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08.02.2012

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 26.10.2011 – 3 Sa 147/11

1. Im Fall einer nicht bestrittenen Leistungsverpflichtung fehlt es für eine gleichwohl erhobene Feststellungsklage an dem notwendigen Feststellungsinteresse.

2. Für eine gegenwärtige auf Vornahme einer Handlung gerichtete Leistungsklage fehlt es an der hinreichenden Bestimmtheit, wenn der begehrte Handlungsinhalt nicht hinreichend konkretisiert wird.


Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird die Klage in Abänderung der Entscheidung des Arbeitsgerichts Rostock vom 05.05.2011 abgewiesen.

2. Die klagende Partei trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Im Berufungsrechtszug streiten die Parteien noch um den meldepflichtigen Umfang der durch die Beklagte zu erbringenden Versorgungsleistungen.

Die klagende Partei war bei dem Universitätsklinikum R. (erstinstanzlich Beklagte zu 2.), welche für sie in die bei der VBL organisierte zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung Beträge einzahlte, beschäftigt.

Mit Wirkung zum 01.12.2007 ging das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte über.

Nachdem die Beklagte zunächst für den Monat Dezember 2007 und das Jahr 2008 die Arbeitnehmeranteile weiter in Höhe der Beträge zur VBL einbehielt, erfolgte im Jahr 2009 eine Rückzahlung der Arbeitnehmeranteile. Darüber hinaus hat die Beklagte für die klagende Partei mit Wirkung zum 01.01.2009 einen Rentenanspruch bei der G.-Versicherung begründet. Diesbezüglich hat sie mit Schreiben vom 01.09.2010 über ihre jetzige Prozessbevollmächtigte folgende Erklärung abgegeben:

"...

Sie sichert für diesen Fall des Versorgungsfalleintritts zu, den Differenzbetrag auf die dann "entgangene" VBL Rente zu leisten, der bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der UKR GmbH hätte erworben werden können und der nicht durch die bereits erworbene VBL-Anwartschaft sowie eine gegebenenfalls weitere Zusatzrente zum Beispiel durch die G.r Versicherung abgedeckt wird. Die Zahlung dieses Differenzbetrages wird dann monatlich erfolgen. Zur Zeit wären dies 30,16 Euro, beginnend ab dem Versorgungsfall. Der genaue Betrag wird dann durch die Vorlage des VBL-Bescheides sowie durch den von der G. Versicherung zu zahlende Rentenbetrag zu ermitteln sein. Da bei der Berechnung durch die G. Versicherung derzeit nur die garantierte Rente, nicht aber die Überschussbeteiligung berücksichtigt wurde, die VBL-Rentenleistung dagegen derzeit nur vorläufig festgestellt wurde, kann mit einer Reduzierung des monatlich zu zahlenden Betrages gerechnet werden."

Mit Schreiben vom 01.11.2010 ergänzte die Beklagte durch ihre jetzige Prozessbevollmächtigte wie folgt:

"...

Es verbleibt daher bei der von unserer Mandantin erklärten Klaglosstellung und Zahlung eines Ausfallbetrages je Monat ab Renteneintritt nach Vorlage des von der VBL abschließend zu diesem jeweiligen Zeitpunkt bescheinigten Betrages.

...

Es dürfte daher für die Beteiligten die Klaglosstellung die eindeutige Lösung sein."

Die klagende Partei hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der klagenden Partei im Versorgungsfall die Versorgungsleistung zu verschaffen, die ihr zuständen, wenn sie seit dem 01.12.2007 bei der VBL versichert worden wäre.

2. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verpflichtet, zur Sicherung der Forderung aus dem Antrag zu 1. monatlich Beiträge in eine Versorgung bzw. einen Pensionssicherungsfond einzuzahlen, die bei Renteneintritt eine Rentenleistung von mindestens 30,16 Euro monatlich garantieren.

3. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, der klagenden Partei die vorgenommenen Einzahlungen zur Altersvorsorge einmal jährlich nachzuweisen, bei Meidung eines Zwangsgeldes, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 1.000,00 Euro für jedes Mal der Zuwiderhandlung nicht unterschreiten sollte.

4. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verpflichtet, den als weiteren Altersvorsorge zugesagten Differenzbetrag gemäß § 11 BetrAWG beim Pensionssicherungsverein, Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, 50963 K. anzumelden.

Mit Urteil vom 05.05.2011 hat das Arbeitsgericht Rostock der Klage teilweise stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen und insoweit wie folgt tenoriert:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, die klagende Partei im Versorgungsfall die Versorgungsleistungen zu verschaffen, die ihr zustünden, wenn sie seit dem 01.12.2007 bei der VBL versichert worden wäre.

2. Die Beklagte zu Ziffer 1. wird verurteilt, auch den als weitere Altersvorsorge zugesagten Differenzbetrag gemäß § 11 BetrAWG beim Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit, 50963 Köln anzumelden.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. ...

5. ...

Das Arbeitsgericht Rostock hat die Entscheidung damit begründet, dass die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 BGB verpflichtet sei, die Klägerin so zu stellen, als wenn sie über den 01.12.2007 hinaus weiter an der Zusatzversorgung bei der VBL nach Maßgabe der tariflichen Vorgaben über die zusätzliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes teilnehmen würde. Dies betreffe auch eine mögliche Differenz zwischen der fiktiven Rentenzahlung durch die VBL einerseits und den tatsächlichen Rentenzahlungen durch VBL nebst Leistungen der G. Versicherung andererseits. Auch wenn diese Differenz derzeit noch nicht ermittelt werden könne, sei die Beklagte im Rahmen einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht gegenüber der klagenden Partei verpflichtet, diese Unterschiedsbeträge bei dem Pensionssicherungsverein anzumelden.

Gegen diese am 10.05.2011 zugegangene Entscheidung richtet sich die am 09.06.2011 bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg Vorpommern eingegangene Berufung der Beklagten, nebst eingegangener Berufungsbegründung am 04.07.2011.

Die Beklagte meint, dass es hinsichtlich Ziffer 1. des Tenors an dem notwendigen Feststellungsinteresse fehle. Die Beklagte habe bereits vorprozessual verbindlich erklärt, die Klägerin so zu stellen, wie sie gestanden hätte, wenn sie bis zum Renteneintritt weiterhin bei der VBL versichert wäre. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, neben der Gewährleistung eines Rentenanspruches über die G. Versicherung einen weiteren Differenzbetrag im Rahmen einer zugesagten Altersvorsorge bei dem Pensionsversicherungsverein auf Gegenseitigkeit anzumelden. Denn insoweit fehle es an einer Versorgungszusage durch die Beklagte. Außerdem sei der insoweit gestellte Klageantrag unzulässig, weil er auf eine unmögliche Leistung gerichtet sei. Denn derzeit sei völlig ungewiss, welchen konkreten Rentenanspruch die klagende Partei beanspruchen könne, wenn sie bis zum Renteneintritt weiterhin bei der VBL versichert worden wäre und welchen über die Garantieleistung hinaus bestehende Rentenleistung die G. Versicherung für die Klägerin zu zahlen habe. Es sei mithin offen, ob überhaupt Differenzbeträge im Versicherungseintrittsfall zu verzeichnen seien.

Die Beklagte beantragt,

die Klage in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Rostock vom 05.05.2011 abzuweisen.

Die klagende Partei beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Das Rechtsschutzbedürfnis ergebe sich daraus, dass die klagende Partei die Möglichkeit erhalten müsse, die zugesagte zusätzliche Altersversorgung bei Eintritt des Leistungsfalles zum einen durchzusetzen und zum anderen auch tatsächlich realisieren zu können. Zur Durchsetzung des Anspruches reiche es nicht aus, dass im außergerichtlichen Schriftwechsel durch die Prozessvertretung der Beklagten erklärt werde, dass wenn ein Vergleich nicht zu Stande komme, eine Klaglosstellung erfolge.

Die Erklärung der Beklagten, im Versicherungseintrittsfall eine sich möglicherweise ergebende Differenz monatlich zahlen zu wollen, stelle eine selbständige Zusage der betrieblichen Altersvorsorge durch die Beklagte da, so dass das BetrAVG Anwendung finde. Deshalb sei die Beklagte verpflichtet, den insoweit zugesagten Differenzbetrag gemäß § 11 BetrAVG beim Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit anzumelden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist begründet.

I. Die von der klagenden Partei begehrte Feststellung zu Lasten der Beklagten, die Klägerin im Versorgungsfall die Versorgungsleistungen zu verschaffen, die ihr zustünden, wenn sie seit dem 01.12.2007 bei der VBL versichert worden wäre, ist ebenso unzulässig wie die geforderte Verurteilung der Beklagten zur Anmeldung eines weiteren Differenzbetrages beim Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit.

1. Der Feststellungsantrag der Klägerin ist in Ermangelung des notwendigen Feststellungsinteresses unzulässig.

Notwendige Prozessvoraussetzung für eine Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ist ein rechtliches Interesse des Klägers an der Feststellung, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

Ein solches Recht besteht, wenn dem Recht oder der Rechtslage einer klagenden Partei eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass die beklagte Partei ein solches Recht ernstlich bestreitet oder es sich eines Rechts dagegen berühmt und wenn das erstrebte Urteil in Folge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BAG vom 26.09.2002; NZA 2003, Seite 230). Das Interesse muss mithin gerade gegenüber der beklagten Partei bestehen.

Die genannten Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.

Denn die klagende Partei hat zu keinem Zeitpunkt im Verfahren vorgetragen, dass die Beklagte vor Prozesserhebung - bzw. dann auch im laufenden Verfahren - ihre aus § 613a BGB folgende Verpflichtung bestritten oder auf eine andere Art und Weise in Frage gestellt hätte, die klagende Partei im Versorgungsfall die Versorgungsleistungen zu verschaffen, die ihr zustünden, wenn sie seit dem 01.12.2007 bei der VBL versichert worden wäre.

Im Gegenteil sind vorprozessual mit den Schreiben der Beklagten vom 01.09.2010 und vom 01.11.2010 entsprechende Erklärungen durch die Beklagte abgegeben worden. Diese Erklärungen hat die Beklagte dann nochmals bereits in der erstinstanzlichen Klageerwiderung vom 14.02.2011 abgegeben.

Der vorstehende Umstand ist zwischen den Parteien - und zwar schon zum Zeitpunkt der Klageerhebung - auch gar nicht streitig. Im Gegenteil bestand und besteht - auch nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2011 - Einigkeit der Parteien darüber in dem Punkt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der klagenden Partei im Versorgungsfall gegebenenfalls eine dann bestehende Differenz monatlich zahlen zu müssen, wenn die Versorgungsleistungen aus der abgeschlossenen Versicherung bei der G. nicht ausreichen, um insgesamt die Versorgungssumme zu erreichen, die sich ergeben würde, wenn die klagende Partei weiter bei der VBL versichert worden wäre.

Letztendlich beinhaltet dieser Rechtsstreit - auch nach den Angaben der Klägervertreterin in der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2011 - ausschließlich die Befürchtung der klagenden Partei, dass die Leistungen aus der G.-Versicherung nicht ausreichen werden, um der Höhe nach den Stand im Falle der Weiterversicherung bei der VBL zu erreichen und es insoweit hinsichtlich der zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bestimmbaren Differenz an einer Insolvenzsicherung fehlt, wenn sich denn tatsächlich eine Differenz im zukünftigen Versorgungsfall ergeben sollte.

Diese Besorgnis der klagenden Partei rechtfertigt jedoch nicht die Bejahung des notwendigen Interesses zur Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Abgabe einer Erklärung, dessen Inhalt sie unter Berücksichtigung des gegebenen Sach- und Streitstandes im Zeitpunkt der Klageerhebung weder rechtlich noch tatsächlich in Frage gestellt hat.

2. Der Leistungsantrag der klagenden Partei zur Verurteilung der Beklagten, auch den als weitere Altersvorsorge zugesagten Differenzbetrag gemäß § 11 BetrAVG beim Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit anzumelden, ist ebenfalls unzulässig.

Die insoweit auf Vornahme einer Handlung durch die Beklagte gerichtete Klage genügt nicht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Ziffer 2 ZPO.

Danach muss eine Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten.

Die genannten Voraussetzungen sind wie in der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2011 erörtert und von der Beklagten zutreffend mehrfach schriftsätzlich angesprochen hier nicht erfüllt.

Grundsätzlich ist ein Klageantrag dann hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis erkennbar abgrenzt, den Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung erkennen lässt, das Risiko des (eventuell teilweisen) Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich, wenn er die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (BGH NJW 1999, Seite 954).

Den genannten Vorgaben wird der von der klagenden Partei gestellte Leistungsantrag nicht gerecht.

Denn er ist - anders als in der o. g. Entscheidung des BGH - gerichtet auf eine Verurteilung der Beklagten zur Anmeldung eines z. Z. ungewissen Differenzbetrages bei dem Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Eine konkrete Bezifferung des Anmeldebetrages ist nicht erfolgt. Im Falle der antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten bliebe völlig offen, welche konkrete Erklärung sie gegenwärtig gegenüber dem Pensionssicherungsverein abzugeben hätte, so dass auch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus einer solchen Entscheidung unmöglich wären. Es stünde im Belieben der Beklagten, die Höhe des Anmeldebetrages festzulegen.

Der Hinweis der Klägervertreterin in der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2011, wonach der Leistungsantrag durch die schriftsätzliche Benennung der derzeit feststellbaren Differenz hinreichend präzisiert worden sei, überzeugt nicht. Denn es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass es sich insoweit um einen fiktiven Betrag handelt, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wegen der nicht absehbaren Entwicklung der VBL Versicherung einerseits und der G. Versicherung unter Berücksichtigung der jeweiligen Überschussbeteiligungen andererseits nicht der Differenz im Zeitpunkt des Versorgungsfalles entsprechen wird (wenn es denn tatsächlich eine Differenz geben wird).

Eine "Vorratsverurteilung" der Beklagten auf Grundlage eines unkonkreten Klageantrages ist mit dem Bestimmtheitserfordernis nach § 253 Abs. 2 Ziffer 2 ZPO nicht vereinbar.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Revisionszulassungsgründe (§ 72 Abs. 2 ArbGG) sind nicht gegeben.

Hinweise

Parallelentscheidung zu LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 26.10.2011 - 3 Sa 148/11 und 3 Sa 149/11 -

VorschriftenZPO § 253, ZPO § 256

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