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13.06.2001 · IWW-Abrufnummer 010769

Finanzgericht München: Urteil vom 11.10.2000 – 4 K 4033/96

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht München

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Az.: 4 K 4033/96

In der Streitsache

hat der 4. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Finanzgerichts des Richters am Finanzgericht und des Richters am Finanzgericht sowie der ehrenamtlichen Richter und auf Grund mündlicher Verhandlung vom 11. Oktober 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Der Schenkungsteuerbescheid vom 27. Oktober 1995 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. September 1996 wird aufgehoben.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Rechtsmittelbelehrung:

1. Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu,

a) wenn das Finanzgericht die Revision zugelassen hat oder

b) wenn einer der in § 116 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung aufgeführten wesentlichen Mängel des Verfahrens gerügt wird oder

c) wenn es sich um ein Urteil in Zolltarifsachen handelt.

Die Revision ist beim Finanzgericht München, Ismaninger Str. 95 (Briefanschrift: Finanzgericht München, Postfach 86 03 60, 81630 München), innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Die Revision muss das angefochtene Urteil angeben. Die Revisionsbegründung oder die Revision muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

2. Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde an den Bundesfinanzhof angefochten werden. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Finanzgericht München (Anschrift siehe Ziffer 1) einzulegen In der Beschwerdeschrift muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesfinanzhofs, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (Hinweis auf § 115 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung). Wird auf die Beschwerde hin die Revision zugelassen, so ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision einzulegen und innerhalb eines weiteren Monats zu begründen (siehe Ziffer 1 Abs. 2).

3. Vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Revision sowie der Beschwerde. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte, welche die Befähigung zum Richteramt besitzen, vertreten lassen.

Gründe:

Streitig ist, ob eine Grundstücksschenkung vollzogen ist (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 Erbschaftsteuergesetz -ErbStG-).

I.

Mit notariellem Überlassungsvertrag vom 17. Juli 1991 übertrug Frau (Schenkerin) dem Kläger einen Anteil von 49 v.H. der Grundstücke Flur, FlNr. und Flur, FlNr. eingetragen im Grundbuch von ehemals DDR, Bl. 91 (Abteilung II des Grundstücks war frei von Beschränkungen).

Gegenleistungen wurden nicht vereinbart. Die Beteiligten verpflichteten sich lediglich gegenseitig, über ihre Miteigentumsanteile zu Lebzeiten beider nicht zu verfügen, sie insbesondere weder zu veräußern noch jeweils allein zu belasten.

Einen Widerruf der Schenkung und Nutzungsrechte behielt sich die Schenkerin ausdrücklich nicht vor. Die Parteien waren sich über den Eigentumsübergang zu einem Anteil von 49 v.H. auf den Kläger einig und bewilligten und beantragten in der Urkunde die Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch.

Auf die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsübergang hat der Kläger verzichtet.

Der Notar wurde berechtigt, Anträge aus der Urkunde zu stellen und sie in gleicher Weise zurückzunehmen.

Die Beteiligten wurden vom Notar auf "die erforderlichen Genehmigungen" hingewiesen, die von diesem "herbeigeführt und mit Eingang bei ihm wirksam werden sollten."

Es wurde vereinbart, dass der Besitz und die Nutzungen, die Gefahren und Lasten auf den Kläger anteilig mit Wirkung vom 1. Juli 1991 übergehen.

Mit Schenkungsteuerbescheid vom 27. Oktober 1995 besteuerte der Beklagte (das Finanzamt -FA-) die Zuwendung als freigebige Zuwendung unter Lebenden (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) und setzte die Schenkungsteuer aus einem auf 33.957 DM berechneten Wert des Erwerbs nach Abzug des Freibetrages von 3.000 DM (§ 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG) aus einem steuerpflichtigen Erwerb von 30.900 DM in Steuerklasse IV (§ 15 Abs. 1 ErbStG) auf 20 v.H. = 6.180 DM fest.

Die Steuerfestsetzung erfolgte nach Aktenlage, da die vom Kläger angeforderte Schenkungsteuererklärung nicht abgegeben wurde. Der Kläger wurde im Bescheid auf den notariellen Vertrag vom 17 Juli 1991 hingewiesen; ebenso auf die Berechnung des Wertes der Zuwendung, die mit dem anteiligen Einheitswert zum 1,4-fachen
= 33.957 DM erfolgte.

Im Einspruchsverfahren brachte der Kläger vor, dass die Schenkung nicht vollzogen sei. Nachweise dafür legte er trotz Aufforderung des FA nicht vor. Nach vorhergehendem Verböserungshinweis erhöhte das FA im Rahmen seiner ablehnenden Einspruchsentscheidung (EE) vom 24 September 1996 die Steuer auf 21.960 DM (s. Bl. 33 FA-Akte), weil es gemäß § 133 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 3 Bewertungsgesetz (BewG) den EW-Anteil mit 400 v.H. (Geschäftsgrundstück) ansetzte.

Mit der Klage trägt der Kläger vor, dass die Schenkung nicht vollzogen sei, weil das Grundstück zwangsversteigert worden sei, bevor er als Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden sei. Die Zwangsversteigerung sei 1995!1996 aufgrund der Schulden von durch die veranlasst worden (Bl. 33).

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Schenkungsteuerbescheid vom 27. Oktober 1995 in Gestalt der EE vom 24. September 1996 ersatzlos aufzuheben.

Das FA beantragt nunmehr,

den Schenkungsteuerbescheid in Gestalt der EE aufzuheben und die Kosten des Verfahrens dem Kläger gemäß § 137 Finanzgerichtsordnung (FGO) aufzuerlegen.

Da die Vollstreckung in das Vermögen des Klägers bisher ergebnislos verlief, nahm das FA mit Steuerbescheid vom 21. November 1997 die Schenkerin als Gesamtschuldnerin gemäß § 20 Abs. 1 ErbStG in Anspruch (s. Bl. 49 FA-Akte). Die Schenkerin hat die Steuer bisher nicht entrichtet. Auch eine Vollstreckung gegen sie blieb erfolglos.

Auf die Anordnung des Gerichts gemäß § 79 b Abs. 2 FGO vom 5. April 2000 (Bl. 37 FG-Akte) wird verwiesen.

Am 11 Oktober 2000 hat vor dem Senat mündliche Verhandlung in öffentlicher Sitzung stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift vom gleichen Tage wird verwiesen.

II.

Die Klage ist begründet.

Zu Unrecht hat das FA zunächst angenommen, die von Frau beabsichtigte Zuwendung des Grundstücksanteils sei bereits mit der Abgabe der im Übertragungsvertrag vom 17. Juli 1991 enthaltenen Erklärungen ausgeführt worden.

Bei Schenkungen unter Lebenden entsteht die Steuer gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Die freigebige Zuwendung (Schenkung) eines Grundstücks oder eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- (vgl. Urteil vom 26. September 1990 II R 150/88, BFHE 163, 214, BStBl II 1991, 320, m.w.N.) ausgeführt, wenn die Vertragspartner die für die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlichen Erklärungen in gehöriger Form abgegeben haben und der Beschenkte aufgrund dieser Erklärungen in der Lage ist, beim Grundbuchamt die Eintragung der Rechtsänderung zu bewirken.

Dies ist der Fall, wenn von den Vertragsparteien die Auflassung erklärt (§ 925 Abs. 1 Satz 1, § 873 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB-) und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch von dem Berechtigten, nämlich dem Schenker, bewilligt worden ist. Denn damit hat der Schenker alles zur Bewirkung der Leistung Erforderliche getan, während der Beschenkte jederzeit die Eintragung im Grundbuch als Eigentümer beantragen und damit den Eintritt der - dinglichen - Rechtsänderung herbeiführen kann. Darüber hinaus kann er aufgrund der Auflassung über die durch die Rechtsgeschäfte für ihn begründeten Rechte verfügen, insbesondere das Grundstück an einen Dritten weiter auflassen.

Nach der BFH-Rechtsprechung ist es auch nicht zusätzlich erforderlich, dass der Beschenkte durch Stellung des Eintragungsantrags die schützenden Wirkungen des § 17 GBO (Vorrang dieses Antrags) zu später eingehenden Anträgen erlangt hat (s. BFH, a.a.O, BStBl II 1991, 320, s.a. Einkommensteuer-Richtlinien -EStR- 23 I). A 23 Abs. 1 S. 6 EStR 1998 fordert zusätzlich bei Bevollmächtigung eines Dritten, wie im vorliegenden Fall, noch die Besitzverschaffung des Grundstücks sowie den Übergang der Nutzungen und Lasten auf den Beschenkten, was hier ebenfalls der Fall war.

Dennoch ist aufgrund des Umstands, dass der Kläger und die Schenkerin gemeinsam zusammen lebten und der Eintragungsantrag nicht vom bevollmächtigten Notar gestellt wurde, davon auszugehen, dass diese Vollmacht unter dem Vorbehalt des Weiterbestands der Lebensgemeinschaft stand bzw. von der Schenkerin widerrufen wurde, weil bereits ab 18. August 1992 die ersten Zwangshypotheken aus Forderungen gegen die Schenkerin im Grundbuch eingetragen wurden und der Kläger bis zur Zwangsversteigerung im Jahre 1996 nichts unternommen hatte, um im Grundbuch als Eigentümer eingetragen zu werden.

Entsprechend dem BFH-Urteil vom 8. Februar 2000 II R 9/98, UVR 2000, 357 war somit der Kläger noch nicht in die Lage versetzt, den Eintritt der Rechtsänderung durch einen entsprechenden Antrag beim Grundbuchamt herbeizuführen. Dafür spricht auch die jahrelange Untätigkeit des beauftragten Notars (zur zivilrechtlichen Zulässigkeit solcher Vollzugshemmungsvereinbarungen s. Beschluss des BGH vom 1. Dezember 1988 VZR 10/88, BGHZ 106,108 sowie BFH, a.a.O. m.w.N.).

Die Kostenentscheidung erfolgt gemäß § 137 Abs. 1 Satz 1 FGO.

RechtsgebietErbStGVorschriftenErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 2

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