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Beschluss vom 31.07.2018 · IWW-Abrufnummer 207663

Landesarbeitsgericht München - Aktenzeichen 7 TaBV 19/18

Der Betriebsrat kann seine Zustimmungsverweigerung bei einer Versetzung vom Home Office zurück in den Betrieb nicht darauf stützen, dass die Kündigung einer Vereinbarung zwischen einem Arbeitgeber und einer Arbeitnehmerin über die Möglichkeit von Arbeit im Home Office unwirksam ist, weil die Kündigungsregelung gegen § 307 BGB verstoßen würde. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist bei Versetzungen wie auch bei Einstellungen kein Instrument zur umfassenden Vertragsinhaltskontrolle.


Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 24.01.2018 - 38 BV 219/17 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.



Gründe



I.



Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung einer Arbeitnehmerin und, ob die vorläufige Durchführung der Versetzung durch sachliche Gründe dringend geboten ist.



Seit dem 01.04.2000 war Frau L. (im Folgenden: Arbeitnehmerin) bei der Firma S., später bei der Firma N. beschäftigt und im Jahr 2013 ging im Rahmen eines Betriebsübergangs ihr Arbeitsverhältnis auf die Beteiligte zu 1 (fortan: Arbeitgeberin) über. Frau L. wurde als Organisatorin eingestellt und als Command Analyst beschäftigt, wobei streitig ist, ob sie auch als Projektmanagerin beschäftigt wurde oder ob sich nur die Stellenbezeichnung dahingehend änderte.



Am 27.03.2013/10.04.2013 schlossen Frau L. und die Arbeitgeberin eine "Vereinbarung über Alternierende Telearbeit" (Bl. 48 d. A.) ab, wonach der durchschnittliche Anteil der Telearbeit an der Gesamtarbeitszeit 60 % und bei Bedarf bis zu 80 % betrug. Weiter stand in der Vereinbarung:



"Die Telearbeitsvereinbarung kann beiderseitig mit 4 Wochen Kündigungsfrist zum Monatsende gekündigt werden. Nach der Kündigung gilt der ursprüngliche Arbeitsvertrag weiter."



Nach den Angaben des Beteiligten zu 2 (fortan: Betriebsrat) war Frau L. maximal drei Tage pro Woche zu Hause, nach Angaben der Arbeitgeberin vier Tage. Mit einem Schreiben vom 28.04.2017 (Bl. 49 d.A.) widerrief die Arbeitgeberin den Telearbeitsvertrag zum 31.05.2017, worauf Frau L. mit Schreiben vom 23.05.2017 (Bl. 50 d.A.) widersprach.



Mit Schreiben vom 09.06.2017 (Bl. 53 ff. d. A.) unterrichtet die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die Kündigung der Zusatzvereinbarung Alternierende Telearbeit und bat ihn um Zustimmung zur Versetzung von Frau L. in den Betrieb P. unter Hinweis, dass die Maßnahme vorläufig durchgeführt werde. In ihrem Schreiben wies die Arbeitgeberin darauf hin, dass es erforderlich sei, dass Frau L. wieder vor Ort im Betrieb tätig sei, um kurzfristig auf Kundenanfragen reagieren zu können und zudem seien Kunden, bei denen Frau L. möglicherweise eingesetzt werde, nicht bereit, Telearbeit zu akzeptieren.



Mit E-Mail vom 21.06.2017 (Bl. 64 - 65 d.A) legte der Betriebsrat mit Hinweis darauf, dass er nicht umfassend und rechtzeitig informiert worden sei, Widerspruch gegen die geplante Kündigung des Telearbeitsvertrags ein und verwies gleichzeitig darauf, dass keinerlei dringende Notwendigkeit bestünde, die Maßnahme vorläufig durchzuführen. Weiter verwies der Betriebsrat darauf, dass, kein einziges Vorstellungsgespräch wegen Ortsabwesenheit der Arbeitnehmerin verhindert worden sei, Frau L. nie als Consultant tätig gewesen sei, wie dies jedoch im Unterrichtungsschreiben angegeben gewesen sei und sie eine erhebliche Benachteiligung erfahre, da sie ihre Mutter zu Hause pflege.



Vor dem Arbeitsgericht hat die Arbeitgeberin hat gemeint, der Betriebsrat habe zu Unrecht die Zustimmung verweigert und dass kein in § 99 BetrVG genannter Zustimmungsverweigerungsgrund bestünde. Die Arbeitgeberin hat vorgetragen, die Kündigung der Telearbeit habe billigem Ermessen entsprochen und um die Arbeitnehmerin in Projekte vermitteln zu können, bedürfe es ihrer Anwesenheit vor Ort und sie hat Anfragen von möglichen Kunden vorgelegt, die angaben, keine Telearbeit zu wünschen. Die vorläufige Durchführung der Kündigung der Versetzung sei durch sachliche Gründe dringend geboten gewesen, um die Arbeitnehmerin in Projekteinsätze vermitteln zu können.



Vor dem Arbeitsgericht hat die Arbeitgeberin beantragt,



1. die Zustimmung des Antragsgegners zur Versetzung der Arbeitnehmerin L. zu ersetzen.



2. festzustellen, dass die vorläufige Durchführung der Versetzung der Arbeitnehmerin L. ab sofort durch sachliche Gründe dringend geboten ist.



Der Betriebsrat hat beantragt,



die Anträge zurückzuweisen.



Der Betriebsrat hat vorgetragen, die Anhörung sei bereits unzureichend und unrichtig gewesen, insbesondere seien die darin gemachten Angaben bezüglich der Tätigkeit der Arbeitnehmerin als Consultant bzw. Projektmanagerin nicht zutreffend gewesen. Es habe nicht an der Telearbeit gelegen, dass Frau L. bislang nicht in Projekte eingesetzt worden sei, sondern an der bisherigen Tätigkeit und der fehlenden Erfahrung. Die Kündigungsmöglichkeit der Telearbeit sei nicht wirksam, so dass Frau L. nicht näher habe darlegen müssen, in welchem Umfang sie ihre Eltern bzw. ihre Mutter pflege. Weiter hat sich der Betriebsrat noch darauf berufen, dass die vereinbarte Widerrufsmöglichkeit ohne weitere Voraussetzungen gegen AGB-Recht verstoße und zudem nicht billigem Ermessen entsprochen habe.



Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vortrags der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze samt ihren Anlagen verwiesen. Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen



Das Arbeitsgericht hat den Anträgen der Arbeitgeberin stattgegeben. Es hat ausgeführt, dass eine Versetzung vorgelegen habe, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig gewesen sei und dass es allein um die Anordnung gegangen sei, dass Frau L. künftig ihre Arbeitsleistung wieder vor Ort bei der Arbeitgeberin erbringen solle. Die Unterrichtung des Betriebsrates sei auch fehlerhaft gewesen, da die Arbeitgeberin die schriftliche Vereinbarung über die Alternierende Telearbeit dem Betriebsrat nachgereicht habe. Selbst wenn die Unterrichtung des Betriebsrates dahingehend fehlerhaft gewesen sei, dass als Tätigkeit von Frau L. Consultant bzw. Projektmanagerin angegeben gewesen sei, habe dies nicht dazu geführt, dass der Betriebsrat die Zustimmung hätte wirksam verweigern können, denn die Verletzung der Unterrichtungspflicht würde keinen Verstoß gegen ein Gesetz iSv. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG darstellen und die Konsequenz aus einer fehlerhaften Unterrichtung wäre, dass die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG nicht zu laufen beginne. Die Bezeichnung von Frau L. als Projektmanagerin sei auch nicht offensichtlich unrichtig gewesen, da sich die Stellenbezeichnung in der Vergangenheit dahingehend ergänzt bzw. verändert habe und ob Frau L. tatsächlich als Projektmanagerin tätig gewesen sei, habe für die Frage, ob die Unterrichtung offensichtlich unrichtig gewesen sei, keine Rolle gespielt. Zusammenfassend hat das Arbeitsgericht gemeint, dass kein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 BetrVG vorgelegen habe und dass die Versetzung von Frau L. auf Grund der Kündigung des Telearbeitsplatzes weder gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder eine gerichtliche Entscheidung oder behördliche Anordnung verstoßen habe und ob ein Verstoß gegen AGB-Recht gemäß § 307 BGB vorgelegen habe, sei eine individualrechtlichen Streitigkeit, die zwischen Arbeitnehmerin und Arbeitgeberin zu klären sei. Schließlich hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die vorläufige Durchführung der Versetzung durch sachliche Gründe dringend geboten gewesen sei, denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts würde gelten, dass wenn kein Zustimmungsverweigerungsgrund vorliege und die Zustimmung des Betriebsrates zur Versetzung zu ersetzen sei, dass der Prüfungsmaßstab hinsichtlich der Frage, ob die Durchführung der vorläufigen Maßnahme dringend erforderlich sei, dahingehend geändert sei, dass nur noch zu überprüfen sei, ob die Maßnahme offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich gewesen sei und ein solche Offensichtlichkeit habe nicht vorgelegen.



Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird auf die Seiten 6 -10 (Bl. 170 - 17 d.A.) des erstinstanzlichen Beschlusses verwiesen.



Gegen diesen Beschluss vom 24.01.2018, der dem Betriebsrat am 20.02.2018 zugestellt wurde, hat dieser mit einem am 13.03.2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt, die er mit einem am 08.05.2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat, nachdem zuvor bis zum 09.05.2018 die Frist zur Begründung der Beschwerde verlängert worden war.



Der Betriebsrat hält sich durch die Entscheidung des Arbeitsgerichts in seinen Rechten verletzt, denn dieses unterscheide nicht zwischen der Zurückweisung der Anhörung, weil der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß informiert worden sei und der Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats. Die Einschätzung des Arbeitsgerichts, dass die Versetzung aus dem Home-Office zurück ins Büro deshalb nicht zu beanstanden sei, weil ein möglicher Verstoß gegen das AGB-Recht gemäß § 307 BGB lediglich im Individualverfahren geltend zu machen sei, sei falsch. Wenn die Arbeitgeberin bei ihrer personellen Einzelmaßnahme gegen ein Gesetz verstoße, hier gegen § 307 BGB, sei dieser Verstoß möglicherweise auch individualrechtlich geltend zu machen, der Betriebsrat sei aber natürlich auch berechtigt, bei Einzelmaßnahmen nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG zu widersprechen, denn im Rahmen der Zustimmungsverweigerung nach Nr. 1 übe der Betriebsrat eine Rechtmäßigkeitskontrolle aus. Unzutreffenderweise sehe das Arbeitsgericht auch keine Benachteiligung der Arbeitnehmerin nach § 99 Abs. 2 Ziff. 4 BetrVG, denn die Arbeitgeberin berufe sich im Zusammenhang mit der Versetzung vom Home-Office ins Büro auf eine Versetzung vom Büro zum Kunden, was vertraglich nicht möglich sei und eine Benachteiligung der betroffenen Arbeitnehmerin darstelle, die auch aus betrieblichen Gründen nicht gerechtfertigt sei. Schließlich meint der Betriebsrat weiterhin, dass die Anhörungsfrist nach



§ 99 BetrVG nicht in Gang gesetzt worden sei, denn der Betriebsrat sei vorsätzlich und offensichtlich falsch informiert worden und so lange und insoweit die Wochenfrist nach § 99 Abs. 3 BetrVG nicht zu laufen begonnen habe, könne auch nicht die Zustimmung des Betriebsrats ersetzt werden. Dies habe auch für die vom Arbeitsgericht erteilte Zustimmung zur vorläufigen Durchführung der Maßnahme zu gelten.



Der Betriebsrat beantragt:



Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 24. Januar 2018, Az.: 38 BV 219/17 abgeändert. Der Antrag der Beteiligten zu 1. dem Beteiligten zu 2. aufzugeben, die Zustimmung zur Versetzung der Arbeitnehmerin L. zu ersetzen, wird zurückgewiesen.



Die Arbeitgeberin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.



Die Arbeitgeberin verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Sie rügt, dass der Betriebsrat mantraartig wiederhole, dass Frau L. niemals im Projektmanagement tätig gewesen sei, was vorgelegte Anlagen eindeutig widerlegten und es treffe auch nicht zu, dass Frau L. vertragswidrig im Projektmanagement eingesetzt gewesen sei, vielmehr gehöre die Tätigkeit als Projektmanager/Projektsupport ausdrücklich zu den arbeitsvertraglichen Aufgaben der Mitarbeiterin. Es sei auch unzutreffend, dass der Betriebsrat falsch über den vertraglich vereinbarten Arbeitsort von Frau L. informiert worden sei, denn der Arbeitsvertrag spreche von "unser Betrieb" und enthalte also keine örtlich einschränkenden Vorgaben hinsichtlich eines konkreten Betriebs der Arbeitgeberin und in der Überschrift der Betriebsratsanhörung vom 09. Juni 2017 heiße es ausdrücklich "Versetzung in den Betrieb P.". Inwieweit hier eine Falschinformation des Betriebsrats zu sehen sei, erschließe sich nicht. Es werde auch suggeriert, dass Projekteinsätze für Kunden zwingend in Betrieben des Kunden, womöglich sogar außerhalb Münchens erfolgten, obwohl die Formulierung "unser Betrieb" dem tatsächlich entgegenstünde und Versetzungen im Kundenbetrieb seien auch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und nicht die Konsequenz von Einsätzen in Projekten, was auch der Einsatz der Mitarbeiterin L. im Wege der vorläufigen Durchführung der Versetzung zeige. Zusammenfassend verweist die Arbeitgeberin darauf, dass sie Frau L. nur in Projekte vermittle, die von ihren Betrieben aus betreut werden könnten. Das Berufen des Betriebsrats, dass die Kündigungsklausel in der Vereinbarung über Alternierende Telearbeit gegen AGB-Recht verstoße, habe keinen Erfolg, zumal der Betriebsrat in seinem Widerspruch vom 21.06.2017 diesen angeblichen Verstoß nicht erwähnt habe und damit präkludiert sei. Das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG diene aber auch vornehmlich den kollektiven Interessen der Belegschaft und sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kein Instrument zur umfassenden Vertragsinhaltskontrolle durch den Betriebsrat. Ein Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben sei jedenfalls nicht ersichtlich und es liege auch keine ungerechtfertigte Benachteiligung von Frau L. vor, denn die Versetzungsmaßnahme sei aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen im Schriftsatzes der Arbeitgeberin vom 11.07.2018 Seite 6 - 7 (Bl. 277 - 278 d. A.) Bezug genommen.



Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Beschwerdeverfahren wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 08.05.2018 (Bl. 224 - 232 d. A.) und vom 11.07.2018 (Bl. 272 - 278 d. A.) samt ihren Anlagen verwiesen.



Im Anhörungstermin am 31.07.2018 hat die Arbeitgeberin zu Protokoll gegeben:



"Die Arbeitgeberin beabsichtigt, Frau L. am Standort P. innerhalb eines Betriebes der A.-Gruppe zu beschäftigen. Stand heute besteht keine Absicht, Frau L. zu Kunden zu versetzen, schon gar nicht gegen ihren Willen." (Bl. 294 d. A.).



Des Weiteren wird insbesondere zur Prozessgeschichte auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Sitzungsniederschrift vom 31.07.2018 (Bl. 293 - 295 d. A.) Bezug genommen.



II.



1. Die gemäß §§ 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde ist, form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 S. 1, 9 Abs. 1 u. 2 ArbGG) und daher zulässig.



2. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts ist aber unbegründet, denn dieses hat zu Recht die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung von Frau L. in den Betrieb P. ersetzt und zutreffend, deren vorläufige Durchführung als für dringend geboten erachtet. Auch wenn sich aus der Tenorierung des Arbeitsgerichts iVm. den von der Arbeitgeberin gestellten Anträgen nicht klar ergibt, dass eine Zustimmung zur Versetzung in den Betrieb P. ersetzt wird, ergibt sich dieses Antragsziel hinreichend aus den Entscheidungsgründen im Zusammenhang mit dem Unterrichtungsschreiben der Arbeitgeberin vom 09.07.2017 an den Betriebsrat. Dies ist von den Beteiligten auch zu keinem Zeitpunkt thematisiert und auch nicht in Zweifel gezogen worden und wird hier lediglich zur Klarstellung verdeutlicht.



3. Entgegen der Ansicht des Betriebsrats war dieser spätestens nachdem die Arbeitgeberin ihm die mit Frau L. abgeschlossene Vereinbarung über "Alternierende Telearbeit" nachgereicht hat auf der Grundlage des Unterrichtungsschreibens der Arbeitgeberin vom 09.07.2107 hinreichend informiert worden.



a) Der Betriebsrat wäre aber auch nicht berechtigt, die Zustimmung allein wegen mangelnder Unterrichtung zu verweigern, denn die Verletzung der Unterrichtungspflicht stellt keinen Verstoß gegen ein Gesetz iSv. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG dar (vgl. BAG, Beschluss vom 10.08.1993 - 1 ABR 22/93) und wenn der Betriebsrat auf eine - hier einmal unterstellt - unvollständige Unterrichtung hin die Zustimmung verweigert, kann der Arbeitgeber die fehlende Unterrichtung auch noch im Zustimmungsersetzungsverfahren nachholen (vgl. BAG, 10.08.1993 - 1 ABR 22/93). Allerdings läuft ohne die gesetzlich vorgeschriebene Unterrichtung nicht die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG an wobei aber der Betriebsrat den Arbeitgeber auf die ihm bekannten Mängel der Unterrichtung hinweisen muss. Ergänzt der Arbeitgeber seine Unterrichtung, setzt er damit eine neue Wochenfrist in Lauf (vgl. zB. BAG, 10.08.1993 - 1 ABR 22/93).



b) Die Unterrichtungs- und Vorlagepflicht nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG dient dazu, dem Betriebsrat die Informationen zu verschaffen, die er benötigt, um sein Recht zur Stellungnahme nach § 99 Abs. 2 BetrVG sachgerecht ausüben zu können. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat so zu unterrichten, dass dieser aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt wird, zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt (BAG, 27.10.2010 - 7 ABR 86/09; 14.12.2004 - 1 ABR 55/03). Der Umfang der vom Arbeitgeber geforderten Unterrichtung des Betriebsrats bestimmt sich damit nach dem Zweck der Beteiligung an der jeweiligen personellen Maßnahme (BAG, 27.10.2010 - 7 ABR 86/09).



c) Diesem Zweck ist die Arbeitgeberin mit ihrer Unterrichtung nachgekommen. Der Betriebsrat wusste, um welche Person es geht und dass diese in den Betrieb P. versetzt werden soll, weil eine vertragliche Vereinbarung über häusliche Telearbeit aufgekündigt worden war. Weiter war dem Unterrichtungsschreiben zu entnehmen, dass Frau L. auf der Grundlage ihres Arbeitsvertrags nunmehr im Betrieb P. beschäftigt werden soll und spätestens seit der zu Protokoll gegebenen Erklärung der Arbeitgeberin im Anhörungstermin am 31.07. 2018 stand außer Zweifel, dass die Arbeitgeberin beabsichtigt, Frau L. am Standort P. innerhalb eines Betriebes der A.-Gruppe zu beschäftigen und keine Absicht besteht, Frau L. zu Kunden zu versetzen, wobei solche etwaigen Versetzungen auch nicht Gegenstand des von der Arbeitgeberin eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens war. Auf Grund dieser Sachlage trifft die Ansicht des Betriebsrats, er sei falsch und nicht hinreichend informiert worden, nicht zu. Es gilt vielmehr, dass das Verfahren nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ordnungsgemäß in Gang gesetzt worden ist.



4. Die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Versetzung von Frau L. in den Betrieb P. war auch zu ersetzen, denn dem Betriebsrat steht zu dieser Versetzung keiner der Verweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG zur Seite.



a) Soweit der Betriebsrat im Zusammenhang zur Kündigung der Vereinbarung über Alternierende Telearbeit auf das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere auf § 307 BGB, verweist und meint, er könne sich bei einem etwaigen Verstoß dagegen auf ein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG berufen, ist dies unzutreffend, unabhängig davon, ob überhaupt ein solcher Verstoß gegen § 307 BGB vorliegt.



b) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kein Instrument zur umfassenden Vertragsinhaltskontrolle (vgl. BAG, 27.10. 2010 - 7 ABR 86/09; 25.01.2005 - 1 ABR 61/03). So obliegt auch dem Betriebsrat im Rahmen seiner Mitbestimmung bei der Einstellung nicht die Vertragsinhaltskontrolle, ob individuelle Absprachen zwischen der Arbeitgeberin und dem einzustellenden Arbeitnehmer tarifwidrig sind (vgl. BAG, 27.10. 2010 - 7 ABR 36/09). Ein Gesetzesverstoß als Zustimmungsverweigerungsgrund setzt voraus, dass die personelle Maßnahme als solche gesetzeswidrig ist. Es kommen also in Betracht neben hier nicht interessierenden Verletzungen von Einstellungsnormen vor allem Beschäftigungsverbote, die eine Beschäftigung mit bestimmtem Inhalt oder unter bestimmten Voraussetzungen untersagen. Insoweit steht dem Betriebsrat die Rolle eines "Hüters des zwingenden Rechts" zu. Hingegen ist es nicht Aufgabe des Betriebsrats im Rahmen des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, die Einhaltung des Inhalts des Arbeitsvertrages zu überwachen (vgl. BAG, 10.08.1993 - 1 ABR 22/93). Dementsprechend kann der Betriebsrat gestützt auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG einer Einstellung seine Zustimmung nur dann verweigern, wenn diese als solche untersagt ist (vgl. BAG, 18.03.2008 - 1 ABR 81/06) und er kann daher die Verweigerung der Zustimmung zu einer Einstellung auch nicht darauf stützen, die im Arbeitsvertrag vereinbarte Befristung sei unwirksam (vgl. BAG, 28.06.1994 - 1 ABR 59/93).



c) Diese Grundsätze haben bei einer personellen Einzelmaßnahme wie der vorliegenden Versetzung ebenfalls zu gelten, denn es wäre ein nicht nachzuvollziehender Wertungswiderspruch, die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass es bei einer Einstellung nicht darauf ankommt, ob sie unter bestimmten Voraussetzungen zu unterbleiben hat, sondern, ob sie als solche zu unterbleiben hat, nicht auf die personelle Einzelmaßnahme Versetzung anzuwenden. Die vorliegend vom Betriebsrat begehrte Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Kündigung der "Vereinbarung über Alternierende Telearbeit" nach AGB-Recht zielt gerade nicht darauf ab, ob die Versetzung von Frau L. als solche zu unterbleiben hat, sondern ob im Vorfeld der Versetzung im Zusammenhang mit der Kündigung der Vereinbarung ein Rechtsverstoß vorliegt. Bei dieser Vorgehensweise würde aber gerade die vom Bundesarbeitsgericht nicht vorgesehene Rechts- und Inhaltskontrolle individual vereinbarter Regelungen zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer erfolgen. Und es gilt, dass nach herrschender Meinung das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG nicht an die zugrunde liegenden schuldrechtliche Versetzungsregelung als Rechtsgeschäft, sondern an die tatsächliche Zuweisung des anderen Arbeitsbereichs als Realakt anknüpft (Fitting BetrVG 26. Aufl. § 99 Rn.120). Aus all diesen Gründen geht das Berufen des Betriebsrats im Zusammenhang mit seiner Zustimmungsverweigerung auf Vorschriften aus dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen ins Leere.



d) Auf weitere Verweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG hat sich der Betriebsrat im Beschwerdeverfahren ersichtlich nicht mehr berufen. Insbesondere hat er den behaupteten Nachteil von Frau L. im Zusammenhang mit der Pflegebedürftigkeit ihrer Mutter nicht mehr weiterverfolgt.



5. Das Arbeitsgericht hat auch zu Recht die Versetzung von Frau L. für dringend geboten (zutreffender: erforderlich) gehalten. Denn nach der Kündigung der "Vereinbarung über Alternierende Telearbeit" kann Frau L. eine Beschäftigung im Home-Office nicht mehr beanspruchen und es liegen keine überzeugenden Gründe dafür vor, dass die Arbeitgeberin, Frau L. ohne Gegenleistung in Form von Erbringung einer Arbeitsleistung im Betrieb P. vergüten sollte, zumal sie auch nicht beabsichtigt, Frau L. zu einem Kunden zu versetzen. Bei dieser Sachlage ist es auch nicht offensichtlich, dass die Maßnahme nicht dringlich war, mit der Folge, dass dem Antrag der Arbeitgeberin zu Recht entsprochen wurde (vgl. Fitting BetrVG 26. Aufl. § 100 Rn. 13).



III.



Rechtsmittelbelehrung:



Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben; auf § 92 a ArbGG wird hingewiesen.

Karrasch Listl Großmann

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