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07.07.2010 · IWW-Abrufnummer 102054

Finanzgericht München: Urteil vom 08.03.2010 – 7 K 1182/08

1. Zwischen § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 EStG und § 8 Abs. 3 S. 2 KStG besteht kein Rangverhältnis, beide Vorschriften sind vielmehr solange nebeneinander anwendbar, wie ihre Rechtsfolgen nicht voneinander abweichen.



2. Nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 EStG dürfen Aufwendungen für Jagd und Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen den Gewinn nicht mindern. Als „ähnliche Zwecke” sind auch Aufwendungen für Sportflugzeuge zu qualifizieren, da diese eine ähnliche Nähe zur privaten Lebensführung aufweisen wie die übrigen in der Vorschrift genannten Aufwendungen.


FG München v. 08.03.2010

7 K 1182/08

Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Behandlung der Kosten für ein Flugzeug.

Die Klägerin ist eine GmbH, deren Geschäftszweck insbesondere die … ist. Gesellschafter mit einem Anteil von 95 v. H. und alleiniger Geschäftsführer ist S.

Nachdem die Klägerin für das Jahr 2003 weder Steuererklärungen noch einen Jahresabschluss und eine GuV-Rechnung abgegeben hatte, schätzte das beklagte Finanzamt (das Finanzamt) die Besteuerungsgrundlagen. Gegen die Schätzungsbescheide (u.a. Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide 2003) legte die Klägerin Einspruch ein und reichte die ausstehenden Steuererklärungen 2003 samt Jahresabschluss und GuV-Rechnung ein. Wie in den Vorjahren waren in den erklärten Betriebsausgaben auch Aufwendungen für die Nutzung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Flugzeugs Cessna F 182 Skylane enthalten. Das Flugzeug wurde 1977 für 48.524 EUR erworben und war im Streitjahr bereits voll abgeschrieben. In der GuV-Rechnung 2003 sind Flugkosten in Höhe von 32.343,90 EUR in den sonstigen Aufwendungen enthalten. Das Finanzamt teilte der Klägerin mit, dass die Flugkosten nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig seien und bezog sich hierbei auf den Betriebsprüfungsbericht für die Jahre 1999 bis 2001 und das für diese Jahre durchgeführte Rechtsbehelfsverfahren. Die Klägerin wurde – da aus den Unterlagen nicht hervorgehe, inwieweit ein Privatanteil für die Nutzung des Flugzeugs berücksichtigt worden sei – um Einreichung berichtigter Steuererklärungen gebeten. Da sich die Klägerin hierzu nicht mehr äußerte, erließ das Finanzamt am 6. März 2008 geänderte Steuerbescheide für 2003, in denen es eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 11.600 EUR betreffend die Flugkosten (geschätzter Kostenanteil von 10.000 EUR zuzüglich Umsatzsteuer für die private Nutzung) ansetzte.

Außerdem wies es den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 11. März 2008 als unbegründet zurück.

Dagegen richtet sich die Klage, die wie folgt begründet wird:

Das Finanzamt habe nicht berücksichtigt, dass im Kalenderjahr 2003 die Flugzeugprivatnutzung in Höhe von 15.156,49 EUR zuzüglich 2.425,04 EUR Umsatzsteuer und 1.326,95 EUR ohne Umsatzsteuer in der Buchführung als Erlöse verbucht worden sei. Dies entspräche 50% der gesamten Flugzeugkosten für 2003. Der Ansatz von 50% der Gesamtkosten für die private Nutzung sei jedoch nicht zutreffend, da von den Gesamtaufwendungen in Höhe von 32.343,90 EUR allein 26.887,26 EUR aufwändige Reparaturmaßnahmen beträfen, die den Wert des Flugzeugs nachhaltig erhöht hätten. Diese Kosten seien nicht in die Bemessungsgrundlage für die Privatnutzung einzubeziehen. Vielmehr sei der zutreffende Ansatz der Privatnutzung 50% der laufenden Flugzeugkosten in Höhe von 5.456,64 EUR, somit 2.729,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer. Soweit nach Auffassung des Finanzamt die Aufteilung der Flugkosten in einen betrieblichen und in einen privaten Anteil die fortlaufende und zeitnahe Führung eines ordnungsgemäßen Flugbuchs voraussetze, so sei darauf hingewiesen, dass jeder Pilot selbständig ein Flugbuch führen und im Flugzeug bei sich haben müsse. Dieses werde – unabhängig von steuerlichen Gesichtspunkten – aus luftfahrtrechtlichen Gründen geführt. Jeder Flug müsse zeitnah ins Flugbuch eingetragen werden. Dem vorliegenden Flugbuch für 2003 könne entnommen werden, dass das Flugzeug von S zu 47,46 % privat und von der Klägerin zu 52,54 % betrieblich genutzt worden sei. Die Reparaturmaßnahmen, die den Wert des Flugzeugs nachhaltig erhöhten, dürften in die Aufteilung in einen privaten und einen betrieblichen Kostenbereich nicht einbezogen werden, da durch diese Maßnahmen eine Vermögensminderung nicht eingetreten sei. Nur eine Vermögensminderung erfülle jedoch die Tatbestandsvoraussetzungen der verdeckten Gewinnausschüttung.

Die Klägerin beantragt,

die angefochtenen Bescheide dahingehend zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen um 22.604,44 EUR vermindert wird und die Körperschaftsteuer sowie der Gewerbesteuermessbetrag entsprechend herabgesetzt werden.

Das Finanzamt beantragt,

Klageabweisung. Es führt zur Begründung aus, dass die betriebliche Nutzung des Flugzeugs nicht ausreichend nachgewiesen und glaubhaft gemacht worden sei. Die Maschine werde von S selbst geflogen. Aufschluss über die betriebliche oder private Veranlassung der Flüge könnte nur ein ordnungsgemäßes Logbuch geben, das fortlaufend und zeitnah geführt werde und Flugziele, Zweck der Reise, mitgereiste Personen, die Gesamteinsatzzeit, die Flugdauer pro Flug und die Flugkilometer wiedergebe. Diesen Anforderungen werde das nunmehr vorgelegte Flugbuch nicht gerecht. Dieses sei bereits wegen Nichtangabe des Reisezwecks nicht ordnungsgemäß. Bei fehlender Angabe des Reisezwecks sei es nicht leicht nachprüfbar, ob die besuchten Personen aus unternehmerischen oder privaten Gründen aufgesucht worden seien. Aus den Aufzeichnungen sei auch ersichtlich, dass im Jahr 2003 nur wenige Flüge stattgefunden hätten. Im ersten Halbjahr habe es sich hauptsächlich um Werkstattflüge, in der Folgezeit ganz überwiegend um Flüge gehandelt, die zur Aufrechterhaltung der Fluglizenz von S notwendig gewesen seien. Da es sich bei der Fluglizenz von S nach Aktenlage um eine Privatpilotenlizenz handele und gemäß dem Urteil des FG Düsseldorf vom 22.11.1994 Az. 6 K 7785/91 Aufwendungen zum Erwerb der Privatpilotenlizenz grundsätzlich Kosten der Lebensführung seien, selbst wenn ein Flugzeug für betriebliche Zwecke eingesetzt werde, seien auch die Flüge, die zur Aufrechterhaltung der Pilotenlizenz notwendig seien, der Privatsphäre zuzurechnen. Dadurch ergebe sich – ausgehend von den Berechnungen der Klägerin – ein prozentualer Anteil von 61% für die Privatflüge von S. Im Übrigen seien ein erhebliches betriebliches Interesse und die Notwendigkeit zur Durchführung geschäftlicher Flüge nicht erkennbar. Eine herausragende repräsentative Wirkung, welche die Steigerung des Umsatzes zur Folge hätte, könne angesichts des äußerst geringen Einsatzes des Flugzeuges nicht angenommen werden.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze, die Akten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 8. März 2010 Bezug genommen.



Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.

Es kann offenbleiben, ob und ggf. in welcher Höhe die Aufwendungen für das Flugzeug im Streitjahr durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind und daher als verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen der Klägerin nicht mindern durften (§ 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuer –KStG–, für die Gewerbesteuer i.V.m. § 7 des Gewerbesteuergesetzes – GewStG –). Die Aufwendungen der Klägerin für das Flugzeuge sind jedenfalls nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 Einkommensteuergesetz –EStG–i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG, § 7 GewStG vom Abzug ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH –, der sich der Senat anschließt, besteht zwischen § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG und § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG kein Rangverhältnis, beide Vorschriften sind vielmehr solange nebeneinander anwendbar, wie ihre Rechtsfolgen nicht voneinander abweichen ( BFH-Urteil vom 7. Februar 2007 I R 27-29/05, BFH/NV 2007, 1230 m.w.N.)

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG, § 7 GewStG) dürfen Aufwendungen für Jagd und Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen den Gewinn nicht mindern. Als „ähnliche Zwecke” sind auch Aufwendungen für Sportflugzeuge zu qualifizieren (BFH in BFH/NV 2007, 1230 m.w.N.), da diese eine ähnliche Nähe zur privaten Lebensführung aufweisen wie die übrigen in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG genannten Aufwendungen. Bei der von der Klägerin gehaltenen Cessna F 182 Skylane handelt es sich um ein Leichtflugzeug, das als Sportflugzeug und Reiseflugzeug genutzt wird (vgl. www.wikipedia.de Stichwort „Cessna F 182”) und das in einen ähnlichem Näheverhältnis zu privaten Lebenshaltungsaufwendungen wie Motorjachten steht. Dies zeigt sich im Streitfall dadurch, dass das Flugzeug überwiegend für Werkstattflüge und für Flüge genutzt wurde, die nach Angaben der Klägerin ausschließlich dazu gedient haben, die Fluglizenz von S aufrecht zu erhalten. Damit handelt es sich um Aufwendungen, die unter § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG fallen. Eine Ausnahme vom Abzugsverbot gilt zwar dann, wenn die entsprechende Anlage und Einrichtung (hier: Sportflugzeug) nur Arbeitnehmern zur Verfügung steht, wenn es sich also um eine Sozialeinrichtung handelt (BFH in BFH/NV 2007, 1230 m.w.N.) oder wenn sie gewerblich betrieben wird (§ 4 Abs. 5 Satz 2 EStG), z.B. bei einer Vermietung mit Gewinnabsicht (Heinicke in Schmidt, EStG 28. Auflage, § 4 Rz. 567). Beide Ausnahmen vom Abzugsverbot liegen im Streitfall jedoch nicht vor.

Die in der Buchführung als Betriebsausgaben berücksichtigten Kosten für das Flugzeug hätten daher richtigerweise im vollen Umfang dem Einkommen der Klägerin hinzugerechnet werden müssen. Wegen des im finanzgerichtlichen Verfahren geltenden Verböserungsverbots (vgl. Gräber, FGO, § 96 Rz. 5) verbleibt es jedoch bei der vom Finanzamt nur teilweise vorgenommenen Hinzurechnung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebieteEStG, KStGVorschriftenEStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 KStG § 8 Abs. 3 S. 2 KStG § 8 Abs. 1

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