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02.08.2006 · IWW-Abrufnummer 061438

Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 19.01.2006 – 15 K 328/04 E

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Düsseldorf
15. Senat

Urteil

Aktenzeichen: 15 K 328/04 E,Ki

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tat b e s t a n d:
Die Beteiligten streiten, ob hinsichtlich der bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigenden Schuldzinsen das Halbeinkünfteverfahren Anwendung findet.

Die Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr 2001 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Einkommensteuerbescheid 2001 datierte vom 13.12.2002. Die Kläger machten in der Anlage KAP - der Höhe nach unstreitige - Finanzierungskosten i.H.v. 39.015,00 DM betreffend zwei im Mai 2001 aufgenommene Darlehen über 200.000,00 DM und 300.000,00 DM geltend. Die Darlehen dienten der Finanzierung des zusätzlichen Anteilserwerbs (40 %) des Klägers an der "G-GmbH". Die GmbH, deren Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr übereinstimmte, nahm im Streitjahr 2001 keine offenen Gewinnausschüttungen vor. Im Einkommensteuerbescheid vom 13.12.2002 ließ der Beklagte - das Finanzamt "F-Stadt" - unter Hinweis auf das Halbeinkünfteverfahren nur 50 % der Zinsen für 2001 zum Werbungskostenabzug zu.

Mit ihrer nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage sind die Kläger der Auffassung, dass die Zinsen in voller Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH seien Finanzierungskosten im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn auf längere Sicht mit einem Gewinn - bzw. Ausschüttungspotenzial - für den Gesellschafter zu rechnen sei. Dies sei hier ohne Zweifel gegeben, da die Gesellschaft hoch profitabel sei. Daran ändere sich auch nichts für den Veranlagungszeitraum 2001. Der maßgebliche § 3c Abs. 2 EStG sei nach § 52 Abs. 8a EStG erstmals auf Aufwendungen anzuwenden, die mit Erträgen in wirtschaftlichem Zusammenhang stünden, auf die § 3 Nr. 40 EStG erstmals anzuwenden sei. Die erstmalige Einschränkung der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen sei also von der erstmaligen Anwendung der damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Erträge abhängig. Die erstmalige Anwendung des § 3 Nr. 40 EStG sei abstrakt mit dem allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Feststellungs- und Ausschüttungsverfahren für Kapitalgesellschaften verzahnt. Anzuwenden sei daher § 3 Nr. 40 EStG in vereinfachter Formulierung nach § 52 Abs. 4b EStG ab dem Beginn des nächsten, dem Feststellungs- und Beschlusswirtschaftsjahr folgendem Jahr, in dem über die Verwendung eines letztmals dem alten Körperschaftsteuergesetz unterliegenden Bilanzergebnis beschlossen werden kann. Bei einer Kapitalgesellschaft mit kalendergleichem Wirtschaftsjahr könne damit letztmals im Jahr 2001 eine Gewinnausschüttung für das noch der alten Körperschaftsteuer unterliegende Bilanzergebnis 2000 beschlossen werden. Die erstmalige Anwendung für das Halbeinkünfteverfahren bestimme sich daher auf den 1.1.2002. Damit sei § 3c Abs. 2 EStG für den vorliegenden Veranlagungszeitraum noch gar nicht anwendbar. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des klägerischen Vortrags wird auf die Klagebegründung vom 22.03.2004 (BI. 22 ff. d. FG-Akte) verwiesen.

Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 13.12.2002 und die Einspruchsentscheidung vom 17.12.2003 wegen der nicht berücksichtigten Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer für 2000 unter Berücksichtigung des vollen Schuldzinsenabzugs entsprechend herabgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Werbungskosten stünden im wirtschaftlichen Zusammenhang mit erst im Jahre 2002 erfolgten Gewinnausschüttungen. Ab 2002 gelte aber dann zweifelsohne das Halbeinkünfteverfahren.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 08.12.2005 (BI. 31 der FG-Akte) und vom 16.01.2006 (BI. 34 der FG-Akte) auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - aufgrund des Verzichts der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

Die Klage ist nicht begründet.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2001 vom 13.12.2002 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Einer vollumfänglichen steuerlichen Berücksichtigung der Schuldzinsen als Werbungskosten steht im Jahre 2001 das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG entgegen.

1. Nach § 3c Abs. 2 EStG in der im Streitjahr 2001 geltenden Fassung dürfen Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zu Grunde liegenden Einnahmen des Gesellschafters in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden. Zu den Einnahmen im Sinne von § 3 Nr. 40 EStG zählen auch die seitens der "G-GmbH" zu erwartenden Gewinnausschüttungen.

2. Der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang i.S.d. § 3c Abs. 2 EStG ist zu bejahen. Im Gegensatz zu § 3c Abs. 1 EStG, der allgemein Werbungskosten und Betriebsausgaben bei einem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen einem Abzugsverbot unterstellt, fordert § 3c Abs. 2 EStG keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang, sondern lässt schlicht einen wirtschaftlichen Zusammenhang, also auch einen mittelbaren Zusammenhang, genügen. Die Zinsaufwendungen des Klägers stehen in einem derartigen wirtschaftlichen Zusammenhang mit (zukünftigen) gem. § 3 Nr. 40 EStG zur Hälfte steuerfreien Einnahmen. Daran vermag nichts zu ändern, dass bislang mangels Gewinnausschüttungen der GmbH tatsächlich keine Einnahmen erzielt wurden. Da § 3c Abs. 2 EStG gerade keinen zeitlichen Zusammenhang fordert, besteht auch zuerst viel später erzielten Einnahmen der erforderliche Bezug. Dies gilt auch dann, wenn derartige Einnahmen entgegen der ursprünglichen Erwartung auf Grund der schlechten Entwicklung des Unternehmens oder einer späteren Anteilsveräußerung nicht zugeflossen sind.

3. Nach Auffassung des Senats ist § 3c Abs.2 EStG daher auch auf die im Streitjahr 2001 angefallenen Zinsen anzuwenden. Denn gemäß § 52 Abs. 8a EStG ist § 3c Abs. 2 EStG erstmals auf die Aufwendungen anzuwenden, die mit Erträgen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, auf die § 3 Nr. 40 EStG erstmals anzuwenden ist. § 3 Nr. 40 EStG ist nach § 52 Abs. 4a Nr. 1 EStG erstmals anzuwenden für Gewinnausschüttungen, auf die bei der ausschüttenden Körperschaft der aufgehobene 4. Teil des Körperschaftsteuergesetzes nicht mehr anzuwenden ist. Die Vorschriften des 4. Teils des Körperschaftsteuergesetzes sind gemäß § 34 Abs. 10a Nr. 1 KStG in der Fassung vom 19.12.2000 letztmals anzuwenden für Gewinnausschüttungen, die auf einem Gewinnverteilungsbeschluss für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr beruhen und die in dem ersten Wirtschaftsjahr erfolgen, das in dem Veranlagungszeitraum endet, für den das Körperschaftsteuergesetz in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 23.10.2000 erstmals anzuwenden ist (§ 34 Abs. 1 KStG 2001). Ausschüttungen für das Jahr 2001 bei kalendergleichem Wirtschaftsjahr, die in 2002 beschlossen und ausgezahlt werden, unterfallen daher bereits dem Halbeinkünfteverfahren. Damit sind die in 2001 aufgewendeten Schuldzinsen nur zur Hälfte abziehbar (so auch FG Düsseldorf, Urteil vom 10.03.2003 13 K 5410/02 E, EFG 2003, 1070 mit Anmerkung Neu; FG Münster, Urteil vom 28.05.2004 11 K 1743/03 E, EFG 2004, 1507; Hessisches FG, Urteil vom 23.05.2005 13 K 2838/04, juris, Nichtzulassungsbeschwerde anhängig unter dem Az. VIII B 128/05; OFD Frankfurt, Verfügungen vom 02.05.2003 und 19.04.2004, OB 2003, 1412 und DStR 2004, 999 sowie OFD Koblenz, Verfügung vom 19.03.2004, DStR 2004, 771; vgl. auch FG Köln, Beschluss vom 20.07.2005 15 V 2441/05, EFG 2005,1595 mit Anmerkung Herlinghaus).

4. Soweit die Kläger einen Verstoß der Vorschrift des § 3c Abs. 2 EStG gegen den EGVertrag rügen, dringt ihr Vorbringen nicht durch. Es ist weder die Niederlassungsfreiheit nach Artikel 43 i.V.m. Artikel 48 EG-Vertrag noch die Kapitalverkehrsfreiheit (Artikel 56 EG-Vertrag) betroffen. Nach dem Wortlaut der Regelungen über die Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit soll sicher gestellt werden, dass die Gemeinschaftsangehörigen sowie die ihnen gleich gestellten Gesellschaften im Aufnahmestaat wie Inländer behandelt werden (Grundsatz der Inländer-Gleichbehandlung). Daneben verbieten sie auch sonstige Behinderungen, die ohne Diskriminierung der Gesellschaft nach dem Sitz geeignet sind, die Ausübung der durch den EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten des Gemeinschaftsrechts zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Im Streitfall liegt aber weder ein Verstoß gegen den Grundsatz der Inländer-Gleichbehandlung noch eine echte Diskriminierung nach dem Wohnsitz des Gesellschaft vor. Denn die beschränkte Abzugsfähigkeit von Beteiligungsaufwendungen an inländischen Gesellschaften gilt für alle im Inland ansässigen Steuerpflichtigen. Für einen Verstoß gegen den EG-Vertrag fehlt es an der erforderlichen Grenzüberschreitung. Zudem differenziert § 3c Abs. 2 nach dem Kriterium der Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen und nicht nach dem Wohnsitz der Gesellschafter oder des Sitzes der Gesellschaft.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zu zulassen. Die Frage einer Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG im Jahr 2001 war bislang noch nicht Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die Frage dürfte zudem für eine Vielzahl von Fällen über den zu entscheidenden Fall hinaus von Bedeutung sein.

RechtsgebietEStGVorschriften§ 3 c Abs. 2 EStG

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