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21.07.2004 · IWW-Abrufnummer 041901

Bundesministerium der Finanzen: Gesetzentwurf vom 28.04.2004 – BMJ R B 3 - 4104 - 13 - 1 R 5 787/2003


Diskussionsentwurf



Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vemögensabschöpfung bei Straftaten


BMJ
R B 3 ? 4104-13-1 R 5 787/2003

Stand 28. April 2004

A) Problem

Das geltende Recht der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (§§ 73 bis 76a StGB; §§ 111b bis 111l StPO) hat sich in der Praxis grundsätzlich bewährt und lässt weitgehend eine effektive Abschöpfung der aus einer Straftat erlangten wirtschaftlichen Vorteile zu. Bei der Umsetzung der Vorschriften über die Rückgewinnungshilfe beim Verfall und beim Verfall des Wertersatzes (§§ 111b bis 111l StPO i.V.m. §§ 73, 73a StGB ) haben sich in der Praxis jedoch einzelne Regelungsdefizite gezeigt, die punktuelle Änderungen oder Ergänzungen des geltenden Prozessrechts erforderlich machen. So kann nach geltendem Recht letztlich nicht ausgeschlossen werden, dass der durch eine Straftat erlangte Vermögensvorteil wieder an den Täter zurückfällt, wenn Verfall oder Verfall des Wertersatzes nur deshalb nicht angeordnet werden können, weil dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde (§73 Abs. 1 Satz 2 StGB), die Verletzten aber unbekannt sind oder ihre Ansprüche nicht geltend machen. Ferner trägt das geltende Recht dem Opferschutz insoweit nicht genügend Rechnung, als die Zwangsvollstreckung des Verletzten in die Gegenstände, in die zur Sicherung des Verfalls von Wertersatz der dingliche Arrest vollzogen ist (§ 111g StPO), nur unzureichend geregelt ist. Schließlich hat sich bei der Frist für die Aufrechterhaltung der vorläufigen Sicherungsmaßnahmen (§111b Abs. 3 StPO) sowie bei der Bekanntgabe der Beschlagnahme- oder Arrestanordnung, der Zuständigkeit und der Zustellung beim Arrestvollzug und bei der Notveräußerung (§§ 111e, 111f Abs. 3 und § 111l StPO) in der Praxis erheblicher Verbesserungsbedarf im Hinblick auf eine effektive und ökonomische Verfahrensweise ergeben.

B) Lösung

Mit dem auf den Ergebnissen einer Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft beruhenden Entwurf soll im Rahmen des bisherigen Normenkonzepts durch eine prozessuale Lösung sichergestellt werden, dass der kriminelle Gewinn unter den eingangs genannten Umständen nicht dem Täter verbleibt. Zudem soll durch eine Ergänzung der Vorschriften über die Zwangsvollstreckung des Verletzten in die vorläufig gesicherten Gegenstände dessen Position gegenüber Drittgläubigem gestärkt werden. Des weiteren ist eine Ausdehnung der Frist für die Aufrechterhaltung der vorläufigen Sicherungsmaßnahmen und einzelne Änderungen bei der Bekanntgabe der Beschlagnahme- oder Arrestanordnung, der Zuständigkeit und der Zustellung beim Arrestvollzug und bei der Notveräußerung vorgesehen, durch die das Verfahren effektiviert und der Aufwand für die Praxis möglichst gering gehalten werden kann. Durch die punktuellen, rein prozessualen Änderungen bleibt das bisherige System der Vermögensabschöpfung bei Straftaten grundsätzlich unberührt, so dass Umsetzungsprobleme in der Praxis nicht zu erwarten sind.

C) Alternativen

Keine.

D) Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Keine.

2. Vollzugsaufwand

Es kann ein erhöhter Vollzugsaufwand für Strafverfolgungsbehörden und Gerichte dadurch entstehen, dass die Regelungen zur Gewährleistung der Rückgewinnungshilfe zugunsten des Verletzten einer Straftat erweitert werden (insbesondere durch die Änderungen in den §§ 100g, 1OOi StPO-E). Dem stehen aufgrund der Neuregelung in § 111i StPO-E (?Auffangrechtserwerb" des Staates) voraussichtlich erhebliche Vermögenszuflüsse für den Fiskus gegenüber, wenn Verletzte ihre Ansprüche nicht geltend machen. Zudem führt die verbesserte Gewinnabschöpfung zu einer effektiveren Bekämpfung der gewinnorientierten, mit hohen volkswirtschaftliche Schäden verbundenen Kriminalität.

E) Sonstige Kosten

Keine.

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vormögensabschöpfung bei Straftaten

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung der Strafprozessordnung

Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987, (BGBI. l S. 1074, 1319), zuletzt geändert durch Artikel ... des Gesetzes vom ... (BGBI. l S. ...), wird wie folgt geändert:

1. In § 111b Abs. 3 Satz 2 wird das Wort ?drei" durch das Wort ?sechs" ersetzt.

2. § 111e wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 3 werden die Wörter ?Die Anordnung" durch die Wörter ?Der Vollzug" ersetzt.

b) Absatz 4 wird wie folgt gefasst:

?(4) Die Mitteilung kann durch einmaliges Einrücken in den (elekronischen) 1) Bundesanzeiger oder in anderer geeigneter Weise erfolgen, wenn eine Mitteilung gegenüber jedem Einzelnen mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wäre oder wenn zu vermuten ist, dass noch unbekannten Verletzten aus der Tat Ansprüche erwachsen sind."

3. § 111f wird wie folgt geändert:

a) Absatz 3 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 werden nach dem Wort ?Behörde" ein Komma und die Wörter ?den Gerichtsvollzieher" eingefügt.

1) Wird die kostengünstigere Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger vorgesehen, werden entsprechende Änderungen auch in den §§ 291, 292, 371 StPO zu erwägen sein.

bb) In Satz 3 werden die Wörter ?der Richter, bei Gefahr im Verzuge auch die Staatsanwaltschaft zuständig" durch die Wörter ?die Staatsanwaltschaft oder das Gericht zuständig, das den Arrest angeordnet hat" ersetzt.

cc) Es wird folgender Satz angefügt:

?Gegen Maßnahmen, die in Vollziehung des Arrestes getroffen werden, kann der Betroffene jederzeit die gerichtliche Entscheidung beantragen."

b) Es wird folgender Absatz 4 angefügt:

?(4) Für die Zustellung gilt §37 Abs. 1 mit der Maßgabe, dass auch die Hilfsbeamten (Ermittlungspersonen) der Staatsanwaltschaft (§152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) mit der Ausführung beauftragt werden können."

4. §111g wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 werden nach der Bezeichnung ?§.111c" die Wörter ?und der Arrest nach § 111d" eingefügt.

b) In Absatz 2 Satz 1 werden nach der Bezeichnung ?(§ 111c)" die Wörter ?oder den Arrest (§ 111d)" eingefügt.

c) Dem Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:

?Die Sätze 1 und 5 gelten sinngemäß für die Wirkung des Pfandrechts, das durch die Vollziehung eines Arrests (§ 111d) in das bewegliche Vermögen entstanden ist."

d) In Absatz 4 werden die Wörter ?der beschlagnahmte Gegenstand" durch die Wörter ?der Gegenstand, der beschlagnahmt oder aufgrund des Arrestes gepfändet worden ist," ersetzt.

5. Dem § 111h wird folgender Absatz 4 angefügt:

?(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn der Arrest nach § 111d in ein Schiff, Schiffsbauwerk oder Luftfahrzeug im Sinne des § 111c Abs. 4 Satz 2 vollzogen ist"

6. § 111i wird wie folgt gefasst:

?§111i

(1) Das Gericht kann anordnen, dass die Beschlagnahme nach § 111c oder der Arrest nach § U1d für die Dauer von höchstens drei Monaten aufrechterhalten, werden, soweit

1. im Urteil lediglich deshalb nicht auf Verfall oder Verfall des Wertersatzes erkannt wird, weil das Verfahren nach den §§ 430 und 442 auf die anderen Rechtsfolgen beschränkt wird, und

2. die sofortige Aufhebung gegenüber dem Verletzten unbillig wäre.

(2) Das Gericht kann anordnen, dass die Beschlagnahme nach § 111c oder der Arrest nach § 111d für die Dauer von drei Jahren aufrechterhalten wird, soweit

1. im Urteil lediglich deshalb nicht auf Verfall oder Verfall des Wertersatzes erkannt wird, weil Ansprüche eines Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches entgegenstehen, und

2. der Verletzte wegen seiner Ansprüche noch nicht

a) im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung verfügt hat
oder

b) aus Vermögen befriedigt wurde, das nicht beschlagnahmt oder im Wege der Arrestvollziehung gepfändet worden ist.

Wird das Urteil erst nach Ablauf von drei Jahren rechtskräftig, so endet die Frist mit dem Eintritt der Rechtskraft.

(3) Mit Ablauf der Frist nach Absatz 2 fallen die beschlagnahmten Gegenstände nach Maßgabe des § 73e Abs. 1 des Strafgesetzbuches an den Staat. Soweit der Arrest nach Absatz 2 aufrechterhalten wurde, entsteht mit Ablauf der Frist ein Anspruch des Staates auf Zahlung eines Geldbetrags, der dem Wert des aus der Tat Erlangten entspricht. Dies gilt nicht, soweit der Verletzte zwischenzeitlich wegen seiner Ansprüche

1. im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung verfügt hat oder

2. nachweislich aus Vermögen befriedigt worden ist, das nicht beschlagnahmt oder im Wege der Arrestvollziehung gepfändet worden war.

Das Gericht stellt diese Wirkungen durch Beschluss fest. §111l Abs. 4 gilt entsprechend. Der Beschluss kann mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden.

(4) Zugleich geht das durch die Vollziehung des dinglichen Arrestes begründete Pfandrecht auf den Staat über und kann nach den Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozessordnung zugunsten des Staates verwertet werden. Der Erlös sowie hinterlegtes Geld fallen dem Staat zu. Mit der Verwertung erlischt der nach Absatz 3 Satz 2 und 3 entstandene Zahlungsanspruch auch insoweit, als der Verwertungserlös hinter der Höhe des Anspruchs zurückbleibt.

(5) Die Anordnung nach Absatz 2 ist dem Betroffenen sowie dem durch die Tat Verletzten unverzüglich mitzuteilen. Die Mitteilung an den Verletzten ist zu verbinden mit dem Hinweis auf die in Absatz 3 und 4 genannten Folgen und auf die Möglichkeit, Ansprüche im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung durchzusetzen. §111e Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Soweit der Verurteilte oder der von der Beschlagnahme oder dem Arrest Betroffene die hierdurch gesicherten Ansprüche des Verletzten nach Ablauf der in Absatz 2 genannten Frist befriedigt hat, kann der Betroffene bis zur Höhe des dem Staat zugefallenen Erlöses Ausgleich verlangen. Der Ausgleich ist ausgeschlossen,

1. soweit der Verwertungserlös hinter der Höhe des nach Absatz 3 dem Staat entstandenen Zahlungsanspruchs zurückgeblieben ist oder

2. wenn seit dem Ablauf der Frist nach. Absatz 2 30 Jahre verstrichen sind."

7. §111 k wird wie folgt gefasst:

..?§ 111k

Wird eine bewegliche Sache, die nach § 94 beschlagnahmt oder sonst sichergestellt oder nach § 111c Abs. 1 beschlagnahmt worden ist, für Zwecke des Strafverfahrens nicht mehr benötigt, so soll sie dem Verletzten, dem sie durch die Straftat entzogen worden ist, herausgegeben werden, wenn er bekannt ist und Ansprüche Dritter nicht entgegenstehen. Die Staatsanwaltschaft kann die Entscheidung des Gerichts herbeiführen, wenn das Recht des Verletzten nicht offenkundig ist."

8. §111l wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 wird nach Satz 1 folgender Satzeingefügt:

?Darüber hinaus können in den Fällen des § 111i Abs. 2 Gegenstände, die aufgrund eines Arrestes (§ 111d) gepfändet worden sind, nach Rechtskraft des Urteils auch dann veräußert werden, wenn die Aufbewahrung, Pflege oder Erhaltung mit erheblichen Kosten oder Schwierigkeiten verbunden ist."

b) Dem Absatz 5 wird folgender Satz angefügt:

?Die Notveräußerung auf andere Weise und durch eine andere Person als den Gerichtsvollzieher kann angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, dass dadurch ein höherer Erlös erzielt werden kann."

9. § 267 wird wie folgt geändert:

a) Dem Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:

?Wird der Verfall oder der Verfall des Wertersatzes aus den in § 111i Abs. 2 genannten Gründen nicht angeordnet, so muss sich dies sowie der Umfang des Erlangten stets aus den Urteilsgründen ergeben."

b) In Absatz 4 wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:

?Absatz 3 Satz 5 ist anzuwenden."

10. §409 Abs. 1 Satz 3 wird wie folgt gefasst:

?§ 267 Abs. 3 Satz 5, Abs. 6 Satz 2 gilt entsprechend".

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft.

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