25.08.2006 · IWW-Abrufnummer 062500
Bundesfinanzhof: Beschluss vom 21.02.2006 – VII B 7/03
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist durch Umwandlung aus einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) hervorgegangen. Für die Getreidelieferungen der LPG vom 1. Juli bis zum 2. Oktober 1990 an die X-GmbH (Marktbeteiligte) behielt diese vom Kaufpreis die Getreide-Mitverantwortungsabgabe ein, die sie am 26. November 1990 beim Beklagten und Beschwerdegegner (Hauptzollamt --HZA--) anmeldete und abführte. Im Anschluss an eine bei der Marktbeteiligten durchgeführte Außenprüfung hob das HZA mit Bescheid vom 13. Juli 1992 den Vorbehalt der Nachprüfung der Abgabenanmeldung auf.
Im Dezember 1995 beantragte die Marktbeteiligte u.A. im Namen der Klägerin die Erstattung der Abgaben, was das HZA mit Bescheid vom 22. Juli 1999 ablehnte.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Erhebung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe sei zwar rechtswidrig gewesen, die Festsetzung dieser Abgabe sei jedoch auf Grund der Anmeldung der Marktbeteiligten bestandskräftig. Bestandskräftig festgesetzte Abgaben könnten nur dann wegen sachlicher Unbilligkeit erstattet werden, wenn die Festsetzung offensichtlich und eindeutig falsch sei und es dem Steuerpflichtigen nicht möglich und zumutbar gewesen sei, sich gegen die Fehlerhaftigkeit zu wehren. Obgleich die Marktbeteiligte die Abgaben angemeldet habe, sei die Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht gehindert gewesen, diese Anmeldung anzufechten. Denn sie habe auf Grund der vom Kaufpreis einbehaltenen Abgaben Kenntnis von den für sie geleisteten Zahlungen gehabt.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, die sie auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache stützt (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Die Beschwerde ist unzulässig, weil in der Beschwerdeschrift ein Grund, der zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO führen könnte, nicht schlüssig dargelegt ist, wie dies § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO fordert.
Für die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) muss der Beschwerdeführer eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen; erforderlich ist ferner ein substantiierter Vortrag, warum im Einzelnen die Klärung der Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Fortentwicklung des Rechts im allgemeinen Interesse liegt, also ein Vortrag zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit (vgl. Senatsbeschluss vom 2. April 2002 VII B 66/01, BFH/NV 2002, 1308; Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Mai 2002 VIII B 150/01, BFH/NV 2002, 1463). Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht.
Die Klägerin macht geltend, die Rechtsfrage, ob die entrichtete Getreide-Mitverantwortungsabgabe trotz formeller Bestandskraft der Bescheide aus Billigkeitsgründen nach § 227 der Abgabenordnung (AO 1977) zu erstatten sei, sei bislang vom BFH nicht entschieden worden und für eine Vielzahl vergleichbarer Fälle von grundsätzlicher Bedeutung. Hiermit wird indessen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargetan, weil nicht ausgeführt wird, dass und weshalb die Rechtsfrage streitig ist und welche vernünftigen Zweifel an ihrer Beantwortung bestehen können (vgl. Senatsbeschluss vom 23. August 1994 VII B 70/94, BFH/NV 1995, 412).
Unbeschadet dessen wäre die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage auch nicht klärungsbedürftig. Es ist geklärt, dass sich die Erstattung der Getreide-Mitverantwortungsabgabe, die für in der Zeit vom 1. Juli bis zum 2. Oktober 1990 geliefertes Getreide gezahlt wurde, nach den Bestimmungen der AO 1977 richtet (vgl. Senatsurteile vom 7. Februar 2002 VII R 33/01, BFHE 197, 569, 572 f., BStBl II 2002, 447, 448; vom 29. Oktober 2002 VII R 2/02, BFHE 200, 88, 90, BStBl II 2003, 43, 44). Es entspricht zudem ständiger Rechtsprechung des BFH, dass bestandskräftig festgesetzte Abgaben nur dann im Billigkeitsverfahren nach § 227 AO 1977 sachlich überprüft werden können, wenn die Abgabenfestsetzung offensichtlich und eindeutig unrichtig ist und wenn es dem Abgabenpflichtigen nicht möglich und nicht zumutbar war, sich gegen die Fehlerhaftigkeit rechtzeitig zu wehren (vgl. Senatsurteil vom 11. August 1987 VII R 121/84, BFHE 150, 502, 503, BStBl II 1988, 512, 513; BFH-Urteil vom 21. Oktober 1999 V R 94/98, BFH/NV 2000, 610, 611).
Soweit sich die Klägerin gegen die ihrer Ansicht nach unzutreffende Anwendung dieser Grundsätze im Streitfall durch das FG wendet, kann dies nicht zur Zulassung der Revision führen, weil hiermit kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 6. Oktober 2000 III B 16/00, BFH/NV 2001, 202; vom 4. Juni 2003 IX B 29/03, BFH/NV 2003, 1212). Überdies ist nicht ersichtlich und auch nicht dargelegt, warum die Voraussetzungen für einen Erlass einer nach dem Recht der ehemaligen DDR (vermeintlich) entstandenen Getreide-Mitverantwortungsabgabe (noch) klärungsbedürftig sein sollten, nachdem es sich insofern um ausgelaufenes Recht handelt.