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  • 23.10.2009 | Blutentnahme

    Annahme von Gefahr im Verzug und Beweisverwertungsverbot

    Bei hohen Atemalkoholwerten ist i.d.R. hinreichend Zeit zur Einholung einer zumindest fernmündlichen richterlichen Anordnung. Geht der ermittelnde Polizeibeamte davon aus, dass bei Verdacht auf Trunkenheit im Verkehr wegen Gefahr im Verzug stets eine Anordnung durch Polizeibeamte ausreiche und deshalb eine richterliche oder staatsanwaltschaftliche Anordnung von vornherein nicht nötig sei, handelt es sich um eine bewusste Umgehung des Richtervorbehalt, die zur Annahme eines Beweisverwertungsverbots führt (OLG Celle, Beschluss 6.8.09, 32 Ss 94/09, Abruf-Nr. 093255).

     

    Sachverhalt

    Das AG hat den Angeklagten wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 2,66 Promille nach § 316 StGB verurteilt. Der Verurteilung hat das AG das Ergebnis der Untersuchung einer dem Angeklagten auf Anordnung des einschreitenden Polizeibeamten entnommenen Blutprobe zugrunde gelegt. Die dagegen gerichtete Sprungrevision des Angeklagten hatte Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das OLG verneint das Vorliegen von „Gefahr im Verzug“ und verweist darauf, dass es für eine richterliche Anordnung gemäß § 81a Abs. 2 StPO nicht zwingend der Vorlage schriftlicher Akten bedarf. Deren Herstellung würde in vielen Fällen eine Verzögerung der Untersuchung nach sich ziehen. Zudem besteht in der Zeit zwischen dem Verdacht auf eine Trunkenheitsfahrt und dem Zeitraum, der allein durch die Benachrichtigung eines Arztes zur Entnahme der Blutprobe und dessen Ankunft vergeht, regelmäßig hinreichende Gelegenheit, jedenfalls telefonisch eine richterliche Anordnung einzuholen. Eine etwaige zeitliche Verzögerung wäre hier zudem hinzunehmen gewesen. Bei dem Angeklagten wurde ein Atemalkoholgehalt von 3,08 g ‰ gemessen. Gerade bei hohen Alkoholwerten kann der mögliche Abbau in der Regel unproblematisch durch Rückrechnung ausgeglichen werden. Eine Gefährdung des Untersuchungserfolgs durch Unterschreitung des Grenzwerts für die absolute Fahruntüchtigkeit von 1,1 g ‰ ist selbst im Fall einer weiteren zeitlichen Verzögerung bis zur Einholung einer richterlichen Anordnung faktisch auszuschließen gewesen.  

     

    Es ist auch ein Beweisverwertungsverbot zu bejahen. Denn der ermittelnde Polizeibeamten ist davon ausgegangen, dass bei Verdacht auf Trunkenheit im Verkehr wegen Gefahr im Verzug stets eine Anordnung durch Polizeibeamte ausreicht und deshalb eine richterliche oder staatsanwaltschaftliche Anordnung von vornherein nicht nötig ist, was unabhängig von der Tageszeit gelte. Das ist ein grober Verstoß gegen den Richtervorbehalt gemäß § 81a Abs. 2 StPO. Der ermittelnde Polizeibeamte hat sich generell für anordnungsbefugt gehalten. Er hat nicht geprüft, ob die Anordnung der Blutentnahme im konkreten Fall einem Richter vorbehalten war.