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  • 13.09.2016 · IWW-Abrufnummer 188632

    Oberlandesgericht Celle: Urteil vom 13.07.2016 – 14 U 64/16

    1. Im Einzelfall kann angenommen werden, der Schädiger habe auch dann die Kosten für ein Sachverständigengutachten zu tragen, wenn sich ein Gutachten objektiv als unbrauchbar herausstellt. Das gilt jedoch nicht, wenn der Geschädigte den Gutachter nicht zutreffend informiert, z. B. nicht über Vorschäden unterrichtet.

    2. Die Kosten der Einholung eines anschließend im Rechtsstreit eingeholten Sachverständigengutachtens fallen gleichwohl nicht allein dem Geschädigten zur Last. Er hätte die Klage auf Ersatz der Reparaturkosten auch ohne Vorlage eines Privatgutachtens erheben können, sodass auch in diesem Fall die Beauftragung eines Sachverständigen durch das Gericht erforderlich geworden wäre.


    Oberlandesgericht Celle

    Urt. v. 13.07.2016

    Az.: 14 U 64/16

    Tenor:

    Auf die Berufung der Beklagten wird das am 01. April 2016 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.170,00 € zu zahlen.

    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gegenüber der Rechtsanwaltskanzlei ... in H. in Höhe von 334,75 € freizustellen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 68 %, die Beklagten als Gesamtschuldner zu 32 %.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 30 %, die Beklagten als Gesamtschuldner zu 70 %.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Gründe

    (abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO)

    Die zulässige Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg (bezüglich der dem Kläger vom Landgericht zuerkannten Kosten für die Einholung des Sachverständigengutachtens der Firma C.-C. sowie anteiliger Rechtsanwaltskosten), im Übrigen ist sie unbegründet.

    1. Den Vorwurf, bei dem Geschehen am 26. Juni 2014 habe es sich um einen gestellten Unfall gehandelt, wiederholen die Beklagten in der Berufungsinstanz nicht. Deshalb kann der Kläger die Unkostenpauschale (25,00 €) erstattet verlangen.

    2. Das Landgericht hat dem Kläger auch zu Recht den von dem Sachverständigen H. ermittelten Kostenaufwand für die Reparatur des Dachs des PKW BMW Cabrio in Höhe von 2.145,00 € zuerkannt.

    Zutreffend verweisen die Beklagten zwar darauf, dass es ständiger Rechtsprechung - auch des Senates - entspricht, dass ein Verkehrsunfallgeschädigter selbst kompatible Schäden nicht ersetzt verlangen kann, solange möglich ist, dass sie auch bereits durch einen Vorschaden verursacht worden sind. Wenn ein Kraftfahrzeug in einem unfallvorgeschädigten Bereich durch einen neuen Unfall betroffen ist, ist vielmehr die Darlegung des Vorschadens und dessen Reparatur im Einzelnen erforderlich (OLG Köln, NZV 1996, 241 ff. [OLG Köln 05.02.1996 - 16 U 54/95]; Hanseatisches Oberlandesgericht, MDR 2001, 1111 ff.; OLG Celle, Beschluss vom 8. Mai 2015 - Az.: 14 U 44/15; Beschluss vom 19. Mai 2016 - Az.: 14 U 4/16 - noch nicht rechtskräftig).

    Gleichwohl folgt der Senat insoweit dem Landgericht, denn die Vorschäden am Verdeck des Cabrios befanden sich rechts, die durch den Vorfall vom 26. Juni 2014 verursachten hingegen links. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass durch den Vorschaden, durch den das Verdeck auf der rechten Seite beschädigt worden ist, auch die linke Seite des Fahrzeuges in Mitleidenschaft gezogen worden ist.

    3. Allerdings kann der Kläger nicht die Kosten des Privatgutachtens der Firma C.-C. (Bl. 5 ff. d. A.) erstattet verlangen, denn dieses Gutachten ist grob fehlerhaft.

    Die Parteien sind sich einig darüber, dass der Vorschaden rechts am Verdeck offenkundig war. Das ergibt auch eindrucksvoll eine Inaugenscheinnahme der vorliegenden Lichtbilder. Gleichwohl hat der Sachverständige auf Seite 2 seines Gutachtens ausgeführt "visuell keine Vorschäden erkennbar" (Bl. 10 d. A.). Auch dem Kläger war natürlich der Vorschaden bekannt und er hat ihn verschwiegen.

    Deshalb ist es gerechtfertigt, dem Kläger den Erstattungsanspruch bezüglich der Kosten für das Sachverständigengutachten vollständig zu versagen. Zwar kann im Einzelfall angenommen werden, der Schädiger habe auch dann die Kosten für ein Sachverständigengutachten zu tragen, wenn sich ein Gutachten objektiv als unbrauchbar herausstelle, das gilt jedoch nicht, wenn der Geschädigte den Gutachter nicht zutreffend informiert, z. B. nicht über Vorschäden unterrichtet (OLG Köln, DAR 2013, 638 ff. - juris Rdnr. 3; so auch AG Freiburg, ZfSch 1986, 326; AG Hamm, DAR 2013, 335 ff.).

    Danach erweist sich die Berufung der Beklagten in Höhe von 894,00 € als erfolgreich.

    4. Die Berufung der Beklagten hat zudem Erfolg hinsichtlich anteiliger vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, die nur nach einem Wert von 2.145,00 € zzgl. 25,00 € zu erstatten sind, d. h. in Höhe von 261,30 € (1,3-fache Gebühr bei bis 3.000 €) zzgl. Postpauschale zzgl. MwSt. (53,45) = 334,75 €.

    5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Entgegen der Auffassung der Beklagten waren dem Kläger nicht die Kosten der Einholung des gerichtlichen Sachverständigengutachtens H. aufzuerlegen. Zwar war das Gutachten der Firma C.-C. grob fehlerhaft. Dieser Umstand ist indes für die Kosten der Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Landgericht nicht kausal geworden. Dem Kläger hätte es nämlich freigestanden, seinen Schadensersatzanspruch auch ohne Vorlage eines Gutachtens geltend zu machen. In diesem Fall wäre davon auszugehen gewesen, dass die Beklagte die Schadenshöhe bestreitet und gleichwohl die Einholung eines Schadensgutachtens durch das Gericht veranlasst gewesen wäre.

    Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt kein Anwendungsfall des § 96 ZPO vor. Das vom Landgericht eingeholte Gutachten hat die Klageforderung zum Teil bestätigt. Soweit der Kläger höhere Reparaturkosten geltend gemacht hat und insoweit teilweise unterlegen ist, trägt er ohnehin anteilig die Kosten des Rechtsstreits.

    Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 708 Nr. 10, 713, 543 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.