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28.11.2003 · IWW-Abrufnummer 032463

Arbeitsgericht Nürnberg: Urteil vom 05.08.2003 – 9 Ca 4096/03

1 Wenn ein instanzabschließendes Urteil dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit nach dem Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) zuspricht, dann steht dem Arbeitnehmer bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens grundsätzlich ein Beschäftigungsanspruch auf der von ihm begehrten reduzierten Stundenbasis zu gemäß §§ 611, 613, 242 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1 i.V.m. 2 Abs. 1 GG.



2. Dieser Beschäftigungsanspruch auf der reduzierten Stundenbasis kann als zusätzlicher Klageantrag im Hauptsacheverfahren gestellt werden.



3. Die besondere Dringlichkeit der Entscheidung für den Arbeitnehmer ist bei der zu treffenden Abwägungsentscheidung zwischen den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen als ein wesentlicher Abwägungsfaktor zu berücksichtigen. Sie ist im Hauptsacheverfahren keine Sachentscheidungsvoraussetzung.


Arbeitsgericht Nürnberg
Az.: 9 Ca 4096/03

IM NAMEN DES VOLKES

in dem Rechtsstreit XXX
erlässt das Arbeitsgericht Nürnberg
durch Richter am Arbeitsgericht Waldenfels als Vorsitzenden und die ehrenamtliche Richterin Martina Ehling und die ehrenamtliche Richterin Annegret Zimprich aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.07.2003 folgendes

E n d u r t e i l:

1. Die Beklagte wird verurteilt, einer Verringerung der Wochenarbeitszeit der Klägerin von bislang 38,5 Stunden auf 20 Stunden bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von 4 Stunden im Schichtdienst, verteilt von Montag bis Sonntag, zuzustimmen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens die Klägerin zu einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von 4 Stunden im Schichtdienst zu beschäftigen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Der Streitwert wird festgesetzt auf 8212 Euro.

5. Die Berufung wird gesondert nicht zugelassen.


T a t b e s t a n d :
Die Parteien streiten um die Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin.

Die am 28.06.1972 geborene Klägerin ist seit dem 01.07.1996 in dem Betrieb der Beklagten, welche regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt, als Stationsmitarbeiterin in der Passagierabfertigung am Einsatzort N... gegen ein monatliches Bruttogehalt von zuletzt 2053 Euro beschäftigt.

Nach der Geburt ihres Kindes trat die Klägerin in eine bis zum 06.05.2003 währende Elternzeit. Ab dem 07.05.2003 begann die Klägerin wieder mit ihrer Arbeitstätigkeit. Zuletzt mit einem an die Personalabteilung und die dortige Personalleiterin Frau O... gerichteten Schreiben vom 20.03.2003 beantragte die Klägerin die Reduzierung der Arbeitszeit von Vollzeit auf 20 Stunden pro Woche, nachdem sie bereits zuvor ihren Wunsch, das Arbeitsverhältnis auf Teilzeit umzustellen, gegenüber anderen Mitarbeitern der Beklagten, u.a. am 31.01.2003 und 19.03.2003 gegenüber der Stationsleiterin Frau L..., geäußert hatte. Auf das Schreiben vom 20.03.2003 (Bl. 8 d.A.) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 02.04.2003 lehnte die Beklagte die Verkürzung der Arbeitszeit ab. Auf Blatt 9 d.A. wird Bezug genommen.

Die Klagepartei behauptet im Hinblick auf Ziffer II des Antrags, dass der dreijährige Sohn der Klägerin auf die Hilfe und Betreuung durch die Mutter angewiesen sei und es der Klägerin auf Dauer unmöglich sei, in Vollzeit zu arbeiten. Es gebe keinen Schichtdienst mit Öffnungszeiten, der mit dem von der Klägerin zu leistenden Schichtdienst vereinbar wäre. Der Ehemann sei in Vollzeit tätig von morgens 7 Uhr bis abends 19 oder 20 Uhr. Für die Übergangszeit hätten abwechselnd die Eltern der Klägerin und Freunde die Betreuung des Sohnes übernommen, dies sei jedoch kein dauerhafter Zustand. Zum einen lehnten die Eltern der Klägerin und die Freunde eine solche dauerhafte Betreuung ab, zum anderen passe dies nicht ins Erziehungskonzept der Klägerin.

Die Klagepartei vertritt die Rechtsansicht, dass ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit bestehe, da der Antrag insbesondere rechtzeitig gestellt worden sei und betriebliche Gründe dem Begehren nicht entgegenstünden.

Im Hinblick auf Ziffer II des Antrags argumentiert die Klagepartei, dass im Falle einer Arbeitsverpflichtung von 38,5 Stunden pro Woche für sie eine unzumutbare Härte entstünde und aus diesem Grund dem Anspruch stattzugeben sei.

Die Klagepartei hat zuletzt beantragt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, einer Verringerung der Wochenarbeitszeit der Klägerin von bislang 38,5 Stunden auf 20 Stunden bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von 4 Stunden im Schichtdienst, verteilt von Montag bis Sonntag, zuzustimmen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens die Klägerin zu einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von 4 Stunden im Schichtdienst zu beschäftigen.

Die beklagte Partei beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.

Die beklagte Partei behauptet, dass im Frühjahr 2003 überraschend und kurzfristig zwei Vollzeitkräfte, Frau V..., die unstreitig die Vertreterin der Klägerin während ihres Erziehungsurlaubs war, und Frau R..., aus dem Standort N... ausgeschieden seien. Um diesen Ausfall zu kompensieren, sei sie dringend darauf angewiesen, die Klägerin ? wie vertraglich vorgesehen - als spezialisierte einschlägige Fachkraft auf der Vollzeitbasis zur Verfügung zu haben. Als Partnerin der L... arbeite die Beklagte mit demselben Abfertigungssystem wie die L..., das die Klägerin auf Grund ihrer dortigen Vorbeschäftigung beherrsche. Luftverkehrsfremdes Personal benötige mehr als ein halbes Jahr theoretische und praktische Ausbildung, ehe ein selbständiger Einsatz möglich sei. Die Anforderungen der Branche seien hoch spezialisiert und verlangten vor dem Hintergrund des Schichtdienstes ein hohes Maß an Flexibilität. Die Klägerin, die über die entsprechenden Fertigkeiten verfüge, stelle daher kostbare "human resources" dar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne sie entsprechend qualifiziertes Personal nicht finden, wie die jahrelange Erfahrung mit dem Nürnberger Arbeitsamt gezeigt habe. So habe Frau L... kürzlich, Ende März 2003, am 02.06.2003, am 26.06.2003 und Mitte Juli 2003 in die ständig aktualisierten und kompletten Internetseiten des Arbeitsamtes geblickt und nach entsprechend qualifiziertem Personal vergeblich gesucht.

In rechtlicher Hinsicht trägt die beklagte Partei vor, dass dem Teilzeitanspruch betriebliche Erfordernisse entgegenstünden. Im Hinblick auf Ziffer II des Klageantrages stehe § 894 ZPO dem Anspruch entgegen. Prozessual sei eine Vertragsänderung nur über § 894 ZPO mit Rechtskraft des Urteils zu erreichen. Ein Anspruch auf vorläufige Beschäftigung auf der reduzierten Stundenbasis könne allenfalls über den Weg einer einstweiligen Verfügung, nicht aber im Hauptsacheverfahren geltend gemacht werden. Ein entsprechender Verfügungsgrund müsse substantiiert dargelegt werden.

Das Gericht hat Beweis erhoben zu der bestrittenen Behauptung der Beklagten, dass für den in Frage kommenden Berufs- und Bewerberkreis keine zusätzliche Arbeitskraft gefunden werden kann sowie dass Ende Februar und Anfang März 2003 Frau V... und Frau R... kurzfristig und überraschend ausgeschieden sind durch Vernehmung der Zeugin L.... Weiter ist Beweis erhoben worden über die bestrittene Behauptung der Beklagten, dass die Eintragungen im Internet ständig aktualisiert werden und damit auch komplett sind durch Vernehmung der Zeugin O.... Schließlich ist Beweis erhoben worden über die bestrittene, unter Verwahrung gegen die Beweislast aufgestellte Behauptung der Klagepartei, im Rahmen eines Telefonats am 02.06.2003 habe Frau O... gegenüber Herrn F... geäußert, dass im Moment in N... kein neues Personal eingestellt, sondern dieses eher abgebaut werde und die Beklagte keine neuen Leute benötige durch Vernehmung des Zeugen F... und gegenbeweislich durch die Zeugin O.... Hinsichtlich der durchgeführten Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 29.07.2003 Bezug genommen.

Die Klagepartei hat ihren ursprünglich gestellten Hilfsantrag, die beklagte Partei ab dem 20.06.2003 zur Verringerung der Arbeitszeit und der Beschäftigung auf der reduzierten Basis zu verurteilen, in der mündlichen Verhandlung vom 30.06.2003 mit Zustimmung der beklagten Partei zurückgenommen. Auf Blatt 97 d.A. wird verwiesen.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 19.05., 02.06., 30.6. und 28.07.2003 verwiesen (§ 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 495 Abs. 1, 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO).


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage hat in der Sache vollumfänglich Erfolg.

I.
Die Klage ist zulässig.

1. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist eröffnet nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 b) ArbGG.

2. Der auf Erteilung der Zustimmung gerichtete Klageantrag ist hinreichend bestimmt gemäß §§ 253 Abs. 2 Ziff. 2, 495 Abs. 1 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, obgleich der Zeitpunkt, ab dem die Arbeitsänderung eintreten soll, nicht exakt bestimmt ist. Da eine solche Bestimmung im vorhinein sowieso nicht möglich oder zumindest sehr schwierig ist, ist die Benennung des Zeitpunktes entbehrlich (LAG Baden-Württemberg, Urt. vom 20.07.2000 ? 3 Sa 60/99). Aus dem Vorbringen der Klagepartei und den zunächst gestellten, durch Zeitablauf überholten Anträgen, war jedoch objektiv erkennbar, dass die Realisierung des Teilzeitbegehrens so schnell wie rechtlich möglich, d.h. mit Rechtskraft des Urteils, begehrt wird.

3. Das Arbeitsgericht Nürnberg ist zur Entscheidung des Rechtsstreits gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 29 Abs. 1 ZPO örtlich zuständig, da die Klägerin ihre Arbeitsleistung in dem Betrieb in N... zu erbringen hat. Die Entscheidung ergeht im Urteilsverfahren, § 2 Abs. 5 ArbGG.


II.
Die Klage ist vollumfänglich begründet.

1. Der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit auf wöchentlich 20 Arbeitsstunden ergibt sich aus § 8 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 HS. 1 TzBfG.

a) Das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten besteht länger als sechs Monate. Die Beklagte beschäftigt in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer i.S. des § 8 Abs. 7 TzBfG.

b) Der geltend gemachte Anspruch scheitert nicht daran, dass die Klägerin die Verringerung der Arbeitszeit nicht rechtzeitig verlangt hatte. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist der Anspruch spätestens drei Monate vor deren Beginn geltend zu machen. Die Frist bestimmt sich nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 HS. 2 BGB. Der Tag der Geltendmachung ist nicht mit einzubeziehen. Zwischen dem Zugang des Antrags beim Arbeitgeber und dem gewünschten Beginn müssen mithin drei volle Monate liegen (BAG Urteil vom 09.01.1999, NZA 2001, S. 30).Da das Teilzeitverlangen eine Vertragsänderung und damit eine Willenserklärung darstellt, kommt als Adressat des Antrags nicht nur der Arbeitgeber selbst, sondern auch ein Empfangsvertreter oder Empfangsbote in Betracht. Empfangsbote kann allerdings in einer solchen Frage, die sich unmittelbar auf den Vertrag auswirkt, nicht jeder Vorgesetzter sein, sondern nur eine Person, die ihrerseits auch vom Arbeitgeber ermächtigt ist, die Vertragsänderung durchzuführen (Rolfs, TzBfG-Komm., § 8 Rz. 16).Zunächst war zwischen den Parteien umstritten, zu welchem Zeitpunkt ein entsprechender Antrag wirksam gestellt worden ist, unstrittig ist jedenfalls ein solcher gegenüber der Personalleiterin O... ? die Empfangsvertreterin oder Empfangsbotin für diese Willenserklärung war - am 20.03.2003 erfolgt, so dass eine Verpflichtung der Beklagten zur Zustimmung zur Vertragsänderung jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt, d.h. dem Ende der mündlichen Verhandlung am 28.07.2003, besteht.

c) Die fehlende Zustimmung der Beklagten zur klägerinseits gewünschten Vertragsänderung ist auch nicht durch Fiktion nach § 8 Abs. 5 Satz 2 und 3 TzBfG ersetzt worden.

aa) Kommt eine Einigung zwischen den Vertragsparteien nach § 8 Abs. 3 TzBfG nicht zustande und hat der Arbeitgeber das Verlangen des Arbeitnehmers nach Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit nicht ? wie es § 8 Abs. 1 TzBfG vorsieht ? spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung gegenüber dem Arbeitnehmer schriftlich abgelehnt, verringert sich die Arbeitszeit in der vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang (§ 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG) und die verringerte Arbeitszeit wird entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers verteilt (§ 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG). In diesem Fall kommt eine arbeitsvertragliche Vereinbarung mit den geänderten Arbeitsbedingungen kraft gesetzlicher Fiktion zustande (BAG Urteil vom 18.02.2003, a.a.O.).

bb) Im vorliegenden Fall hat die Beklagte durch das Ablehnungsschreiben der bevollmächtigten Personalleiterin O... vom 02.04.2003 spätestens einen Monat vor dem begehrten Änderungszeitpunkt ? ursprünglich war dies der 20.06.2003 -, den Antrag der Klägerin formgerecht abgelehnt. Inhaltlich reicht ein reines "Nein" dabei aus, anders als im Falle des § 15 Abs. 7 Satz 2 BErzGG ist eine Begründung ? wie sie zudem erfolgt ist - nicht erforderlich gewesen (ErfK-Preis, 3. Aufl., § 8 Rz. 16, Rolfs-Komm. TzBfG, § 8 Rz. 30). Da im Hinblick auf die zuvor bereits gestellten verschiedenen Anträge der Klägerin, u.a. gegenüber der Stationsleiterin Frau L..., nicht substantiiert dargelegt werden konnte, dass diese gegenüber entsprechend bevollmächtigten Personen gestellt worden sind, kam es insoweit auf eine Ablehnung seitens der Beklagten nicht an.

cc) Die Ablehnung ist auch nicht unwirksam, weil die Beklagte als Arbeitgeberin keine vorherige Verhandlung mit der Klägerin im Sinne des § 8 Abs. 3 TzBfG durchgeführt hat. Nach dieser Bestimmung hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit mit dem Ziel zu erörtern, zu einer Vereinbarung zu gelangen. Die Pflicht des Arbeitgebers, mit dem Arbeitnehmer zu verhandeln, betrifft sowohl die Verkürzung als auch die Verteilung der Arbeitszeit.

(1) Eine Verletzung der Verhandlungspflicht nach § 8 Abs. 3 TzBfG führt nicht ohne weiteres dazu, dass die Ablehnung des Teilzeitverlangens unwirksam ist oder sich als Rechtsmissbrauch darstellt. Die gesetzlich vorgesehene Verhandlungspflicht ist kein rechtlich unverbindlicher Appell des Gesetzgebers. In ihr kommt der Wille zum Ausdruck, durch Begründung von Rechtspflichten möglichst eine einvernehmliche, innerbetriebliche Regelung zu begründen. Der Gesetzgeber hat mit dieser Bestimmung eine Verhandlungsobliegenheit für den Arbeitgeber begründet, allerdings nicht ohne Rechtsfolgen. So kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine Einwendungen entgegenhalten, die im Rahmen einer Erörterung hätten ausgeräumt werden können, wenn er entgegen der Vorschrift nicht verhandelt. Das Gesetz sieht allerdings nicht vor, dass die Ablehnung der gewünschten Arbeitszeitverteilung im Falle eines Verstoßes des Arbeitgebers gegen die Verhandlungsobliegenheit unwirksam ist. Eine derartige schwerwiegende Rechtsfolge hätte der Gesetzgeber ausdrücklich anordnen müssen (BAG Urteil vom 18.02.2003, a.a.O.).

(2) Ein Arbeitgeber verwirkt sein Ablehnungsrecht nicht schon wegen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB), weil er den Arbeitszeitwunsch des Arbeitnehmers ohne Verhandlungen ablehnt. Nicht jeder Verstoß führt zur Verwirkung eigener Rechte. Der Verlust eigener Rechte kommt nur insofern in Betracht, als die gesetzliche Bestimmung keine ausreichende Sanktion anordnet und somit den anderen Vertragspartner rechtlos stellt (BAG Urteil vom 12.04.2002, NZA 2002, S. 1081). Das TzBfG stellt indes den Arbeitnehmer, dessen Arbeitgeber nicht verhandelt, nicht rechtlos. Er sieht für den Verstoß gegen die Verhandlungsobliegenheit u.a. die oben unter (1) geschilderte Rechtsfolge vor. Im übrigen kann der Arbeitnehmer die fehlende Zustimmung des Arbeitgebers im Wege der Leistungsklage gerichtlich ersetzen lassen.

d) Schließlich stehen der begehrten Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit auch keine betrieblichen Gründe nach § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG entgegen.

aa) Der Begriff der "betrieblichen Gründe" ist gesetzlich nicht näher definiert. Gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG liegen diese Gründe, für die der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast trägt (Buschmann/Dieball/Stevens-Bartol, TzBfG-Komm., 2. Aufl., § 8 Rz. 30) insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigen oder unverhältnismäßige Kosten für den Arbeitgeber verursachen würde. Aus der Formulierung "insbesondere" ersichtlich handelt es sich nur um Regelbeispiele und um keine abschließende Aufzählung. Diese Regelbeispiele sind im Rahmen der systematischen Auslegung im Hinblick darauf zu berücksichtigen, welche sonstigen betrieblichen Gründe der Arbeitszeitverringerung entgegenstehen können. Hierbei ist auch der in der Gesetzesbegründung zu Tage tretende Wille des Gesetzgebers zu berücksichtigen (Kliemt, NZA 2001, S. 63, 65). Es soll vermieden werden, an den Arbeitgeber unzumutbare Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn der Arbeitgeber "rationale, nachvollziehbare Gründe" zur Ablehnung nennen kann, wie es Vorgabe des Gesetzgebers war (BT-Dr. 14/4374, S. 17; Rolfs, TzBfG-Komm. § 8 Rz. 32). Bei einer zu restriktiven Interpretation der den Arbeitgeber zur Zurückweisung des Teilzeitverlangens berechtigenden Gründe wäre eine unverhältnismäßige und damit Art. 12 Abs. 1 GG verletzende Belastung zu besorgen, da der Rechtsanspruch auf Teilzeit in die Berufsausübungs- und Vertragsfreiheit des Arbeitgebers eingreift. Zum einen muss üblicherweise derjenige, der die Vertragsänderung herbeiführen will, die dafür jeweils nach Vertrag oder Gesetz erforderlichen Gründe darlegen und nicht etwa ? wie bei § 8 Abs. 4 TzBfG ? derjenige Vertragspartner, der an der ursprünglichen Vereinbarung festhalten will. Zum anderen gestattet das Gesetz in vergleichbaren Fällen (z.B. § 651 a Abs. 5 Satz 2 BGB) dem anderen Teil, der sich dem einseitigen Leistungsänderungsrecht ausgesetzt sieht, den Rücktritt bzw. die Kündigung jedenfalls dann, wenn die begehrte Änderung eine gewisse Relevanzschwelle überschreitet. Das Recht, sich bei unvorhergesehenen wesentlichen Belastungen vom Vertrag lösen zu können, stellt ein anerkanntes unverzichtbares Freiheitsrecht dar. Dieses Recht fehlt im TzBfG, im Gegenteil, gemäß § 5 TzBfG ist es sogar ausdrücklich dem Arbeitgeber untersagt, wegen der Geltendmachung des Teilzeitbegehrens zu kündigen (Rolfs, TzBfG-Komm., § 8 Rz. 5).Da auf der Seite des Arbeitnehmers keine Gründe für den Teilzeitanspruch erforderlich sind, findet ? sieht man von der Möglichkeit nach § 8 Abs. 4 Satz 4 TzBfG ab ? grundsätzlich keine Abwägung der betrieblichen Gründe mit den Arbeitnehmerinteressen an Teilzeit statt (ErfK-Preis, 3. Aufl., § 8 Rz. 25; aA Däubler ZIP 2001, s. 217, 220).Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung des Teilzeitbegehrens ist umstritten. Zum Teil wird im Schriftum vertreten, dies sei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (Diller NZA 2001, S. 589, 590 ff.). Nach Ansicht des BAG (Urteil vom 18.02.2003, a.a.O.) kommt es auf den Zeitpunkt der Ablehnung des Arbeitszeitwunsches durch den Arbeitgeber an. Bedenken gegen eine zeitlich unbeschränkte Berücksichtigung von Tatsachen ergeben sich aus § 8 Abs. 6 TzBfG. Das Gesetz will den Arbeitgeber nach einer berechtigten Ablehnung für zwei Jahre vor einer erneuten Überprüfung der betrieblichen Verhältnisse in Bezug auf den Arbeitszeitwunsch des Arbeitnehmers schützen.

bb) Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so ist es der Beklagten im Streitfall nicht gelungen, das Vorliegen betriebliche Gründe darzulegen und zu beweisen, die dem Teilzeitbegehren entgegenstehen. Der vorgebrachte Einwand der Beklagten, keine geeignete Ersatzkraft für die Klägerin zu finden , sollte sie der Arbeitszeitverringerung zustimmen, wäre nur beachtlich, wenn ihr der Nachweis gelungen wäre, dass eine dem Berufsbild der Arbeitnehmerin entsprechende Arbeitskraft auf dem für sie maßgeblichen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stand (ArbG Essen, Urteil vom 19.06.2001, NZA-RR 2001,S. 573).Die durchgeführte Beweisaufnahme hat nach Ansicht der Kammer ergeben, dass die Arbeitnehmerinnen V... zum Ende des Februar 2003 und Frau R... zum 15.02.2003 überraschend und kurzfristig ihre Arbeitsverhältnisse mit der Beklagten durch Eigenkündigung beendet hatten und dadurch vordergründig ein Bedarf an Arbeitskräften bestanden haben mag. Die durchgeführte Beweisaufnahme hat indes zur Überzeugung des Gerichts geführt, dass die Beklagte formal die aktualisierten Internetseiten nach einer geeigneten Kraft durchgesehen hat, doch dass sie nicht den ernsthaften Willen hatte, eine entsprechende Arbeitskraft gegebenenfalls neu einzustellen. Der Zeuge F... hat im Rahmen der Beweisaufnahme ausgesagt, dass er am 02.06.2003 mit der Personalleiterin Frau O... ein Telefonat geführt und sich ausdrücklich nach einer freien Stelle als Bodenpersonal in N... erkundigt habe. Diesen Vortrag, dass eine Bewerbung für den Standort N... vorlag, hat sich die Klagepartei durch Erörterung des Ergebnisses der Beweisaufnahme zu eigen gemacht. Dem Zeugen F... sei jedoch seitens von Frau O... entgegnet worden, dass keine neue Leute gesucht würden, sondern vielmehr versucht werde, Stellen abzubauen, wie es allgemein in der Luftfahrt der Fall sei. Weiter sei ihm gegenüber geäußert worden, dass sich daran in absehbarer Zeit nichts ändern werde. Eine Aufforderung, Bewerbungsunterlagen zuzuschicken, sei ebenfalls nicht erfolgt.

Nach Ansicht der Kammer war die Aussage des Zeugen F... inhaltlich in sich stimmig und frei von Widersprüchen und die Art des Vortrags war sachlich. Dem Zeugen war nicht nur die Tatsache des Telefonats mit Frau O..., sondern vor allem auch noch der genaue Inhalt präsent. Die Kammer hat an der Glaubwürdigkeit des Zeugen und an dem Wahrheitsgehalt der getroffenen Aussage keinerlei Zweifel. Die Aussage der gegenbeweislich als Zeugin vernommene Personalleiterin O... konnte diesen Vortrag des Zeugen in seinem Inhalt nicht erschüttern. Während im Schriftsatz der beklagten Partei vom 27.06.2003 noch vorgebracht worden ist, dass sich Frau O... an ein kurzes Telefonat erinnern konnte, in dem sie geäußert habe, dass am Boden in N... keinerlei Stellen ausgeschrieben seien, konnte sie sich im Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme an das besagte Telefonat in keiner Weise mehr, auch nicht nur ansatzweise, erinnern. Durch die schlichte, zur Ablehnung des Teilzeitbegehrens unzulässige (Rolfs, TzBfG-Komm., § 8 Rz. 29) Blockadehaltung der Personalleiterin hat die Beklagte sich zu ihrem eigenen Sachvortrag, für die durch die Arbeitszeitreduzierung entstehende Lücke auf dem relevanten Arbeitsmarkt keine geeignete Ersatzkraft finden zu können, in Widerspruch gesetzt. Die Kammer hält diesen Einwand auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme durch die Aussage des Zeugen F... für entkräftet. Die Aussage der Zeugin L..., wonach eine Bereitschaft bestehe, eine neue Fachkraft einzustellen, wenn es wirtschaftlich vertretbar, d.h. keine zu lange Anlernzeit erforderlich sei, steht in gewissem Widerspruch zur Aussage des Zeugen F..., wonach Frau O... ihm gegenüber geäußert habe, dass keine neuen Leute eingestellt würden. Die Kammer schenkt hier der Aussage des Zeugen F... Glauben, zumal die Zeugin L... geäußert hat, nur die Vorarbeit bezüglich der Einstellung zu machen und nach geeigneten Bewerbern zu suchen, die Entscheidung über die Einstellung hingegen durch Frau O... getroffen werde. Der Einwand der Prozessvertreterin der beklagten Partei, Frau O... erhalte täglich 10 ? 5 solcher Anrufe und sie reagiere daher stets nach diesem abwehrenden Muster, verdeutlicht nach Ansicht der Kammer die fehlende Ernsthaftigkeit der Beklagten bei der Suche nach einer geeigneten Fachkraft bzw. stellt jedenfalls ein nicht hinreichendes Bemühen der Beklagten um eine solche Ersatzkraft für die Klägerin dar. Es wäre ein leichtes für eine erfahrene Personalchefin, durch kurzes, aber präzises Nachfragen am Telefon nach den maßgeblichen Kriterien (u.a. gute Englischkenntnisse, Berufserfahrung) zu erkunden, ob sich ein geeigneter Bewerber meldet oder nicht und gegebenenfalls weitere Nachfragen zu stellen. Die Aufgabe einer Personalleiterin besteht regelmäßig gerade auch darin, für eine entsprechende Personaldecke im Betrieb zu sorgen. Ein kurzes Nachfragen am Telefon ist weder mit einem wirtschaftlichen noch mit einem unzumutbaren zeitlichen Aufwand verbunden, jedenfalls mit einem geringeren Aufwand als es die mehrmalige Durchsicht von ca. 280 Bewerbungen ? wie beklagtenseits vorgetragen ? im Internet auf die Geeignetheit der Bewerber/innen darstellt. Wäre eine solche Nachfrage beispielsweise bei dem Anruf des Zeugen F... diesem gegenüber vorgenommen worden, so hätte sich herausgestellt, dass dieser wohl eine geeignete Kraft gewesen wäre. Zum einen wollte er in N... arbeiten, zum anderen war er mit dem speziellen System vertraut, da er vom 15.06.1999 bis 31.08.2001 dort beschäftigt worden ist, das neue System im April 2001 eingeführt worden ist und er sich darin in rascher Zeit eingearbeitet hat. Ohne dass dieser Punkt für das von der Kammer gefundene Ergebnis noch entscheidungserheblich gewesen wäre, sei noch angemerkt, dass der Zeuge F... den Vortrag der beklagten Partei, wonach eine mehrmonatige intensive theoretische und praktische Einarbeitungszeit notwendig sei, um die Arbeit an dem speziellen check-in System adäquat ausüben zu können, erheblich erschüttert hat. Nach seinem Vortrag, der über das Beweisthema hinausreichte, den sich die Klagepartei durch Erörterung des Ergebnisses der Beweisaufnahme jedoch zu eigen gemacht hat, habe er mit dem neuen System gearbeitet und eine fünftägige Einführung in das System erhalten, welche sich nachträglich als überflüssig herausgestellt habe.Nach alledem war dem Anspruch der Klägerin auf Verringerung der Arbeitszeit auf 20 Stunden pro Woche stattzugeben.

2. Der Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung auf der beantragten reduzierten 20-Stundenbasis pro Woche bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Bestehen des Teilzeitanspruchs folgt aus §§ 611, 613, 242 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG.

a) Gibt ein instanzabschließendes Urteil ? wie hier in Ziffer 1 des Urteils - dem Anspruch auf Zustimmung zur Vertragsänderung statt, so besteht nach Ansicht der Kammer grundsätzlich ein Anspruch des Arbeitnehmers auf tatsächliche Beschäftigung auf der beantragten reduzierten Stundenbasis, es sei denn der Arbeitgeber trägt substantiiert Tatsachen vor, die eine Beschäftigung auf der Vollzeitbasis erfordern. Allerdings gilt die regelnde Anordnung des Gerichts auf Beschäftigung nur bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens bezüglich des Teilzeitbegehrens.

Das Gesetz sieht für diese Fallkonstellation keine Regelung vor und - soweit ersichtlich - ist diese Frage höchstrichterlich auch noch nicht entschieden. Für die Kammer waren folgende Gründe ausschlaggebend, der Klage auch in Ziffer 2 stattzugeben:

aa) Das Ergebnis steht in Einklang mit der vom Großen Senat des BAG entwickelten Rechtsprechung zum Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers (BAG Beschluss vom 27.02.1985, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht).

(1) Im Rahmen des (Weiter)beschäftigungsanspruchs hat das Bundesarbeitsgericht (a.a.O.) entschieden, dass Grundrechte, insbesondere das allgemeine Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG, über die Generalklauseln wie § 242 BGB ("Treu und Glauben") Ausstrahlungswirkung ins Privatrecht haben und mittelbare Drittwirkung entfalten. Dem Arbeitnehmer ist bis- weilen nicht damit gedient, im Falle der Unwirksamkeit der Kündigung seinen Lohn trotz nicht geleisteter Arbeit über Annahmeverzug nach §§ 611 Abs. 1 2. HS, 615 S. 1 BGB zu erhalten, da die Verwirklichung in der Arbeit Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechtsschutzes ist und das ideelle Beschäftigungsinteresse verfassungsrechtlichen Schutz genießt. Nach den vom Großen Senat des BAG entwickelten Grundsätzen überwiegt während eines laufenden Kündigungsschutzprozesses in der Regel zunächst einmal das Interesse des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nicht weiter zu beschäftigen, solange bis ein die Instanz abschließendes Urteil ergeht. Dadurch, dass der Große Senat nur "in der Regel" das Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers höher bewertet, ist allerdings selbst in diesem Zeitraum ein Weiterbeschäftigungsanspruch nicht gänzlich ausgeschlossen, sofern ein besonderes ideelles Beschäftigungsinteresse (z.B. Erhaltung von Fachkenntnissen) seitens des Arbeitnehmers vorliegt. Mit Abschluss eines instanzabschließenden obsiegenden Urteils überwiegt jedenfalls grundsätzlich das Interesse des Arbeitnehmers an einer Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits. Nunmehr müssen zu dem Kriterium der Ungewissheit des Prozessausgangs zusätzliche Umstände hinzukommen, aus denen sich ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers ergibt.

(2) Diese für den (Weiter)-beschäftigungsanspruch entwickelten Grundsätze lassen sich auf die vorliegende Sachverhaltskonstellation übertragen. Ein Unterschied besteht zwar insoweit, als im Falle des geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruch im Anschluss an eine ausgesprochene Arbeitgeberkündigung der Bestand des Arbeitsverhältnisses auf dem Spiel steht und zumindest ungewiss ist, während hingegen beim Teilzeitbegehren unstreitig noch ein wirksamer Arbeitsvertrag und eine entsprechende Arbeitsverpflichtung des Arbeitnehmers besteht. Eine Parallele lässt sich aber insoweit ziehen, als in beiden Fällen das ideelle, verfassungsrechtlich nach Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers im Raum steht und zur Grundlage für die Begründung des Anspruchs gemacht wird.

(3) Überträgt man daher diese von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Fall und legt der Entscheidung eine Abwägung der beiderseitigen Interessen zugrunde, so ist nach Ansicht der Kammer auf Grund der gebotenen Abwägungsentscheidung der Klägerin der Anspruch auf Beschäftigung auf der reduzierten Arbeitszeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens über die Verringerung der Arbeitszeit zuzusprechen. Für die Beklagte spricht die derzeitig noch geltende vertragliche Regelung, die auf eine Arbeitsleistung von 38,5 Stunden pro Woche gerichtet ist. Allerdings wird die Beklagte als Arbeitgeberin durch die Arbeitszeitreduzierung nicht übermäßig belastet, da die Wirksamkeit der regelnden Anordnung nur bis zur rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung "befristet" ist und sich für diese Zeit die Vergütung auch auf eine Vergütung entsprechend der Anzahl der tatsächlich geleisteten Wochenstunden reduziert. Für das Interesse der Klägerin an einer vorläufigen Beschäftigung auf der 20 Stundenbasis spricht hingegen, dass im vorliegenden Fall trotz des in Ziffer 1. erstinstanzlich zugesprochenen Anspruchs dieser "auf kaltem Weg" durch Aufforderung zur Beschäftigung auf der vollen - an sich arbeitsvertraglich geschuldeten - Stundenzahl aus den Angeln gehoben werden könnte und faktisch wertlos wäre; denn die Klägerin kann wegen der Erziehung ihres Kindes nicht bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über ihr Teilzeitbegehren auf Vollzeit arbeiten. Die Klägerin hat unbestritten (§ 138 Abs. 3 ZPO) vorgetragen, dass der dreijährige Sohn der Klägerin auf die Hilfe und Betreuung durch die Mutter angewiesen ist und es der Klägerin auf Dauer unmöglich sei, in Vollzeit zu arbeiten. Es gebe keinen Schichtdienst mit Öffnungszeiten, der mit dem von der Klägerin zu leistenden Schichtdienst vereinbar wäre. Der Ehemann sei in Vollzeit tätig von morgens 7 Uhr bis abends 19 oder 20 Uhr. Übergangsweise hätten abwechselnd die Eltern der Klägerin und Freunde die Betreuung des Sohnes übernommen, dies sei jedoch kein dauerhafter Zustand. Zum einen lehnten die Eltern der Klägerin und die Freunde eine solche dauerhafte Betreuung ab, zum anderen passe dies nicht ins Erziehungskonzept der Klägerin. Müsste die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens 38,5 Stunden pro Woche arbeiten, so wäre sie ? um einer fristlosen Arbeitgeberkündigung zuvorzukommen - u.U. gezwungen, eine Eigenkündigung auszusprechen oder einen Aufhebungsvertrag zu schließen, da sie den Ausgang des Berufungsverfahrens nicht abwarten könnte. Daher ist es im vorliegenden Fall, insbesondere auch vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund des Art. 6 Abs. 1 und 2 GG, geboten, der Klägerin den Beschäftigungsanspruch auf der begehrten verringerten Arbeitszeit zuzusprechen.

Nach Ansicht der Kammer ist die Klägerin somit bei Abwägung der beidseitigen Interessen schutzwürdiger als die Beklagte, zumal letztere ein besonderes Interesse an der Nichtbeschäftigung auf der reduzierten Stundenbasis bis zum Abschluss der letzten mündlichen Verhandlung nicht substantiiert vorgetragen hat. Aus diesem Grund erging die regelnde Anordnung des Gerichts dahingehend, die Klägerin vorläufig auf der begehrten reduzierten Stundenzahl von 20 pro Woche zu beschäftigen. Für sie besteht damit vorläufig keine darüber hinausgehende Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung, ohne dass allerdings in den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses, das an sich weiterhin eine 38,5 Stunden Woche vorsieht, dauerhaft und endgültig eingegriffen würde. Diese Frage wird erst mit Rechtskraft des Urteils und gegebenenfalls durch Ersetzung der Zustimmung der Arbeitgeberin nach § 894 ZPO entschieden.

bb) Das vorgebrachte Argument der beklagten Partei, § 894 ZPO stehe einer Stattgabe der Klage in Ziffer 2 und insbesondere einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren entgegen, hält die Kammer nicht für durchschlagend. Zwar spricht vordergründig gegen einen Beschäftigungsanspruch auf der reduzierten Basis von 20 Stunden pro Woche, dass der Teilzeitanspruch auf Abgabe einer Willenserklärung zur Änderung des Vertrages gerichtet ist, die Willenserklärung gegebenenfalls vollstreckungsrechtlich nach § 894 ZPO zu ersetzen ist, diese aber gemäß § 894 Abs. 1 Satz 2 ZPO erst mit Rechtskraft des Urteils als abgegeben gilt. Dessen vorläufige Vollstreckung nach § 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG bezieht sich nur auf die Kostenfolge (ErfK-Preis, 3. Aufl., § 8 TzBfG Rz. 52). An sich besteht somit derzeit noch eine Arbeitsverpflichtung der Klägerin auf der vereinbarten 38,5 Stundenbasis. Es entspricht jedoch der überwiegenden Meinung, dass die Wertung des § 894 ZPO der Zulassung des einstweiligen Rechtsschutzes nicht generell entgegen steht. Dieser Schutz ist aus Gründen des garantierten effektiven Rechtsschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 GG auch verfassungsrechtlich geboten (Dütz, AuR 2003 S. 161 ff.; ErfK-Preis, 3. Aufl., § 8 TzBfG Rz. 52; Gotthardt, NZA 2001, S. 1183 ff.; Kliemt NZA 2001, S. 63, 67 f.; Küttner-Reinicke, Personalhandbuch, 10. Aufl., Teilzeitbeschäftigung Rz. 30; Buschmann/Dieball/Stevens-Bartol, Komm. zum TzBfG, 2. Aufl., § 8 Rz. 41; a.A. Rolfs, Komm. zum TzBfG, § 8 Rz. 58;). Insoweit bietet sich eine Parallele zur einstweiligen Verfügung auf Urlaubsgewährung an (Buschmann/Dieball/Stevens-Bartol, Komm. zum TzBfG, 2. Aufl., § 8 Rz. 41; a.A. Rolfs, Komm. zum TzBfG, § 8 Rz. 58), wonach eine regelnde Anordnung bezüglich der Befreiung von der Arbeitsverpflichtung anerkannt wird. Da mit der Stattgabe eines Beschäftigungsanspruchs auf der reduzierten Stundenbasis unabänderliche Fakten geschaffen bzw. die Hauptsache vorweggenom- men wird, kann dieser Anspruch nur in seltenen Fällen in Betracht kommen, nämlich unter der Voraussetzung, dass ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund, d.h. eine besondere Dringlichkeit vorliegen (Schaub, Handbuch des Arbeitsrechts, 10. Aufl., § 44 Rz. 29). Es gibt keinen einleuchtenden Grund, den Arbeitnehmer ? wie es indes die beklagte Partei fordert ? auf das Institut der einstweilige Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO zu verweisen. Sinn und Zweck des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens ist es, schnellen und effektiven Rechtsschutz zu gewähren, da die Hauptsacheentscheidung häufig erst in einem längerem zeitlichen Abstand erginge und dadurch effektiver Rechtsschutz verweigert würde. Ist eine instanzabschließende Entscheidung ? wie hier in Ziffer 1 des Urteils ? bereits ergangen, dann gibt es jedoch keinen vernünftigen Grund, von der Klagepartei zu verlangen, das Verfahren über den vorläufigen Rechtsschutz noch zusätzlich zu bestreiten, zumal dort die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren im Rahmen des Verfügungsgrundes ohnehin summarisch zu prüfen wären. Im übrigen widerspräche es auch dem Grundsatz der Prozessökonomie, die Klagepartei zum Betreiben eines neuen gerichtlichen Verfahren zu veranlassen.

b) Nach Ansicht der Kammer lagen ? wie oben im Rahmen der Abwägungsentscheidung dargestellt - zudem die Voraussetzungen für eine besondere Dringlichkeit der Entscheidung vor, wie es für den Verfügungsgrund im vorläufigen Rechtsschutzverfahren notwendig wäre. Wenn im Hauptsacheverfahren im Anschluss an ein instanzabschließendes dem Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit nach § 8 Abs. 1 TzBfG stattgegebenen Urteil über den Beschäftigungsanspruch zu entscheiden ist, ist nach Ansicht der Kammer die besondere Dringlichkeit der Entscheidung für den Arbeitnehmer bei der zu treffenden Abwägungsentscheidung zwischen den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen als ein wesentlicher Abwägungsfaktor zu berücksichtigen. Sie ist indes keine Sachentscheidungsvoraussetzung.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 91 Abs. 1 ZPO. Als unterliegende Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

2. Die Streitwertfestsetzung richtet sich im Hinblick auf den Klageantrag zu I. nach den §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2, 12 Abs. 7 Satz 2 HS. 1 Alt. 2 ArbGG. Nach Ansicht des Gerichts erscheint es sachgerecht, wie bei der Änderungsschutzklage die Vorschrift des § 12 Abs. 7 Satz 2 HS. 1 Alt. 2 ArbGG entsprechend anzuwenden, jedoch mit der unter Wertungsgesichtspunkten gebotenen entsprechenden Anwendung von § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG, d.h. der Begrenzung auf den Betrag dreier Bruttomonatsverdienste (vgl. Schaub, Handbuch des Arbeitsrechts, 10. Aufl., § 44 Rz. 29).Die Streitwertfestsetzung bei der Reduzierung der Arbeitszeit ist jedoch höchst umstritten. Nach einer anderen Ansicht (Kliemt, NZA 2001, 63, 68; Straub, NZA 2001, S. 919, 925) ist nach § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG stets die 36-fache Vergütungsdifferenz ohne Begrenzung auf den Vierteljahresverdienst in Ansatz zu bringen, da allein darüber gestritten wird, in welcher Höhe und in welchem Umfang wiederkehrende Leistungen ? Arbeit bzw. Lohn ? zu erbringen sind. Vertreten wird auch, sich nicht vom Streitwert der Änderungskündigung leiten zu lassen, sondern den Streitwert allein unter Anwendung der §§ 12 Abs. 1 GKG, 3 ZPO festzusetzen (vgl. LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 15.02.2002, NZA-RR 2002, S. 325, 326). Nach wiederum anderer Ansicht (LAG München, Beschl. v. 21.02.2003, NZA-RR 2003, S. 382, 383) handelt es sich bei dem Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit um einen nicht vermögensrechtlichen Anspruch, so dass sich die Streitwertfestsetzung nach § 12 Abs. 2 GKG richtet. Die entsprechende Anwendung des § 12 Abs. 7 Satz 2 HS. 1 Alt. 2 ArbGG, welche das Gericht hier festgesetzt hat, bietet den Vorteil, dass sich daraus - abhängig vom begehrten Umfang der Arbeitszeitreduzierung ? unterschiedliche Streitwerte ergeben. Im Falle der Änderungsschutzklage, bei der der Arbeitnehmer das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen hat, geht es in der Regel um die Reduzierung der Vergütung gegen den Willen des Arbeitnehmers, während es sich bei dem Teilzeitbegehren des Arbeitnehmers um eine sich finanziell auswirkende Arbeitszeitreduzierung auf Wunsch des Arbeitnehmers handelt. Beiden Sachverhalten ist indes gemeinsam, dass es um geänderte Arbeitsbedingungen und nicht um den Bestand des Arbeitsverhältnisses an sich geht, dieses vielmehr unangetastet bleibt, so dass auch die Begrenzung auf ein Vierteljahresver- dienst sachgerecht erscheint; denn der Streit um geänderte Arbeitsbedingungen darf nicht höher bewertet werden als eine Bestandsstreitigkeit nach § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG. Der Antrag II wurde mit einem Bruttomonatshalt bewertet (§ 3 1. HS ZPO, § 46 Abs. 2 ArbGG), so dass der Streitwert insgesamt auf vier Bruttomonatsgehälter, d.h. 8212 Euro, festgesetzt worden ist.

3. Die Berufung wurde gesondert nicht zugelassen, da sie ohnehin bereits gemäß § 64 Abs. 2 lit b) ArbGG statthaft ist und es daher einer besonderen Zulassung nicht mehr bedurfte (Germelmann/Matthes Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl., § 64 Rz. 30).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
Gegen dieses Urteil kann Berufung eingelegt werden, soweit sie
sich gegen die Entscheidung über den Bestand des Arbeitsverhältnisses richtet. Im Übrigen kann Berufung eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes insgesamt 600 Euro übersteigt.
Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim Landesarbeitgericht Nürnberg, Roonstraße 20, 90429 Nürnberg, eingelegt werden und in gleicher Weise innerhalb von zwei Monaten schriftlich begründet werden. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils.
Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift sollen in dreifacher Fertigung eingereicht werden und müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
Berufung und Berufungsbegründung für
- eine Gewerkschaft, einen Arbeitgeberverband, einen Zusammenschluss solcher Verbände oder
- ein Mitglied eines solchen Verbandes
können auch von einem Bevollmächtigten der betreffenden Organisation (oder einer von dieser zum Zweck der Rechtsberatung geführten Gesellschaft) unterzeichnet werden. Das Mitglied eines Verbandes kann sich auch durch den Bevollmächtigten eines Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung vertreten lassen.

Vorschriften§ 8 TzBfG

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