Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

Zurück

Urteil vom 14.04.2023 · IWW-Abrufnummer 235476

Landesarbeitsgericht Sachsen - Aktenzeichen 4 Sa 65/21

Der Arbeitgeber trägt die Beweislast für eine Nichtdauerhaftigkeit der Aufgabenübertragung, denn die Dauerhaftigkeit bildet den Regelfall i.S.v. § 12 II TVÖD.


In dem Rechtsstreit
...
hat das Sächsische Landesarbeitsgericht - Kammer 4 - durch den Richter am Landgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter ... und ... im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 06. April 2023 eingereicht werden konnten
fürRechterkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 29.01.2021 - 4 Ca 396/19 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Die Revision ist nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten zweitinstanzlich weiterhin über die Frage, ob der Klägerin zum 01.03.2017 dauerhaft eine mit der Entgeltgruppe 13 TVöD bewertete Tätigkeit in der Abteilung aa des Hochbauamtes der Beklagten übertragen worden ist oder ob diese Übertragung nur vorübergehend erfolgt ist.



Ursprünglich war die Klägerin in der Abteilung bb des Hochbauamtes der Beklagten mit einer Tätigkeit der Entgeltgruppe 10 TVöD in Stufe 4 tätig. Zum 01.03. 2017 sollte eine neue Abteilung aa, Baustrategie gebildet werden. Der bisherige Abteilungsleiter der Klägerin, der Zeuge A, sollte in seiner Abteilung nach Mitarbeitern suchen, die bereit seien, diese neue Aufgabe zu übernehmen. Die Stellenbeschreibung für die neuen Stellen in der Abteilung aa und damit auch die Höhe der Vergütung waren zu diesem Zeitpunkt noch ungeklärt.



Der Kläger wurde zum 01.03.2017 eine neue Tätigkeit in der Abteilung aa Baustrategie übertragen. Die Vergütungshöhe war zu diesem Zeitpunkt mangels Stellenbeschreibung weiterhin ungeklärt. Die Parteien waren sich darüber einig, dass zumindest keine geringere Vergütung gezahlt wird. Eine Personalratsbeteiligung ist im Zuge der Übertragung der Stelle nicht erfolgt.



Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Dresden vom 29.01.2021 Bezug genommen, § 69 Abs. 2, 3 ArbGG. Der Tatbestand jenes Urteils ist vollständig, zutreffend und erschöpfend. Tatbestandsrügen wurden nicht erhoben.



Das Arbeitsgericht Dresden hat der Klage stattgegeben. Seiner Ansicht nach handelt es sich bei den Tätigkeiten in der Abteilung aa um die auf Dauer geschuldete Tätigkeit der Klägerin i.S.v. § 12 Abs. 2 TVöD. Die Reaktion der Beklagten auf das Eingruppierungsbegehren der Klägerin vom 29.08.2017 mit Hausmitteilung vom 05.10.2017 spreche für die klägerische Behauptung. Erstmalig spreche die Beklagte von einer nur vorübergehenden Übertragung der neuen Aufgabe. Gegenüber dem Personalrat verwendet die Beklagte die Formulierung "Übertragung zum nächstmöglichen Zeitpunkt". Diese Angabe sei in mehrerer Hinsicht unzutreffend. Es fehle eine Verschriftlichung der lediglich vorübergehenden Übertragung einer Tätigkeit durch die Beklagte. Die Aussage des Zeugen A vermochte das Arbeitsgericht nicht von der Behauptung der Beklagten der lediglich temporären Übertragung der neuen Tätigkeit zu überzeugen.



Die Beklagte hat das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 29.01.2021 vollinhaltlich angegriffen. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.



Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin trage die Darlegungs- und Beweislast für die dauerhafte Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit. Vorliegend handele es sich um einen Eingruppierungsrechtsstreit. Die Klägerin begehre die Feststellung, dass ihr eine höherwertige Tätigkeit auf Dauer übertragen worden sei. Sie müsse deshalb diejenigen Tatsachen beweisen, die für die höhere Eingruppierung Voraussetzung sind. Dazu gehöre auch, dass die höherwertige Tätigkeit auf Dauer übertragen worden sei.



Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 29.01.2021 - 4 Ca 396/19 - wird abgeändert:



Die Klage wird abgewiesen.



Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.



Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertieft ihren Vortrag. Die Beklagte trage die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Aufgaben der Klägerin in der Abteilung aa nicht dauerhaft übertragen worden sind. Zweifel im Zusammenhang mit der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit gehen zulasten des öffentlichen Arbeitgebers.



Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben zur Frage der dauerhaften oder nur vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit an die Klägerin. Bezüglich des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 25.11.2022 und vom 10.02.2023 Bezug genommen.



Mit Beschluss vom 22.03.2023 hat das Landesarbeitsgericht mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO das schriftliche Verfahren angeordnet und Frist zur Einreichung von Schriftsätzen auf den 06.04.2023 bestimmt.



Bezüglich der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sachvortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



I.



Die Berufung der Beklagten ist zulässig



Die Formalien der Berufung sind eingehalten. Die Zustellung des Urteils des Arbeitsgerichts Dresden an die Beklagte erfolgte am 01.02.2021, die Einlegung der Berufung am 18.02.2021.Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf den 03.05.2021 wurde die Berufung am 30.04.2021 begründet. Die Fristen wurden gewahrt, § 64 Abs. 1, § 66 Abs. 1 ArbGG.



II



Die Beklagten schuldet der Klägerin Vergütung aus der Entgeltgruppe 13 TVöD, da sie der Klägerin dauerhaft eine derart vergütete Tätigkeit übertragen hat.



a)



Zwar bestimmt § 24 Abs. 1 BAT nicht näher, in welcher Weise und unter Beachtung welcher rechtlicher Formalien die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit zu erfolgen hat. Daher kann sich die vorübergehende Übertragung der Tätigkeit aus einer entsprechenden ausdrücklichen oder konkludenten Erklärung des Arbeitgebers und damit je nach der Fallgestaltung auch aus den jeweiligen Umständen ergeben (vgl. Clemens/Scheuring/ Steingen/Wiese, BAT, § 24 Rz 2). Die Rechtssicherheit fordert indessen, daß dem Angestellten jeweils hinreichend deutlich erkennbar wird, daß er vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit ausüben soll (vgl. BAG 31, 26, 32 = AP Nr. 8 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Diesbezügliche Zweifel gehen zu Lasten des öffentlichen Arbeitgebers (BAG 19.03.1986 - 4 AZR 642/84 - Rn. 19 - mit weiteren Nachweisen).



Nach der Regelung des § 22 BAT stellt die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit auf Dauer den Regelfall dar, wohingegen die vorübergehende Übertragung nach § 24 BAT und § 14 TVöD die Ausnahme ist und deshalb eines ausreichenden Grundes bedarf, um billigem Ermessen zu entsprechen (BAG 17. April 2002 - 4 AZR 174/01 - zu II 3 d der Gründe, BAGE 101, 91). Allein die mögliche Unsicherheit über die Dauer der Beschäftigungsmöglichkeit mit den übertragenen höherwertigen Tätigkeiten reicht nicht aus. Die Regelung des § 14 TVöD kann nicht dafür herangezogen werden, die Ungewissheit über die Dauer der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit auf den Arbeitnehmer zu verlagern (BAG 04.07.2012 - 4 AZR 759/10 - Rn. 20 mit weiteren Nachweisen).



Die Befugnis des Arbeitgebers, Arbeitnehmern vorübergehend höherwertige Aufgaben zu übertragen, ist zwar durch explizite tarifliche Regelungen grundsätzlich zeitlich nicht begrenzt (BAG 17. Januar 2006 - 9 AZR 226/05 - Rn. 46; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 474/04 - Rn. 20, BAGE 116, 319; 17. April 2002 - 4 AZR 174/01 - zu II 3 e der Gründe, BAGE 101, 91). Als Ausnahme vom Grundsatz der Tarifautomatik bedarf sie aber eines hinreichenden Grundes, um billigem Ermessen zu entsprechen. Dabei ist die bloße Unsicherheit über die Dauer der höherwertigen Beschäftigungsmöglichkeit nicht ausreichend. Die tariflichen Regelungen können nicht dafür herangezogen werden, das Risiko der Ungewissheit über die Dauer des weiteren Beschäftigungsbedarfs auf den Arbeitnehmer zu übertragen (BAG 27.01.2016 - 4 AZR 468/14 - Rn. 24; BAG 4. Juli 2012 - 4 AZR 759/10 - Rn. 20).



b)



Nach den oben genannten Rechtsgrundsätzen, denen sich die Kammer anschließt, trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine Nichtdauerhaftigkeit der Aufgabenübertragung vorliegt. Die Dauerhaftigkeit der Aufgabenübertragung bildet den Regelfall. An diesen Regelfall knüpft § 12 Abs. 2 TVöD mit der Eingruppierung an. Dies übersieht die Beklagte in ihrer Argumentation. Die dauerhafte Übertragung einer Tätigkeit ist die Vorstufe für die Eingruppierung. Erst wenn die Frage geklärt ist, welche Tätigkeit auf Dauer geschuldet ist, setzt die eigentliche Eingruppierungsfrage an. Die Frage der dauerhaften Übertragung einer Tätigkeit ist nicht Teil der Eingruppierungsfeststellungsklage. Sie ist vielmehr deren Vorfrage. Damit trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für die Nichtdauerhaftigkeit der Aufgabenübertragung.



Nach Durchführung der Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass die Beklagte der Klägerin dauerhaft eine Tätigkeit mit der Entgeltgruppe 13 TVöD in der neu gegründeten Abteilung aa im Hochbauamt übertragen hat. Maßgeblich für diese Überzeugungsbildung ist einerseits die Beweislastverteilung zwischen den Parteien, wonach die Beklagte die Beweislast für die Nichtdauerhaftigkeit der erfolgten Übertragung trägt. Andererseits haben die klaren Aussagen der Zeugen B, C und D die Kammer von der Richtigkeit der Schilderungen der Klägerin überzeugt.



Die Zeugin B erscheint der Kammer glaubwürdig. Sie ist Architektin und bereits im Ruhestand. Durch den Inhalt ihrer Zeugenaussagen hat die Zeugin daher keine Nachteile mehr zu besorgen. Sie ist wirtschaftlich unabhängig von der Beklagten. Die Zeugin ist keiner der Parteien besonders nahestehend. Eigene Interessen der Zeugin treten nicht zutage. Ihre Person erscheint der Kammer glaubwürdig.



Die Zeugin hat gute Erinnerung an das Beweisthema. Dies erscheint nachvollziehbar. Die Zeugin war selbst von der bevorstehenden Neubildung der Abteilung aa betroffen. Sie wollte selbst in der neuen Abteilung arbeiten und sich beruflich verändern.



Eine erhöhte Aufmerksamkeit auf die, in diesem Zusammenhang relevanten Umstände ist nachvollziehbar. An ein konkretes Gespräch mit dem Zeugen E kann sie sich wegen einer lustigen Episode während des Gesprächs gut erinnern.



Die Aussage der Zeugin erscheint glaubhaft. Die Zeugin hatte präsente Erinnerungen an das Beweisthema. Sie gibt an, dass Sie sich gut an die Personalversammlung im Zusammenhang mit der Gründung der neuen Abteilung aa im Hochbauamt erinnern kann. Die künftige Leiterin der Abteilung - die Zeugin D - wurde vorgestellt. Die Zeugin selbst wollte künftig ebenfalls in der neu gegründeten Abteilung arbeiten und hatte sich hierfür gemeldet.



Die Zeugin sagt aus, dass nicht die Rede davon gewesen war, dass die Übertragung nur vorübergehend erfolgen soll (Protokoll 25.11.2022 S.7;Bl.460 d.A.). Offen blieb lediglich, wie die eigentliche Stellenübertragung erfolgen soll. Die in der neuen Abteilung zu bildenden Stellen gab es in dieser Form noch nicht im Hochbauamt. In diesem Zusammenhang war auch noch die Vergütungsfrage ungeklärt.



Auf wiederholte Nachfrage gibt Zeugen an, dass nicht von einer temporären Übertragung der neuen Tätigkeiten gesprochen wurde. Der Zeuge A - der ehemalige Abteilungsleiter der Zeugin - hatte ihr lediglich eine jederzeitige Rückkehroption auf ihre alte Stelle zugesichert (S. 9 Protokoll vom 25.11.2022; Bl. 461 d.A.)



Die Aussage der Zeugin ist neutral und widerspruchsfrei. Eine Parteilichkeit der Zeugen tritt im Rahmen ihrer Aussage nicht zutage. Vielmehr schildert die Zeugin zusammenhängend, wie sich ihr Wechsel in die neue Abteilung aa vollzogen hat. Dabei wurde die Stellenübertragung und die Vergütung der Stellen problematisiert. Von einer nur befristeten Übertragung der neuen Tätigkeit war nicht die Rede. Dies erscheint nachvollziehbar. Die Zeugin D spricht in ihrer Aussage davon, dass überhaupt Leute gefunden werden mussten, die bereit sind sich auf die neue Situation einlassen. Die Veränderungswilligkeit von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes darf als recht zurückhaltend bezeichnet werden. Soweit neben der unklaren Stellenbeschreibung und ungeregelten Vergütung, zusätzlich noch eine lediglich befristeten Übertragung der Tätigkeit angeboten worden wäre, dürfte eine Bereitschaft zur Mitarbeit in der neuen Abteilung kaum zu erwarten sein. Die Zeugin bringt dies in ihrer Aussage deutlich zum Ausdruck. Auf Nachfrage des Beklagtenvertreters, dass sie sich letztlich auf eine der ausgeschriebenen Stellen beworben habe, antwortet sie, dass ihr schlussendlich keine andere Möglichkeit blieb. Die Zeugin verdeutlicht, dass sie mit der Notwendigkeit einer solchen Bewerbung nicht mehr gerechnet hatte.



Der Inhalt der Zeugenaussage steht in Übereinstimmung mit den Aussagen der Zeugen D und C. Beide Zeugen haben ausgesagt, dass nicht über eine befristete Übertragung der Tätigkeit gesprochen worden ist. Die Zeugin D gibt an, dass die Stellenausschreibung für sie sehr überraschend erfolgte.



Die Aussage der Zeugin steht in Übereinstimmung mit den Angaben der Klägerin. Ferner streitet für die Richtigkeit der Zeugenaussage das konsequente Fehlen jedweder schriftlicher Niederlegung der befristeten Übertragung. Es lag im eigenen Interesse der Beklagten die Befristung der Übertragung schriftlich festzuhalten. Das gänzliche Fehlen dieser naheliegenden Schriftform spricht für die Richtigkeit des Inhalts der Zeugenaussage. Es tauchen weder Dunkelheiten noch Widersprüchlichkeiten im Rahmen der Zeugenaussage auf. Die Kammer ist daher von der Richtigkeit der Aussage überzeugt und legt sie ihrer Entscheidungsfindung zugrunde.



Die Zeugin D erscheint in der Kammer glaubwürdig. Sie ist die neue Abteilungsleiterin der Abteilung aa im Hochbauamt der Beklagten. Eigene wirtschaftliche Interessen der Zeugin sind vom Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits nicht betroffen. Eine Parteilichkeit der Zeugin tritt im Rahmen ihrer Aussage nicht zutage.



Die Aussage der Zeugin erscheint der Kammer glaubhaft. Die zeitliche Einordnungen von Geschehensabläufen gelingt der Zeugin nach kurzen Hinweisen. Dies ist nach dem inzwischen eingetretenen Zeitablauf nachvollziehbar. Die Zeugen hat an die damalige Zeit präsente Erinnerungen. Ab ihrem ersten Arbeitstag oblag es ihr die neue Abteilung als Abteilungsleiterin aufzubauen. An derartige Situationen beruflicher Veränderung hat man regelmäßig Erinnerungen. Die Zeugin teilt mit, dass in der großen Gesprächsrunde nicht über einen befristeten Einsatz von Personal gesprochen worden ist. Sie gibt an, dass sie sehr überrascht war, dass die Stellen im Anschluss ausgeschrieben worden sind. Hiervon hatte sie keine Kenntnis (Protokoll vom 10.2.2023; Bl. 509 der Akte).



Die Kammer erachtet die Aussage der Zeugin für glaubhaft. Hintergrund der - überraschenden - Stellenausschreibung war die Bewertung der neuen Stellen. Die Bewertung lag deutlich höher als sonst üblich in der Stadtverwaltung. Dies hat der Zeuge E bekundet. Damit lag eine Beförderungsstelle vor. Dies zieht regelmäßig einer Ausschreibung nach sich. Die Zeugin erläutert dies im Rahmen ihrer Aussage. Der Inhalt der Aussage steht in Übereinstimmung mit den Aussagen der Zeugen B, E und C. Für die Richtigkeit der Zeugenaussage spricht der von der Zeugin selbst geschilderte Hintergrund für die erst nachträglich erfolgte Stellenausschreibung. Dunkelheiten oder Widersprüchlichkeiten treten im Rahmen der Zeugenaussage nicht zutage. Der Inhalt der Zeugenaussage steht in Übereinstimmung mit den Angaben der Klägerin. Die Kammer erachtet die Aussage der Zeugin für glaubhaft und legt sie ihrer Entscheidungsfindung zu Grunde.



Die Zeugin C erscheint glaubwürdig. Eigene wirtschaftliche Interessen der Zeugin scheinen vom Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits nicht betroffen. Die Zeugin ist vom Wechsel in die neue Abteilung aa nicht betroffen. Sie verblieb in ihrer alten Abteilung. Die Zeugin kann daher neutral aussagen.



Die Aussage der Zeugin erscheint der Kammer glaubhaft. Die Zeugin schildert ein lediglich kurzes Gespräch mit dem Zeugen A, da sie in ihrer bisherigen Abteilung bleiben wollte. Über eine Befristung der beabsichtigten Maßnahme wurde ihrer Erinnerung nach nicht gesprochen. Die bloß vorübergehende Übertragung der Tätigkeit wurde gegenüber der Zeugin nicht erwähnt. Die Zeugin bestätigt damit die Behauptung der Klägerin im Beweisbeschluss Ziff. 3. Nach Ansicht der Kammer lag es sich gerade gegenüber dieser Zeugen besonders nahe, auf die nur vorübergehende Übertragung der Tätigkeit hinzuweisen. Die Zeugin war nicht bereit ihre bisherige Abteilung zu verlassen. In dieser Situation erscheint es für den Zeugen A sinnvoll, auf den vorübergehenden Charakter der Übertragung abzustellen. So konnte er der Zeugin ein "Lockangebot" unterbreiten, zumindest vorübergehend in der neuen Abteilung mitzuarbeiten. Die Befristung hätte in dieser Situation gewissermaßen einen Vorteil für die Zeugin dargestellt. Das Nichterwähnen der nur vorübergehenden Übertragung der Tätigkeit, speziell in dieser Gesprächssituation, wertet die Kammer als Bestätigung der klägerischen Behauptung in Ziff. 3 des Beweisbeschlusses.



Der Inhalt der Aussage steht in Übereinstimmung mit den Aussagen der Zeuginnen B und D. Der Inhalt der Aussage deckt sich mit den Angaben der Klägerin. Dunkelheiten oder Widersprüchlichkeiten treten im Rahmen der Aussage nicht zutage. Die Kammer schenkt dem Inhalt der Aussage Glauben und legt ihn seiner Entscheidungsfindung zugrunde.



Die Aussage des Zeugen E ist unergiebig. An die maßgeblichen Gespräche kann der Zeuge sich heute nicht mehr erinnern. Er kann sich nur daran erinnern, dass für die Abteilung Personal gesucht wurde. Es ging um die Rekrutierung neuen Personals. An das konkrete Beweisthema kann der Zeuge sich nicht erinnern. Seine Aussage ist daher unergiebig.



Die Glaubwürdigkeit des Zeugen A erscheint beschränkt. Sein Auftrag war es, neues Personal für die Abteilung aa zu rekrutieren. Sein Handeln stand dabei im Spannungsfeld zwischen den persönlichen Interessen der angesprochenen Mitarbeiter und den Vorgaben des Personalamtes. Da er auf der einen Seite "Personal liefern" sollte, auf der anderen Seite in personalwirtschaftlichen und haushaltsrechtlichen Zwängen steckte, erscheint die Glaubwürdigkeit des Zeugen eingeschränkt.



Die Aussage des Zeugen erscheint der Kammer unglaubhaft.



Bereits zu Anfang der Zeugenaussage fällt auf, dass die Frage der Stellebewirtschaftung einen Schwerpunkt der Interessen des Zeugen darstellt. Ein Abteilungsleiter - so auch der Zeuge A - gibt ungern Stellen aus seiner Abteilung frei. Der Zeuge spricht davon, dass der Auftrag seines Amtsleiters an ihn war, Kollegen für eine temporäre Mitarbeit in der neuen Abteilung zu gewinnen. Temporär deshalb, weil die Stellen in seiner Abteilung verblieben. Dies steht in Übereinstimmung mit den eigenen Interessen des Zeugen.



Das eigentliche Gespräch mit der Klägerin schilderte er dahingehend, dass er den Auftrag des Amtsleiters erläutert habe. Er gibt an, dass beabsichtigt ist die Ausschreibung der Stellen im Jahre 2017 vorzunehmen und damit die Übertragung der Aufgabe nur vorübergehend erfolgt. Die eigentliche Reaktion der Klägerin auf seine Erläuterungen schildert der Zeuge äußerst zurückhaltend. Danach habe sie "ihre Bereitschaft signalisiert".



Auf Befragen des Beklagtenvertreters räumt der Zeuge ein, dass er sich im Hinblick auf den inzwischen eingetretenen Zeitablauf nicht im Einzelnen erinnern kann, wie die Zeugin reagiert hat. Auf nochmaliges Befragen gibt der Zeuge an, dass die Klägerin bereit gewesen sei, zeitweilig diese Aufgabe zu übernehmen (S. 3 Protokoll vom 25.11.2022; Bl. 458 d.A.).



Die Kammer schenkt Aussage des Zeugen keinen Glauben. Die Aussage des Zeugen leidet an dem Kargheits-Symptom nach Bender/Nack. Danach beschreibt ein Zeuge die Rahmenumstände vollständig und detailreich. Beim eigentlichen Kern seiner Aussage bleibt er jedoch seltsam karg. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Der Zeuge schildert umfangreich die Problematik der Stellenbewirtschaftung und Stellenausschreibung. Kommt man zu dem eigentlichen Beweisthema - sein konkretes Gespräch mit der Klägerin - sagt der Zeuge inhaltlich nur sehr wenig. Mit der Formulierung, die Klägerin habe "ihre Bereitschaft signalisiert" trifft der Zeuge keine konkrete Aussage. Es ist ein klassischer Fall des Kargheit-Symptoms nach Bender/Nack.



Vielleicht mit dieser Erkenntnis, fragte der Beklagtenvertreter konkret nach der Reaktion der Klägerin nach. Erneut weicht die Aussage des Zeugen unter Hinweis auf zwischenzeitliche eingetretenen Zeitablauf aus. Erst nachdem der Beklagtenvertreter weiterhin nachsetzt, sagte der Zeuge aus, dass die Klägerin bereit gewesen sei die Aufgaben zeitweilig zu übernehmen.



Diese Aussage hat die Kammer nicht überzeugt. Der Zeuge befand sich von Anfang an in einer misslichen Lage. Dies wirkt sich auf seine Glaubwürdigkeit aus. Da seine Aussage zum eigentlichen Beweisthema an dem Kargheits-Symptom leidet, schenkt die Kammer dem Inhalt seiner Aussage keinen Glauben.



Nach Überzeugung der Kammer stand damit die Behauptung der Klägerin, dass über eine nur vorübergehende Übertragung der Tätigkeit nicht gesprochen worden ist, positiv fest. Die gegenteilige Behauptung der Beklagten stand hingegen nicht fest. Die Kammer legt daher für Ihre Entscheidungsfindung zugrunde, dass der Klägerin die Aufgaben in der Abteilung aa der Beklagten auf Dauer übertragen worden sind.



Zwischen den Parteien besteht kein Streit zu der Frage, dass die Eingruppierung der Stelle in der Abteilung aa mit der Entgeltgruppe 13 TvöD zu vergüten ist. Die Stufenzuordnung der Klägerin in die Stufe 4 ergibt sich aus § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD.



Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.



Die Beklagte trägt als unterlegene Partei die Kosten ihres erfolglos gebliebenen Rechtsmittels, § 97 ZPO.



Gründe für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG bestanden nicht. Das Gericht hat einen Einzelfall auf der Grundlage obergerichtlicher Rechtsprechung entschieden. Damit ist die Entscheidung unanfechtbar. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72a ArbGG wird hingewiesen.

Verkündet am 14.04.2023

Vorschriften§ 69 Abs. 2, 3 ArbGG, § 12 Abs. 2 TVöD, § 128 Abs. 2 ZPO, § 64 Abs. 1, § 66 Abs. 1 ArbGG, § 24 Abs. 1 BAT, § 22 BAT, § 24 BAT, § 14 TVöD, § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD, § 97 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG, § 72a ArbGG