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  • 01.07.2007 | Unfallschadensregulierung

    Schmerzensgeldrente in engen Grenzen abänderbar

    1. Eine Schmerzensgeldrente kann im Hinblick auf den gestiegenen Lebenshaltungskostenindex abgeändert werden, wenn eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalls ergibt, dass die bisher gezahlte Rente ihre Funktion eines billigen Schadensausgleichs nicht mehr erfüllt. Falls nicht besondere zusätzliche Umstände vorliegen, ist die Abänderung einer Schmerzensgeldrente bei einer unter 25 % liegenden Steigerung des Lebenshaltungskostenindexes in der Regel nicht gerechtfertigt.  
    2. Eine auf Abänderung einer Schmerzensgeldrente gerichtete Klage, welche auf die Steigerung der Lebenshaltungskosten gestützt wird, kann in der Regel nicht mit der Begründung abgewiesen werden, der bei der Berechnung der Rente zugrunde gelegte gesamte Kapitalbetrag des Schmerzensgeldes sei inzwischen ausbezahlt worden.  

     

    Sachverhalt

    Nach einem mit sieben Jahren erlittenen Unfall war der Klägerin neben einem Schmerzensgeld von 170.000 DM eine monatliche Rente von 300 DM zugesprochen worden. In einem erneuten Rechtsstreit wegen einer späteren Schadensfolge verglichen sich die Parteien auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes von 40.000 DM. Mit ihrer jetzigen Klage verlangt die Klägerin unter Berufung auf § 323 ZPO eine billige Erhöhung des Rentenbetrages. Wegen des seit Urteilserlass (1994) um 16,25 % (Beklagte: 10,70 %) gestiegenen Lebenshaltungskostenindexes sei eine Erhöhung um mindestens 25 bis 30 EUR pro Monat gerechtfertigt. Die Instanzgerichte haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin blieb erfolglos.  

     

    Entscheidungsgründe

    Zwar könnten auch Schmerzensgeldrenten bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse nach § 323 ZPO angepasst werden. Verhältnisse in diesem Sinn seien auch die Lebenshaltungskosten. Erforderlich sei indes, dass eine ganz erhebliche Steigerung der Lebenshaltungskosten vorliege und die zugesprochene Rente deshalb nicht mehr als „billiger“ Ausgleich der immateriellen Beeinträchtigungen angesehen werden könne. Mit bestimmten Prozentsätzen lasse sich das nicht beantworten. Erforderlich sei, so der BGH, eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere unter Berücksichtigung der Rentenhöhe, des zugrunde liegenden Kapitalbetrages und der bereits gezahlten und voraussichtlich noch zu zahlenden Beträge. Falls nicht zusätzliche Umstände vorlägen, sei eine unter 25 % liegende Steigerung des Lebenshaltungskostenindexes in der Regel kein hinreichender Anpassungsgrund. Abschließend geht der BGH auf das von der beklagten Versicherung ins Feld geführte Argument ein, der volle kapitalisierte Rentenbetrag (hier: 70 000 DM) sei in wenigen Jahren ausgezahlt, weshalb sich eine Anpassung verbiete. Diesem Gesichtspunkt misst der Senat für den Regelfall keine Bedeutung bei.  

     

    Praxishinweis

    Die mit Spannung erwartete Entscheidung beendet einen langjährigen Streit um die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Schmerzensgeldrente wegen gestiegener Lebenshaltungskosten abänderbar ist. Unter 25 % geht in der Regel nichts, so das Fazit. Zu prozessualen Besonderheiten beim Schmerzensgeld siehe VA 07, 64 ff.