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23.02.2011

Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Urteil vom 21.10.2010 – 13 Sa 436/10

Dem Haushaltsplan der Bundesagentur für Arbeit für das Jahr 2006 lässt sich unter Titel 425 07 keine i. S. d. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hinreichende Zwecksetzung der Haushaltsmittel entnehmen. Die Wendung "Sicherstellung fachlich adäquater Betreuungsschlüssel" ist von nichtssagender Beliebigkeit.


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 2. April 2009 - 4 Ca 49/09 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf Grund der im Arbeitsvertrag vom 22. Dezember 2005 vereinbarten Befristung zum 31. Dezember 2008 beendet ist.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Arbeitsvermittler mit Beratungsaufgaben im Bezirk der Arbeitsagentur Mönchengladbach weiterzubeschäftigen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand

T A T B E S T A N D :

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.

Die beklagte Bundesagentur stellte den Kläger zunächst beginnend ab dem 7. September 2005 befristet bis zum 31. Dezember 2005 ein. Unter dem 22. Dezember 2005 schlossen die Parteien sodann einen Arbeitsvertrag für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2008. In einem am selben Tag beiderseits unterzeichneten "Vermerk zum befristeten Arbeitsvertrag" heißt es unter anderem:

Im Haushaltsplan der BA für das Kalenderjahr 2006 sind bei Kapitel 5 Titel 425 07 für die Haushaltsjahre 2006 bis 2008 insgesamt 150 Mio. Euro zur Beschäftigung von Kräften mit befristetem Arbeitsvertrag mit dem Ziel der Verbesserung des Betreuungsschlüssels (Kunden/Vermittler) zulasten des Eingliederungstitels (Kap. 2 Tit. 971 01) ausgewiesen. Der Haushaltsplan wurde nach Aufstellung durch den Vorstand und Feststellung durch den Verwaltungsrat am 22.12.2005 durch die Bundesregierung genehmigt.

Die bei der entsprechenden Zweckbestimmung ausgebrachten Mittel können nur zur Beschäftigung von Kräften mit befristetem Arbeitsvertrag für die oben genannte Aufgabe bis zu dem Endtermin 31.12.2008 verwendet werden. Die Agentur für Arbeit Mönchengladbach wurde ermächtigt, bis zum 31.12.2008 insgesamt 15 Kräfte zu beschäftigen.

Herr M. wird daher für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2008 als Arbeitsvermittler mit Beratungsaufgaben befristet beschäftigt.

Auf den Inhalt des als Anlagen K4 und K5 zur Klageschrift überreichten Arbeitsvertrages sowie des Vermerks im Übrigen wird verwiesen. Der Kläger war vor allem in der Arbeitgeber-Beratung tätig.

Im Haushaltsplan der Beklagten für das Jahr 2006 heißt es unter Kapitel 2:

5. Die Ausgaben bei Tit.

971 01 - Eingliederungstitel -

dienen bis zur Höhe von 150 Mio. Euro zur Deckung der Ausgaben bei Kapitel 5 Titel

425 07 - Vergütungen der Kräfte mit befristetem Arbeitsvertrag zur

weiteren Verbesserung des Betreuungsschlüssels "Arbeitsvermittler zu Arbeitslosen/Betrieben" bis 31.12.2006 sowie zur Sicherstellung fachlich adäquater Betreuungsschlüssel bis 31.12.2008.

Die Entscheidung über die Inanspruchnahme der Deckungsfähigkeit obliegt den Agenturen

für Arbeit.

Entsprechend ist im Haushaltsplan 2006 unter Kapitel 5 geregelt:

6. Ausgaben für die Beschäftigung von Kräften mit befristetem Arbeitsvertrag dürfen bei Titel

425 07 - Vergütungen der Kräfte mit befristetem Arbeitsvertrag zur

weiteren Verbesserung des Betreuungsschlüssels "Arbeitsvermittler zu Arbeitslosen/Betrieben" bis 31.12.2006 sowie zur Sicherstellung fachlich adäquater Betreuungsschlüssel bis 31.12.2008

bis zur Höhe von 150 Mio. Euro geleistet werden, wenn Ausgaben bei Kapitel 2 Titel

971 01 - Eingliederungstitel

in entsprechender Höhe eingespart werden.

Die Entscheidung über die Inanspruchnahme der Deckungsfähigkeit obliegt den Agenturen für Arbeit.

Als Zweckbestimmung ist im Haushaltsplan zu Kapitel 5 Titel 425 07 genannt (Seite 80 des Haushaltsplans):

Vergütungen der Kräfte mit befristetem Arbeitsvertrag zur weiteren Verbesserung des Betreuungsschlüssels "Arbeitsvermittler zu Arbeitslosen/Betrieben" bis 31.12.2006 und zur Sicherstellung fachlich adäquater Betreuungsschlüssel bis 31.12.2008

Ausweislich der Anlage 2 des Haushaltsplans für das Jahr 2006 wurde die Beklagte ermächtigt, im Rahmen des Titels 425 07 bundesweit insgesamt 3.990 Kräfte mit befristetem Arbeitsvertrag einzustellen.

Mit seiner am 7. Januar 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 9. Januar 2009 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen die Befristung zum 31. Dezember 2008 gewendet und das Fehlen eines Sachgrundes für die Befristung gerügt. Die Befristung sei insbesondere nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG haushaltsrechtlich gerechtfertigt. Beim Arbeitgeberservice handele es sich um eine Daueraufgabe der Beklagten.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien, das am 22. Dezember 2005 geschlossen wurde, aufgrund der Befristung nicht zum 31. Dezember 2008 beendet wurde.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich darauf berufen, die zeitliche Befristung der nach Kapitel 5 Titel 425 07 des Haushaltsplans des Jahres 2006 abgeschlossenen Verträge sei zur Durchführung der zeitlich befristeten Projekte bzw. Sonderprogramme des Bundes zur Verbesserung der Integrationsfortschritte für Kunden im Bereich Arbeitsvermittlung erforderlich gewesen.

Mit Urteil vom 2. April 2009 hat das Arbeitsgericht Mönchengladbach die Klage abgewiesen.

Das Urteil ist dem Kläger am 30. April 2009 zugestellt worden. Er hat mit einem am 27. Mai 2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 7. Juli 2009 - mit einem an diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er rügt, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Zwecksetzung der Haushaltsmittel im Haushaltsplan der Beklagten gemessen an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht hinreichend konkret erkennbar. Er vertieft zudem sein Vorbringen, er sei im Rahmen eines Dauerbedarfs eingesetzt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach 4 Ca 49/09 vom 2. April 2009 abzuändern und

1.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien, das am 22. Dezember 2005 geschlossen wurde, aufgrund Befristung nicht zum 31. Dezember 2008 beendet wurde

sowie für den Fall des Obsiegens mit dem Befristungskontrollantrag

2.die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Arbeitsvermittler mit Beratungsaufgaben im Bezirk der Arbeitsagentur Mönchengladbach weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Die hinreichende Zweckbestimmung ergebe sich bereits aus logischen Überlegungen: Ein erhoffter höherer Vermittlungserfolg durch eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels führe in Verbindung mit einer bei der Einstellung zu erwartenden Fortsetzung des konjunkturellen Aufschwungs zu einem Rückgang der Arbeitslosenzahlen, so dass anschließend eine sachgerechte Betreuung allein durch das Stammpersonal möglich sei.

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere unter Beachtung der Vorgaben der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Erweiterung der Klage um den Weiterbeschäftigungsantrag ist nach § 533 ZPO zulässig. Die Beklagte hat sich insoweit ausdrücklich eingelassen. Auch bedurfte die Entscheidung über den Antrag keiner Tatsachen, welche die Berufungskammer nicht ohnehin der Berufung zugrunde zu legen hatte.

B.

Die Berufung ist auch begründet. Das Arbeitsgericht hat die Befristungskontrollklage (§ 17 Satz 1 TzBfG) des Klägers zu Unrecht abgewiesen. Die im Arbeitsvertrag vom 22. Dezember 2005 vereinbarte Befristung zum 31. Dezember 2008 ist unwirksam. Die Beklagte war zudem zur Weiterbeschäftigung zu verurteilen.

I.

Die streitgegenständliche Befristung ist nicht durch den Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG gerechtfertigt. Andere Sachgründe sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Auf die vom Kläger fristgerecht (§ 17 Satz 1 TzBfG) erhobene Klage war daher festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Befristung nicht beendet ist.

1.

Ein sachlicher Grund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG erfordert die Vergütung des Arbeitnehmers aus Haushaltsmitteln, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und dass er entsprechend beschäftigt wird. Das setzt die Bereitstellung von Haushaltsmitteln für die befristete Beschäftigung in einem Haushaltsplan und die Vergütung des Arbeitnehmers aus diesen Haushaltsmitteln voraus.

Nach der unter Berücksichtigung des nach Art. 12 Abs. 1 GG garantierten staatlichen Mindestbestandsschutzes für Arbeitsverhältnisse sowie gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben gewonnenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist zudem erforderlich, dass die Haushaltsmittel im Haushaltsplan mit einer konkreten Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Zwecksetzung ausgebracht sind. Die für die Vergütung des befristet eingestellten Arbeitnehmers verfügbaren Haushaltsmittel müssen für eine Aufgabe von nur vorübergehender Dauer vorgesehen sein. Es muss sich um Tätigkeiten handeln, die nicht dauerhaft, sondern nur zeitweilig anfallen. Dabei müssen die Rechtsvorschriften, mit denen die Haushaltsmittel ausgebracht werden, selbst die inhaltlichen Anforderungen für die im Rahmen der befristeten Arbeitsverträge auszuübenden Tätigkeiten oder die Bedingungen, unter denen sie auszuführen sind, enthalten. Voraussetzung einer haushaltsrechtlichen Befristung ist ein objektiv feststellbares, anerkennenswertes Interesse des Arbeitgebers daran, statt eines unbefristeten nur einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen. Entsprechend diesem gesetzgeberischen Anliegen muss die nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG erforderliche Zweckbestimmung der für die befristete Beschäftigung ausgebrachten Haushaltsmittel so beschaffen sein, dass sie eine Nachprüfung anhand objektiver Umstände ermöglicht, ob mit der Bereitstellung der Mittel einem berechtigten Interesse des öffentlichen Arbeitgebers an einer nur befristeten Beschäftigung Rechnung getragen wird. Die Zweckbestimmung muss daher erkennen lassen, für welche Aufgaben die Haushaltsmittel bereit gestellt werden und dass diese Aufgaben nicht zeitlich unbegrenzt, sondern nur vorübergehend anfallen. Hierbei muss es sich zwar nicht um eine von den Daueraufgaben abgrenzbare Zusatzaufgabe des öffentlichen Arbeitgebers handeln, wie zB ein Sonderprogramm. Es können auch Mittel für die befristete Beschäftigung zur Bewältigung eines vorübergehend erhöhten Arbeitsanfalls im Bereich der Daueraufgaben des Arbeitgebers bereit gestellt werden. Auch in diesem Fall muss die haushaltsrechtliche Zweckbestimmung jedoch objektive und nachprüfbare Vorgaben enthalten, die gewährleisten, dass die Mittel zur Deckung eines nur vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs genutzt werden (vgl. insgesamt BAG 17. März 2010 - 7 AZR 843/08 - NZA-RR 2010, 549 zum Haushaltsplan 2005 der Beklagten; BAG 17. März 2010 - 7 AZR 640/08 - NZA 2010, 633 jeweils mit umfangreichen weiteren Nachweisen).

Für die Beurteilung, ob die genannten Voraussetzungen gegeben sind, ist auf die Umstände bei Vertragsschluss abzustellen. Wird später festgestellt, dass der Arbeitnehmer tatsächlich nicht aus den bei Vertragsschluss verfügbaren Haushaltsmitteln vergütet oder entsprechend der Zwecksetzung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel beschäftigt wird, stellt dies allerdings ein Indiz dafür dar, dass der Befristungsgrund nur vorgeschoben ist. Es obliegt dann dem Arbeitgeber, die vom Vertrag abweichende Handhabung zu erklären (vgl. BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 193/06 - NZA 2007, 871 unter RN 12).

Eine finanzielle Kongruenz in dem Sinne, dass eine auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG gestützte Befristung stets auf den Zeitpunkt erfolgen muss, bis zu dem Haushaltsmittel für eine befristete Beschäftigung zur Verfügung stehen, ist hingegen nicht erforderlich (BAG 14. Februar 2007 - 7 AZR 193/06 - aaO unter RN 21 ff.).

2.

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die streitgegenständliche Befristung unwirksam, da der Haushaltsplan der Beklagten für das Jahr 2006 keine ausreichende Zweckbestimmung der ausgebrachten Haushaltsmittel für eine Aufgabe von vorübergehender Dauer enthält (so auch LAG Berlin-Brandenburg 3. Dezember 2009 - 26 Sa 1449/09 - Revision anhängig unter 7 AZR 223/10; LAG Frankfurt 19. Februar 2010 - 3 Sa 966/09 - Revision anhängig unter 7 AZR 258/10; LAG Schleswig-Holstein 23. Februar 2010 - 5 Sa 296/09 - Revision anhängig unter 7 AZR 261/10).

Allein aus dem Umstand, dass nach dem Haushaltsplan die Mittel bis zum 31. Dezember 2008 bewilligt worden sind, ergibt sich keine hinreichende Zweckbestimmung. Aus der Befristung selbst sind die Gründe hierfür nicht erkennbar.

Die im Haushaltsplan zur Zwecksetzung für Befristungen bis zum 31. Dezember 2008 bestimmte Wendung "Sicherstellung fachlich adäquater Betreuungsschlüssel" ist von nichtssagender Beliebigkeit.

Bemerkenswerterweise werden im Haushaltsplan 2006 gleichzeitig Befristungen "zur weiteren Verbesserung des Betreuungsschlüssels & bis 31.12.2006" und zur Sicherstellung fachlich adäquater Betreuungsschlüssel bis 31.12.2008" geregelt, ohne dass eine konkrete Differenzierung beider Zwecksetzungen erkennbar wäre. Wie sich aus §§ 4 Abs. 1, 35 SGB III ergibt, gehört Arbeitsvermittlung zu den originären Aufgaben der Beklagten. Die Beklagte hat das erforderliche Personal zu beschäftigen, um diese ihr gesetzlich zugewiesene Aufgabe zu erfüllen. Der Kläger sollte auf der Grundlage des Haushaltsplans 2006 dieselben dauerhaft anfallenden Kernaufgaben der Beklagten im Bereich der Arbeitsvermittlung erfüllen wie unbefristet beschäftigte Arbeitsvermittler. Aus der Zweckbestimmung des Haushaltsplans ergibt sich nicht hinreichend, dass die Beklagte - wie sie vorträgt - jenseits des Dauerbedarfs nur für einen vorübergehenden Zeitraum eine Ausweitung des Umfangs der Wahrnehmung dieser Daueraufgabe etwa im Sinne einer zeitweise verbesserten Aufgabenerfüllung beabsichtigte. Dies folgt schon daraus, dass sich im Haushaltsplan für 2006 eben nicht nur die hier fraglichen befristeten Stellen finden, sondern auch die bereits im Haushaltsplan 2005 geregelten Stellen "zur Verbesserung des Betreuungsschlüssels Arbeitsvermittler zu Arbeitslosen/Betrieben bis 31.12.2006". Wenn gleichzeitig durch den Haushaltsplan 2006 durch befristete Einstellungen der Betreuungsschlüssel vorübergehend verbessert werden sollte, erschließt sich der Kammer nicht, weshalb durch die hier fraglichen Stellen fachlich adäquate Betreuungsschlüssel sichergestellt werden sollten. Es bleibt zudem im Dunkeln, welche Mehrzahl von Betreuungsschlüsseln fachlich adäquat sichergestellt werden sollten, während zeitgleich allein der Betreuungsschlüssel Arbeitsvermittler zu Arbeitslosen/Betrieben verbessert werden sollte.

Auch die Unterschiedlichkeit der von der Beklagten für die hier fragliche Stelle verwendeten Formulierungen entlarvt deren Inhaltslosigkeit. Im Vermerk zum Arbeitsvertrag der Parteien wird als Zweckbestimmung das "Ziel der Verbesserung des Betreuungsschlüssels" ausgewiesen. In der Zuweisung von 15 Ermächtigungen an die Arbeitsagentur Mönchengladbach ist die Rede von der "Intensivierung der Arbeitsvermittlung für die Dauer von 3 Jahren" (Anlage 3a zum Haushaltsschreiben vom 18. April 2006). Auch bei einem Vergleich der entsprechenden Formulierungen weiterer Haushaltsjahre wird die Inhaltslosigkeit deutlich. Bereits im Haushaltsplan 2005 waren befristete Stellen "für die weitere Intensivierung der Arbeitsvermittlung bis 31.12.2005, ... sowie zur weiteren Verbesserung des Betreuungsschlüssels "Arbeitsvermittler zu Arbeitslosen/Betrieben" bis 31.12.2006" vorgesehen. Im Haushaltsplan 2007 der Beklagten werden befristete Stellen mit der Zwecksetzung des "gezielten, wirkungsorientierten Einsatzes von Arbeitsvermittlerinnen und Arbeitsvermittlern zur Sicherstellung und weiteren Optimierung der Betreuungsschlüssel Arbeitsvermittlerinnen und Arbeitsvermittler zu Arbeitslosen / Betrieben bis längstens 31.12.2010", im Haushaltsplan 2008 mit derselben Zwecksetzung bis längstens 31.12.2012 versehen, im Haushaltsplan für 2009 ergänzt um "Projekte zur Erprobung optimierter Betreuungsrelationen Arbeitsvermittler / Arbeitsvermittlerinnen zu Arbeitslosen / Betrieben" sowie zur "vorübergehenden Optimierung der Betreuungsschlüssel Arbeitsvermittler / Arbeitsvermittlerinnen zu Arbeitslosen / Betrieben bis zum endgültigen Vorliegen von Ergebnissen aus den zeitlich befristeten Projekten". Die Zwecksetzung einer "Verbesserung des Betreuungsschlüssels" erlaubt daher nicht die Überprüfung, ob die Haushaltsmittel für eine Aufgabe von nur vorübergehender Dauer vorgesehen sind.

Der Haushaltsplan und seine Anlage enthalten auch im Übrigen keine objektiven und nachprüfbaren Vorgaben, die gewährleisten könnten, dass die bereit gestellten Mittel tatsächlich zur Deckung eines nur vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs genutzt werden. Es kommt hinzu, dass die Entscheidung über die Inanspruchnahme der Befristungen nicht etwa im Haushaltsplan selbst getroffen wird. Vielmehr wird diese ausdrücklich den örtlichen Agenturen für Arbeit übertragen.

Soweit die Beklagte erstinstanzlich die Befristung mit zeitlich befristeten Projekten bzw. Sonderprogrammen des Bundes zur Verbesserung der Integrationsfortschritte für Kunden im Bereich Arbeitsvermittlung zu begründen versucht hat, findet eine derartige Zwecksetzung - abgesehen davon, dass auch sie nicht hinreichend konkret ist - im Haushaltsplan keinerlei Erwähnung.

Auch die von der Beklagten in der Berufungsinstanz herangezogenen logischen Überlegungen ergeben keine hinreichende Zweckbestimmung. Dem Haushaltsplan ist nicht annähernd zu entnehmen, welche beschäftigungsfördernden Effekte durch die "Sicherstellung eines fachlich adäquaten Betreuungsschlüssels" aus Sicht der Beklagten zu erwarten waren, so dass die genannte Sicherstellung anschließend mit einer geringeren Anzahl Mitarbeiter hätte bewältigt werden können. Mit der Argumentation, dass die Beschäftigung eines Arbeitsvermittlers einen Rückgang der Arbeitslosigkeit bewirke, könnten ansonsten alle derartigen Stellen befristet werden. Die Absurdität einer solchen Überlegung liegt auf der Hand.

Soweit sich die Beklagte - was aus dem Haushaltsplan allerdings nicht einmal ansatzweise erkennbar ist - auf eine prognostizierte Veränderung der Situation am Arbeitsmarkt berufen will, ist darauf hinzuweisen, dass die Arbeitsmarktentwicklung von zahlreichen kaum vorhersehbaren Faktoren bestimmt wird und deshalb jedenfalls allein ohne nähere Analyse keine hinreichende Grundlage für eine objektiv fundierte Prognose des künftigen Beschäftigungsbedarfs ist (so ausdrücklich BAG 17. März 2010 - 7 AZR 843/08 - NZA-RR 2010, 549 RN 15).

II.

Der ausgeurteilte Weiterbeschäftigungsanspruch beruht auf den Grundsätzen der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 1985 (- GS 1/84 - NZA 1985, 702). Auch mit dem Obsiegen im Rahmen einer Befristungskontrollklage steht dem Arbeitnehmer ein Weiterbeschäftigungsanspruch bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu (BAG 13. Juni 1985 - 2 AZR 410/84 - NZA 1986, 562). Gründe, die ausnahmsweise eine Beschäftigung unzumutbar machen, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Der Inhalt der nach der letzten Direktionsrechtsausübung geschuldeten Tätigkeit ist zwischen den Parteien nicht streitig.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Kammer hat die Revision zugelassen, weil die Frage der Wirksamkeit einer Befristung auf der Grundlage des Haushaltsplans 2006 der Beklagten angesichts der Vielzahl der bundesweit betroffenen befristeten Arbeitsverträge grundsätzliche Bedeutung iSd. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG hat.

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