten Aufgabenstellung und Zielsetzung des Krankenhauses und seiner Abteilung zu besorgen. Dabei hat er den jeweils neuesten Stand der gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu beachten.

...

(3) Organisation, Verwaltung und Wirtschaftlichkeitsgebot

1. Der Arzt ist innerhalb seines ärztlichen Aufgabenbereiches für den geordneten und wirtschaftlich geführten Dienstbetrieb seiner Abteilung verantwortlich und hat ihn abzustimmen mit den anderen Diensten des Krankenhauses. Er hat die Bereitschaftsdienste und Rufbereitschaftsdienste entsprechend den Regelungen der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) sicherzustellen. Bei zwingender Notwendigkeit hat sich der Arzt an den Bereitschaftsdiensten und Rufbereitschaftsdiensten zu beteiligen.

...

5. Der Arzt ist zu zweckmäßiger, wirtschaftlicher Behandlung im Rahmen des ärztlich Notwendigen und der Aufgabenstellung des Krankenhauses und seiner Abteilung verpflichtet. Er ist auch für die sparsame Verwendung der zur Verfügung stehenden Mittel durch die Ärzte seiner Abteilung verantwortlich. Sofern Kostenstellen budgetiert sind, ist er Kostenstellenverantwortlicher für seine Bereiche. Dabei hat er die Richtlinien der Arzneimittelkommission des Krankenhauses einzuhalten. Die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die wesentliche Mehrkosten verursachen, bedürfen der vorherigen Zustimmung der Geschäftsführung.

...?

Grundlage des Anstellungsvertrages ist auch die Dienstanweisung für Abteilungsärzte des ... vom 31.08.1999, deren Kenntnisnahme die Klägerin am 03.09.1999 schriftlich bestätigt hat. In dieser heißt es auszugsweise in I Ziffer 5:

?Die Verantwortung des Abteilungsarztes für die wirtschaftliche Führung der Abteilung erfordert es, folgendes zu berücksichtigen:

Das vom Träger festgesetzte Budget bildet den Rahmen für die finanzielle Leistungsfähigkeit des Krankenhauses. Daher sind alle ärztlichen Maßnahmen, die Kosten verursachen, an dem für die Abteilung gebildeten Teilbudget zu orientieren. Die Einhaltung des Kostenrahmens hat der Abteilungsarzt auf der Basis der von der Geschäftsführung zur Verfügung gestellten Unterlagen laufend zu kontrollieren. Bei bevorstehenden wesentlichen Abweichungen sowie bei Änderungen der Therapie und Diagnostik, die sich kostenmäßig wesentlich auswirken, hat der Abteilungsarzt vor Einführung die Entscheidung der Geschäftsführung einzuholen. Insbesondere hat er seine ärztlichen Mitarbeiter zu wirtschaftlicher Verordnungsweise anzuhalten und deren konkretes Verhalten zu überwachen.

...?

Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben hat die Beklagte für das ... Ende des Jahres 2000/Anfang des Jahres 2001 mit Vertretern der Krankenkassen über das Gesamtbudget des Krankenhauses verhandelt. Zuvor war die Klägerin im Herbst 2000 nach Aufnahme ihrer Tätigkeit gebeten worden, eine Vorkalkulation/Vorschau für das Jahr 2001 zu geben. Dies betraf insbesondere die Fallpauschalen und die Sonderentgelte. Dem kam die Klägerin mit Schreiben vom 11.09.2000 nach und listete in einer Tabelle die erwarteten Behandlungszahlen auf (Kopie in den Akten Bl. 266 und 267). Dies geschah in Absprache mit dem damaligen Oberarzt, Herrn Dr. ...,der in der Frauenklinik des ... unter dem Vorgänger der Klägerin seit etwa 20 Jahren tätig war.

Am 19.01.2001 fanden die Pflegesatzverhandlungen mit den Vertretern der Krankenkassen statt, und es wurde ein Gesamtbudget für das ... festgelegt. Darauf basierend erfolgte durch die Geschäftsführung die Aufteilung für die einzelnen Fachabteilungen für die

- Fallzahlen
- durchschnittliche Verweildauer
- vereinbarte Menge für Fallpauschalen und Sonderentgelte.

Das Einzelergebnis für die gynäkologische Abteilung wurde der Klägerin mit Schreiben vom 07.02.2001 mitgeteilt. Danach ergab sich Folgendes:

?Fallzahl: 4.600

Pflegetage: 22.540
Verweildauer: 4,90
Erlösbudget insgesamt: 12.419.336 DM
davon Fallpauschalen: 6.753.449 DM
davon Sonderentgelte: 435.774 DM

Das Budget der Frauenklinik macht dabei insgesamt 8 % des Gesamtbudgets aus.

Im Laufe des Jahres 2000 gab es ? im Einzelnen streitige ? Gespräche zwischen der Klägerin und der von der Beklagten beauftragten Fachabteilung über das Budget und die Entwicklung. Denn im Laufe des Jahres kam es zu Abweichungen der gynäkologischen Klinik von der Budgeterwartung.

Nach einem Kritikgespräch im Herbst des Jahres 2001 zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer ... der Beklagten mahnte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 11.10.2001 mit folgendem Schreiben ab:

?Nichteinhaltung der internen Budgets und der Kosten des medizinischen Bedarfs in der gynäkologischen/geburtshilflichen Abteilung

Sehr geehrte Frau Dr. ...,

Sie sind seit 01.02.2000 Chefärztin unserer Klinik für Fachheilkunde und Geburtshilfe. In dieser Eigenschaft obliegt Ihnen nach § 2 Abs.3 Ziffern 1 und 5 Ihres Dienstvertrages vom 31.08.1999 sowie nach Ziffer I.5 der Dienstanweisung vom 03.09.1999 die Pflicht, die Budgetvorgaben einzuhalten. Diese Verpflichtung haben Sie trotz mehrfacher Kritikgespräche des Unterzeichners mit Ihnen in der Vergangenheit bislang sträflich vernachlässigt. Dazu im Einzelnen:

1. Nichteinhaltung der externen Budgets

Vor Beginn eines jeden Jahres vereinbarte das Krankenhaus mit den Kostenträgern (Krankenkassen) den Leistungsumfang der einzelnen Fachabteilung und damit auch der gesamten Klinik. Für die gynäkologisch/geburtshilfliche Abteilung wurde, wie Ihnen im Einzelnen bekannt ist, für das Jahre 2001 vereinbart, dass 4.600 Patienten mit einem Berechnungstagevolumen von insgesamt 22.540 behandelt werden sollen. Daraus ergibt sich eine Verweildauer für 2001 von 4,90 Tagen je Patient.

Die genannten Werte teilen sich wie folgt auf:

Für den Bereich der Fallpauschalen wurde mit den Krankenkassen für die Gynäkologie/Geburtshilfe für das Jahr 2001 bei 1.740 Fällen (Patienten) 11.899 Berechnungstage und für den Bereich des Restbudgets bei 2.860 Fällen 10.641 Berechnungstage vereinbart.

Die tatsächliche Leistungsentwicklung im Bereich der Gynäkologie/Geburtshilfe, basierend auf den Werten der Monate Januar bis August 2001, die für das laufende Jahr hochgerechnet sind, stellt sich wie folgt dar:

- Im Bereich Fallpauschalen werden 146 Patienten weniger behandelt. Dies wird unter Einschluß der rückläufigen Entwicklung bei den Sonderentgelten zu Mindererlösen gegenüber dem vereinbarten Budget in Höhe von rd. 266 TDM führen.

- Im Bereich Restbudget werden bei 520 zusätzlich zu behandelnden Patienten rd. 3.746 Berechnungstage zusätzlich erbracht. Dies führt zwar zu Mehrerlösen von rd. 1,275 Mio. DM, die aber nach den Vorschriften der Bundespflegesatzversorgung wegen Abweichung von dem vereinbarten Budget in Höhe von rd. 1,139 Mio. DM an die Krankenkassen zurückzuerstatten sind.

Es braucht nicht näher ausgeführt zu werden, dass das durch ihre unverantwortliche Handlungsweise eintretende Defizit die Existenz des Krankenhauses und seine finanzielle Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt wird. Wir sind nicht gewillt, das länger hinzunehmen.

Wir haben Sie deshalb hiermit erneut und letztmalig aufzufordern, ab sofort dafür Sorge zu tragen, dass die Budgetüberschreitungen bis zum Jahresende drastisch reduziert werden, insbesondere ab sofort die Verweildauer für die Behandlungen soweit wie möglich zu reduzieren, Patientenaufnahmen an den Budgetvorhaben orientieren, das vorstationäre Behandeln und das ambulante Operieren in Ihrer Klinik gezielt einzuführen. Sollte eine nachhaltige Besserung der Situation nicht bis zum Jahresende 2001 eingetreten sein, ist der Bestand oder der Inhalt ihres Dienstverhältnisses gefährdet. Darüber hinaus behalten wir uns vor, Sie wegen der von Ihnen verursachten Defizite in Regress zu nehmen.

2. Kostenentwicklung medizinischer Bedarf

Auch im Bereich des medizinischen Bedarfs Ihrer Fachabteilung haben Sie die Budgetvorgaben erheblich überschritten. Dies gilt bereits für das Jahr 2000. In diesem Jahre (2000) war bereits eine Kostensteigerung allen bei den Arzneimitteln im Vergleich zum Vorjahr (1999) von 24,6 % zu verzeichnen. Diese Entwicklung hat sich im Jahre 2001 noch verstärkt fortgesetzt. Bei den Arzneimitteln kam es alleine im Zeitraum Januar bis August 2001 bei einem Budget in Höhe von 321.599,00 DM zu einer Budgetüberschreitung von 195.952,00 DM, dies entspricht 60,9 %.

Für den gesamten medizinischen Bedarf der gynäkologischen/geburtshilflichen Abteilung beträgt das Budget für die ersten 8 Monate des Jahres 2000 796.709,00 DM. Tatsächlich verbraucht wurden in diesen ersten 8 Monaten aber bereits 1.077.590,00 DM. Das entspricht einer Abweichung vom Budget in Höhe von 35,3 %.Auch in diesem Bereich sind die von Ihnen zu verantwortenden Budgetüberschreitungen nicht länger hinnehmbar. Wir haben Sie deshalb auch insoweit aufzufordern, die Überschreitungen bis zum Jahresende drastisch zu reduzieren und mir bis zum 31. Oktober 2001 einen Plan über gezielte Einsparungsmaßnahmen vorzulegen. Sollte Letzteres nicht oder nicht fristgerecht geschehen oder sollte bis Ende diesen Jahres eine drastische Kostenreduzierung in Ihrem Bereich nicht erreicht worden sein, ist auch aus diesem Grund der Bestand oder der Inhalt Ihres Dienstverhältnisses gefährdet. Außerdem bleiben Regressansprüche vorbehalten.

Mit freundlichen Grüßen

Geschäftsführer?

Hierauf reagierte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 14.11.2001 schriftlich und wies die Vorwürfe zurück. Hinsichtlich der Einzelheiten des Schreibens wird auf die Kopie in den Akten Bl.106 ff verwiesen.

Die Beklagte wiederum antwortete mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 07.12.2001, in dem die Vorwürfe aufrecht erhalten wurde. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf die Kopie in den Akten Bl. 112 ff verwiesen.

Nach der Ausgleichsberechnung der Beklagten für die gynäkologische Abteilung für das Jahr 2001 wurden im Jahr 2001 im Bereich des Restbudgets statt prognostizierter 2860 3209 Patienten behandelt, also 349 mehr. Im Bereich der Sonderentgelte wurden statt 197 lediglich 149 Patienten, also 48 Patienten weniger, behandelt. Im Bereich der Fallpauschalen wurden statt 1740 1620 Patienten behandelt. Hieraus errechnet die Beklagte eine Ausgleichszahlung an die Sozialversicherungsträger in Höhe von 808.820,-- EUR, die sie von der Klägerin im Wege des Schadenersatzes außergerichtlich verlangt. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Ausgleichsberechnung 2001, Bl. 396 und 398 sowie auf das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 27.06.2002 (Bl. 397 d. A.) verwiesen.

Mit Schreiben vom 12.10.2001 erhielt die Klägerin von der Beklagten eine weitere Abmahnung mit der Überschrift ?Patientenbeschwerden?. In dieser Abmahnung wird der Klägerin vorgeworfen, dass sich seit Anfang des Jahres 2001 die schriftlichen Beschwerden von Patientinnen der gynäkologischen Abteilungen gehäuft hätten. Die Beschwerdegründe seien ganz unterschiedlicher Art, beträfen aber stets den Verantwortungsbereich der Klägerin. Die ungewöhnlich hohe Zahl von Beschwerden in nur acht Monaten dokumentiere, dass die Klägerin ihren dienstvertraglichen Verpflichtungen nicht mit der gebotenen Sorgfalt nachkomme. Für den Fall, dass sich derartige Beschwerde wiederholten, seien Bestand und Inhalt des Dienstverhältnisses gefährdet. Wegen des Inhalts der Schreiben wird auf die Kopie in den Akten Bl. 119 ff., verwiesen. Hierauf reagierte Klägerin mit Schreiben vom 07.11.2001 durch ihren Prozessbevollmächtigten und ließ darauf hinweisen, dass die gegen die Klägerin erhoben Vorwürfe gegenstandlos seien.

Nach der Abmahnung wandte sich die Patientin ... mit Schreiben vom 20.11.2001 an die Geschäftsführung des ... und beschwerte sich darüber, dass ihr von der Klägerin am 20.11 2001 nach einer Voruntersuchung mitgeteilt worden sei, dass die bei ihr erforderliche Operation ambulant durchgeführt werden soll und sie nach dem operativen Eingriff bis zur Entlassung die Zeit in einem Mehrbettzimmer mit fünf weiteren Patienten verbringen solle. Dies habe sie abgelehnt, da nach ihrem Versicherungsschutz ihr ein Einbettzimmer zustehe. Hätte sie vor dem persönlichen Gespräch mit der Ärztin von den Verwaltungsschwierigkeiten bezüglich der Wahl des Patientenzimmers erfahren, wäre sie mit Sicherheit nicht Patientin des ... geworden. Da die Patientin ... die Unterbringung im Mehrbettzimmer bei einer ambulanten Operation ablehnte, wurde der Eingriff stationär vorgenommen. In dem beim ... üblichen Bewertungsbogen (Bl.346 f.d. GA) bewertete die Patientin ihren Aufenthalt im ... mit durchweg als gut und antwortete auf die Frage, ob sie sich in diesem Haus weiter behandeln lassen solle mit ?eher ja?.

Im Jahre 2002 beschwerte sich am 18.02.2002 ... über Abläufe im Zusammenhang mit der Entbindung/Schwangerschaft seiner Ehefrau (Bl. 142 d. GA).

Mit weiteren Schreiben vom 12.10.2001, das ?Onkologische Therapien? überschrieben ist, monierte die Beklagte gegenüber der Klägerin die mangelnde Zusammenarbeit der Klägerin mit den im Haus tätigen Onkologen. Im Einstellungsgespräch habe Einvernehmen bestanden, dass im onkologischen Bereich eine gute Zusammenarbeit mit der im Haus befindlichen Hauptfachabteilung für Onkologie/Hämatologie und den niedergelassenen Onkologen in ... erfolgen solle. Es sei Einverständnis darüber erzielt worden, eine Ermächtigungsambulanz für die Onkologie zu beantragen. Dennoch sei die Klägerin im gesamten Jahr 2000 in keinerlei Hinsicht in dieser Sache tätig geworden, obwohl die Kosten für die Therapie onkologischer Patienten erheblich gestiegen sei und im Zusammenhang mit der onkologischen Therapie erhebliche organisatorische Probleme aufgetreten seien. Dies sei ihr im Januar 2001 verdeutlicht worden. Dennoch habe es keine Initiative gegeben. Diese Untätigkeit sei man nicht gewillt, länger hinzunehmen. Die Klägerin wurde dringend gebeten, bis spätestens 31.10.2001 mit dem Chefarzt der onkologischen Abteilung und unter anderem einem niedergelassenen Onkologen in Verbindung zu treten und sich über entsprechende onkologische Therapien sowie der Beantragung einer Ermächtigungsambulanz abzustimmen und den Antrag bis spätestens 10.11.2001 zu stellen. Weiter wurde sie aufgefordert, bis zum 31.10.2001 ein eindeutiges Konzept für die Behandlung onkologischer Patienten vorzulegen. Für den Fall der Nichtbeachtung der Anordnung seien Bestand oder Inhalt des Dienstverhältnisses auch aus diesem Grund gefährdet.

Am 15.10.2001 beantragte die Klägerin eine Institutsermächtigung und hilfsweise die persönliche Ermächtigung bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe. Dieser Antrag wurde später abgelehnt. Die persönliche Ermächtigung wurde ebenfalls später in Aussicht gestellt für den Fall einer Verzichtserklärung im Hinblick auf gynäkologische Behandlungsfälle durch den Abteilungsarzt für die Onkologie. Mit Schreiben vom 28.11.2001 mahnt die Beklagte die Vorlage eines eindeutigen Konzepts für die Behandlung onkologischer Patientinnen an setze eine Nachtfrist bis zum 07.12.2001. Am 29.11.2001 nahmen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu dem Schreiben vom 12.11.2001 betreffend die onkologischen Therapien Stellung (Bl.130 ff d. GA). Unter dem 06.12.2001 teilte die Klägerin dem Geschäftsführer der Beklagten mit, dass die onkologischen Therapien in der Frauenklinik sich nach der Therapieempfehlungen der nationalen und internationalen onkologischen Konsensuskonferenz (beim Mamma-Carcinom z. B. St. Gallener-Konferenz 2001) sowie den klinikinternen Leitlinienordner für gynäkologische Karzinome (wird fortlaufend aktualisiert) richteten (vgl. Bl. 152 d. GA.) Unter dem 21.12.2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Angaben in keiner Weise ausreichten und bat um Vorlage der Therapieempfehlungen sowie des klinikinternen Leitbildmaterials (Bl. 153 f. d. GA). Dieses Schreiben erhielt die Klägerin am 08.01.2002.

Kurz nach Aufnahme der Tätigkeit der Klägerin bei der Beklagten kam es zu Differenzen zwischen der Klägerin und ihrem Stellvertreter dem Oberarzt ... und der Oberärztin, ... die beide das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2001 kündigten. Zum 01.10.2000 wurde als Oberarzt Dr. ...eingestellt und auf Anregung der Klägerin zum 01.04.2001 zum leitenden ... Oberarzt und damit zum Vertreter der Klägerin ernannt. Zwischen der Klägerin und Herrn Dr. ... kam es im Jahre 2001 zu Unstimmigkeiten, deren Ursache zwischen den Parteien streitig ist.

Am 05.12.2001 beschloss der Verwaltungsrat der Beklagten unter anderem die Chefärzte zu Leitenden Mitarbeitern im Sinne der Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) zu ernennen. Am 13.12.2001 teilte die Mitarbeitervertretung mit, dass sie gegen die Ernennung der Leitenden Mitarbeiter, unter anderem der Chefärzte, keine Einwände erheben. Mit Schreiben vom 21.12.2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 4 der MAVO zur Leitenden Mitarbeiterin ernannt werde.

Mit Schreiben vom 27.12.2001 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 30.06.2002. Hiergegen richtet sich die bei Gericht am 14.01.2002 eingegangene Kündigungsschutzklage.

Nach dem Gütetermin am 15.04.2002 wurde in der örtlichen Presse über den Termin beim Arbeitsgericht berichtet. In den Ruhrnachrichten vom 16.04.2002 wurde unter anderem ausgeführt:

?Im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht goss die Medizinerin gestern mit neuen Anschuldigen gegen die Klinik weiteres Öl ins Feuer. Der Vorwurf: Um Kosten zu sparen, habe die Krankenhausleitung die Chefärztin dazu gedrängt, Patienten abzuweisen und nicht zu behandeln?.

In dem Radiosender 91,2 wurde am 15.04.2002 berichtet:

?Mit neuen Vorwürfen gegen das ... hat die Chefärztin Dr. ... den Kündigungsrechtsstreit mit der Klinik weiter angeheizt. Vor dem Arbeitsgericht warf die Medizinern der Krankenhausleitung vor, sie sei angehalten worden, Patienten abzuweisen, um das Budget einzuhalten. Das Hospital wies die Anschuldigungen als falsch zurück.?

Der Kündigungsrechtsstreit war auch Inhalt mehrerer Leserbriefe in der örtlichen Presse. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Kopie in den Akten, Bl. 162, verwiesen.

Mit Schreiben vom 29.04.2002 wurde die Klägerin gebeten, ihren Jahresurlaub für das Jahr 2002 in die Kündigungsfrist bis zum 30.06.2002 zu legen. Es wurde vorgeschlagen, dass sie ihren Jahresurlaub in der Zeit vom 10.06.2002 bis zum 30.06.2002 nimmt. Mit Schreiben vom 08.05.2002 teilte die Klägerin mit, dass ihr dies nicht möglich sei. Daraufhin ordnete die Beklagte mit Schreiben vom 22.05.2001 an, dass der Urlaub in der Zeit vom 10.06.2002 bis zum 30.06.2002 zu nehmen sei. Hiergegen richtete sich der bei Gericht am 31.05.2002 eingegangene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Ziel, die Klägerin bis zum 30.06.2002 weiter zu beschäftigen. In diesem Verfahren 9 Ga 43/02 legte die Klägerin eine eidesstattliche Versicherung vom 11.06.2002 vor, in der sie erklärt, mit ihrem Ehemann den Urlaub für den Zeitraum vom 22.07.2002 bis zum 10.08.2002 geplant zu haben, was wegen der Urlaubsplanung ihres Ehemannes nicht mehr rückgängig gemacht werden könne. Hinsichtlich der Einzelheiten der eidesstattlichen Versicherung wird auf die Kopie in den Akten Bl. 410 verwiesen. Das einstweilige Verfügungsverfahren endete aufgrund eines am 12.06.2002 geschlossenen gerichtlichen Vergleichs.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die von der Beklagten angesprochenen Budgetabweichungen könnten die Kündigung nicht begründen. Aufgrund der erst kurzen Tätigkeit im Jahre 2000 sei die Budgetplanung, die im Übrigen auch in Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Oberarzt gemacht worden sei, auf unsicheren Grundlagen begründet worden. Sie behauptet, die Verhältnisse seien in der ohnehin nur kurzen Dienstzeit der Klägerin im Jahre 2000 irregulär gewesen. Aufgrund von Umbaumaßnahmen sei Bettenzahl stark reduziert worden. Im Übrigen habe nur ein kurzer Erfahrungszeitraum zur Verfügung gestanden. Es sei auch nicht voraussehbar gewesen, wie sich der Wechsel in der Chefarztstelle auswirken werde, zumal die Klägerin eine Schwerpunktbildung im Bereich der Mamma-Carcinom-Behandlung vornehmen sollte. Diese Unsicherheitsgesichtspunkte hätten weder für die Klägerin noch für die Geschäftsleitung das Budget planbar gemacht. Deswegen habe auch die Beklagte die tatsächliche Entwicklung abwarten wollen und die Ergebnisse des Jahres 2001 für die Pflegesatzverhandlungen des Jahres 2002 zugrunde legen wollen. Im Übrigen seien nicht nur in der Frauenklinik Abweichungen aufgetreten. Vielmehr seien in allen Bereichen Differenzen zur Budgetplanung aufgetreten. Deswegen sei die Entwicklung in anderen Abteilungen auch nicht budgetnäher verlaufen als in der Frauenklinik. Der Beklagten sei auch kein Schaden entstanden. Vielmehr habe die Frauenklinik mit Gewinn gearbeitet. Daher könne von entstandenen Verlusten keine Rede sein. Dass die Geburtenzahlen gesunken seien im Jahre 2001, läge nicht im Verantwortungsbereich der Klägerin. Ein Geburtenrückgang lasse sich im gesamten geographischen Bereich feststellen, wobei die Geburtenrückgänge im ... sogar unterdurchschnittlich seien.

Auch auf die ?Patientenbeschwerden? könne die Beklagte die Kündigung nicht stützen. Es gebe weder viele mündliche noch anonym vorgetragene Beschwerden. Es könne auch keine Rede davon sein, dass ungewöhnlich häufige schriftliche Beschwerden vorlägen. Die Beschwerden seien im Einzelnen aber auch nicht stichhaltig. Bezogen auf die Fallzahlen stellten die Patientenbeschwerden lediglich einen gering verschwindenden Teil der Behandlungen dar, die in der Frauenklinik durchgeführt worden seien.

Hinsichtlich der ?onkologischen Therapien? sei schon nicht nachvollziehbar, was der Klägerin genau vorgeworfen werde. Insbesondere könnten der Klägerin in diesem Zusammenhang keine Pflichtverletzungen vorgeworfen werden. Nach dem Abmahnungsschreiben vom 15.10.2001 habe die Klägerin unverzüglich reagiert. Auch der Bitte um ein ?Konzept für die Behandlung onkologischer Patienten? sei die Klägerin mit Schreiben vom 06.12.2001 nachgekommen. Was die Klägerin aufgrund des Schreibens vom 21.12.2001 bis zum Zugang der Kündigung hätte tun können, sei unklar. Dieses Schreiben habe sie ja erst nach der Kündigung erhalten.

Schließlich könne die Kündigung auch nicht mit ?Auseinandersetzungen mit Ärzten? begründet werden. Denn Differenzen zwischen dem Oberarzt Dr. ... und der Klägerin sowie der Oberärztin ... hätten konkrete sachliche Gründe, die mit der Person oder dem Verhalten der Klägerin nichts zu tun hatten, zugrunde gelegen. Mit anderen Abteilungsärzten habe es keine Differenzen gegeben. Die Auseinandersetzungen mit dem Leitenden Oberarzt Dr. ... beruhten darauf, so behauptet die Klägerin, dass dieser entgegen dem Hinweis der Klägerin und der Notwendigkeit für einen Hintergrunddienst als Leitender Oberarzt im Sinne einer Chefarztvertretung es abgelehnt habe, seinen Wohnsitz am Ort des St.-Johannes-Hospital in Dortmund zu nehmen. Dies habe erforderliche Hintergrunddienste problematisch, wenn nicht unmöglich, gemacht. Herr Dr. ... sei auch nicht von ihr strafversetzt worden. Aufgrund seines Arbeitsvertrages als Leitender Oberarzt habe er das gesamte Spektrum der Klinik seiner Tätigkeit abzudecken. Daher habe auch Tätigkeiten und Verantwortung im Hinblick auf den Kreissaal und die Wochenbettstation übernehmen müssen wie andere Ärzte. Schließlich sei die Kündigung auch deswegen unwirksam, weil die Mitarbeitervertretung zur Kündigung nicht angehört worden ist. Eine solche Anhörung sei auch nicht entbehrlich. Denn die Klägerin könne nicht als Leitende Angestellte angesehen werden.

Sie beantragt

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 27.12.2001 nicht aufgelöst worden ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, sie zu den bisherigen Bedingungen als Abteilungsärztin der Frauenklinik des ... in ... über den Ablauf der Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2002 gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Die Klägerin habe die ihr nach dem Dienstvertrag obliegenden Verpflichtungen in ungewöhnlicher und selbstherrlicher Weise missachtet und dabei dem Krankenhaus erheblichen Schaden zugefügt.

Aufgrund des Arbeitsvertrages sei die Klägerin verpflichtet, das vom Träger festgesetzte Budget einzuhalten. Hiergegen habe die Klägerin trotz wiederholter Ermahnungen und trotz förmlicher Abmahnung selbstherrlich und gröblich verstoßen. Bei der Einstellung habe man sich mit der Klägerin darauf verständigt, dass sie als Chefärztin der Frauenklinik fünf Schwerpunkte anzustreben habe, nämlich

- Tumor- einschließlich Mama-Chirurgie

- Minimalinvasive Chirurgie

- Chirurgie der Inkontinzenzbeschwerden

- Geburtshilfe

- ambulantes Operieren.

Daneben habe sie ein Konzept für fachübergreifende Therapie, insbesondere bei Tumorbehandlungen, entwickeln sollen. Dieser Schwerpunktbildung habe das genehmigte Budget für das Jahr 2001 nicht entgegen gestanden. Die Klägerin habe aber nur einen Bereich schwerpunktmäßig betrieben, nämlich den der Mama-Chirurgie und alle anderen Bereiche gröblich vernachlässigt. Die Verhältnisse der Frauenklinik seien auch weder im Jahre 2000 noch im Jahre 2001 irregulär gewesen. Auch wenn es in anderen Klinikbereichen Budgetüberschreitungen gegeben habe, so sei diejenige in der Frauenklinik bei weitem gravierender. Bei einer Gesamtausgleichsverpflichtung des St.-Johannes-Krankenhauses für 2002 mit rund 3,6 Mio. EUR entfielen auf die von der Klägerin geleitete Frauenklinik 808.000,-- EUR, also knapp 25 %, obwohl das Gesamtbudget lediglich 8 % beträgt.

Die Kündigung sei auch wegen der Patientenbeschwerden berechtigt. In den letzten fünf Jahren vor Beginn der Chefarzttätigkeit der Klägerin habe es insgesamt nur eine schriftliche Beschwerde gegeben. In der kurzen Chefarztzeit der Klägerin habe es neben einer Vielzahl mündlicher Klagen nahezu ein Dutzend schriftlicher Patientenbeschwerden gegeben. Durchgehende Ursache der Patientenbeschwerden sei das von der Klägerin verursachte und zu verantwortende Chaos in der Patientenaufnahme bei den Operationsterminen etc. gewesen.

Auch die Abmahnung hinsichtlich der onkologischen Therapie vom 12.10.2001 sei berechtigt gewesen. Die Klägerin sei ihren Verpflichtungen im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit der im Haus des ... befindlichen Hauptabteilungen für Onkologe/Hämatologie und den niedergelassenen Onkologen nicht nachgekommen. Es fehle nach wie vor ein abgestimmtes Konzept für die Klinik für die Behandlung onkologischer Patienten.

Schon kurze Zeit nach Aufnahme ihrer Chefarzttätigkeit sei es zum Zerwürfnis zwischen ihr und ihrem Vorgänger Dr. ... gekommen, so behauptet die Beklagte. Auch nach der Umstellungsphase sei es zu Differenzen gekommen zwischen ihrem Stellvertreter, dem Oberarzt Dr. ..., und weiteren Abteilungsärzten, was auch durch ein von der Beklagten inszeniertes Coaching nicht habe verbessert werden können. Im Rahmen der Unzuträglichkeiten bei der Klägerin habe auch eine weitere Ärztin, Frau Dr. ... , ihr Arbeitsverhältnis vorzeitig zum 31.12.2000 gekündigt. Aber auch danach sei es mit den nachfolgenden Oberärzten und Assistenzärzten wiederum zu Streitigkeiten gekommen. Herr Dr. ... werde nicht vertragsgemäß, eingesetzt sondern sei in den Kreißsaal und die Wochenbettstation ?strafversetzt? worden. Auch ein weiterer Oberarzt der Frauenklinik, Herr Dr. ... leide unter der aufbrausenden Art der Klägerin. Beide hätten definitiv erklärt, dass sie die Klinik verlassen werden, wenn nicht die Klägerin ausscheide. Herr Dr. ... sei auch nicht verpflichtet gewesen, seinen Wohnsitz in Dortmund zu nehmen, da er keine Hintergrunddienste zu leisten habe. Diese seien lediglich durch den Chefarzt durchzuführen. Dafür müsse dieser keine Rufbereitschaft leisten. In den Vertretungszeiten, wie zum Beispiel Urlaub habe sich Herr Dr. ... zu Zeiten des erforderlich werdenden Hintergrunddienstes rund um die Uhr in Dortmund aufgehalten. Da die Klägerin nicht habe akzeptieren wollen, dass Herr Dr. ... seinen Wohnsitz nicht in Dortmund nimmt, habe sie ihn strafversetzt. Dieses eklatante vertragswidrige Verhalten der Klägerin erfüllen den Tatbestand des Mobbings.

Der hilfsweise gestellte Auflösungsantrag sei begründet. Ein weiteres gedeihliches Zusammenarbeiten mit der Klägerin sei ausgeschlossen, was ihr bisheriges Verhalten belege. Die Versuche, ihr die Mechanismen des Budgets verständlich zu machen und sie dazu zu bewegen, alle Maßnahmen zu treffen, damit das Budget eingehalten werden könne seien schlicht an ihr abgeprallt. Diese Unbelehrbarkeit habe auch zu den im Einzelnen dargelegten Personalproblemen geführt. Im Übrigen habe die Klägerin die Beklagte und ihre Vertreter in der Öffentlichkeit diskreditiert. Es spreche einiges dafür, dass die Leserbriefe von Patientinnen, die sich in der Öffentlichkeit über die Kündigung der Klägerin durch die Beklagte beschwert hätte, von der Klägerin gesteuert, zumindest aber als höchst willkommen angesehen worden seien. Dies liege jedenfalls bei den Leserbriefen des Ehepaares Dr. und Dr. ... ,beides gute Bekannte der Klägerin, nahe. In der Gütesitzung habe nicht nur ihr Prozessbevollmächtigter, sondern die Klägerin selbst sich dazu verstiegen, vor der gesamten örtlichen Presse und dem zahlreich anwesenden Publikum wahrheitswidrig zu behaupten, sie sei ?von der Krankenhausleitung angehalten worden, Patienten abzuweisen, um das Budget einzuhalten?. Diese Unterstellung erfülle den Straftatbestand der üblen Nachrede und habe nur das Ziel, die Beklagte in der Öffentlichkeit herabzusetzen, wohl wissend, dass es auch in den Augen der Öffentlichkeit keinen schlimmeren Vorwurf für ein katholisches Krankenhaus gebe, dass das Krankenhaus nur des Geldes wegen Patienten abweist. Diese Behauptung überschreite bei weitem die Grenzen der Wahrnehmung berechtigter Interessen. Dass die Beklagte in der Öffentlichkeit diskreditiert worden sei, zeigten denn auch die zwischenzeitlich durch die Aufsichtsbehörden eingeleiteten Untersuchungen.

Schließlich habe die Klägerin sich auch nicht gescheut, im einstweiligen Verfügungsverfahren sich der Gefahr einer falschen eidesstattlichen Versicherung auszusetzen. In diesem Eilverfahren habe die Klägerin sich gegen die Anordnung der Beklagten, den Urlaub ab dem 10.06.2002 damit gewehrt, dass es ihr unzumutbar sei, den mit ihrem Mann für den Zeitraum vom 22.07. bis 10.08.2002 geplanten Erholungsurlaub zu verlegen, wie es in der eidesstattlichen Versicherung vom 11.06.2002 steht. Nachdem ihr im Verhandlungstermin die eigene handschriftliche Urlaubsplanung für das Jahr 2002 vorgelegt worden sei, wonach sie ihren größeren Urlaub auf Ende Mai bis Mitte Juni geplant habe, habe die Klägerin ihre Argumentation geändert und erklärt, sie habe umdisponieren müssen, da ihr Vertreter Herr Dr. ... im April einen Unfall hatte und er erklärt habe, für ca. drei Monate auszufallen. Diese können jedoch nicht stimmen, da die Klägerin bereits Anfang des Jahres 2002 den von Herrn Dr. ... für die Zeit vom 15.07. bis 02.08.2002 beantragten Urlaub genehmigt habe. Herr Dr. ... habe erklärt, so behauptet die Beklagte, dass die Klägerin ihn bis Anfang Juli 2002 nicht davon unterrichtet habe, dass sie ihren Urlaub auf den 22.07. bis 10.08.2002 umdisponiert habe.

Ein vorläufiger Weiterbeschäftigungsanspruch käme schließlich schon deswegen nicht in Betracht, da die Klägerin ihr Büro geräumt habe und ein vorübergehender erneuter Einzug in ihr früheres Büro ausscheide.

Die Klägerin beantragt,

den Auflösungsantrag zurückzuweisen.

Sie hält für unbegründet. Im Gütetermin habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin lediglich darauf aufmerksam gemacht, dass die Beklagte im Hinblick auf den Budgetvorwurf von der Klägerin Unlösbares verlangt habe und berichtet, dass der Geschäftsführer der Beklagten vor der Schlichtungsstelle zu der Frage nach Alternativen und Abhilfemöglichkeiten erklärt habe, dann habe die Klägerin eben weniger Patienten in dem in Rede stehenden Bereich - Mama-Eingriffe ? annehmen dürfen. Dass in den Medien dies nicht richtig oder nicht vollständig erfasst worden sei, könne der Klägerin nicht angelastet werden. Im Übrigen sei die Empörung der Beklagten letztlich unverständlich. Im Schreiben vom 11.10.2001 wegen der Nichteinhaltung des Budgets und der Kosten sei die Klägerin ausdrücklich aufgefordert worden, die Patientenaufnahmen an den Budgetvorgaben zu orientieren. Dies sei inhaltlich und sachlich nichts anderes als das, worüber die Beklagte sich beschwert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigung der Beklagten vom 27.12.2001 nicht aufgelöst worden. Der hilfsweise gestellte Auflösungsantrag ist unbegründet.

I.
Die Kündigung vom 27.12.2001 ist gemäß § 1 Abs.2 KSchG nicht sozial gerechtfertigt und damit unwirksam.

Auf das Arbeitsverhältnis findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, da die Beklagte mehr als sechs Arbeitnehmer beschäftigt und die Klägerin länger als sechs Monate bei der Beklagten beschäftigt war (§ 1 Abs.1 und § 23 Abs. 1 KSchG).

1. Gemäss § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt ist. Verhaltensbedingt bedeutet insoweit, dass der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten seine Haupt- oder Nebenpflichten, schuldhaft verletzt. Dabei kommen aber nur solche im Verhalten des Arbeitsnehmers liegende Umstände, die bei verständiger Würdigung und unter Abwägung der Interessen der Vertragsparteien und des Betriebes die Kündigung als billigenswert und angemessen erscheinen lassen, in Betracht. Abzustellen ist dabei nicht auf den Standpunkt des jeweiligen Arbeitsgebers, sondern es gilt ein objektiver Maßstab (vgl. BAG, EzA, § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 50; Erfurter Kommentar/Ascheid, § 1 KSchG, Rdnr. 329 ff.). Da auch im Bereich der verhaltensbedingten Kündigung das Prognoseprinzip gilt, kommt es aus Sicht des Zugangs der Kündigung darauf an, ob das Risiko weiterer Vertragsverletzungen in der Zukunft durch die verhaltensbedingte Kündigung ausgeschlossen werden kann. Entscheidend ist ob eine Wiederholungsgefahr besteht oder ob das vergangene Ereignis sich auch künftig belastend auswirkt (vgl. BVerfG, EzA, Art. 20, EinigungsV Nr. 44; BAG, EzA, § 1 KSchG, Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 50). Die Annahme, dass auch in Zukunft mit weiteren Vertragsverletzungen zu rechnen ist, kann dann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer das beanstandete Verhalten auch nach einer Abmahnung weiter fortsetzt. Deshalb ist regelmäßige Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung eine vorhergehende einschlägige Abmahnung (BAG, EzA, § 1 KSchG, Verhaltensbedingte Kündigung Nrn. 37, 44, m. w. N).

Gemessen an diesen Anforderungen liegen verhaltensbedingte Kündigungsgründe nach dem eigenen Vorbringen der Beklagte nicht vor.

2. Die Beklagte kann die Kündigung zunächst nicht mit Erfolg auf die von ihr beanstandeten Budgetüberschreitungen stützen.

Entsprechend den obigen Ausführungen könne die Kündigung aus diesem Grund nur dann sozial gerechtfertigt sein, wenn die Klägerin das in der Abmahnung vom 11.10.2001 beanstandete Verhalten bis zum Zugang der Kündigung überhaupt hätte abstellen können und nicht abgestellt hätte.

a) Die Abweichungen von den prognostizierten Sollzahlen können aber nur dann kündigungsrelevant sein, wenn dieser der Klägerin auch vorwerfbar sind. Dies setzt voraus, dass zum Einen die Prognosegrundlage richtig war und zum Anderen die Abweichung auf einem Fehlverhalten der Klägerin beruht. Da die Klägerin ihre Tätigkeit bei der Beklagten erst zum 01.02.2000 aufgenommen hat und sie unbestrittenermaßen eine andere Schwerpunktsetzung als ihr langjähriger Vorgänger hatte, lagen nach den wenigen Monaten ihrer Beschäftigung im Herbst 2000, als die Klägerin eine Vorkalkulation/Vorschau für das Jahr 2001 zu geben hatte, noch kein Erfahrungsmaterial vor. Deswegen wurden die im Schreiben der Klägerin vom 11.09.2001 aufgelisteten zu erwartenden Behandlungszahlen in Absprache mit dem damaligen Oberarzt an den Zahlen des Vorjahres, also des Jahres 2000, orientiert. Das Budget für das Jahr 2000 ist aber noch unter dem Vorgänger der Klägerin erstellt worden. Ob der Klägerin daher die Abweichung von den prognostizierten Sollzahlen als schuldhaftes Verhalten subjektiv vorgeworfen werden kann, ist schon zweifelhaft. Darauf, dass die Klägerin die Zahlen des Jahres 2001 falsch kalkuliert hat, stütze die Beklagte die Kündigung zu Recht nicht.

b) Abgesehen von diesem Gesichtspunkt ist aber auch nicht klar, was die Klägerin hätte vom 11.10. bis 31.12.2001 tun können, um eine bis zum 31.08.2001 entstandene Abweichung vom prognostizierten Budget zu verhindern. Ein substantiierter Vortrag dazu, wie die Klägerin die Fallpauschalen nach dem 11.10.2001 bis zum 31.12.2001 so hätte erhöhen können, dass die prognostizierte Zahl von 1740 erreicht wird, lässt sich dem Vortrag der Beklagten nicht entnehmen. Darüber hinaus ist nach den von der Beklagten vorgelegten Zahlen auch für den Zeitraum vom 01.09.2001 bis zum 31.12.2001 eine Verbesserung der Situation eingetreten. In der Abmahnung noch hatte die Beklagte prognostiziert, dass die von der Klägerin zu verantwortende Abteilung am Ende des Jahres 145 Patienten im Rahmen der Fallpauschalen zu wenig haben würde. Nach der Ausgleichsberechnung der Beklagten sind es am Ende des Jahres 120 Patienten gewesen.

Berücksichtigt man, dass die Zahlen der Beklagten aus der Abmahnung den Zeitraum bis zum 31.08.2001 beschreiben, so ist davon auszugehen, dass in diesem Zeitpunkt ca. 1063 Patienten behandelt worden sind. In der übrigen Zeit ? bis zum 31.12.2001 ? müssen dann 557 weitere Patienten hinzu gekommen sein. Damit sind in der Zeit ab dem 01.09.2001 monatlich ca. 139 Patienten behandelt worden, während im Zeitraum bis zum 31.08.2001 lediglich 133 Patienten monatlich behandelt worden sind. Da die Zahlen aus September bis zum Zeitpunkt der Abmahnung am 11.10.2001 nicht bekannt sind, ist nicht auszuschließen, dass diese Veränderung der Fallzahlen bis zum 31.12.2001 auch auf das Verhalten der Klägerin zurückzuführen ist. Betrachtet man die Zahlen für das ganze Jahr 2001, ist in der Abteilung der Klägerin im Bereich der Fallpauschalen eine Budgetabweichung von 7 % festzustellen, was die Kammer unter Berücksichtigung der Entwicklung des Jahres 2001 als nicht erheblich ansieht.

c) Das gleiche gilt, soweit die Beklagte die Überschreibungen im Bereich des Restbudget moniert. Auch hier ist zunächst fraglich, ob die prognostizierte Fallzahl von 2860 zutreffend ermittelt worden ist. Jedenfalls zeigt aber auch hier die weitere Entwicklung, dass der Klägerin ein konkreter Vorwurf nicht gemacht werden kann, sondern sie auf die Abmahnung reagiert haben muss. Im Bereich der Budgetplanung waren für die gynäkologische Abteilung 2860 Fälle vorgesehen. Ausweislich der Abmahnung prognostizierte die Beklagte, dass diese Zahl um 520 Fälle am Ende des Jahres überschritten sein wird. Zurück gerechnet auf den 31.08.2001 müssen ca. 2253 Patienten behandelt worden sein. Da die Beklagte zum Zeitpunkt der Abmahnung befürchtete, dass zum Ende des Jahres eine Überschreitung um 520 Patienten auftreten würde (3380), ist die Klägerin mit den von der Beklagten vorgelegten Ausgleichsberechnung 2001 mit 3209 Patienten deutlich unter den Befürchtungen der Beklagten geblieben. Während in den Monaten bis August 2001 durchschnittlich monatlich 282 Patienten behandelt wurden, waren es im Zeitraum danach durchschnittlich nur noch ca. 239 Patienten. Daraus wird deutlich, dass der Aufforderung der Beklagten in der Abmahnung vom 11.10.2001 nachgekommen wurde. Denn danach sollte die Klägerin ?die Patientenaufnahmen? an den Budgetvorgaben orientieren. Für den Fall, dass eine nachhaltige Besserung der Situation nicht bis zum Jahresende 2001 eingetreten sein soll, sei der Bestand oder der Inhalt des Dienstverhältnisses gefährdet. Genau diese nachhaltige Besserung der Situation ist nach Auffassung der Kammer eingetreten. Wären in den ersten acht Monaten des Jahres 2000 ebenso wie in den letzen vier Monaten des Jahres 2001 durchschnittlich 239 Patienten behandelt wurden, so hätte sich eine Gesamtpatientenzahl von 2868 ergeben. Damit wäre die vorher festgelegte Patientenzahl im Bereich des Restbudgets lediglich um acht Patienten überschritten, was in Anbetracht der Unwägbarkeiten, die einer solchen Prognose immer inne wohnen, nahezu vorbildlich gewesen wäre.

Wie die Beklagte zu der Erkenntnis gekommen ist, dass die in der Abmahnung prognostizierte und beanstandete Abweichung im Bereich des Restbudgets von rund 1,1 Mio. DM sich auf 1.011.507 EUR nahezu verdoppelt habe, hat die Beklagte nicht näher erläutert. Bei näherer Betrachtung gehen aber die Zahlenangaben der Beklagten von falschen Verhältnissen aus. Bei der von der Beklagten im Schriftsatz vom 27.05.2002 vorgetragenen Zahl handelt es sich um Angaben aus der vorläufigen Ausgleichsberechnung. Nach der von der Beklagten vorgelegten endgültigen Ausgleichsberechnung beziffert sich der Mehrerlös im Bereich des Restbudgets auf 972.748,-- EUR. Demgegenüber stehen die von der Beklagten in der Abmahnung prognostizierten Mehrerlöse in Höhe von 1.275.000,-- DM (= 651.879,15 EUR), was eine Abweichung von ca. einem Drittel bedeutet. Gleichwohl sind auf dem Stand vom 31.08.2001 unter Zugrundelegung der Zahlen aus der Abmahnung vom 10.11.2001 die Erlöse gegenüber den Fallzahlen überproportional gestiegen. Obwohl in den Monaten September bis Dezember 2001 nur knapp 28 % aller Patientinnen in der gynäkologischen Klinik behandelt wurden, ist der Mehrerlös in den ersten achten Monaten und in den letzen vier Monaten nahezu gleich geblieben. Abgesehen davon, dass die Beklagte nicht im Einzelnen dargelegt hat, welchen Einfluss die Klägerin auf die Erlössituation hatte, spricht einiges dafür, dass die Klägerin der Abmahnung entsprechend die Patientenaufnahmen an den Budgetvorgaben orientiert hat. Denn es wurde bei einer geringeren Patientenzahl ein höherer Erlös erzielt, möglicherweise deswegen, weil vermehrt ?schwerere Fälle? angenommen wurden.

d) Die Kündigung kann auch nicht darauf gestützt werden, dass die Klägerin beim medizinzischen Bedarf das Budget nach der Behauptung der Beklagten um 49 % überschritten haben soll. Hieraus lässt sich für die Kammer nicht feststellen, dass die Klägerin sich an die in der Abmahnung vom 11.10.2001 enthaltenen Aufforderungen nicht gehalten hat. Denn der Kündigungsvorwurf bezieht sich auf Budgetabweichungen im Vergleich der Jahre 2000 und 2001, während in der Abmahnung lediglich auf ein Budget des Jahres 2001 Bezug genommen wird. Auch hier gilt, dass nach der Abmahnung eine Veränderung eingetreten ist. Während die Beklagte eine Überschreitung in Höhe von 49 % moniert, war in der Abmahnung noch eine Abweichung von 60,9 % bis zum 31.08.2001 vorgeworfen worden. Darüber hinaus hat die Beklagte auch nicht darzulegen vermocht, wie die Klägerin auf die Budgetabweichungen hätte reagieren können. Nach § 2 des Arbeitsvertrages obliegt der Klägerin die Führung und fachliche Leitung der gynäkologischen Abteilung. Sie ist in ihrer ärztlichen Tätigkeit grundsätzlich unabhängig. Nach § 2 Abs.2 hat die Klägerin den jeweils neuesten Stand der gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu beachten. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass im Wesentlichen zwei Stationen der Frauenklinik den Anstieg der Arzneimittel ausmachen, die Station G 3 und die Station S 3. Alle anderen Stationen halten sich in der von der Beklagten als Leitlinie angegebenen 10 %. Der Behauptung der Klägerin, dass die Kostensteigerungen auf den Stationen G 3 und S 3 unmittelbar damit zusammenhängen, dass Präparate im Rahmen der Chemotherapie verabreicht werden (Zystostatika Schwerpunkt Taxane und Begleitmedikation) und diese etwa 90 % der Kostensteigerung im Arzneimittelbereich der Frauenklinik verursacht haben, ist die Beklagte nicht entgegen getreten. Auch der Behauptung der Klägerin, es handele sich dabei um eine medizinisch gebotene Behandlung, die seit mehreren Jahren als ?Golden Standard? in der Therapie des Eierstockkrebses und der Hochrisikokonstellation des Mammakarzinoms etabliert sei, hat die Beklagte nicht bestritten. Der Klägerin könnte mithin bei der Überschreitung des Arzneimittelbudgets nur dann ein Vorwurf gemacht werden, wenn sie teure Medikamente und Therapien anwendet, obwohl günstigere gleich gute zur Verfügung stünden. Abgesehen davon, dass die Beklagte dies möglicherweise gar nicht beurteilen kann, hat schon das Arbeitsgericht Gelsenkirchen (Urteil v. 20.12.1996 ? 1 Ga 45/96 -) zutreffend darauf hingewiesen, dass die Therapiewahl nicht von haushaltsrechtlichen Erwägungen abhängig gemacht werden kann.

3. Die Beklagte kann die Kündigung auch nicht mit Erfolg auf die ?Patientenbeschwerden? stützen. Mit Schreiben vom 12.10.2001 ist die Klägerin abgemahnt worden, weil sich schriftliche Beschwerden von Patientinnen ihrer Fachabteilung, von mündlich Beschwerden ganz zu schweigen, häuften. In der Abmahnung werden sechs Beschwerden namentlich aufgeführt, die bis zum 31.08.2001 schriftlich eingereicht worden sind. Die letzte Beschwerde stammt vom 04.06.2001. Unabhängig von der Berechtigung der Beschwerden und der Frage, ob es sich bei der genannten Zahl um eine Häufung handelt, hat es nachher nur noch ein Schreiben der Patienten Ingrid Piel vom 20.11.2001 und ein Schreiben von Herrn ... vom 18.02.2002 gegeben. Unbeschadet der Frage, ob es sich bei dem Schreiben von ... überhaupt um eine Beschwerde handelt und ob die Klägerin eine Verantwortung trifft, hat es jedenfalls nach der Abmahnung keine vermehrten Patientenbeschwerden mehr gegeben.

Auf die in der Abmahnung genannten Fälle kann die Beklagte die Kündigung nicht mehr stützen, da sie durch Abmahnung gezeigt hat, ihr eine weitere Zusammenarbeit mit der Klägerin noch möglich war. Sie hat damit selbst eine positive und keine negative Prognose dokumentiert (vgl. BAG EzA, § 611 BGB Abmahnung Nr. 18). Auf das Schreiben des Herrn ... kann sich die Beklagte im Rahmen der Kündigung nicht berufen, da dies erst nach Zugang der Kündigung erstellt worden ist.

4. Auf Versäumnisse in Zusammenhang mit den ?Onkologischen Therapien? kann die Beklagte die Kündigung nicht mit Erfolg stützen. In der Abmahnung vom 12.10.2001 wird die Klägerin aufgefordert, spätestens zum 31.10.2001 mit dem Chefarzt der onkologischen Abteilung und einem niedergelassenen Onkologen in Verbindung zu treten und die entsprechende onkologische Therapie sowie die Beantragung einer Ermächtigungsambulanz abzustimmen und den Antrag bis spätestens 10.11.2001 zu stellen. Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie am 15.10.2001 einen Antrag auf Institutsermächtigung und hilfsweise persönliche Ermächtigung gestellt habe. Dies hat die Beklagte zwar bestritten, hierfür aber keinen Beweis angetreten. Für die negative Tatsache, dass die bei der kassenärztlichen Vereinigung keinen Antrag gestellt hat am 15.10., ist die Beklagte beweispflichtig. Unbestritten ist die Klägerin nach der Abmahnung jedenfalls mit dem Chefarzt der onkologischen Abteilung in Verbindung getreten, ob sie dabei nur ihre Vorstellung mitgeteilt, nicht aber dessen Wünsche überhaupt zur Kenntnis genommen hat, ist für den Kündigungsvorwurf unerheblich.

Weiter ist die Klägerin gebeten worden, bis zum 31.10.2001 ein eindeutiges Konzept für die Behandlung onkologischer Patientinnen vorzulegen. Mit Schreiben vom 28.11.2001 ist der Klägerin von der Beklagten eine Nachfrist bis zum 07.12.2001 gesetzt worden. Hierauf hat die Klägerin mit Schreiben vom 06.12.2001 (Bl. 152 d. Ga) reagiert und mitgeteilt, wonach sich die onkologischen Therapien in der Frauenklinik ausrichten. Dass diese Angaben der Beklagten aus dem Schreiben vom 06.12.2001 nicht ausreichten, hat die Beklagte mit Schreiben vom 21.12.2001 mitgeteilt, das der Klägerin aber erst nach der Kündigung, nämlich im Jahre 2002, zuging. Damit kann der Klägerin auch wegen angeblicher Versäumnisse in Zusammenhang mit den ?Onkologischen Therapien? nicht gemäß § 1 Abs. 2 KSchG gekündigt werden, zumal die Beklagte hierin auch nicht den Schwerpunkt der Vorwürfe sieht.

5. Schließlich ist die Kündigung auch nicht wegen laufender Auseinandersetzungen zwischen ihr und den nachgeordneten Ober- und Assistenzärzten sozial gerechtfertigt. Dieser Kündigungsgrund, der in Zusammenhang mit dem Führungsverhalten der Klägerin steht, ist von der Beklagten nicht abgemahnt worden. Schon deswegen ist es zweifelhaft, ob hierauf die Prognose gestützt werden kann, dass die Klägerin sich in bezug auf die ihr unterlegenen Ärzte eklatant vertragswidrig verhalten wird. Insbesondere die anderen Abmahnungen mussten der Klägerin zeigen, dass die Beklagte das Verhalten der Klägerin im Hinblick auf die unterstellten Ärzte nicht zum Anlass nehmen wird, eine Kündigung auszusprechen. Deswegen war es erforderlich, dass die Beklagte der Klägerin deutlich macht, was sie am Führungsverhalten genau beanstandet.

Im Übrigen ist das Vorbringen der Beklagten auch zum größten Teil unsubstantiiert. Es wird nicht vorgetragen, worauf die Auseinandersetzungen zwischen der Klägerin und den bereits länger beschäftigten Oberärzten bzw. Assistenzärzten beruhen. Es wird auch nicht deutlich, warum die Oberärzte Dr. und Dr. ... unter der aufbrausenden Art der Klägerin leiden und worin diese Art besteht. Die Kammer vermag auch nicht zu erkennen, warum die Anordnung der Klägerin, dass der Stellvertreter, der leitende Oberarzt Dr. ..., im Kreissaal und in der Wochenbettstation eingesetzt wird, vertragswidrig sein soll. Verständlich ist die Forderung der Klägerin, dass Herr Dr. ... als Stellvertreter seinen Dienstsitz in Dortmund nimmt, weil auch die Klägerin nach § 1 Abs. 3 ihres Arbeitsvertrages im Interesse der Erfüllung ihrer Aufgaben verpflichtet ist, in der Nähe des Krankenhauses zu wohnen und dieses in längstens 20 Minuten erreichen können muss.

Da die Kündigung bereits gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt ist, kann dahin stehen, ob die Klägerin wirksam zur Leitenden Mitarbeiterin ernannt worden ist und es daher einer Anhörung der Mitarbeitervertretung nicht bedurfte.

II

Der hilfsweise gestellte Auflösantrag ist unbegründet.

Gemäß § 9 Abs. 2 KSchG kann das Gericht auf Antrag des Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis auflösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Maßgeblich ist dabei nicht der Zeitpunkt der Kündigung, sondern der Zeitpunkt der Entscheidung über den Auflösungsantrag. Schlüssig ist der Auflösungsantrag des Arbeitgebers nur dann, wenn greifbare Tatsachen vorgetragen werden, aus denen folgt, dass eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht zu erwarten ist. An die Auflösungsgründe sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts strenge Anforderungen zu stellen, weil auch die Auflösung auf Antrag des Arbeitgebers eine Ausnahme zu dem Gesetz als Regel erstrebten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ist. Die Anforderungen an den wichtigen Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB brauchen dabei allerdings nicht erfüllt zu sein (vgl. BAG, EzA, § 9 KSchG Nr. 20; AP Nr. 20 zu § 7 KSchG 1969). Als Auflösungsgründe kommen nur Umstände in Betracht, die das persönliche Verhalten, die Wertung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers, seine Leistung oder seine Eignung für die ihm gestellten Aufgaben betreffen. Diese müssen nicht zwingend im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Es kommt vielmehr darauf an, ob die objektive Lage am Schluss der mündlichen Verhandlung beim Arbeitgeber mit Recht die Besorgnis aufkommen lassen kann, dass die weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer gefährdet ist. Ein Verhalten Dritter kann die notwendige Vertrauensgrundlage nur dann zerstören, wenn dieses Verhalten Dritter durch das Verhalten des Arbeitnehmer in irgend einer Weise veranlasst worden ist (vgl. BAG, EzA, § 9 KSchG Nr. 20).

Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Beklagten nicht. Das gilt zunächst, soweit die Beklagte sich auf die Einsichtsfähigkeit der Klägerin in bezug auf die Mechanismen des Budgets bezieht. Nach den von der Beklagten vorgelegten Zahlen ? wie oben im Einzelnen aufgeführt ? hat sich die Situation nach der Abmahnung deutlich verändert, was den Schluss nahe legt, dass die Mechanismen des Budget der Klägerin bekannt sind.

Kein Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Gericht sind auch die von der Beklagten vorgetragenen Unstimmigkeiten mit ihren Oberärzten, insbesondere dem Oberarzt Dr. ... . In Zusammenhang mit der sozialen Rechtfertigung hat die Kammer darauf hingewiesen, dass ein vertragswidriges Verhalten der Klägerin nicht erkennbar ist. Im übrigen hat sie Herrn Dr. ... zum 01.02.2002 einen anderen Aufgabenbereich zugewiesen.

Die Kammer vermag auch nicht nachzuvollziehen, dass die Klägerin sich nicht scheue, die Beklagte und ihre Vertreter in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Das gilt zunächst für die Leserbriefe des Ehepaares Dr. ... .Diese mögen zwar gute Bekannte der Klägerin sein, Voraussetzung ist nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aber, dass das Verhalten dieser durch das Verhalten der Klägerin in irgend einer Weise veranlasst worden ist, was auch die Beklagte nicht vorgetragen hat.

Differenziert zu betrachten ist das Telefax des Dr. ... vom 21.04.2002, in dem er - auch nach Auffassung der Kammer ? das Krankenhaus unangemessen angreift. Auch insoweit ist allerdings nicht ersichtlich, dass die Klägerin das Telefax initiiert hat. Auch wenn Herr Dr. ... Interna aus dem Schlichtungsverfahren zitiert, steht zunächst nicht fest, wie er die Kenntnisse erlangt hat. Im Übrigen wäre es auch nicht zu beanstanden, wenn die Klägerin ... ? wahrheitsgemäß ? von dem Verfahren auch in der Öffentlichkeit berichtet, wenn dies nicht allein dem Zweck dient, das Krankenhaus zu diskreditieren. Dass die Klägerin das nicht vor hat, zeigt ihr Bemühen um Erhaltung des Arbeitsplatzes. Auch die Äußerungen der Klägerin bzw. ihres Prozessbevollmächtigten im Gütetermin können den Auflösungsantrag nicht begründen. Die Kammer verkennt nicht, dass kein Krankenhaus es gerne in der Zeitung liest, dass Patienten abgewiesen würden, um das Budget einzuhalten. Mit der Klägerin ist die Kammer jedoch der Auffassung, dass die Beklagte sich dies selbst zuzuschreiben hat. Denn in der Abmahnung hat die Beklagte als Möglichkeit, das Budget einzuhalten, die Klägerin ausdrücklich aufgefordert, unter anderem ?Patientenaufnahmen an den Budgetvorgaben zu orientieren?. Dies kann nur dahingehend verstanden werden, dass nicht mehr alle Patienten, die vom ... in der gynäkologischen Abteilung behandelt werden wollen, aufgenommen werden, sondern dass nach haushaltsrechtlichen Erwägung selektiert wird. Da dies ohne Abweisung von Patienten nicht vonstatten gehen kann, hat die Klägerin letztlich nur das wiedergegeben, was ihr in der Abmahnung zur Auflage gemacht worden ist. Damit sind die von der Beklagten als verleumderisch angesehenen Äußerungen der Klägerin nur das, was die Beklagte selbst von ihr verlangt hat.

Dass die Klägerin eine Patienteninitiative gestartet und ihre Sekretärin angewiesen haben soll, den Patienten Anschriften bekannt zu geben, an die sie ihren Protest los werden können, ist kein Auflösungsgrund. In welcher Form die Klägerin eine Patienteninitiative gestartet haben will, hat die Beklagte nicht im Einzelnen substantiiert vorgebracht.

Schließlich kann der Auflösungsantrag auch nicht auf das Verhalten der Klägerin in Zusammenhang mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begründet werden. Der zwischen den Zeilen zu entnehmende Vorwurf, die Klägerin habe es bei der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung mit der Wahrheit nicht genau genug genommen, ist nicht nachvollziehbar. Die Klägerin hat an Eides Statt versichert, dass sie ihren Urlaub mit der Familie gemeinsam mit ihrem Ehemann in der Zeit von 22.07.2002 bis zum 10.08.2002 geplant habe. Selbst wenn sie ihren Stellvertreter hierüber nicht informiert haben sollte, folgt daraus nicht die Unrichtigkeit der Behauptungen aus der eidesstattlichen Versicherung. Immerhin war die Klägerin zum 30.06.2002 von der Beklagten gekündigt worden, so dass die Klägerin damit rechnen musste, von der Beklagten ? wie geschehen ? ab dem 01.07.2002 nicht mehr eingesetzt zu werden.

III
Die Beklagte hat die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen, da die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist. Dies folgt aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Weiterbeschäftigungsanspruch im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses (BAG AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Der Streitwert ist gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Er bemisst sich nach § 12 Abs. 7 ArbGG und §§ 3 ff ZPO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei Berufung eingelegt werden. Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat beim Landesarbeitsgericht Hamm in Hamm, Marker Allee 94 eingegangen sein. Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündigung. § 9 Abs. 5 ArbGG bleibt unberührt. Die Berufungsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt eingereicht werden, an seine Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind.

Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer Personen deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt.

*Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

RechtsgebietArbeitsrecht ChefärzteVorschriften§ 1 Abs.2 S.2 KSchG

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