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21.04.2011

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Beschluss vom 04.10.2010 – 26 SHa 1905/10

1. Ein Rechtsmittelführer, der vor Ablauf der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe beantragt hat, ist bis zur Entscheidung über den Antrag so lange als ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Wahrnehmung einer fristwahrenden Handlung verhindert anzusehen, als er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen muss, weil er sich für bedürftig im Sinne der §§ 114 ff. ZPO halten darf und aus seiner Sicht alles getan hatte, damit aufgrund der von ihm eingereichten Unterlagen ohne Verzögerung über sein Prozesskostenhilfegesuch entschieden werden kann.

2. Ein Rechtsmittelführer kann nur dann davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargetan zu haben, wenn er sich rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist auf dem hierfür von § 117 ZPO vorgeschriebenen und von ihm vollständig ausgefüllten Vordruck über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erklärt hat (vgl. BGH 18. November 2009 - XII ZB 79/09 - FamRZ 2010, 283, zu II 2 b der Gründe).

3. Enthält der Vordruck gemäß § 117 ZPO einzelne Lücken, kann ein Antragsteller u.U. gleichwohl darauf vertrauen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe dargetan zu haben. Das kommt namentlich dann in Betracht, wenn auf andere Weise ohne weiteres, etwa anhand der beigefügten Unterlagen, etwaige Lücken geschlossen oder Zweifel beseitigt werden können (vgl. BGH 18. November 2009 - XII ZB 79/09 - FamRZ 2010, 283, zu II 2 b der Gründe). Voraussetzung ist aber jedenfalls, dass überhaupt innerhalb der Rechtsmittelfrist eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingegangen ist. Das war hier nicht der Fall.


In Sachen

pp

hat das Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg, Kammer 26,

durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht K. ohne mündliche Verhandlung am 4. Oktober 2010 beschlossen:

Tenor:

1. Das Gesuch des Klägers, ihm zur Durchführung der Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Senftenberg vom 1. Juli 2010 - 4 Ca 343/09 - Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für ein Berufungsverfahren, mit dem er sich gegen das seine Zahlungsklage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts Senftenberg vom 1. Juli 2010 zur Wehr setzten möchte.

Das Urteil ist dem Kläger am 5. August 2010 zugestellt worden. Mit einem bei dem Landesarbeitsgericht am 1. September 2010 eingegangenen Schriftsatz vom 31. August 2010 beantragt der Kläger, ihm für ein Berufungsverfahren gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Dem per Fax eingegangenen Schriftsatz war ebenso wie dem am 8. September 2010 nachgereichten Original eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht beigefügt.

Der Kläger ist mit Verfügung vom 7. September 2010 auf die sich daraus ergebenden Konsequenzen hingewiesen worden. Daraufhin hat der Kläger am 30. September 2010 eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht, das Original und die Anlagen am 4. Oktober 2010.

II. Die Voraussetzungen für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren liegen nicht vor. Die beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des ArbG Senftenberg bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Satz 1 ZPO, § 11a Abs. 3 ArbGG). Die Berufung müsste nach § 522 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO als unzulässig verworfen werden, weil es der Kläger versäumt hat, die nach § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO erforderliche Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vor Ablauf der Berufungsfrist am 6. September 2010 einzureichen.

1) Ein Rechtsmittelführer, der vor Ablauf der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe beantragt hat, ist bis zur Entscheidung über den Antrag so lange als ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Wahrnehmung einer fristwahrenden Handlung verhindert anzusehen, als er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen muss, weil er sich für bedürftig im Sinne der §§ 114 ff. ZPO halten darf und aus seiner Sicht alles getan hatte, damit aufgrund der von ihm eingereichten Unterlagen ohne Verzögerung über sein Prozesskostenhilfegesuch entschieden werden kann. Ein Rechtsmittelführer kann nur dann davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargetan zu haben, wenn er sich rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist auf dem hierfür von § 117 ZPO vorgeschriebenen und von ihm vollständig ausgefüllten Vordruck über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erklärt hat. Zwar dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Bedürftigkeit dabei nicht überspannt werden, weil dadurch der Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu den Gerichten zu ermöglichen, verfehlt würde. Deshalb dürfen bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen daran, was der Betroffene veranlasst haben muss, um Wiedereinsetzung zu erlangen, auch beim Zugang zu einer Rechtsmittelinstanz nicht überzogen werden. So soll die Partei, auch wenn der Vordruck gemäß § 117 ZPO einzelne Lücken enthält, u.U. gleichwohl darauf vertrauen können, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe dargetan zu haben. Das kommt namentlich dann in Betracht, wenn auf andere Weise ohne weiteres, etwa anhand der beigefügten Unterlagen, etwaige Lücken geschlossen oder Zweifel beseitigt werden können (vgl. BGH 18. November 2009 - XII ZB 79/09 - FamRZ 2010, 283, zu II 2 b der Gründe; 13. Januar 2010 - XII ZB 108/09 - NJW-RR 2010, 424, zu II der Gründe).

2) Diesen Anforderungen genügt der Antrag des Klägers nicht. Der Kläger hat eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erst lange nach Ablauf der Berufungsfrist - nämlich am 30. September 2010 und die Anlagen sogar erst am 4. Oktober 2010 - eingereicht.

III. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

VorschriftenZPO § 114, ArbGG § 11a Abs. 3, ZPO § 117 Abs. 2, ZPO § 522

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