01.05.2007 | Finanzinnovationen
Neue Sichtweisen bei der steuerlichen Behandlung von Finanzinnovationen
Mehrere aktuelle Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Besteuerung von Finanzinnovationen nach § 20 Absatz 2 Nummer 4 Einkommensteuergesetz (EStG) haben erhebliche Auswirkung auf die Anlegerpraxis. Das gilt zumindest bis zur Einführung der Abgeltungsteuer Anfang 2009. Denn dann ist der Unterschied zwischen Kapitaleinnahme und Kursertrag irrelevant.
Bei Finanzinnovationen gingen Anleger und Finanzverwaltung bislang davon aus, dass vorrangig der realisierte Kursertrag als Kapitaleinnahme erfasst wird. Nur wenn der Anleger die Emissionsrendite nachweist, wird diese vom Finanzamt berücksichtigt.
Ein solches Wahlrecht des Anlegers besteht grundsätzlich nicht, hat der BFH nun klargestellt. Gibt es bei einem Wertpapier eine von vornherein feststehende Emissionsrendite, so ist diese zu erfassen. Ein kapitalmarktbedingter Verlust wirkt sich nicht aus. Vielmehr werden die planmäßig bis zum Verkauf oder bis zur Fälligkeit aufgelaufenen rechnerischen Zinsen berücksichtigt. Anleger können sich der Emissionsrendite nicht dadurch entziehen, dass sie ihre Mitwirkung bei der Ermittlung verweigern. Dann ist es dem Finanzamt unbenommen, eigene Ermittlungen anzustellen (Urteil vom 11.7.2006, Az: VIII R 67/04; Abruf-Nr. 070161 ).
Wichtig: Betroffen sind Zerobonds, Gleit-, Stufenzins- sowie Niedrigzinsanleihen. Geht der Kurs hier marktbedingt zurück, etwa durch schlechte Schuldnerbonität oder ansteigende Kapitalzinsen, kann der Anleger dies nun nicht mehr als negative Einnahmen ansetzen. Inwieweit die Verwaltung künftig in die schwierige Ermittlung der Emissionsrendite einsteigt oder die Berechnung vom Anleger anfordert, wird die Praxis zeigen.
Um keine Finanzinnovation handelt es sich bei einer Anleihe, bei der der Schuldner notleidend geworden ist und bei denen nach Zahlungseinstellung oder Insolvenz von der gesonderten Stückzinsabrechnung auf unbestimmte Zeit auf den Wertpapierhandel ohne Stückzinsabrechnung umgestellt worden ist.
Folge: Kursverluste - im Urteilsfall solche aus argentinischen Staatsanleihen - führen nicht zu negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen. Sie werden nach einem Jahr Haltedauer dem nicht mehr relevanten Privatbereich zugeordnet. Die privaten Anleger müssen die erhaltenen Zinsen versteuern und können den Kursverlust nach einem Jahr Haltedauer nicht absetzen.
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