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02.11.2007 · IWW-Abrufnummer 073352

Verwaltungsgericht Düsseldorf: Urteil vom 13.06.2007 – 16 K 3856/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Verwaltungsgericht Düsseldorf
16. Kammer

Urteil
16 K 3856/06

Urteil

Tenor:


Der Anordnungsbescheid der Beklagten vom 9. Januar 2006 und der Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2006 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger ist Inhaber einer Zahnarztpraxis in der M straße 65 in N. Am 4. Januar 2006 führte die Beklagte eine Inspektion dieser Praxis durch. Über die Besichtigung wurde eine Niederschrift gefertigt, die unter Ziffer 6 (Mängel) wie folgt lautet:

6.1 Die Aufbereitung der Medizinprodukte erfolgt derzeit hinsichtlich der Sterilisation nicht mit einem validierten Verfahren. (§ 4 (2) MPBetreibV i.V.m. Pkt. 1.3 RKI-Empfehlung)
6.2 Für wesentliche Verfahren existieren keine schriftlichen Verfahrensanweisungen. (§ 4 (2) MPBetreibV i.V.m. Pkt. 1.2.1 und 1.4 RKI-Empfehlung)
6.3 Eine Risikobewertung und Einstufung der Instrumente i.S. der RKI-Empfehlung ist nicht durchgeführt worden. (§ 4 (2) MPBetreibV i.V.m. Pkt. 1.2.1 RKI- Empfehlung)
6.4 Die Herstellerangaben für die Durchführung der Aufbereitung liegen nicht für alle Instrumente vor. (§ 4 (2) MPBetreibV i.V.m. Pkt. 1.2.1 RKI-Empfehlung)
6.5 Hand- und Winkelstücke werden nicht entsprechend der Herstellerempfehlung aufbereitet. (§ 4 (2) MPBetreibV)
6.6 Kritisch-B Instrumente werden nicht maschinell gereinigt. (§ 4 (2) MPBetreibV i.V.m. RKI-Empfehlung Tabelle 1)
6.7 Die Freigabe umfasst nicht den gesamten Aufbereitungsprozess. (§ 4 (2) MPBetreibV i.V.m. Pkt. 2.2.6 RKI-Empfehlung)
6.8 Die mit der Aufbereitung von Instrumenten befassten Mitarbeiter sind nicht entsprechend § 4 (3) Nr. 1 MPBetreibV i.V.m. Pkt. 1.1 RKI-Empfehlung qualifiziert. 6.9 Bei der Kennzeichnung der Medizinprodukte wird das Verfalldatum nicht mit angegeben. (§ 4 (2) Nr. 1 MPBetreibV i.V.m. Pkt. 2.2.5 RKI-Empfehlung)

Daraufhin ordnete die Beklagte durch Bescheid vom 9. Januar 2006 die Vorlage eines Maßnahmeplanes zur Beseitigung der unter Punkt 6 genannten Mängel bis zum 15.02.2006 an.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2006, zugestellt am 29. Mai 2006, zurückwies.

Der Kläger hat am 28. Juni 2006 Klage erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend:
Der Anordnungsbescheid verpflichte ihn, Maßnahmen zur vollständigen Umsetzung der Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert-Koch-Institut zu Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten (RKI-Empfehlung) zu treffen. Durch die in seiner Praxis angewendeten Verfahren werde dem Gesetzeszweck der MPBetreibV, wonach eine Aufbereitung in nachvollziehbarer Weise ohne Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit des geschützten Personenkreises zu gewährleisten sei, ebenfalls in geeigneter Weise Rechnung getragen. Die RKI-Empfehlung dürfe allenfalls als Leitlinie verstanden werden, die den Stand des Wissens darstelle, von der nach allgemeinen Grundsätzen dann begründet abgewichen werden könne und müsse, wenn die konkrete Situation nach entsprechender Risikobewertung unter Berücksichtigung der Vorgaben der Richtlinie dies zulasse. Hinsichtlich der Feststellungen zur Dokumentation, Qualifizierung des Personals, zu den Aufbereitungsprozessen, Reinigung der Kupplung der Absauganlage, zur Validierung des Sterilisationsprozesses und zur Reinigung der Winkelstücke sei die Beklagte von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Eine ein Einschreiten nach § 28 Abs. 1 MPG rechtfertigende Gefahr habe nicht bestanden. Es sei bei der Inspektion kein einziges Sterilgut, dessen Lagerzeit abgelaufen gewesen sei, vorgefunden worden und hätte auch nicht gefunden werden können, da er durch regelmäßige Routinekontrollen sicherstelle, dass die Chargen auf Verfall geprüft und ggfs. aussortiert würden. Den Nachweis, dass von der Aufbereitung der Medizinprodukte in seiner Praxis eine Gefahr ausgehe, habe die Beklagte nicht erbracht.

Der Kläger beantragt,
den Anordnungsbescheid der Beklagten vom 9. Januar 2006 und den Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie macht im Wesentlichen geltend: Die Anordnung finde ihre Rechtsgrundlage in §§ 26 Abs. 2, 28 Abs. 2 MPG i.V.m. § 4 MPBetreibV. Die vom Kläger praktizierte Aufbereitung der bestimmungsgemäß keimarm und steril zur Anwendung kommenden Produkte genüge den Vorgaben des § 4 Abs. 2 Satz 1 MPBetreibV nicht. Diese Vorschrift setze zwingend voraus, dass die Aufbereitung der Medizinprodukte mit geeigneten validierten Verfahren so durchzuführen sei, dass der Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet sei. Weiche der Betreiber von der RKI-Empfehlung ab, habe dieser nachzuweisen, dass das angewendete Verfahren zu den gleichen Ergebnissen führe. Die Anordnung der Vorlage eines Maßnahmeplanes sei ermessensfehlerfrei, insbesondere verhältnismäßig erfolgt. Die Anordnung sei allein darauf gerichtet, den Kläger zur schriftlichen Fixierung und Offenlegung seiner geplanten Maßnahmen zur Beseitigung der im Inspektionsprotokoll aufgeführten Mängel zu veranlassen. Die Erstellung und Übermittlung eines Maßnahmeplanes sei nicht mit seiner Umsetzung gleichzusetzen, deshalb sei auch der Zeitraum von vier Wochen ausreichend gewesen.

Die Aufbereitung der Medizinprodukte mit nicht validierten Verfahren stelle eine drohende Gefahr im Sinne des § 28 Abs. 2 Satz 1 MPG dar, denn der Verordnungsgeber gehe davon aus, das das erhebliche Gefährdungspotenzial von Medizinprodukten, die bestimmungsgemäß keimarm und steril zur Anwendung gelangen müssen, nur bei einer ordnungsgemäßen Aufbereitung hingenommen werden könne, weil bereits ein einmaliger Kontakt mit einem infektiösen Medizinprodukt zur Infektion führen und damit für den Patienten mit gravierenden Gesundheitsfolgen verbunden sein könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Anordnung, einen Maßnahmeplan vorzulegen, genügt den Maßgaben des § 37 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) nicht. Hiernach muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Dies setzt voraus, dass insbesondere für den Adressaten des Verwaltungsaktes die von der Behörde getroffene Regelung so vollständig, klar und unzweideutig ist, dass für ihn unzweifelhaft erkennbar ist, was von ihm verlangt wird. Zwar dürfen die Anforderungen an die Bestimmtheit auch nicht überspannt werden. So kann es je nach den Umständen des Einzelfalls ausreichen, dem Betroffenen das Ziel zu bezeichnen, das mit der betreffenden Maßnahme verfolgt wird, ohne ihm detailliert vorzuschreiben, auf welche Weise dieses Ziel erreicht werden soll.

Die Aufforderung, einen Maßnahmeplan vorzulegen, erfüllt diese Anforderungen jedoch nicht.

Was dem Kläger mit dem von der Beklagten angeordneten Vorlage eines Maßnahmeplanes inhaltlich konkret aufgegeben wird, ist unklar. Zwar hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Anordnung allein darauf gerichtet sei, den Kläger zur schriftlichen Fixierung und Offenlegung seiner geplanten Maßnahmen zur Beseitigung der im Inspektionsprotokoll aufgeführten Mängel zu veranlassen. Welche rechtliche Bedeutung einem solchen Plan beizumessen ist, bleibt jedoch offen. Einerseits könnte die Vorlage eines derartigen Planes die Erklärung beinhalten, dass der Betroffene sich bereits rechtsverbindlich verpflichtet, die darin von ihm genannten Maßnahmen zu ergreifen. Andererseits könnte es sich aber auch um die Unterbreitung von bloßen Vorschlägen des Klägers zu den von ihm beabsichtigten Schritten handeln, die die Beklagte zunächst zu Prüfungszwecken erhalten soll, um diese dann u.U. zur Grundlage einer einvernehmlichen Regelung oder weiteren Entscheidung der Beklagten machen zu können. Für den Kläger als Adressaten ist folglich nicht erkennbar, ob er eine bindende Verpflichtungserklärung abgeben oder bloß an der Vorbereitung einer weiteren Entscheidung der Beklagten mitwirken soll.

Unklar bleibt ferner, welche Konsequenzen es hat, wenn der Maßnahmeplan nicht vorgelegt wird oder aus Sicht der Beklagten unvollständig bleibt, weil der Kläger nicht zu allen Punkten, die gerügt worden sind, Abhilfemaßnahmen vorschlägt, etwa, weil er die Auffassung der Beklagten hinsichtlich der Bewertung als Mangel nicht teilt bzw. das Bestehen bestimmter Mängel bestreitet oder die Mängel bereits für behoben hält.

Das Verlangen nach Vorlage eines Maßnahmeplanes ist auch kein geeignetes Mittel zur effizienten Gefahrenabwehr. Denn die bloße Vorlage eines Planes zur die Behebung der im Besichtigungsprotokoll bezeichneten Mängel führt nicht schon zu deren Behebung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11,711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung gemäß §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

RechtsgebieteMPG, RKI-Richtlinie Vorschriften§ 4 Abs.2 MPBetreibV

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