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  • 23.10.2009 | Blutentnahme

    Nächtlicher richterlicher Eildienst

    1. Die Anordnung einer Blutentnahme durch Ermittlungspersonen verstößt nicht gegen den Richtervorbehalt, wenn während der Nachtzeit kein richterlicher Eildienst eingerichtet ist. Ist nach dem Ergebnis des Atemalkoholtests, das im Grenzbereich zur Ordnungswidrigkeit lag, und der Ausgestaltung des amtsgerichtlichen Eildiensts eine Gefährdung des Untersuchungserfolgs für die Polizeibeamten gegeben, besteht für eine solche Blutprobe kein Beweisverwertungsverbot.  
    2. Die Rechtsansicht des Ermittlungsrichters, nur auf Grundlage einer Akte zu entscheiden, kann ebenfalls eine Eilfallkompetenz begründen.  
    (LG Limburg, Beschluss 4.8.09, 2 Qs 30/09, Abruf-Nr. 093254).

     

    Praxishinweis

    Eine weitere Entscheidung, die sich mit der Frage des Richtervorbehalts bei § 81a Abs. 2 StPO und den Folgen seiner Verletzung auseinandersetzt. An sich nichts Besonderes. Denn man wird in der Tat trefflich darum streiten können, ob in Limburg ein nächtlicher richterlicher Eildienst erforderlich ist. Mit der Frage des nächtlichen richterlichen Eildiensts hat sich im Übrigen auch vor kurzem erst das OLG Hamm (18.8.09, 3 Ss 293/08, Abruf-Nr. 093292) für den Bereich Bielefeld auseinandergesetzt. Dort hat das OLG auf der Grundlage von von ihm eingeholter Auskünfte aus dem JM NRW die Einrichtung eines nächtlichen richterlichen Eildienstes für erforderlich gehalten und ein Beweisverwertungsverbot bejaht, weil das JM NRW über Jahre hin den Eildienst nicht eingerichtet hatte. Eine lesenswerte Entscheidung für alle, die mit der Problematik konfrontiert sind.  

     

    Nicht unwidersprochen bleiben kann jedoch der zweite Leitsatz. Er geht darauf zurück, dass - so der Beschluss des LG - die Richterinnen und Richter des AG L. übereinstimmend mündliche Entscheidungen aufgrund mündlichen Sachvortrags ablehnen. Das LG segnet das mit der Begründung ab, dass es sich um eine in richterlicher Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) getroffene Entscheidung zur Verfahrensgestaltung handle. Diese sei, weil mit der Prozessordnung im Einklang stehend, zu respektieren. Eine Verpflichtung zur mündlichen Entscheidung bestehe nicht. Das ist zwar zutreffend. Dabei wird aber übersehen, dass mit einer vorab abgegebenen Erklärung, nicht auf „mündlichen Zuruf“ tätig werden zu wollen, vorab für jeden Fall nächtlichen Tätigwerdens „Gefahr im Verzug“ en bloc bejaht wird. Das BVerfG (NJW 01, 1121) verlangt aber eine Einzelentscheidung und eine eigenverantwortliche Prüfung des Einzelfalls. Anderenfalls brauchen die Polizeibeamten doch gar nicht erst zu versuchen, einen Richter zu erreichen.  

    Quelle: Ausgabe 11 / 2009 | Seite 191 | ID 130887