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06.05.2004 · IWW-Abrufnummer 040967

Amtsgericht Hamburg-Altona: Urteil vom 04.09.2003 – 317 C 145/03

Zur Frage, ob die Gewährleistungsregeln des neuen Verbrauchergüterkaufrechts umgangen werden, wenn ein Gebrauchtwagenhändler den Kauf eines gebrauchten KfZ zwischen Privatleuten vermittelt, statt selbst als Verkäufer aufzutreten


AG Hamburg
Urteil vom 4.9.2003
317 C 145/03

Tenor

1. Der Beklagten wird verurteilt, an den Kläger EUR 1.800,00 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 21. Februar 2002 zu zahlen. Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig gegen Sicherheitsleistung von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger war Halter und Eigentümer eines PKW Dodge, Erstzulassung 1991, den er im Dezember 2001 verkaufen wollte. Dies sollte über den Gebrauchtwagenhändler R. geschehen, auf dessen Betriebsgelände das Fahrzeug abgestellt wurde. Im Januar 2002 interessierte sich der Beklagten für das Fahrzeug. Nach mindestens einer Probefahrthändigte Herr R. dem Beklagten am 31. Januar 2002 das KFZ, nebst Brief, in welchem der Kläger als Fahrzeughalter eingetragen war, und Schlüssel aus. Bei dieser Gelegenheit zahlte der Beklagten dem Zeugen R. einen Geldbetrag, der vom Kläger mit EUR 700,00 vom Beklagten mit EUR 1.000,00 angegeben wird. Der Beklagten meldete das Fahrzeug auf seinen Namen an und händigte Herrn R. den Brief anschließend wieder aus. Im Februar 2002 telefonierten der Kläger und der Beklagte. In diesem Gespräch ging es darum, dass der Beklagte noch einen Satz Sommerreifen und Glühbirnen erhalten sollte. Mit Herrn R. sprach der Beklagte zwischenzeitlich noch über die Reparatur eines platten Reifens. Am 20. Mai 2002 brachte der Beklagte das Fahrzeug mit einem Motorschaden auf das Betriebsgelände des Zeugen R. zurück.

Der Kläger behauptet, er habe dem Beklagten das Fahrzeug durch Vermittlung des Zeugen R. zum Preis von EUR 2.500,00 verkauft. Herr R. habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er das Fahrzeug nicht im eigenen Namen, sondern für den Kläger verkaufe. Nach Abzug der Anzahlung habe der restliche Kaufpreis von EUR 1.800,00 ab Februar 2002 in monatlichen Raten von EUR 400,00 bis 500,00 beglichen werden sollen. Ein schriftlicher Kaufvertrag habe im Februar aufgesetzt werden sollen; dazu sei es aber nicht gekommen, weil der Beklagte sich nicht mehr bei dem Zeugen R. gemeldet hätte. Der Kläger verlangt Begleichung des aus seiner Sicht ausstehenden Restbetrages.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger EUR 1.800,00 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 1.4.2002 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

Der Beklagte behauptet, das Fahrzeug habe einen Schaden am Radlager gehabt. Herr R. und er hätten sich vor Übergabe des Fahrzeugs darüber geeinigt, dass der Zeuge R. diesen Schaden noch repariere. Nach dieser Reparatur habe man dann einen schriftlichen Kaufvertrag abschließen wollen. Als Anzahlung auf den nicht näher bekannten Restkaufpreis habe der Beklagte EUR 1.000,00 geleistet. Das Fahrzeug habe er schon vor dem Abschluss des Vertrages zur Nutzung erhalten. Nur aus versicherungstechnischen Gründen sei es bereits umgemeldet worden. Dass der Dodge Eigentum des Klägers und nicht des Zeugen R.s sei, habe der Beklagten erst bei der Rückgabe des Fahrzeugs im Mai 2002 erfahren. Bei dieser Gelegenheit habe er erklärt, dass er nun an einem Vertragsabschluss nicht mehr interessiert sei. Der Zeuge R. habe das Fahrzeug sodann ohne weiteres zurückgenommen.

Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen R., für dessen Aussage auf das Protokoll vom 5.5.2003 Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der Beklagten ist gemäß § 433 II BGB in Verbindung mit einem mündlich durch Vermittlung des Zeugen R. abgeschlossenen Kaufvertrag verpflichtet, den eingeklagten Restkaufpreis von EUR 1.800,00 an den Kläger zu zahlen.

Das Gericht ist nach der Aussage des Zeugen R. in Verbindung mit weiteren Indizien zu dem Ergebnis gelangt, dass die Parteien tatsächlich einen mündlichen Kaufvertrag über den streitgegenständlichen Chrysler-Dodge abgeschlossen haben, wonach der Beklagte einen Kaufpreis von EUR 2.500,00 zu zahlen hatte. Da der Beklagte seinerseits nicht beweisen konnte, dass er mehr als die zugestandenen EUR 700,00 auf den Kaufpreis gezahlt hat, muss der eingeklagte Betrag von EUR 1.800,00 als ausstehender Restbetrag zugrunde gelegt werden.

Der Zeuge R. hat bekundet, dass er das Fahrzeug für den Kläger an den Beklagten verkauft habe. Die Schilderung des Verkaufs wird objektiv gestützt durch den Umstand, dass der Zeuge dem Beklagten das Fahrzeug überließ und dass sich der Beklagten als Halter des Fahrzeugs anmeldete.

Es mutet allerdings merkwürdig an, dass der Zeuge als Gebrauchtwagenhändler nicht sofort einen schriftlichen Kaufvertrag mit dem Beklagten abgeschlossen hat. Hierzu hat der Zeuge erklärt, der schriftliche Vertrag habe eigentlich nach der Ummeldung des Fahrzeugs, bei Rückgabe des Briefs an den Zeugen, gefertigt werden sollen. Der Beklagte sei aber bei dieser Gelegenheit sehr in Eile gewesen, so dass das Schriftliche verschoben worden sei. Aus früheren Geschäften, in den ebenfalls Ratenzahlungen vereinbart worden seien, sei man bereits miteinander bekannt gewesen und er habe dem Beklagten vertraut.

Kann sich ein Gebrauchtwagenhändler so verhalten? Vielleicht nicht jeder, aber einer, welcher dem Interessenten, ohne dass dieser bezahlt hätte, das Fahrzeug nebst KFZ-Brief aushändigt, sicherlich. Dies nur bei wirklich vorhandenen Vertrauen in die Verlässlichkeit des Gegenübers erklärlich. Gegen den Verkauf spricht auch nicht, dass die Rückgabe des KFZ-Briefs nach der Ummeldung des Fahrzeugs vereinbart war. Dies ist bei vereinbarten Ratenzahlungen ein übliches Sicherungsmittel. Die Rückgabe des Briefs ist damit gleichzeitig ein Indiz dafür, dass ein Restkaufpreis noch bezahlt werden sollte, wie es auch der Zeuge schilderte.

Demgegenüber ist die Schilderung des Beklagten in Anbetracht der objektiven Tatsachen wenig plausibel. Wenn ihm das Fahrzeug nur im Hinblick auf einen eventuellen späteren Erwerb überlassen worden ist, dann hätte es nahegelegen, eine konkrete Nutzungsentschädigung für einen konkreten Zeitraum zu bestimmen und bereits einen Restkaufpreis zu vereinbaren. Beides ist nach der Schilderung des Beklagten nicht erfolgt. Auch erscheint es zweifelhaft, dass bei einer derartigen Überlassung bereits eine Ummeldung des Fahrzeugs vorgenommen wird, obwohl nicht einmal sicher ist, dass es überhaupt später erworben wird. Auch versicherungstechnische Vorteile dieser Handhabung erklären nicht, wieso das Fahrzeug auf unbestimmte Zeit genutzt werden sollte, um dann zu einem unbestimmten Restkaufpreis erworben zu werden. Die geleistete Anzahlung vereinfacht die entstehenden Probleme nicht, weil keine Seite gewusst hätte, wie lange der Beklagten dafür fahren durfte, falls er das Fahrzeug am Ende doch nicht abnähme.

Soweit der Beklagte behauptet, es sei vereinbart worden, dass der Zeuge R. noch eine Reparatur an den Radlagern vornähme, wird dies ebenfalls durch die Aussage des Zeugen R. widerlegt. Diese Aussage ist gegenüber der Darstellung des Beklagten vorzuziehen, weil keinerlei Bemühungen des Beklagten ersichtlich sind, einen Termin für die vereinbarte Reparatur zu vereinbaren. Als Nutzer des Fahrzeugs wäre das seine Sache gewesen.

Ferner ergibt sich aus der Aussage des Zeugen R. in Verbindung mit weiteren Indizien, dass Vertragspartner des Beklagten nicht etwa der Zeuge R., sondern der Kläger war. Dass der Beklagte wusste, dass das Fahrzeug nicht durch den Zeugen R. veräußert werden sollte, ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass der Zeuge R. nicht im KFZ-Brief eingetragen war. Herr R. konnte das Fahrzeug erworben haben, ohne es (schon) auf seinen Namen angemeldet zu haben. Es ist jedoch unstreitig, dass der Beklagte bereits im Februar mit dem Kläger telefoniert hat, um noch zum Fahrzeug gehörende Reifen und Glühbirnen zu bekommen. Wäre der Beklagten der Meinung gewesen, Herr R. sei der Verkäufer gewesen, wäre eine solche Kontaktaufnahme ziemlich ungewöhnlich. Insofern glaubt das Gericht auch insoweit dem Zeugen R., zumal der Zeuge R., im Unterschied zum Beklagten, plausibel auch die Preisverhandlungen geschildert hat. In diesen Verhandlungen ging es sowohl um die Höhe des Preises, EUR 2.750 (bzw. DM 5.000,00) oder EUR 2.500,00 als auch um die Bereitschaft, Ratenzahlungen zu akzeptieren. Hinsichtlich beider Punkte waren nach der glaubhaften Darstellung des Zeugen Rücksprachen mit dem Kläger erforderlich, aus denen für den Beklagten ebenfalls deutlich wurde, dass Herr R. hier kein eigenes Fahrzeug verkaufen wollte.

Schließlich ergibt sich aus der Aussage des Zeugen R. nicht, dass das Fahrzeug einvernehmlich, unter Aufhebung des bestehenden Vertrages, zurückgenommen wurde. Zwar sind die Details, wie diese Rückgabe vonstatten ging, ungeklärt. Dazu gehört auch die Frage einer Vertragsaufhebung, für welche der Beklagte beweispflichtig ist. Diesen Beweis konnte er nicht erbringen. Schon nach seiner eigenen Darstellung hätte dafür auch kein Anlass bestanden, denn nach seiner Darstellung bestand kein Vertrag, den man hätte aufheben können.

Dass das Fahrzeug am 24. Mai 2002 stillgelegt wurde und dass der Kläger erst im Februar des Jahres 2003 Ansprüche bei dem Beklagten anmeldete, kann indizieren, dass seitens des Klägers bzw. des Zeugen R. eine anderweitige Verwertung des Fahrzeugs versucht wurde, nachdem der Beklagte die Vertragserfüllung abgelehnt hatte. Daraus aber kann der Beklagte im Hinblick auf seine zuvor eingegangenen Verpflichtungen nichts herleiten.

Auf der Grundlage der vorstehenden Feststellungen schuldet der Beklagte den restlichen Kaufpreis. Soweit ein Schaden an den Radlagern vorgelegen haben sollte, kann der Beklagte daraus nichts herleiten, weil nicht ersichtlich ist, dass bezüglich dieses Mangels eine Reparatur verlangt wurde. Aus dem im Mai 2002 vorliegenden Motorschaden kann der Beklagte ebenfalls nichts herleiten. Es ist nichts dazu vorgetragen, dass dieser Schaden bzw. seine Ursachen bereits bei der Übergabe des Fahrzeugs vorhanden war. Zugunsten des Beklagten gilt auch nicht die Vermutung des § 476 BGB, weil der Beklagte das Fahrzeug eben nicht von einem Unternehmer, dem Zeugen R., sondern nur durch Vermittlung eines Unternehmers, von dem Kläger erworben hat.

Dafür, dass diese Vermittlung im vorliegenden Fall als nach § 475 I Satz 2 BGB unzulässige Umgehung des Gewährleistungsrechts zu werten ist, bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte. Für die vorliegende Gestaltung gibt es nämlich auch dann wirtschaftliche Gründe, wenn das Gewährleistungsrecht außer Betracht gelassen wird: Das Risiko, dass das Fahrzeug schwer oder gar nicht verkäuflich ist, bleibt beim ursprünglichen Eigentümer. Der Händler muss auch nicht Kapital durch den Ankauf des Fahrzeugs binden. Dafür werden andererseits seine Verdienstmöglichkeiten eingeschränkt sein, weil der Kaufpreis abzüglich einer zu erwartenden Provision, dem ursprünglichen Eigentümer zufließt. Ein solches Geschäft hat seine eigene wirtschaftliche Berechtigung gegenüber dem schlichten Zwischenhandel (billig einkaufen, teuer verkaufen) und kann daher nicht als bloße Umgehung angesehen werden. Eine Umgehung beruht regelmäßig darauf, dass zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Erfolgs eine an sich dafür nicht geschaffene rechtliche Form zweckentfremdet wird, das wirtschaftlicher Inhalt und der zur Verwirklichung gewählte Weg nicht übereinstimmen. Eine derartige Feststellung lässt sich hier nicht treffen.

Die Zinsentscheidung beruht auf den §§ 286, 288 BGB. Der Beklagten schuldet Zinsen jedoch erst ab dem 21.2.2003, weil der Betrag erst zu diesem Datum angemahnt wurde. Eine exakte kalendermäßige Bestimmung der Fälligkeit der einzelnen Raten bzw. der Schlusszahlung ist nicht getroffen bzw. bewiesen worden.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 II ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und Sicherheitsleistung beruht auf den §§ 709 bzw. 708 Nr.11, 711 ZPO.

RechtsgebietKaufrechtVorschriften§ 433 BGB

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