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  • 01.05.2007 | OWi-Recht

    Die Rspr. im Verkehrs-OWi-Sachen in 2006

    von RiOLG Detlef Burhoff, Hamm/Münster

    Nachdem wir in VA 07, 52ff., die wichtigsten Urteile im Verkehrsstrafrecht aus 2006 zusammengestellt haben, stellen wir Ihnen nachfolgend die wichtigsten Urteile zum Verkehrs-OWi-Recht 2006 vor. Ausgenommen sind die mit der Verhängung eines Fahrverbotes zusammenhängenden Fragen. Darüber werden wir in einer der nächsten Ausgaben ausführlich berichten.  

     

    Rechtsprechungs-ABC

    Abstandsmessung durch Nachfahren;  

    Unterschreiten des Sicherheitsabstandes  

    Nach allg. Meinung in der Rspr. können geübte und erfahrene Polizeibeamte den Sicherheitsabstand in gerichtsverwertbarer Weise einschätzen, wenn sie in einer nicht zu großen Entfernung schräg versetzt hinter dem vorausfahrenden Fahrzeug fahren. Das ist insbesondere der Fall, wenn Schätzungshilfen, z.B. die Länge der Leitlinienmarkierungen, vorhanden sind. Derartige Schätzungen bedürfen allerdings besonders kritischer tatsächlicher Bewertung (OLG Hamm VA 06, 84; Abruf-Nr. 060972; zur Abstandsmessung s. auch den Schwerpunktbeitrag in VA 01, 75).  

     

    Praxishinweis: Der Verteidiger muss die Polizeibeamten in der HV vor allem auch befragen, ob sie in der Art der Messung geschult sind.  

    Betriebserlaubnis, Erlöschen  

    Das Erlöschen einer Betriebserlaubnis setzt nach § 19 Abs. 2 StVZO eine willentliche Umgestaltung der Fahrzeugbeschaffenheit voraus, wie etwa durch Ein- oder Ausbau von Teilen oder Werkarbeiten am Fahrzeug. Bloße Veränderungen aufgrund natürlichen Verschleißes reichen nicht aus (OLG Karlsruhe VA 06, 123, Abruf-Nr. 060973).  

    Drogenfahrt (§ 24a StVG), Konzentration des Rauschmittels  

    Die Rspr. des BVerfG, wonach eine Verurteilung nach § 24a Abs. 2 StVG nur in Betracht kommt, wenn eine Konzentration des Rauschmittels festgestellt wird, die es möglich erscheinen lässt, dass der untersuchte Kfz-Führer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war (VA 05, 48, Abruf-Nr. 050339), ist auch auf Amphetamin anzuwenden. Eine Ahndung setzt nach der Rspr. des BVerfG nicht voraus, dass bestimmte Grenzwerte erreicht werden (OLG München VA 06, 124, Abruf-Nr. 061627). Der Auffassung ist in der Vergangenheit auch schon das OLG Zweibrücken gewesen (VA 05, 124, Abruf-Nr. 051661).  

    Drogenfahrt (§ 24a Abs. 2 StVG), tatsächliche Feststellungen  

    Bei einer Verurteilung gem. § 24a Abs. 2 StVG nach Cannabiskonsum gehört zu den notwendigen tatrichterlichen Feststellungen auch die Mitteilung der THC-Konzentration im Blut des Betroffenen (OLG Koblenz VA 06, 32; Abruf-Nr. 053654). Da Ausnahmefälle möglich sind, in denen ein Kraftfahrer nach einem bestimmten Zeitraum nicht mehr damit rechnen muss, noch unter der Wirkung einer konsumierten illegalen Droge zu stehen, muss der Tatrichter neben dem Erreichen oder Überschreiten eines bestimmten BtM-Grenzwerts weitere Feststellungen zur Fahrlässigkeit hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals „unter der Wirkung“, ggf. unter Heranziehung weiterer Beweisanzeichen, treffen (OLG Zweibrücken VA 06, 194, Abruf-Nr. 062939).  

    Geschwindigkeitsüberschreitung; Geständnis des Betroffenen  

    Nach der BGH-Rspr. (NJW 93, 3081) kann eine Verurteilung wg. Geschwindigkeitsüberschreitung grds. auf ein Geständnis des Betroffenen gestützt werden. Erforderlich ist allerdings ein uneingeschränktes und glaubhaftes Geständnis (z.B. OLG Hamm [2. Senat für Bußgeldsachen] VA 06, 17, Abruf-Nr. 053128; OLG Bamberg VA 06, 212, Abruf-Nr. 063202). A.A. ist der 3. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm (VA 06, 35, Abruf-Nr. 053652). Er hat die Anforderungen an das Vorliegen eines glaubhaften Geständnisses gesenkt. Ein uneingeschränktes Geständnis kann i.d.R. angenommen werden, wenn der Betroffene einräumt, mit der festgestellten Geschwindigkeit gefahren zu sein. Hat der Betroffene den unter Angabe des Messverfahrens, der Beweismittel und der drohenden Rechtsfolgen bezeichneten Verkehrsverstoß bereits bei seiner Anhörung gegenüber der Bußgeldbehörde eingeräumt, bedarf es keiner weiteren Ausführungen zur Glaubhaftigkeit des in der HV wiederholten Geständnisses (OLG Saarbrücken VA 06, 195, Abruf-Nr. 062276). Um ein Geständnis i.e.S. handelt es sich aber auch nach der o.a. strengeren Auffassung nicht, wenn nur der Messwert nicht bestritten wird (OLG Hamm VA 06, 16, Abruf-Nr. 053128). Die Umstände des Messvorgangs und die Richtigkeit der vom Messgerät angezeigten Geschwindigkeit kann der Betroffene nämlich nicht „gestehen“, weil er hiervon keine Kenntnis hat (OLG Jena DAR 06, 163; OLG Saarbrücken, a.a.O.). I.d.R. ist davon auszugehen, dass der Betroffene lediglich den ihm nachträglich bekannt gewordenen Messvorgang und die aus diesem resultierende, d.h. ihm bereits „als gemessen“ präsentierte Geschwindigkeit zur Tatzeit und gerade nicht deren Richtigkeit als das Resultat eigener originärer Wahrnehmung bestätigt hat (OLG Bamberg VA 06, 212, Abruf-Nr. 063202).  

    Geschwindigkeitsüberschreitung, Messung durch Nachfahren zur Nachtzeit  

    Bei einer Messung durch Nachfahren zur Nachtzeit bedarf es grds. Feststellungen zu den Beleuchtungsverhältnissen und dazu, ob der Abstand zum vorausfahrenden Kfz durch Scheinwerfer des nachfahrenden Autos oder durch andere Sichtquellen aufgehellt war und damit ausreichend sicher erfasst und geschätzt werden konnte (u.a. OLG Hamm 29.12.06, 2 Ss OWi 797/06, Abruf-Nr. 070731; OLG Hamm NZV 06, 108 = DAR 06, 31). Das gilt allerdings bei einer Messung auf innerörtlichen Fahrtstrecken entlang noch angeschalteter Lichtzeichenanlagen nicht, da dort üblicherweise eine Grundhelligkeit im Straßenbereich herrscht. In diesen Fällen ist keine Auseinandersetzung des Tatrichters mit den individuellen Fähigkeiten der beobachtenden Polizeibeamten erforderlich, da bei Polizisten im Streifendienst bei Ermangelung abweichender Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass sie in der Lage sind, solche Geschwindigkeitsmessungen durchzuführen (OLG Jena VA 06, 162, Abruf-Nr. 062275; zu den erforderlichen Feststellungen im tatrichterlichen Urteil s. auch Burhoff in Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, Rn. 1262 ff.).  

    Geschwindigkeitsüberschreitung, Tatmehrheit  

    Mehrere Geschwindigkeitsüberschreitungen im Verlaufe einer Fahrt stehen auch dann zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit, wenn sie zwar im engen zeitlichen Rahmen stehen, jedoch jeweils in unterschiedlichen Verkehrssituationen begangen worden sind, so dass die einzelnen Verstöße unschwer voneinander abzugrenzen sind (OLG Brandenburg NZV 06, 109).  

    Geschwindigkeitsüberschreitung; tatsächliche Feststellungen  

    Beim Einsatz eichfähiger Messgeräte muss dem Urteil zu entnehmen sein, dass eine gültige Eichung vorlag und die Bedienvorschriften beachtet wurden (OLG Hamm VA 06, 85, Abruf-Nr. 060971). Wird bei Dunkelheit mit einem Lasermessgerät (z.B. Riegel LR 90-235/P) eine Geschwindigkeitsmessung durchgeführt, bedarf es einer vom Rechtsbeschwerdegericht nachvollziehbaren Darlegung des Tatrichters, warum trotz der widrigen Verhältnisse vernünftige Zweifel an der Zuordnung des Fahrzeugs nicht bestehen (OLG Hamm VA 06, 193, Abruf-Nr. 062938; zu den notwendigen Urteilsfeststellungen zur Geschwindigkeitsmessung im „ProViDa“-System und zum Toleranzabzug s. OLG Jena VRS 111, 211).  

    Geschwindigkeitsüberschreitung; Vorsatz  

    Auch das OLG Karlsruhe bestimmt die erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung, die Voraussetzung für die Annahme von Vorsatz ist, nicht absolut, sondern relativ. Es geht davon aus, dass bei einer Überschreitung der außerorts zulässigen Geschwindigkeit um beinahe 50 % das Bewusstsein einer Geschwindigkeitsüberschreitung naheliegt, weshalb bei Hinzutreten weiterer Umstände von vorsätzlicher Tatbegehung ausgegangen werden kann (OLG Karlsruhe VA 06, 140, Abruf-Nr. 061633 – „habe es wegen einesTermins eilig gehabt...“). Das OLG Hamm geht (zutreffend) davon aus, dass bei einer relativen Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 116 %, die einer absoluten Überschreitung von 35 km/h innerorts in einer Tempo-30-Zone entspricht, die Annahme ggf. dennoch vorliegenden fahrlässigen Handelns der Feststellung besonderer Umstände bedarf; i.d.R. wird in den Fällen Vorsatz vorliegen (OLG Hamm VA 06, 176, Abruf-Nr. 062638).  

    Halteverbot (§ 12 StVO)  

    Bei einer funktionsbereiten Parkuhr bzw. funktionsbereitem Parkautomaten entlastet es den Betroffenen nicht, wenn er aus Gründen, die in seinem Risikobereich liegen, den Lauf der Uhr oder die Erteilung des Parkscheins nicht bewirken kann (OLG Hamm VA 06, 17, Abruf-Nr. 053408). Es obliegt dem Betroffenen, die Gerätefunktion durch richtigen Münzeinwurf auszulösen, da sonst das eingeschränkte Halteverbot nicht aufgehoben wird. Übrigens: Eine zwischen Parkmarkierungen liegende „Restfläche“ wird vom Regelungsgehalt eines Halteverbotsschildes mit dem Zusatzschild „außerhalb gekennzeichneter Flächen“ nicht erfasst (OLG Hamm NZV 06, 324).  

    Handyverbot im Straßenverkehr  

    Der Begriff „Benutzung“ i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO wird von den OLG weit ausgelegt (dazu krit. Scheffler NZV 06, 128; Keerl NZV 06, 181; Einzelh. s. VA 06, 28 ff.). Unter Benutzung ist nicht nur das Telefonieren zu verstehen. Das Verbot gilt vielmehr für alle Funktionen des Mobiltelefons. Die Frage der Benutzung beurteilt sich allein danach, ob das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird oder nicht. Unter Benutzung i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO ist somit jegliche Nutzung eines Mobiltelefons zu verstehen, sei es  

    • als Telefon (OLG Hamm VA 06, 28, Abruf-Nr. 053650),
    • als Organisator (OLG Hamm VA 05, 179 (Ls.), Abruf-Nr. 052323),
    • als Diktiergerät (OLG Jena VA 06, 142, Abruf-Nr. 062123),
    • zum Auslesen von Daten (OLG Hamm VA 06, 176, Abruf-Nr. 062639).

     

    Um die Benutzung des Handys handelt es sich aber nicht, wenn es während der Fahrt aufgenommen wird, um es woanders hinzulegen (OLG Köln NJW 05, 3366). Unter das Verbot fallen aber Tätigkeiten, die der Vorbereitung der Nutzung dienen (OLG Düsseldorf StraFo 06, 509). Auch muss bei der Benutzung der Motor in Betrieb sein (OLG Bamberg VA 06, 210, Abruf-Nr. 063206; dazu auch OLG Celle NZV 06, 164).  

     

    Der Verstoß wird regelmäßig vorsätzlich verwirklicht. Da dies bereits in der Regelbuße von 40 EUR entsprechende Berücksichtigung gefunden hat, ist es rechtsfehlerhaft, die Geldbuße wegen der vorsätzlichen Begehungsweise zu erhöhen (KG NZV 06, 609; s. auch OLG Jena NStZ-RR 05, 23).  

    Ladungssicherung; Begriff der Ladung  

    Zu der nach § 22 Abs. 1 StVO besonders zu sichernden Ladung gehören auch Lehm-Anhaftungen an denjenigen Sachen, wie z.B. ein Bagger, deren Beförderung Zweck der Fahrt ist (OLG Hamm VA 06, 105, Abruf-Nr. 061249 ).  

    Lichtbild  

    siehe „Täteridentifizierung; Lichtbild“  

    Mautgebührendaten, Verwertung im Ermittlungsverfahren  

    Nach Auffassung des LG Magdeburg ist die Verwertung von Maut-Gebührendaten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren unzulässig (LG Magdeburg VA 06, 104, Abruf-Nr. 061098 , ebenso LG Köln 17.6.06, 111 Qs 166/05, Abruf-Nr. 061135 , a.A. AG Gummersbach NJW 04, 240).  

    Mautpflicht, Benutzung mautpflichtiger Autobahnstrecke  

    § 10 Abs. 1 Nr. 1 ABMG ist nicht wegen Verletzung des Bestimmtheitsgebots (Art. 103 Abs. 2 GG) verfassungswidrig (OLG Köln NZV 06, 608) und auch im Falle einer manuellen Einbuchung und Mautzahlung erfüllt, wenn die Benutzung der mautpflichtigen Autobahnstrecke erst nach Ablauf des Gültigkeitszeitraums erfolgt, der im Einbuchungsbeleg ausgewiesen ist (OLG Köln NZV 06, 555 = VRS 111, 157). Die fehlerhafte Eingabe von Fahrzeugdaten bei der Einbuchung über die On-Board-Unit (OBU) begründet nicht nur einen Verstoß gegen § 4 Abs 3 ABMG, sondern erfüllt zugleich den Tatbestand des § 10 Abs 1 Nr 1 ABMG (OLG Köln VRS 111, 156).  

    Mobiltelefon  

    siehe „Handyverbot im Straßenverkehr“  

    Rotlichtverstoß, Feststellungen  

    Die Urteilsgründe müssen Feststellungen enthalten, die – in aller Regel unter Heranziehung eines Signalzeitenplanes – eine sichere Schlussfolgerung auf das für den Betroffenen maßgebliche Lichtzeichen und seine jeweilige Position zur Haltlinie erlauben (KG VRS 111, 218). Beruht die Feststellung eines Rotlichtverstoßes auf dem Ergebnis einer automatischen Rotlicht- überwachung, muss der Tatrichter die Entfernung der Induktionsschleife von der Haltelinie, – soweit vorhanden – die Entfernung der 2. Induktionsschleife von der 1. und die jeweils auf den 2 Messfotos eingeblendeten Messzeiten mitteilen (OLG Hamm VA 06, 175, Abruf-Nr. 062634). Die Gelbphase bei Ampelanlagen muss bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h 4 Sekunden umfassen. Die Gelbphase von 3 Sekunden ist zu kurz bemessen. Die Verwaltungsvorschriften zu § 37 StVO haben für die Gerichte mittelbare Bedeutung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Verkehrsteilnehmer (OLG Braunschweig NZV 06, 220).  

    Rotlichtverstoß, Rotlichtzeit  

    Zur Berücksichtigung von Toleranzen bei der Feststellung der Rotlichtzeit s. OLG Braunschweig VA 06, 196, Abruf-Nr. 062945.  

    Sicherheitsgurt, Nichtanlegen  

    Es besteht Tateinheit zwischen dem Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes und einem auf der Fahrt ohne angelegten Sicherheitsgut begangenen Verkehrsverstoß (OLG Hamm DAR 06, 338 = zfs 06, 351; OLG Rostock VRS 107, 461; krit. Albrecht DAR 07, 61).  

    Sprinter, Einordnung  

    Nach der OLG-Rspr. kommt es bei einer mit einem Sprinter begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht darauf an, ob das Fahrzeug als Pkw oder als Lkw zugelassen ist (OLG Karlsruhe VA 04, 191, Abruf-Nr. 042588, 715; BayObLG VA 04, 16, Abruf-Nr. 032485; OLG Brandenburg VRS 108, 377; OLG Hamm VA 06, 13 ff., Abruf-Nrn. 053412 + 053413). Vielmehr ist auf dessen konkrete Bauart, Ausstattung und Einrichtung abzustellen, weil diese Eigenschaften des Fahrzeugs für dessen Verwendung, insb. die Beladung, von maßgeblicher Bedeutung sind und damit das Fahrverhalten des Fahrzeugs und dessen Beherrschbarkeit entscheidend prägen. Der Einordnung in den Zulassungspapieren kommt keine entscheidende Bedeutung zu (OLG Hamm, a.a.O.). Diese OLG-Rspr. hat der EuGH abgesegnet (EuGH VA 06, 164, Abruf-Nr. 062277). Danach ist die RL 70/156/EWG in der Fassung der RL 92/53/EWG dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der ein Fahrzeug nicht den nationalen Geschwindigkeitsvorschriften für Pkw unterliegt, sondern den Vorschriften für Lkw, obwohl dieses Fahrzeug aufgrund einer in Anwendung der Richtlinie ergangenen EG-Typgenehmigung als Pkw zugelassen wurde.  

     

    Praxishinweis: In der Praxis wird ein Irrtum des Betroffenen über die rechtliche Einordnung des Kfz i.d.R. als Verbotsirrtum (§ 11 Abs. 2 OWiG) angesehen. War er vermeidbar, ist zwar die Verurteilung des Betroffenen nicht ausgeschlossen. Es wird sich aber im Fall eines drohenden Fahrverbotes die Frage stellen, ob davon nicht abgesehen werden kann (dazu OLG Hamm, a.a.O.; s. auch AG Lüdinghausen VA 06, 200, Abruf-Nr. 062934).  

    Täteridentifizierung; Lichtbild  

    Der Tatrichter kann den Betroffenen, der sich nicht zur Sache einlässt oder bestreitet, der Fahrer gewesen zu sein, anhand eines vom Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes identifizieren. Dazu kann er gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf das Lichtbild verweisen (u.a. OLG Hamm NZV 06, 162). Dann erübrigen sich weitere Ausführungen im Urteil. Ist eine ordnungsgemäße Verweisung nicht erfolgt, sind grds. u.a. Ausführungen zur Bildqualität im Urteil erforderlich (KG DAR 06, 158). Darauf kann allerdings verzichtet werden, wenn der Tatrichter in den Urteilsgründen einen ins Einzelne gehenden Vergleich mehrerer charakteristischer Merkmale vorgenommen hat, die zwingend den Rückschluss zulassen, dass das Beweisfoto zur Identifizierung geeignet war (OLG Hamm VA 06, 69 Abruf-Nr. 060574).  

     

    Praxishinweis: Ein Lichtbild ist für eine Identifizierung ungeeignet, wenn es einen Grauschleier aufweist, die Konturen leicht verwischt sind, der Innenspiegel den Haaransatz verdeckt und das Lichtbild unscharf und so kontrastarm ist, dass weder Haartracht noch Gesichtszüge des Fahrers hinreichend deutlich zu erkennen sind. (OLG Hamm NZV 06, 162 = zfs 05, 413).  

    Trunkenheitsfahrt (§ 24a Abs. 1 StVG), Feststellungen  

    Die Fragen, ob bei AAK-Messungen mit dem Gerät „Dräger Alcotest 7110 Evidential“, wenn weder konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlmessung behauptet werden noch sonst ersichtlich sind, in den Urteilsgründen neben dem Messverfahren lediglich das Messergebnis im Mittelwert angegeben werden kann, oder ob die Mitteilung der beiden Einzelmesswerte erforderlich ist, ist umstritten. Sie wird bejaht vom 3. Senat des OLG Bamberg (9.2.06, Beck RS 2006 Nr. 02600), dem BayObLG (NZV 03, 393, 394), dem OLG Köln (NZV 01, 137) und dem 3. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm (VA 06, 47, Abruf-Nr. 060346), während das OLG Stuttgart (DAR 00, 537) und der 2. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm (DAR 04, 713) sie verneinen. Der 2. Senat des OLG Bamberg sieht die Angabe der Einzelmesswerte als nicht erforderlich an (VA 06, 178, Abruf-Nr. 062640).  

    Trunkenheitsfahrt (§ 24a Abs. 1 StVG), Bestimmung der AAK  

    Für die Bestimmung der AAK-Konzentration bleibt die 3. Dezimalstelle der Messergebnisse der AAK-Messung sowohl für die Berechnung des maßgeblichen Mittelwertes als auch für die beiden zugrunde liegenden Einzelwerte außer Betracht (OLG Hamm VA 06, 47, Abruf-Nr. 060346).  

    Trunkenheitsfahrt, Verwertbarkeit der Atemalkoholmessung  

    Die Frage, welche Konsequenzen bei der AAK-Messung aus der Nichteinhaltung der Wartezeit zu ziehen sind, wird in der OLG-Rspr. nicht einheitlich beantwortet. Während das OLG Dresden (VA 05, 67, Abruf-Nr. 050660) und das OLG Jena (VRS 111, 149) von einer generellen Unverwertbarkeit des Messergebnisses ausgehen, wird andererseits die Einhaltung der Wartezeit vollständig für entbehrlich gehalten, wenn gewährleistet ist, dass der Betroffene 10 Minuten vor Beginn der Messung keinerlei Substanzen mehr zu sich genommen hat (OLG Celle VA 03, 178, Abruf-Nr. 032216). Das OLG Karlsruhe (VA 06, 140, Abruf-Nr. 061634) nimmt einen differenzierenden Standpunkt ein und geht davon aus, dass bei nur geringfügiger Überschreitung des Grenzwertes von 0,25 mg/l das Ergebnis des standardisierten Messverfahrens zur Ermittlung der AAK-Konzentration mit dem Dräger Alcotest 7110 nur dann ohne Rechtsfehler verwertet werden kann, wenn die Warte- und Kontrollzeiten eingehalten wurden. Lag hingegen die AAK deutlich über dem Grenzwert, kann per SV-Gutachten geklärt werden, ob die mit der Nichteinhaltung verbundenen Schwankungen der Messwerte per Sicherheitszuschlag auszugleichen sind. Ähnlich haben bereits das BayObLG NZV 01, 524; OLG Dresden NStZ-RR 02, 20 (Ls.); OLG Köln NZV 01, 137, entschieden (zur AAK-Messung s. auch Burhoff in VA 01, 152, 04, 213).  

     

    Praxishinweis: Werden Messfehler geltend gemacht, gilt: Ob eine behauptete Hypoventilation zutreffend oder als Schutzbehauptung anzusehen ist, obliegt der tatrichterlichen Würdigung unter Berücksichtigung etwaiger Besonderheiten des Messvorgangs (Atemtemperatur/-volumen, Expirationsdauer, Atemfluss) und der Messergebnisse (OLG Bamberg NZV 06, 490).  

    Trunkenheitsfahrt (§ 24a Abs. 1 StVG), tatsächliche Feststellungen  

    Auf die ausdrückliche Bezeichnung der Art des Messverfahrens (hier: AAK-Bestimmung mit dem Gerät Dräger Alcotest 7110 MK III Evidential) kann bei einer Verurteilung ausnahmsweise verzichtet werden, wenn sich der Gerätetyp unzweifelhaft aus den Urteilsgründen ergibt (OLG Bamberg VA 06, 67, Abruf-Nr. 060577). Das ist zutreffend, da es sich hierbei um das einzige auf dem Markt befindliche Verfahren zur AAK-Bestimmung handelt.  

    Überliegefrist, Verwertungsverbot  

    Die Überliegefrist des § 29 Abs. 7 StVG verhindert nur die Löschung von Voreintragungen. Während der Überliegefrist besteht ein Verwertungsverbot (OLG Hamm VA 06, 142, Abruf-Nr. 062124; OLG Hamm VA 05, 159, Abruf-Nr. 051908; OLG Karlsruhe VA 05, 184, Abruf-Nr. 052591 = zfs 05, 411).  

     

     

     

    Quelle: Ausgabe 05 / 2007 | Seite 90 | ID 90881