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21.04.2011

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 30.06.2010 – 7 Sa 48/10


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 21.10.2009, Az.: 3 Ca 1388/09, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf eine nochmalige Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens gem. § 69 Abs. 2 ArbGG verzichtet und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 21.10.2009 (dort Seite 2 - 5 = Bl. 79 - 82 d. A.) verwiesen. In Ergänzung des dort festgestellten unstreitigen Tatbestandes wird nachfolgend der Vorstandsbeschluss der Beklagten vom 19.05.2009 auszugsweise wiedergegeben:

"Einsparungen:

Wie im Prüfungsbericht des Genossenschaftsverbandes vom 03.03.2009 festgestellt sind die Kosten im Verhältnis zur bearbeiteten Fläche zu hoch, bedingt auch durch Flächenabgänge in den letzten Jahren. Daher sollen durch Einsparungen höhere Auszahlungsleistungen an unsere Mitglieder ermöglicht werden.

Nach Überprüfung wurde festgestellt, dass insbesondere im

1) LKW-Bereich und in der

2) Warenausgabe

die Kosten - auch im Vergleich zu anderen Genossenschaften - gravierend zu hoch sind.

Der Vorstand hat hierzu folgendes festgestellt:

1) Wir können erheblich kostengünstiger unsere Waren durch Speditionen zu unseren Kunden transportieren lassen. Dadurch entfallen die Unterhaltungskosten, Diesel, Maut, die Vorhaltung des LKW und ein Teil der Personalkosten.

Aus diesem Grund beschließt der Vorstand den M.A.N. LKW zu verkaufen und nur noch die Kastenwagen "Iveco" und den LKW "Mercedes" 7,49 t zu behalten. Um diese beiden Fahrzeuge zu bewegen reicht in Zukunft 1 Fahrer aus.

Unter den Fahrern soll daher aus dringenden betrieblichen Gründen Herr Z bleiben und die anderen Fahrer gekündigt werden. ...

Es wird beschlossen die beiden Fahrer Y und X zu entlassen.

2) Durch den hohen Exportanteil der sich zwischen 20 und 25 % bewegt ist der Personalbestand in der Warenausgabe zu hoch und zu reduzieren.

Hier ist gegenüber Herrn C. eine Änderungskündigung von der bisherigen Ganztagesstelle auf eine Halbtagesstelle auszusprechen. In dieser Halbtagesstelle sollen auch Reinigungsarbeiten im Büro und beim Kellermeister, Toiletten im Büro, Toiletten im Probierraum und Toiletten im technischen Bereich enthalten sein.

Die Reinigungsarbeiten wurden bisher von Frau W mit durchgeführt. Aufgrund der stärkeren Sozialdaten von Herrn C. ist Frau W zu kündigen und Herrn C. deren Aufgabenbereich mit reduzierter Stundenzahl anzubieten. Frau W die einen Teilzeitvertrag von täglich 5 Stunden hat, ist zu kündigen.

Herr V bleibt in der Warenausgabe, da er durch seine Ausbildung als Weinküfer bedarfsweise auch im Keller und im Kelterhaus einsetzbar ist, was künftig bei entsprechendem Bedarf erfolgen soll. Außerdem kann er als Staplerfahrer während der Weinlese und als Fahrer des Kastenwagens "Iveco" eingesetzt werden. ..."

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen in der Änderungskündigung vom 09.06.2009, ihm zugegangen am 17.06.2009, sozial ungerechtfertigt ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat mit Urteil vom 21.10.2009 (Bl. 78 ff. d. A.) der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Änderungskündigung vom 09.06.2009 sei unter Beachtung von § 1 des vollumfänglich anwendbaren Kündigungsschutzgesetzes sozial ungerechtfertigt, da die Beklagte die Sozialauswahl nicht ordnungsgemäß durchgeführt und außerdem den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz grob verletzt habe. Es sei nicht erkennbar, aus welchem Grund neben der Stundenreduzierung auch eine Gehaltsreduzierung gegenüber dem Kläger mit dem Änderungsangebot ausgesprochen worden sei. Es sei, aufgrund fehlender konkreter Tatsachenangaben der Beklagten, auch nicht nachvollziehbar, weshalb Herr V aus der Sozialauswahl herausgenommen worden sei. Insbesondere sei nicht vorgetragen, in welchem Umfang Herr V in der Vergangenheit im Keller gearbeitet habe und aufgrund welcher Tatsachen er zukünftig vermehrt im Kellerbereich eingesetzt werden solle. Des Weiteren sei auch nicht erkennbar, aus welchem Grund dem erheblich sozial stärkeren Kläger die Reinigungsarbeiten, insbesondere auch jene im Toilettenbereich zu einer stark reduzierten Vergütung angeboten worden seien, ohne Herrn V einen Teil dieser Aufgaben zu übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 6 ff. des Urteils vom 21.10.2009 (= Bl. 83 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte, der die Entscheidung des Arbeitsgerichts am 15.10.2010 zugestellt worden ist, hat am 28.01.2010 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 14.04.2010 ihr Rechtsmittel begründet nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 15.04.2010 verlängert worden war.

Die Beklagte macht geltend,

wie sich aus dem Protokoll der Vorstandssitzung vom 19.05.2009 ergebe, habe der Kläger die Arbeitsaufgaben von Frau W zu den mit der Arbeitnehmerin vereinbarten Konditionen übernehmen sollen. Hierdurch habe der Beklagte erreichen wollen, dass die Kosten in der Warenausgabe sich nachhaltig verändern und dort lediglich ein Personalbudget für 1,5 Arbeitsplätze in Zukunft anfalle. Diese unternehmerische Entscheidung stehe nicht zur Überprüfung des Gerichts.

Da sich in der Warenausgabe der Umsatz gegenüber jenem aus Exportgeschäften deutlich verringert habe, sei nicht nur ein Personalabbau notwendig geworden, sondern auch eine Kostenreduzierung bei den Gehältern. Der Genossenschaftsverband, der die Funktion eines Wirtschaftsprüfers bei der Beklagten habe, habe die Personalkosten in der Warenausgabe, aufgrund eines Vergleichs mit anderen Winzergenossenschaften, als zu hoch befunden und eine Reduzierung gefordert.

Die Herausnahme von Herrn V aus der Sozialauswahl sei, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts, rechtlich nicht zu beanstanden. Herr V sollte nämlich in Zukunft hälftig in der Warenausgabe und im Keller eingesetzt werden, wobei dessen Zusatzausbildung zum Weinküfer und die daraus resultierende Flexibilität notwendige Voraussetzungen gewesen seien.

Soweit die Beklagte erstinstanzlich bestritten habe, dass der Kläger als Abteilungsleiter in der Warenausgabe eingesetzt gewesen sei, werde dieser Vortrag aufgegeben. Behandele man den Kläger aber als Abteilungsleiter, sei überhaupt keine Sozialauswahl zu treffen gewesen, da es bei der Beklagten keine gleichgestellten Stelleninhaber gebe. Der Vorstand der Beklagten habe in seiner Sitzung vom 10.11.2009 die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Stelle des Abteilungsleiters in der Warenausgabe zu streichen und diese Tätigkeit direkt dem Geschäftsführer zuzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 14.04.2010 (vgl. Bl. 113 ff. d. A.) verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 21.10.2009 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger führt aus,

die Beklagte habe keinerlei Begründung für den Wegfall des Arbeitsplatzes dargetan. Der Entschluss alleine, Personal abzubauen, sei keine unternehmerische Entscheidung, die einer gerichtlichen Nachprüfung entzogen sei. Die Erklärung der Beklagten, Herr V habe im Keller arbeiten zu verrichten, die der Kläger nicht ausführen könne, sei falsch. Herr V sei zudem seit sieben Jahren nicht mehr im Keller eingesetzt worden. Darüber hinaus habe er keinerlei Arbeiten verrichtet, die eine Ausbildung zum Weinküfer erfordern würden. Dem gegenüber sei der Kläger immer in allen Bereichen eingesetzt und mit allen anfallenden Aufgaben betraut worden.

Dass die Beklagte den Kläger nunmehr als Leiter der Warenausgabe bezeichne, enthebe die Beklagten nicht der Durchführung einer Sozialauswahl. Es komme nämlich nicht auf die Bezeichnung der vom Kläger eingenommenen Stelle an, sondern allein auf den Inhalt der verrichteten Tätigkeit.

Soweit der Vorstand der Beklagten am 10.11.2009 eine Entscheidung über den Wegfall der Abteilungsleiterstelle in der Warenausgabe getroffen habe, könne hieraus keine Folgerung für die Kündigung, die bereits am 09.06.2009 erklärt worden sei, gezogen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 06.05.2010 (vgl. Bl. 130 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gem. §§ 64 ff. ArbGG, 513 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat in seinem Urteil vom 21.10.2009 auf die zulässige Klage zu Recht festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen in der Änderungskündigung vom 09.06.2009 sozial ungerechtfertigt ist.

Vorliegend ist das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis des Klägers vollumfänglich (vgl. § 23 Abs. 1 KSchG) anwendbar; die Klagefrist aus § 4 Satz 2 KSchG wurde eingehalten. Für die Änderungskündigung nach § 2 KSchG müssen hinsichtlich ihrer sozialen Rechtfertigung die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 2 Satz 1 - 3 KSchG erfüllt sein, zumal der Kläger, der seit dem 04.07.1988 bei der Beklagten ohne Unterbrechung beschäftigt ist, Kündigungsschutz im Sinne von § 1 KSchG in Anspruch nehmen kann.

Die von dem Beklagten angebotene Vertragsänderung war somit auf ihre soziale Rechtfertigung hin zu überprüfen. Da die vorliegende Vertragsänderung nicht nur eine Reduzierung der monatlichen Arbeitszeit von 180 auf 100 Stunden vorsieht, sondern darüber hinaus auch eine inhaltliche Änderung der Arbeitstätigkeit sowie eine Verringerung des monatlichen Arbeitsentgeltes von einem monatlichen Festgehalt in Höhe von zuletzt 2.908,50 € brutto - dies entspricht bei 180 Monatsstunden einem Stundenlohn in Höhe von 16,15 € brutto - auf 980,00 € brutto - dies ergibt bei 100 Monatsstunden einen Stundenlohn in Höhe von 9,80 € brutto - muss die Vertragsänderung hinsichtlich jedes dieser untrennbaren Bestandteile sozial gerechtfertigt sein.

Es kann im vorliegenden Fall aber dahinstehen, ob die vorgesehene Reduzierung der Arbeitszeit und die inhaltliche Änderung der Arbeitstätigkeit betriebsbedingt erfolgten, denn jedenfalls gibt es keinen betriebsbedingten Grund für die beabsichtigte Entgeltkürzung.

Die betrieblichen Erfordernisse für eine Änderungskündigung müssen stets dringend sein. Bei der betriebsbedingten Änderungskündigung zur Entgeltsenkung ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber nachhaltig in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung eingreift, wenn er die vereinbarte Vergütung reduziert (vgl. BAG, Urteil v. 26.01.1995 - 2 AZR 428/94 = AP Nr. 37 zu § 2 KSchG 1969). Grundsätzlich sind einmal geschlossene Verträge einzuhalten und es ist anerkannt, dass Geldmangel den Schuldner nicht entlastet. Die Dringlichkeit eines schwerwiegenden Eingriffs in das Leistungs-/Lohngefüge, wie es die Änderungskündigung zur Durchsetzung einer erheblichen Lohnsenkung darstellt, ist deshalb nur dann begründet, wenn bei einer Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstehen, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebes führen. Regelmäßig setzt eine solche Situation einen umfassenden Sanierungsplan voraus, der alle gegenüber der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ausschöpft (vgl. BAG, Urteil v. 11.10.1989 - 2 AZR 375/88 = RzK I 7b Nr. 9). Als solche milderen Mittel können etwa in Betracht kommen, die Absenkung von freiwilligen Zulagen, Rationalisierungsmaßnahmen und sonstige Einsparungen, wobei auch die Sanierungsfähigkeit des Betriebes und eigene Sanierungsbeiträge des Arbeitgebers bzw. Dritter (Banken) zu bewerten sind.

Schließlich ist eine betriebsbedingte Änderungskündigung nur dann wirksam, wenn sich der Arbeitgeber bei einem an sich anerkennenswerten Anlass darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. Urteil v. 15.03.1991 - 2 AZR 582/90 = AP Nr. 28 zu § 2 KSchG 1969, m. w. N.; Urteil v. 24.04.1997 - 2 AZR 352/96 = AP Nr. 42 zu § 2 KSchG 1969). Besteht etwa ein dringendes betriebliches Bedürfnis zu Entgeltkürzungen, so ist der Arbeitgeber regelmäßig verpflichtet, bei der Kürzung des Entgelts innerhalb des Betriebes Gleichbehandlungsgesichtspunkte zu berücksichtigen. Die Arbeitnehmer müssen es billigerweise nicht hinnehmen, dass der Arbeitgeber bei wirtschaftlichen Verlusten ohne sachlichen Grund einzelne von ihnen herausgreift und ihnen eine erhebliche Einkommensminderung ansinnt, während er das Einkommen der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Arbeitnehmer unangetastet lässt (vgl. BAG, Urteil v. 20.08.1998 - 2 AZR 84/98 = AP Nr. 50 zu 3 2 KSchG 1969).

Weder der Entschluss, die Lohnkosten zu senken, noch eine zu diesem Zwecke ausgesprochene Änderungskündigung selbst ist eine im Kündigungsschutzprozess von den Arbeitsgerichten als vorgegeben, hinzunehmende, grundsätzlich bindende Unternehmerentscheidung. Erst wenn der Unternehmer/Arbeitgeber aufgrund des Motivs, Lohnkosten einzusparen, konkrete Maßnahmen im betrieblichen Bereich beschließt, liegt eine unternehmerische Entscheidung vor, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes führt bzw. eine Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen ausschließt. Würde man bereits den Entschluss, die Lohnkosten zu senken, für eine nicht nachprüfbare Unternehmerentscheidung halten, würde den arbeitgeberseitigen Änderungskündigungen selbst, die die Vergütungsregelung betreffen, der Charakter einer nicht nachprüfbaren Unternehmerentscheidung gegeben. Der Arbeitgeber könnte sich dann jeweils mit der Erklärung begnügen, er habe beschlossen, die Vergütung um einen bestimmten Prozentsatz zu kürzen, ohne dass daraufhin überprüft werden könnte, ob denn für diese Entgeltkürzung ein dringendes betriebliches Erfordernis vorliegt. Der Kündigungsschutz bei der Änderungskündigung würde sich also auf die gerichtliche Überprüfung der Zumutbarkeit des Angebots beschränken (vgl. BAG, Urteil v. 20.03.1996 - 2 AZR 294/85 = AP Nr. 14 zu § 2 KSchG 1969).

Unter Beachtung dieser Rechtsgrundsätze ist dem Sachvortrag der Beklagten ein dringendes betriebliches Bedürfnis für die gegenüber dem Kläger erklärte Änderungskündigung nicht zu entnehmen.

1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die in ihrem Vorstandsbeschluss vom 19.05.2009 enthaltene Entscheidung, durch u. a. eine gegenüber dem Kläger auszusprechende Änderungskündigung Lohnkosten im Bereich der Warenausgabe zu senken, keine von den Arbeitsgerichten hinzunehmende, grundsätzlich bindende Unternehmerentscheidung. Konkrete Maßnahmen, welche die Beklagte an ihr Motiv, die Lohnkosten einzusparen, angeknüpft hat, sind im wesentlichen zwei Beendigungskündigungen und eine Änderungskündigung gegenüber konkret benannten Arbeitnehmern. Allerdings kann auch diese Entscheidung nicht der gerichtlichen Nachprüfung entzogen sein, zumal §§ 1, 2 KSchG gerade vorschreiben, dass Änderungskündigungen auf ihre Erforderlichkeit überprüft werden müssen. Die Änderungskündigung ist also nicht selbst die nicht nachprüfbare Unternehmerentscheidung, sondern kann nur deren Folge sein (vgl. BAG, Urteil v. 20.03.1986 - 2 AZR 294/85 = AP Nr. 14 zu § 2 KSchG 1969).

2. Für die unternehmerische Entscheidung zur Kostensenkung im Bereich der Warenausgabe durch Reduzierung des Arbeitsentgeltes des Klägers besteht kein dringendes betriebliches Bedürfnis, da die Beklagte kein Einsparvolumen benannt hat, das sie planmäßig durch ihre Personalmaßnahmen erreichen will. Insbesondere hat sie keinen Sanierungsplan aufgestellt, dessen Umsetzung auch die Lohnreduzierung beim Kläger erforderlich machen würde. Die Beklagte hat letztlich kein konkretes Einsparvolumen benannt, das mit den Personalmaßnahmen erreicht werden soll. Ihre unternehmerische Entscheidung beschränkt sich vielmehr im Wesentlichen auf die Absicht, zwei Beendigungskündigungen und eine Änderungskündigung gegenüber den im Vorstandsbeschluss vom 19.05.2009 konkret benannten Arbeitnehmern zu erklären. Welches finanzielle Einsparvolumen mit diesen Maßnahmen erreicht werden soll und ob dieses Einsparvolumen notwendig ist, um betriebliche, nicht mehr auffangbare Verluste auszugleichen, die ansonsten absehbar zu einer weiteren Reduzierung der Belegschaft oder gar zur Betriebsschließung führen, ist nicht erkennbar. Des Weiteren auch nicht, ob die Entgeltreduzierung beim Kläger über die beiden Beendigungskündigungen hinaus überhaupt notwendig ist, um ein bestimmtes Kosteneinsparvolumen zu erreichen.

3. Selbst wenn man von einem an sich anerkennenswerten Anlass für die Änderungskündigung - entgegen den obigen Ausführungen - ausgehen würde, wäre nicht feststellbar, dass sich die Beklagte darauf beschränkt hat, lediglich jene Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Denn es ist vorliegend nicht nachvollziehbar, weshalb von den in der Warenausgabe nach dem Plan der Beklagten weiterhin tätigen Arbeitnehmern nur der Kläger - neben den weiteren Einschränkungen - auch noch eine Entgeltminderung hinnehmen soll, während sein Arbeitskollege, Herr V, der weiterhin - nach dem Beklagtenvortrag zur Hälfte - in der Warenausgabe tätig sein soll, ohne jegliche Änderung der Arbeitsbedingungen weiter beschäftigt wird. Angesichts dieser Situation gibt es kein dringendes betriebliches Erfordernis, für die ausschließliche Entgeltreduzierung beim Kläger. Vielmehr wird er im Bereich der Warenausgabe als einziger herausgegriffen, der eine Lohnminderung hinnehmen soll.

Angesichts des somit bereits feststehenden Mangels für die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung bedurfte es nicht mehr der Klärung der weiteren zwischen den Parteien streitigen Frage, ob bei der Änderungskündigung die Sozialauswahl unter Beachtung von § 1 Abs. 3 KSchG rechtlich zutreffend durchgeführt wurde. Vielmehr ist die Änderungskündigung bereits wegen Fehlens eines nachvollziehbaren dringenden betrieblichen Bedürfnisses, zumindest aber wegen des Fehlens eines der Billigkeit entsprechenden Änderungsangebotes sozial ungerechtfertigt.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

VorschriftenKSchG § 1, KSchG § 2

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