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  • · Fachbeitrag · Zwangsvollstreckungsformulare

    Wegfall von Mitverdienern: So funktioniert es

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Praktisch relevant sind die Fälle, in denen unterhaltsberechtigte Personen des Schuldners eigene Einkünfte beziehen. § 850c Abs. 6 ZPO eröffnet dem Gläubiger in diesen Fällen die Möglichkeit, die Pfändbarkeit des Einkommens des Schuldners zu erweitern. Das Vollstreckungsgericht kann anordnen, dass ein unterhaltsberechtigter Angehöriger des Schuldners mit eigenem Einkommen bei der Berechnung des unpfändbaren Betrags des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise nicht zu berücksichtigen ist. Der folgende Beitrag zeigt, was Gläubiger bei Verwendung der neuen amtlichen Pfändungsformulare beachten müssen. |

    1. Erweiterter Anwendungsbereich

    a) Überjährige Unterhaltsrückstände

    Im Unterschied zu dem bis zum 31.8.24 noch verwendbaren Altformular zur Beantragung des PfÜB wegen (gesetzlicher) Unterhaltsforderungen (§ 2 S. 1 Nr. 1 ZVFV a. F.) müssen Sie daran denken: Im Altformular ergibt sich für das Vollstreckungsgericht nicht die Möglichkeit, eine Anordnung nach § 850c Abs. 6 ZPO zu treffen. Dies ist nun durch das Modul R gegeben.

     

    Beachten Sie | Relevant ist dies insbesondere für Forderungen von rückständigem Unterhalt, wenn wegen sog. überjähriger Rückstände nach § 850d Abs. 1 S. 4 ZPO nicht bevorrechtigt nach § 850d Abs. 1 S. 1 bis 3 ZPO, sondern nach der Tabelle der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung gemäß § 850c ZPO vollstreckt wird.

     

    b) P-Konto

    § 850c Abs. 6 ZPO ist auch im Bereich der P-Kontenpfändung anwendbar. Dies ist bedeutsam, wenn Gläubiger gleichzeitig die Einkommens- (Modul E, F) und Kontopfändung (Modul H) betreiben (s. u., 2. a)).

    2. Antragstellung

    Die (teilweise) Außerachtlassung einer unterhaltsberechtigten Person erfordert zwingend einen Antrag des Gläubigers. Fehlt ein solcher, werden unterhaltsberechtigte Angehörige bei der Ermittlung der abzuführenden Beträge bei der Anwendung der Lohnpfändungstabelle mitberücksichtigt.

     

    Beachten Sie | Dies gilt selbst dann, wenn das Einkommen des Mitverdieners das des Schuldners übersteigt (BGH VE 12, 39) oder berufstätige Lebenspartner gesamtschuldnerisch haften.

     

    a) Gleichzeitige Antragstellung

    Verlangt der Gläubiger bei

    • der Lohnpfändung (Modul E, F) und/oder
    • der P-Kontopfändung (Modul H)

     

    die (teilweise) Nichtberücksichtigung eines Unterhaltsberechtigten, muss er dies durch Ankreuzen des Kontrollkästchens im Modul R beantragen.

     

    Beachten Sie | Nur durch die im amtlichen Formular der Anlage 4 zu § 1 Abs. 3 ZVFV verwendete Formulierung „Es wird beantragt, den beigefügten Entwurf wie ausgefüllt als Beschluss zu erlassen“ wird das Antragsformular mit dem Formular für den Beschlussentwurf der Anlage 5 zu § 1 Abs. 3 ZVFV verknüpft, sodass es sich um einen konkreten, nämlich durch den ausgefüllten Beschlussentwurf definierten Antrag handelt. Der so gestellte Antrag umfasst die Anordnungen, wenn durch das Ausfüllen des Modul R die Anordnungen als Teil des zu erlassenden Beschlusses durch das Gericht bestimmt werden.

     

    MERKE | Nur, wenn das Modul R angekreuzt und somit ein Antrag gestellt ist, werden die Angaben im darunter liegenden Rahmen vom Gericht ausgefüllt, das dadurch die entsprechenden Anordnungen erlässt. Es obliegt also dem Gericht, die einzelnen Anordnungen zu konkretisieren.

     

    b) Antrag nach § 850c Abs. 6 ZPO bei Lohnpfändung

    • Anlage 4 zu § 1 Abs. 3 ZVFV
     

     

    • Anlage 5 zu § 1 Abs. 3 ZVFV
     

     

    c) Antrag nach § 850c Abs. 6 ZPO bei P-Kontenpfändung

    • Anlage 4 zu § 1 Abs. 3 ZVFV
     

     

    • Anlage 5 zu § 1 Abs. 3 ZVFV
     

     

    d) Antrag nach § 850c Abs. 6 ZPO bei gleichzeitiger Lohn- und P-Kontenpfändung

    • Anlage 4 zu § 1 Abs. 3 ZVFV
     

     

    • Anlage 5 zu § 1 Abs. 3 ZVFV
     

     

    Beachten Sie | Um eine gerichtliche Zwischenverfügung zu vermeiden, sollten Gläubiger glaubhaft darlegen, dass es sich bei dem gepfändeten Konto tatsächlich um ein P-Konto handelt. Das ist Voraussetzung dafür, dass bei Beantragung einer gleichzeitigen Lohn- und Kontopfändung auch eine Anordnung betreffend des P-Kontos ergehen kann. Andernfalls kann das Gericht die Daten zum P-Konto im von ihm auszufüllenden Rahmen nicht eintragen. Die Glaubhaftmachung kann z. B. durch Kopie eines Vermögensverzeichnisses oder Vorlage einer Drittschuldnererklärung nach § 840 ZPO in einer anderen Pfändungssache erfolgen. Gelingt die Glaubhaftmachung nicht, sollte sich der Antrag nach § 850c Abs. 6 ZPO nur auf die Lohnpfändung beschränken. Wenn sich später aus der Drittschuldnererklärung ergibt, dass es sich bei dem gepfändeten Konto um ein P-Konto handelt, können Sie den Antrag nach § 850c ZPO immer noch nachträglich stellen (s. u., e)).

     

    Im Modul P muss der Gläubiger zusätzlich genauere Angaben zu der vom Vollstreckungsgericht vorzunehmenden Anordnung darüber machen,

    • welche Person(en) ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben soll,
    • welche Höhe das eigene Einkommen der Person(en) hat und
    • welcher Art das eigene Einkommen der Person(en) ist.

     

     

    • Modul P
     

     

     

     

    e) Nachträglicher Antrag

    Erfährt der Gläubiger erst später, also nach Erlass des PfÜB, von Tatsachen, die zu einer (teilweisen) Nichtberücksichtigung eines bzw. mehrerer Unterhaltsberechtigten führen, kann er eine entsprechende gerichtliche Anordnung nach § 850c Abs. 6 ZPO auch nachträglich beantragen (sog. Nachtragsverfahren). Die Verwendung der amtlichen Formulare nach Anlage 4 und 5 zu § 1 Abs. 3 ZVFV ist dann nicht erforderlich, sodass ein formloser Antrag möglich ist. In diesem Fall ist der Schuldner allerdings anzuhören (arg. ex § 834 ZPO). Bestreitet dieser hierbei die Angaben des Gläubigers, muss der Gläubiger Beweis antreten. Eine Ausnahme gilt, wenn der Schuldner sich im Anhörungsverfahren nicht äußert. Das Schweigen des Schuldners ist dann als Zustimmung zum Gläubigerantrag zu werten (LG Münster JurBüro 90, 1363; LG Dortmund 5.12.89, 9 T 692/89 u. 8.3.1990, 9 T 128/90).

    Quelle: Ausgabe 01 / 2024 | Seite 12 | ID 49792177