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Urteil vom 01.06.2022 · IWW-Abrufnummer 230653

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Aktenzeichen 19 Sa 92/21

1. § 21 des 5. Tarifvertrages über die Zahlung von Erschwerniszuschlägen an Arbeiter (5. TVEZ) vom 25. Oktober 1965, geändert durch den 1. Änderungstarfivertrag vom 21. September 1970 sieht in Position 828 einen Erschwerniszuschlag für das Tragen von Cembali oder Flügeln je Transport und Gruppe sowie in Postition 829 einen solchen für das Tragen von Harmonien und Klavieren je Transport und Gruppe vor.

2. Bei der gebotenen Auslegung der Bestimmungen des Tarifvertrages fallen sonstige nach Größe und/oder Gewicht vergleichbare Musikinstrumente nicht in den Anwendungsbereich. Es liegt auch keine unbewusste Regelungslücke im Tarifvertrag vor; aus dessen § 2 Abs. 1 Satz 2 ergibt sich die Vorgabe der restriktiven Anwendung der Bestimmungen.

3. Darüber hinaus ist das Tatbestandsmerkmal des "Tragens" nicht bereits dann erfüllt, wenn ein Instrument lediglich von einem Rollbrett auf ein einstufiges Podium von bis zum 30 cm Höhe umgesetzt wird. Das ergibt sich auch aus dem Vergleich der Höhe der Zuschläge mit den Zuschlägen für andere Tätigkeiten.


In der Rechtssache
- Kläger/Berufungskläger -
Proz.-Bev.:
gegen
- Beklagter/Berufungsbeklagter -
Proz.-Bev.:
hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - - 19. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Meyer, den ehrenamtlichen Richter Egner und den ehrenamtlichen Richter Paul auf die mündliche Verhandlung vom 01.06.2022
für Recht erkannt:

Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 2. Dezember 2021 - 8 Ca 178/21 - wird zurückgewiesen.


2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.


3. Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand



Zwischen den Parteien ist der Anspruch auf Zuschläge nach dem 5. Tarifvertrag über die Zahlung von Erschwerniszuschlägen an Arbeiter (5. TVEZ) vom 25. Oktober 1965, geändert durch den 1. Änderungstarifvertrag vom 21. September 1970 zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Baden-Württemberg - KAV und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, Bezirksverwaltung Baden-Württemberg aufgrund des § 23 BMT-G im Streit (i.F.: TVEZ).



Der Kläger ist für die beklagte Stadt seit dem 8. September 2004 aufgrund des Arbeitsvertrages vom 12. Juli 2004 tätig. Nach § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung sowie den dazugehörenden bezirklichen Regelungen (Bl. 28, 29 der Akte des ArbG). Die Parteien sind darüber hinaus tarifgebunden iSv. § 3 Abs. 1 Alt. 1 TVG. Mit Wirkung vom 1. Februar 2008 wurden dem Kläger Tätigkeiten der Entgeltgruppe 4 TVöD übertragen und der Aufgabenbereich eines Orchesterwarts beim Eigenbetrieb Theater zugewiesen (Bl. 30 der Akte des ArbG). Der Kläger bezog zuletzt ein monatliches Arbeitsentgelt von durchschnittlich 3.685,13 Euro brutto (Bl. 31 der Akte des ArbG). Orchesterwarte führen Auf-, Um-, Abbau- und Transportarbeiten für Orchester aus. Sie transportieren zB. Musikinstrumente zu Proberäumen und Spielorten und stellen sie in der vorgegebenen Ordnung auf.



Der TVEZ sieht Erschwerniszuschläge für verschiedene Verwaltungen vor, u.a. an Theatern und Bühnen. Er lautet auszugsweise (Bl. 123ff. der Akte des ArbG):



Zweiter Abschnitt



Allgemeine Vorschriften



§ 2



Grundsätzliches



(1) 1Die Tätigkeiten, für die Erschwerniszuschläge gezahlt werden, sind im dritten Abschnitt aufgeführt. 2Außerdem werden an die im vierten Abschnitt genannten Arbeitergruppen Erschwerniszuschläge in Form von Verkehrsgefahrenzuschlägen gezahlt. 3Die Kataloge in diesen Abschnitten sind erschöpfend. 4Darüber hinaus dürfen keine Erschwerniszuschläge gezahlt werden; die besonderen örtlichen Verhältnisse sind im dritten und vierten Abschnitt berücksichtigt.



(2) 1Analog dürfen die Vorschriften im dritten und vierten Abschnitt nicht angewandt werden. 2Die §§ 8 bis 21 des Erschwerniszuschlagsplanes gelten auch für andere Verwaltungen und Betriebe, wenn bei ihnen dieselben Tätigkeiten anfallen.



(3) ...



§ 3



Entstehen des Anspruchs



(1) 1 Der Anspruch entsteht bei Bemessung



a) nach Stunden mit Beginn der zuschlagspflichtigen Tätigkeit ....



b) für einen Arbeitsvorgang mit dessen Beendigung;



c) nach Tagen mit Beendigung des Arbeitstages, sofern die Tätigkeit, bezogen auf die Arbeitszeit an diesem Tage, überwiegend ausgeführt wurde.



2 Bei den Regelungen in Buchstaben b) und c) werden Vor- und Abschlussarbeiten eingerechnet.



(2) ...



Dritter Abschnitt



Erschwerniszuschlagsplan



...



§ 21



Erschwerniszuschläge an Theatern und Bühnen



Pos. %



820 ....



828 590 für Tragen von Cembali oder Flügeln je Transport und Gruppe



829 315 für Tragen von Harmonien und Klavieren je Transport und Gruppe



Protokollerklärung:



Hin- und Rücktransport gelten als ein Transport, wenn er sich auf einer Ebene innerhalb des Hauses vollzieht; als Transport auf einer Ebene gilt auch das Aufstellen und Abtragen des Instruments auf oder von einem Podium mit nicht mehr als zwei Stufen. Hin- und Rücktransport müssen in zeitlichem Zusammenhang stehen. Der Rücktransport hat spätestens an dem auf dem Hintransport folgenden Arbeitstag zu erfolgen.



...



Für die Zeit ab 1. August 2018 betrugen die Zuschläge für die Pos. 828 Euro 54,81 und für die Pos. 829 Euro 28,75.



Für die Zeit ab 1. April 2019 betrugen die Zuschläge für die Pos. 828 Euro 55,79 und für die Pos. 829 Euro 29,81.



Für die Zeit ab 1. März 2020 betrugen die Zuschläge für die Pos. 828 Euro 56,49 und für die Pos. 829 Euro 30,18.



Für die Zeit von September bis Dezember 2018 machte der Kläger Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend, wie sich das aus der Anlage zum Schriftsatz vom 16. Juni 2021 ergibt (Bl. 168, 169; 170ff. der Akte des ArbG). Der Kläger hatte mehrfach den hauseigenen Hammerflügel (auch genannt: Hammerklavier), der mit Rollen versehen ist, mit einem Arbeitskollegen aus dem Instrumentenmagazin des Theaters in den Orchestergraben geschoben und dort auf ein einstufiges Podium von bis zu 30 cm Höhe gesetzt. Das Instrument hat nach den Angaben des Klägers ein Gewicht von 115 kg. Der Kläger machte Zuschläge nach der Position 828 geltend.



Im November 2018 machte der Kläger außerdem in drei Fällen Zuschläge nach der Position 829 geltend. Er hatte mit zwei bzw. drei Arbeitskollegen das hauseigene Elektropiano, das über keine Rollen verfügt, über eine Treppe in einen Proberaum und auf eine Bühne transportiert bzw. abtransportiert. Dabei kam ein Rollbrett zum Einsatz. Das Gerät wiegt nach den Angaben des Klägers 68 kg.



Im Dezember 2018 wurde eine in Einzelstücke demontierte, fremdbezogene Truhenorgel vom Kläger mit einem Kollegen in ein Transportfahrzeug eingeladen und eine Celesta vom Kläger mit einem Kollegen über eine Rampe in ein Transportfahrzeug ein- und ausgeladen. Im Übrigen kamen bei dem Transport der Celesta vor Ort Rollen zum Einsatz. Für die Truhenorgel, deren Gewicht der Kläger mit 80 bzw. 103 kg angibt, machte er einen Zuschlag nach der Position 829 und auch für die Celesta, deren Gewicht der Kläger mit 96 kg angibt. Für März bis Juli 2019 sowie für Oktober 2019 machte der Kläger gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 27. Dezember 2019 Ansprüche geltend, wie sich das aus den Auflistungen unter 4. der Klagschrift vom 27. Mai 2020 ergibt (Bl. 20ff. der Akte des ArbG).



Der Kläger hatte im März 2019 eine (andere) fremdbezogene Truhenorgel ohne Räder aus dem Magazin zusammen mit einem weiteren Kollegen in den Orchestergraben getragen, dort auf Spielhöhe gefahren und an den richtigen Platz getragen. Außerdem hatte der Kläger ein Cimbalom, dessen Gewicht er mit 90 kg angibt, aus einem Transporter mit einem Kollegen ausgeladen, auf einen Rollwagen gestellt und später die Tischbeine angeschraubt (Position 829). Im April und Mai 2019 wurde die Orgel wie vorstehend beschrieben transportiert bzw. abtransportiert in drei Fällen. Im Juni wurde die Truhenorgel demontiert in zwei Teilen in einen Transporter eingeladen und wieder ausgeladen und mit einem Wagen in das Magazin verbracht.



Im Juli 2019 wurde die Truhenorgel in zwei Fällen vom Magazin in den Orchestergraben verbracht (s.o.).



Im Oktober und November 2019 kam erneut das Hammerklaviert zum Einsatz (s.o.).



Darüber hinaus wurde ein fremdbezogenes Cembalo, dessen Gewicht der Kläger mit 78 kg angibt, am 21. Und am 26. Oktober 2019 in den Orchestergraben mittels eine Wagens gerollt und dort auf ein Podium von ca. 30 cm Höhe gesetzt (Position 828).



Am 29. Februar und am 6. März 2020 wurde das hauseigene Cembalo, welches über Rollen verfügt, vom Magazin in den Orchestergraben verbracht und dort auf ein Podium gesetzt (Position 828). Die Zuschläge für Februar und März 2020 machte der Kläger mit Schreiben vom 8. März 2020 geltend.



Soweit bei der Beklagten ein Klavierflügel zum Einsatz kommt, dessen Gewicht der Kläger mit 420 kg angibt, wird eine Fremdfirma mit den Transportarbeiten beauftragt. Im Übrigen gibt der Kläger das Gewicht des mit auf Rollen zu transportierenden Klaviers, welches nicht auf ein Podium gehoben wird, mit 215 kg an und das eines Harmoniums mit 130 kg.



Der Kläger hat vorgetragen und die Ansicht vertreten, das Hammerklavier, Elektro-Piano und das Cimbalom sowie die Truhenorgel und die Celesta stellten Instrumente im Sinne der Positionen 828 bzw. 829 des § 21 TVEZ dar. Ein Tragen im Sinne der tarifvertraglichen Bestimmungen finde auch bei einem Anheben der Geräte auf ein Podium bzw. beim Einladen oder Ausladen aus einem Transporter ("Sprinter") statt. Das ergebe sich bereits aus der Protokollerklärung.



Der Kläger hat beantragt:

1.Die Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger Erschwerniszuschläge in Höhe von 444,33 € nebst 5% Zinsen auf den Basiszinssatz seit 01.03.2019 zu zahlen.2.Die Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger Erschwerniszuschläge in Höhe von 327,02 € nebst 5 % Zinsen auf den Basiszinssatz seit 01.01.2020 zu zahlen.3.Die Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger Erschwerniszuschläge in Höhe von 27,76 € nebst 5 % Zinsen auf den Basiszinssatz seit 01.01.2020 zu zahlen.4.Die Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger Erschwerniszuschläge in Höhe von 28,25 € nebst 5 % Zinsen auf den Basiszinssatz seit 01.04.2020zu zahlen.



Die Beklagte hat beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.



Die Beklagte hat vorgetragen und die Ansicht vertreten, der Transport der vom Kläger genannten Instrumente unterfalle nicht der tarifvertraglichen Zuschlagspflicht. Der Tarifvertrag benenne abschließend Cembali, Flügel, Harmonien und Klaviere. Andere Instrumente seien schon deshalb nicht zu berücksichtigen, weil § 2 TVEZ keine weiteren Erschwerniszuschläge gestatte und die Kataloge ausdrücklich erschöpfend sei. Darüber hinaus statuiere § 2 Abs. 2 TVEG ein Analogieverbot.



Im Übrigen stelle das Anheben eines Instruments auf ein Podium bzw. das Ein- und Ausladen aus einem Transportfahrzeug kein Tagen im Sinne des Tarifvertrages dar, weil es an einer relevanten Fortbewegung des Objektes fehle. Die Beklagte verweist auf § 19 Abs. 3 TVöD, wonach die Zuschlagspflicht entfällt, soweit der außergewöhnlichen Erschwernis durch geeignete Vorkehrungen, insbesondere zum Arbeitsschutz, ausreichend Rechnung getragen wird. Die Transporte seien überwiegend mit Rollen, Rollbrettern oder über Wagen durchgeführt worden. Die Beklagte hat bezweifelt, dass der Kläger die Ansprüche für die Jahr 2019 und 2020 hinreichend im Sinne von § 37 TVöD geltend gemacht hat. Der Kläger habe lediglich das Schreiben vom 28. Februar 2019 wiederverwendet und handschriftlich korrigiert.



Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 2. Dezember 2021 als unbegründet abgewiesen. Zwar sei der Gegenstand hinreichend bestimmt. Die Transporte seien aber ausnahmslos nicht zuschlagspflichtig. Entweder fehle es bereits am Tatbestandsmerkmal des "Tragens" oder der Transport beziehe sich nicht auf ein in § 21 Pos. 828, 829 TVEZ aufgeführtes Instrument. Das ergebe die Auslegung der tariflichen Regelungen anhand der von dem Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätze, wonach eine ergänzende Auslegung nur ausnahmsweise zur Schließung von Lücken wegen der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie in Betracht komme.



Die tariflichen Regelungen könnten nicht entsprechend auf das Tragen von anderen Instrumenten wie E-Piano, (Truhen) Orgel, Cimbalom und Celesta angewendet werden. Denn die Tarifvertragsparteien hätten in § 2 Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 TVEZ geregelt, dass die Kataloge in den Abschnitten 3 und 4, wozu auch die Zuschläge an Theatern und Bühnen zählen würden, erschöpfend sein sollten und darüber hinaus keine Erschwerniszuschläge gezahlt werden dürften. Daneben regele § 2 Abs. 2 Satz 1 TVEZ, dass die Vorschriften im dritten und vierten Abschnitt nicht analog angewandt werden dürften. Soweit es um das Tragen anderer als in § 21 Pos. 828, 829 TVEZ genannten Instrumente gehe, liege eine bewusste Nichtregelung vor, über die sich die Kammer weder durch ergänzende Auslegung noch durch Analogie hinwegsetzen dürfe.



Soweit der Kläger Instrumente rollend bewegt habe und dann auf ein Podest auf- bzw. abgetragen habe, handele es sich nicht um ein "Tragen" im Sinne von § 21 Pos. 828, 829 TVEZ.



Als zuschlagspflichtiger Tatbestand definiere die Tarifnorm das Tragen "je Transport". Damit sei das Verbringen des Instruments vom Ursprungsort zum Zielort gemeint. Nach vernünftiger Betrachtungsweise könne nur gemeint sein, dass der gesamte Transport "tragend" vollzogen werde oder zumindest überwiegend, dh. zu mehr als 50%. Nur diese Auslegung führe zu einem zweckorientierten und praktikablen Ergebnis und rechtfertige den relativ hohen Zuschlag von zuletzt immerhin 56,49 € bzw. 30,18 € pro Gruppe. Dass die Tarifvertragsparteien diesen hohen Zuschlag auch gewähren wollten, wenn das Instrument "nur" auf ein Podest hochgehoben/hochgetragen werde, erscheine fernliegend. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Protokollnotiz zu § 21 Pos. 828, 829 TVEZ, die klarstelle, dass Hin- und Rücktransport auf einer Ebene und spätestens bis zum nachfolgenden Arbeitstag als ein Transport gelten würden. Satz 1 Halbsatz 2 der Protokollnotiz enthalte eine weitere Einschränkung in Bezug auf das Merkmal "auf einer Ebene". Die Tarifvertragsparteien hätten gerade nicht geäußert, dass als "Transport" das Aufstellen und Abtragen eines Instruments auf oder von einem Podium mit nicht mehr als zwei Stufen gelten solle. Die Protokollnotiz beziehe sich nicht auf das Tatbestandsmerkmal "Tragen", sondern auf das "je Transport", dh. die Frage der Anzahl der Transporte.



Mit der Berufung ficht der Kläger das Urteil des Arbeitsgerichts an:



Bei Abschluss des Tarifvertrages seien die betreffenden Musikinstrumente nur museal verwendet worden. Mittlerweile würden sie regelmäßig bei Theater- und Bühnenaufführungen genutzt. Sie seien mit den im TVEZ genannten Musikinstrumenten wegen ihrer Masse, Gewicht und Form vergleichbar und würden unter die tarifliche Regelung fallen. Insbesondere sei der Hammerflügel kein Klavier, sondern in Größe und Gewicht und Funktionalität mit dem Cembalo vergleichbar, zumal deutlich schwerer. Das E-Piano unterfalle schon dem Wortlaut nach dem TVEZ. Die Celesta sei mit einem Klavier vergleichbar, die Truhenorgel mit einem Harmonium und das Cimbalom mit einem Cembalo. Die Tarifvertragsparteien hätten die besondere körperliche Belastung und körperliche Anstrengung mit einem Zuschlag honorieren wollen. Die Bezeichnung des Instruments spiele keine Rolle. Bei den im Tarifvertrag genannten Musikinstrumenten handle es sich lediglich um Oberbegriffe. Die Zuschlagspflicht entspreche dem Willen der Tarifvertragsparteien und dem Tarifzweck.



Der Tarifvertrag enthalte keine Regelung zum Umfang und zur Dauer des Tragens. Ein Tragen finde beim Auf- und Abtragen eines Instrumentes auf und von einem Podium kombiniert mit der Tätigkeit des Hebens statt. Es komme nicht darauf an, dass das Tragen überwiegend stattfinde und mehr als 50% der Transportdauer umfasse. Auf die Höhe des Zuschlags komme es nicht an, zumal jeder der beteiligten Mitarbeiter nur einen Teilbetrag des Zuschlags erhalte. Im Gegensatz zu § 21 Pos. 820, 825 und 826 TVEZ enthielten Pos. 828 und 829 keine zeitliche Komponente. Die Protokollerklärung hierzu betreffe nur die Frage, wie oft der Zuschlag anfalle.



Die Beklagte bezahle den Mitarbeitern der Bühnentechnik eine Zulage gemäß § 21 Pos. 828, 829 und nehme daher eine Ungleichbehandlung gegenüber dem Orchesterwarten vor.



Der Kläger beantragt:

1.Das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim, Az.: 8 Ca 178/21 vom 02.12.2021, zugestellt am 10.12.2021, wird abgeändert.2.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Erschwerniszuschläge in Höhe von € 444,33 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.03.2019 zu zahlen;hilfsweise die Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger Erschwerniszuschläge in Höhe von € 444,33 nebst 5 % Zinsen auf den Basiszinssatz seit dem 01.03.2019 zu zahlen.3.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Erschwerniszuschläge in Höhe von € 327,02 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.03.2020 zu zahlen;hilfsweise die Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger Erschwerniszuschläge in Höhe von € 327,02 nebst 5% Zinsen auf den Basiszinssatz seit 01.01.2020 zu zahlen.4.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Erschwerniszuschläge in Höhe von € 27,76 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.03.2020 zu zahlen;hilfsweise die Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger Erschwerniszuschläge in Höhe von € 327,02 nebst 5 % Zinsen auf den Basiszinssatz seit 01.01.2020 zu zahlen.5.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Erschwerniszuschläge in Höhe von € 28,25 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.04.2020 zu zahlen;



Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.



Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung:



Die Tarifparteien hätte gerade nicht gewollt, dass Erschwerniszuschläge generell für körperlich belastende Arbeiten gezahlt würden und für andere als die abschließend aufgezählten Instrumente zu zahlen seien. Sie hätten den Katalog der zuschlagspflichtigen Tatbestände ausdrücklich "als erschöpfend" bezeichnet und darüber hinaus ein Analogieverbot vorgesehen. Es sei unerheblich, ob die hier relevanten Instrumente mit Cembalo, Flügel, Harmonium oder Klavier "vergleichbar" seien. Sie seien in die abschließende Aufzählung der zuschlagspflichtigen Tatbestände nicht aufgenommen. Im Übrigen sei ein Hammerklavier nicht als Flügel anzusehen. Es sei schon von dem Gewicht nicht mit jenem vergleichbar. Dasselbe gelte für ein E-Piano in Bezug auf ein Klavier.



Mit dem Arbeitsgericht sei für die relativ hohe Zuschlagspflicht zu verlangen, dass der gesamte Transport (zumindest überwiegend) "tragend" vollzogen werde. Dafür genüge das Anheben auf ein Podest nicht. Der Kläger sei mit den Bühnentechnikern nicht vergleichbar, die die Zuschläge ebenfalls nur unter den Voraussetzungen des TVEZ erhalten würden. Im Übrigen würden sich die Tätigkeiten der Berufsgruppen unterscheiden, wie sich das aus den Arbeitsplatzbeschreibungen ergebe. Instrumente zu tragen gehöre zu den wesentlichen Aufgaben eines Orchesterwartes, nicht jedoch zu denen eines Bühnentechnikers, der dann überobligatorische Leistungen erbringen würde. Vergleichbare Sachverhalte lägen nicht vor.



Wegen des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschriften im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht vom 2. Dezember 2021 (Bl. 184,185 der Akte des ArbG) und des Landesarbeitsgerichts vom 1. Juni 2022 (Bl. 105,106) sowie die bezeichneten Anlagen Bezug genommen. Das gilt insbesondere für die bildlichen Darstellungen der Instrumente E-Piano, Klavier, Flügel, Harmonium, Hammerklavier, Cembalo, Cimbalom, Celesta und Truhenorgel als Anlage zur Berufungsbegründung vom 7. April 2022 (Bl. 76ff.).



Entscheidungsgründe



Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die geltend gemachten Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu.



A



Die Berufung ist an sich statthaft nach den §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2a) und b) ArbGG. Sie ist auch im Übrigen zulässig, denn sie wurde form- und fristgerecht durch Schriftsatz eines nach § 11 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 iVm. Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ArbGG postulationsfähigen Vertreters eingelegt und auch begründet, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4, 520 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 5 ZPO. Auf die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift vom 1. Juni 2022 wird Bezug genommen (Bl. 105). Insbesondere genügt die Berufung dem Begründungserfordernis des § 520 Abs. 3 Satz 2 Ziff. 2 ZPO. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren Änderungen hinsichtlich der Verzinsung vorgenommen hat, liegt keine Klageänderung vor, §§ 533, 264 Ziff. 2 ZPO. Im Übrigen ergäbe sich die Sachdienlichkeit aus der Hinweispflicht des Gerichts, § 139 ZPO.



Allerdings ist die Berufung hinsichtlich der Anträge, mit denen der Kläger die erstinstanzlichen Hauptanträge hilfsweise weiterverfolgt, bereits deshalb unzulässig, weil er keinerlei Begründung zu diesen Anträgen abgegeben hat, § 520 Abs. 1 ZPO.



B



Die Berufung ist aber nicht begründet. Die Transportvorgänge, auf die sich der Kläger beruft, unterfallen nicht der Zuschlagspflicht nach § 21 Pos. 828, 829 TVEZ. Das ergibt sich aus der Auslegung und Anwendung der tarifvertraglichen Bestimmungen.



I.



Die Klage ist zulässig. Der Streitgegenstand iSd. § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO ergibt sich aus den Tabellen, Berechnungen und Erläuterungen in der Klageschrift vom 27. Mai 2020 sowie den korrigierenden Ausführungen für den September 2018 und Dezember 2018 im Schriftsatz vom 16. Juni 2021 in Verbindung mit den Anlagen hierzu (Bl. 168ff. der Akte des ArbG).



II.



Die Klage ist aber unbegründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Zuschläge nicht zu. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Auf dessen Ausführungen unter II. 1., 2. und 3. a), b), aa), bb) der Entscheidungsgründe auf den Seiten 6 bis 9 der angefochtenen Entscheidung (Bl. 22ff.) nimmt die Kammer ausdrücklich Bezug, soweit nicht nachfolgend Ergänzungen und Abweichungen angezeigt sind.



1. Die Ansprüche sind überwiegend nicht bereits nach § 37 TVöD-VKA verfallen. Danach verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von der/dem Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus.



a) Der Kläger hat mit Schreiben vom 28. Februar 2019 die längstens bis September 2018 zurückreichenden Ansprüche form- und fristgerecht geltend gemacht. Das Schreiben lässt in Verbindung mit der Anlage hierzu erkennen, welcher Ansprüche sich der Kläger gegenüber der Beklagten berühmt (Bl. 46ff. der Akte des ArbG).



b) Anderes gilt für die mit Schreiben vom 27. Dezember 2019 u.a. geltend gemachten Ansprüche für den Monat März 2019. Denn nach § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD-VKA erfolgt die Zahlung am letzten Tag des Monats (Zahltag) für den laufenden Kalendermonat. Nach Satz 4 der Vorschrift sind Entgeltbestandteile, die nicht in Monatsbeträgen festgelegt sind, am Zahltag des 2. Kalendermonats, der auf ihre Entstehung folgt, fällig.



Nach § 3 Abs. 1 b) TVEZ entsteht der Anspruch für einen Arbeitsvorgang für dessen Beendigung. Ansprüche auf Zuschläge für den Monat März 2019 waren deshalb am 31. Mai 2019 fällig. Sie hätten deshalb nach § 37 TVöD-VKA bis zum 30. November 2019 geltend gemacht werden müssen. Insofern lag auch nicht derselbe Sachverhalt vor, für den eine einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen ausreichen würde. Die einzelnen Sachverhalte sind allenfalls vergleichbar. Das Geltendmachungsschreiben vom 27. Dezember 2019 nebst Anlagen hierzu (Bl. 56ff. der Akte des ArbG) wahrt die Frist lediglich für die Ansprüche betreffend die Monate April 2019ff.



c) Die Ansprüche für Februar 2020 wurde fristgerecht mit Schreiben vom 8. März 2020 geltend gemacht (Bl. 71ff. der Akte des ArbG). Zur Wahrung der Ansprüche für den Monat März 2020 genügt die der Beklagten am 4. Juni 2020 zugestellte Klage (Bl. 84 der Akte des ArbG).



2. Im Übrigen erfüllen die von dem Kläger zusammen mit seinen Kollegen von April 2018 bis März 2020 durchgeführten Transportarbeiten nicht die Tatbestände von § 21 Pos. 828, 829 TVEZ. Das ergibt die Anwendung und Auslegung des Tarifvertrages selbst.



a) Zu Recht hat sich das Arbeitsgericht auf die Grundsätze berufen, die das Bundesarbeitsgericht zur Auslegung von Tarifverträgen in ständiger Rechtsprechung aufgestellt hat.



Danach folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Es ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (stRspr., etwa BAG 23. September 2009 - 4 AZR 382/08 - Rn. 14, juris und jüngst 13. Juli 2021 - 3 AZR 363/20 - Rn. 23, juris jeweils mwN.).



b) Namentlich bei Versorgungsordnungen, die etwa durch eine "außerplanmäßige" Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze nachträglich lückenhaft geworden sind, hat das Bundesarbeitsgericht eine ergänzende Auslegung tarifvertraglicher Regelungen in Betracht gezogen (BAG 21. April 2009 - 3 AZR 695/08 - BAGE 130, 214). Es hat aber im Übrigen klargestellt, dass tarifvertragliche Regelungen einer ergänzenden Auslegung grundsätzlich nur dann zugänglich sind, wenn damit kein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Auslegung eines Tarifvertrags scheidet daher aus, wenn die Tarifvertragsparteien eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entscheidung höherrangigem Recht nicht widerspricht. Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung ist, dass entweder eine (anfänglich) unbewusste Regelungslücke vorliegt oder eine Regelung nachträglich lückenhaft geworden ist (BAG 24. Februar 2021 - 7 AZR 99/19 - Rn. 19, juris mwN.). Für die Beantwortung der Frage, ob es sich um eine bewusste oder unbewusste Tariflücke handelt, ist auf den Willen der Tarifvertragsparteien abzustellen (BAG 11. Juli 2019 - 6 AZR 460/18 - Rn. 26, juris mwN.). Eine Tariflücke darf nicht durch ergänzende Tarifauslegung geschlossen werden, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum in der Frage bleibt, wie die Lücke zu schließen ist, und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen ist, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (BAG 26. Januar 2017 - 6 AZR 450/15 - Rn. 24, juris mwN.).



Als selbstständigen Grundrechtsträgern steht den Tarifvertragsparteien aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie eine Einschätzungsprärogative zu, soweit die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und die Regelungsfolgen zu beurteilen sind. Sie verfügen über einen weiteren Gestaltungsspielraum für die inhaltliche Ausformung ihrer normsetzenden Regelungen, dessen Reichweite im Einzelfall von den Differenzierungsmerkmalen abhängt. Sie sind nicht verpflichtet, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Vielmehr genügt es, wenn es für die jeweils getroffene Regelung einen sachlich vertretbaren Grund gibt (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 41, juris mwN.).



c) Bei Anwendung dieser Grundsätze fallen die von dem Kläger mit seinen Kollegen in dem hier interessierenden Zeitraum transportierten Musikinstrumente E-Piano, Hammerflügel, Celesta und Truhenorgel nicht in den Anwendungsbereich von § 21 Pos. 828,829 TVEZ.



aa) Bei den im Tarifvertrag genannten Musikinstrumenten Cembali, Flügel, Harmonien und Klaviere handelt es sich jeweils um Fachbegriffe, wie das jeweils auch für die von dem Kläger und seinen Kollegen transportierten Musikinstrumente gilt. Die einzelnen Instrumente stehen zu einander in einem Aliud-Verhältnis, mögen sie auch mehr oder weniger nach Größe oder Gewicht miteinander vergleichbar sein.



Der Wortlaut des Tarifvertrages liefert keinen Anhaltpunkt dafür, dass der Benennung der Musikinstrumente die Funktion von Oberbegriffen beikommen soll. Dann hätten die Tarifvertragsparteien jeweils angefügt sowie nach Größe und Gewicht/nach Größe oder Gewicht vergleichbare Instrumente. Oder sie hätten Gemeinsamkeiten herausgestellt und die genannten Instrumente als Beispielsfälle aufgeführt.



Das Gegenteil ist der Fall, wie der Vergleich der genannten Musikinstrumente belegt. So fällt die höhere Zuschlagspflicht nach der Position 828 für das Tragen von Cembali oder Flügeln gleichermaßen an, obwohl das Cembalo mit 78 kg nicht einma 1/5 dessen wiegt, was der Konzertflügel auf die Waage bringt (420 kg). Das Cembalo wiegt etwas mehr als 1/3 des Gewichts des Klaviers (215 kg), löst aber gleichwohl eine höhere Zuschlagspflicht aus.



Den Tarifvertragsparteien kann schon deshalb nicht der Wille unterstellt werden, nach Ausmaßen und Gewicht mehr oder weniger vergleichbare Musikinstrumente seien als Cembalo, Flügel, Harmonium oder Klavier im Sinne des Tarifvertrages anzusehen.



bb) Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf abgehoben, dass nach dem aus § 2 Abs. 1 Satz 3 TVEZ ersichtlichen Willen der Tarifvertragsparteien die Kataloge im Erschwerniszuschlagsplan nach dem dritten Abschnitt erschöpfend sein sollen und nach dem Willen der Tarifvertragsparteien darüber hinaus keine Erschwerniszuschläge gezahlt werden dürfen sowie, dass nach § 2 Abs. 2 Satz 1 TVEZ die Vorschriften im Erschwerniszuschlagsplan auch nicht analog angewandt werden dürfen.



Das spricht für ein restriktives Verständnis der in dem Tarifvertrag genannten Musikinstrumente.



cc) Für ein restriktives Verständnis sprechen ferner auch systematische Erwägungen. Denn eine Vielzahl der Katalogtatbestände beziehen sich auf konkret definierte Tätigkeiten. So betrifft die Position 827 das Reinigen und Ausbessern von Filtereinsätzen, Lüftungsanlagen, Klimaanlagen und Luftwäschern nicht etwa bloß Reinigung- oder Ausbesserungsarbeiten unter erschwerten Bedingungen. Ähnliches gilt für das Nähen von großen Stoffbahnen und Applikationen auf dem Boden (ohne Spezialnähmaschine) Pos. 824. Gleiches gilt für andere Verwaltungsbereiche, etwa die Erschwerniszuschläge in Versorgungsbetrieben (Gas- und Wasserverteilung). So betrifft § 19 Position 780 das Herausnehmen der Küken aus den Hauptabstellhahnen des Hausanschlusses unter Gasdruck aus dem Hahngehäuse sowie das Einfetten und Wiedereinsetzen dieser Küken.



Ausgehend vom Wortlaut und ohne am Buchstaben zu haften ist - wollte man überhaupt einen mehrdeutigen Tarifwortlaut annehmen - kein Wille der Tarifvertragsparteien dahingehend zu erkennen, sie wollten der Zuschlagspflicht auch andere als die explizit genannten Instrumente unterwerfen.



d) Die Voraussetzungen für eine Lückenschließung im Wege der ergänzenden Auslegung oder analogen Anwendung von § 21 Pos. 828, 829 TVEZ sind nicht gegeben.



Weder liegt ein (anfänglich) unbewusste Regelungslücke vor, noch ist die Regelung nachträglich lückenhaft geworden.



aa) Es ist davon auszugehen, dass sich die Tarifvertragsparteien bei der Benennung der vier Musikinstrumente, von denen jeweils zwei einer Kategorie zuzuordnen sind, an im Theater- und Bühnenbetrieb gängigen Instrumenten orientiert haben. Es ist auch davon auszugehen, dass den Tarifvertragsparteien schon aufgrund des Umfeldes -Theater und Bühnen - bewusst gewesen ist, dass - wenn auch selten - ähnliche oder vergleichbare, aber eben andere Instrumente zum Einsatz kommen könnten. Das ist etwa bei der Beklagten betreffend die Inszenierung Sanssouci der Fall.



bb) Gleichwohl haben sich die Tarifvertragsparteien nicht veranlasst gesehen, nachfolgend diese "Lücke" zu schließen. Für solche Problemlagen haben sie mit den Regelungen in § 2 Abs. 1 Satz 3, 4 und Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 TVEZ eine abschließende Regelung getroffen:



Einerseits erfahren die in den §§ 8 bis 21 des dritten Abschnitts (Erschwerniszuschlagsplan) explizit genannten Verwaltungen und Betriebe durch § 2 Abs. 2 Satz 2 TVEZ eine Erweiterung dahin, dass die genannten Regelungen auch für andere Verwaltungen und Betriebe gelten, wenn bei ihnen dieselben Tätigkeiten anfallen. Davon abgesehen dürfen indessen die Vorschriften nicht analog angewandt werden, § 2 Abs. 2 TVEZ. Zusätzlich haben die Tarifvertragsparteien klargestellt, dass die Kataloge im dritten Abschnitt (Erschwerniszuschlagsplan) erschöpfend sind, § 2 Abs. 1 Satz 3 TVEZ. Eine weitergehende Zuschlagszahlung ist ausdrücklich untersagt, § 2 Abs. 1 Satz 4 TVEZ.



Soweit die Kataloge als erschöpfend bezeichnet sind, betrifft dies nicht nur die Zahl der Kataloge selbst, sondern nach Sinn und Zweck der begrenzenden Regelungen des § 2 TVEZ auch den Inhalt des jeweiligen Katalogs.



Mit §§ 2 Abs. 1 Satz 3, 4, Abs. 2 TVEZ haben die Tarifvertragsparteien ihre Regelungskompetenz abgesichert.



Diese Vorgaben sind von den Gerichten zu respektieren; denn sie sind durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt.



Das schließt es aus, das Hammerklavier als Unterfall des Klaviers und den Hammerflügel als Unterfall des Flügels oder als Weiterentwicklung des Cembalos anzusehen und der Zuschlagspflicht zu unterwerfen. Entsprechendes gilt für die Celesta in Bezug auf das Klavier und die Truhenorgel in Bezug auf das Harmonium sowie das Cimbalom in Bezug auf das Cembalo. Auch die relativ neuartigen elektronischen Klaviere (E-Piano) sind kein (klassisches) Klavier im Sinne der Tarifnorm.



e) Zu Recht hat das Arbeitsgericht darüber hinaus eine restriktive Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Tragen" vorgenommen.



aa) Allerdings ist dem Kläger zuzugeben, dass die Positionen 828 und 829 kein zeitliches oder ein Streckenmaß für das Tragen aufstellen, wie das etwa bei den Positionen 820 (Ein- oder Aussetzen von Gegengewichten bei Dekorationszügen), 825 (Herrichten oder Verarbeiten von Rauhputz von Hand) oder 826 (Kaschierarbeiten) von § 21 TVEZ der Fall ist.



bb) Bezugspunkt für die Entstehung des Anspruchs ist vorliegend der Arbeitsvorgang einschließlich von Vor- und Abschlussarbeiten, wie sich das aus § 3 Abs. 1 Satz 1b), Satz 2 TVEZ ergibt. Ob die von dem Arbeitsgericht zu § 12 Abs. 2 Satz 2 TVöD-VKA in Verbindung mit der Protokollerklärung zu Abs. 2 gezogene Parallele, wonach der jeweilige Transport wenigstens zur Hälfte tragend durchzuführen ist, damit eine Zuschlagspflicht ausgelöst wird, zu überzeugen vermag, erscheint zweifelhaft. Denn bei der Bewertung eines Arbeitsvorgangs ist es zur Erfüllung einer qualifizierenden tariflichen Anforderung ausreichend, wenn diese innerhalb des Arbeitsvorgangs in rechtlich erheblichem Ausmaß vorliegt. Nicht erforderlich ist, dass innerhalb eines Arbeitsvorgangs zB. schwierige Tätigkeiten ihrerseits in dem von § 12 Abs. 2 Satz 2 TVöD-VKA bestimmten Maß anfallen (vgl. jüngst BAG 9. September 2020 - 4 AZR 195/20 - Rn. 65ff. mwN.). Andererseits enthalten die Bestimmungen des TVEZ keine dem Eingruppierungsrecht vergleichbaren Regelungen.



cc) Die Frage, ob der von dem Arbeitsgericht dem Eingruppierungsrecht entlehnte Maßstab zutreffend ist, kann offenbleiben. Jedenfalls kann nicht jede noch so geringe Tragetätigkeit innerhalb eines Transportvorganges ausreichend sein, um die Zuschlagspflicht auszulösen.



(1) Denn dem Tragen ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die Fortbewegung immanent. Dafür kann ein bloßes Umsetzen des Instrumentes nicht genügen. Hätte solchem dem Willen der Tarifvertragsparteien entsprochen, wäre naheliegend, dass sie eine solche Tätigkeit ebenfalls benannt hätten. Denn bereits im Jahre 1965 waren Rollbretter oder - wagen zu Transportzwecken gebräuchlich. Deren Nutzung setzt voraus, dass Gegenstände auf- und abgesetzt werden müssen.



(2) In diesem Zusammenhang kann die Höhe des Zuschlages nicht außer Betracht bleiben.



Dabei handelt es sich um Prozentsätze des Tabellenlohns, § 2 Abs. 3 TVEZ. Sie belaufen sich an Theatern und Bühnen durchgängig auf 7 bis 9%, jedoch bei den Positionen 828 und 829 auf 590% bzw. 315%.



Gemäß den Erschwerniszuschlägen in Kernforschungseinrichtungen nach § 21a Position 851 erhält ein Arbeitnehmer für Arbeiten oder Übungen, bei denen das Tragen eines Gasschutzanzuges, Taucheranzuges oder eines Asbestanzuges unter gleichzeitiger Verwendung eines Sauerstoff- oder Gasschutzgerätes vorgeschrieben ist, lediglich gut 1/3 bzw. nicht einmal 1/5 der Zuschläge, die für das Trägen von Musikinstrumenten anfallen (112%). Es kann daher nicht dem Willen der Tarifvertragsparteien entsprechen, dass im Vergleich zum Transport völlig untergeordnete Tragetätigkeiten die Zuschlagspflicht auslösen sollen, weil das zu keiner vernünftigen und sachgerechten Regelung führen würde.



dd) Soweit sich der Kläger auf die Protokollerklärung zu § 21 Pos. 828, 829 TVEZ bezieht, lässt sich eine Zuschlagsrelevanz allenfalls bei einem Podium mit mehr als zwei Stufen ableiten. Einen solchen Fall hat der Kläger hier nicht vorgetragen.



ee) Soweit sich der Kläger erstinstanzlich auf das Be- und Entladen von (teilweise) zerlegbaren Musikinstrumenten in und aus einem Transporter bezieht, hat er hierzu in der Berufungsbegründung keinerlei Ausführungen gemacht. Eine Auseinandersetzung damit ist deshalb entbehrlich. Im Übrigen gilt insofern dasselbe wie das bereits zu dem Aufsetzen und Absetzen auf bzw. von einem Podium Ausgeführte.



3. Soweit der Kläger eine Ungleichbehandlung zu den Bühnentechnikern geltend macht, hat er die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht ansatzweise dargetan.



Das Arbeitsgericht hat deshalb die Klage zu Recht abgewiesen und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts war zurückzuweisen.



C



Aus der Erfolglosigkeit des Rechtsmittels resultiert die Kostenlast des Klägers, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Zulassung der Berufung beruht auf § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG. Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist zu dem hier interessierenden Problemkreis, soweit ersichtlich, noch nicht ergangen.

Meyer
Egner
Paul

Verkündet am 01.06.2022

Vorschriften§ 3 Abs. 1 Alt. 1 TVG, § 19 Abs. 3 TVöD, § 37 TVöD, Art. 9 Abs. 3 GG, §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2a), b) ArbGG, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4, 520 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 5 ZPO, § 520 Abs. 3 Satz 2 Ziff. 2 ZPO, §§ 533, 264 Ziff. 2 ZPO, § 139 ZPO, § 520 Abs. 1 ZPO, § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO, § 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG