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  • 23.10.2013 · IWW-Abrufnummer 133272

    Oberlandesgericht Stuttgart: Urteil vom 25.07.2013 – 7 U 33/13

    Eine Vertragsstrafenklausel in einem Kfz-Versicherungsvertrag, wonach bei unterlassener Mitteilung eines Merkmals zur Beitragsberechnung (hier: Jahreskilometerleistung) der Versicherungsnehmer zur Zahlung einer zusätzlichen Jahresprämie verpflichtet wird, ist gem. § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, wenn der Versicherer nicht gleichzeitig auf seine gesetzlichen Rechte wegen Gefahrerhöhung verzichtet.


    Oberlandesgericht Stuttgart
    Urt. v. 25.07.2013

    Az.: 7 U 33/13

    Im Berufungsrechtsstreit
    - Klägerin / Widerbeklagte / Berufungsbeklagte -
    Prozessbevollmächtigte:
    gegen
    - Beklagte / Widerklägerin / Berufungsklägerin -
    Prozessbevollmächtigte:
    wegen Vertragsstrafe u. a. aus Kfz-Kaskoversicherung
    hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2013 unter Mitwirkung von
    Vors. Richter am Oberlandesgericht
    Richter am Oberlandesgericht
    Richter am Landgericht
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    1.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart - 18 O 111/12 - vom 16.01.2013 teilweise abgeändert und neu gefasst:

    Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 3.692,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.12.2011 zu bezahlen.

    Im Übrigen werden die Klage und die Widerklage abgewiesen.
    2.

    Die weitergehende Berufung wird
    z u r ü c k g e w i e s e n .
    3.

    Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug tragen die Klägerin 18 % und die Beklagte 82 %. Von den Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszug tragen die Klägerin 8 % und die Beklagte 92 %.
    4.

    Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

    Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages jeweils abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
    5.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Berufungsstreitwert: 30.101,58 €
    Gründe

    I.

    Die Berufung der Beklagten wendet sich gegen ein Urteil des Landgerichts Stuttgart, mit dem sie zur Zahlung einer erhöhten Jahresprämie und einer Vertragsstrafe in Höhe von einer Jahresprämie, insgesamt 2.501,58 € nebst Zinsen, verurteilt wurde und ihrer Widerklage nur in Höhe von 3.692,00 € nebst Zinsen stattgegeben und diese in Höhe von 27.600,00 € abgewiesen wurde.

    Die Parteien streiten über die Zahlung eines rückständigen Versicherungsbeitrags und einer Vertragsstrafe in Höhe von einer Jahresprämie wegen zu viel gefahrener Kilometer in der Kfz-Versicherung sowie über die Entschädigung aus der Vollkaskoversicherung aufgrund eines Verkehrsunfalls am 24.01.2008 in der Nähe von Rom.

    Die Beklagte hat bei der Klägerin für das ehemals geleaste Kraftfahrzeug BMW 730 d, amtliches Kennzeichen S- , unter anderem eine Kaskoversicherung unter der Versicherungsscheinnummer mit Versicherungsbeginn am 11.08.2005 abgeschlossen (Anlage K 1, Bl. 12 ff.). Bestandteil dieses Vertrags sind die "Allgemeinen Bedingungen der V. Versicherung AG für die Kraftfahrtversicherung (AKB)" (Anlage K 6, Bl. 84 ff.) und die "Tarifbestimmungen der V. Versicherung AG für die Kraftfahrtversicherung (TB-KR)" (Anlage K 6, Bl. 84 ff., 94 ff.). Zu Beginn des Versicherungsvertrags wies das bei der Klägerin versicherte Kraftfahrzeug einen Kilometerstand von 20.000 km auf und beide Parteien vereinbarten eine maximale Jahresfahrleistung von 9.000 km (Anlage K 1: Versicherungsschein, Bl. 12 ff., 14).

    Die TB-KR lauten unter Ziff. 6 "Anwendung und Änderung von Gefahrenmerkmalen" auszugsweise wie folgt (Anlage K 6, Bl. 84 ff., 96):

    "(2 a) Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers

    Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, dem Versicherer unverzüglich zu melden, wenn sich während der Laufzeit des Vertrages für die Beitragsberechnung relevante Umstände, die bei Antragstellung anzugeben und im Versicherungsschein unter der Rubrik "Die Beitragsberechnung für Ihre Kfz-Versicherung beruht auf folgenden Angaben, die wir von Ihnen erhalten haben" aufgeführt sind, ändern.

    Im Übrigen gelten die Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) zur Gefahrerhöhung (§§ 16 bis 30 VVG).

    (2 b) Unrichtige oder unterlassene Angaben

    Hat der Versicherungsnehmer während der Laufzeit des Vertrages schuldhaft unrichtige Angaben gemacht oder die Anzeigepflicht gemäß Abs. 2a schuldhaft verletzt und hat der Versicherer deswegen einen zu niedrigen Beitrag berechnet, ist der Versicherer berechtigt, ab Beginn der Versicherungsperiode, in der die Änderung erfolgte, den Beitrag neu zu berechnen und nachzuerheben.

    Daneben ist der Versicherer berechtigt, statt seiner gesetzlichen Rechte auf Rücktritt oder Kündigung eine Vertragsstrafe in Höhe des neuberechneten Jahresbeitrages zu verlangen.

    ..."

    Die AKB lauten unter "C Fahrzeugversicherung" zur Ersatzleistung auszugsweise wie folgt (Anlage K 6, Bl. 84 ff., 89):

    "§ 13 Ersatzleistung

    ...

    (5) Bei Beschädigung des Fahrzeuges ersetzt der Versicherer bis zu dem nach den Abs. 1 bis 3 sich ergebenden Betrag die erforderlichen Kosten der Wiederherstellung. Für Personenkraftwagen (ausgenommen Taxen, Personenmietwagen, Selbstfahrervermiet-Personenkraftwagen), für Krafträder bzw. -roller mit Ausnahme der Leicht- und Kleinkrafträder bzw. -roller und für Campingfahrzeuge bzw. Wohnmobile ersetzt der Versicherer keine Abschleppkosten. Sofern das Fahrzeug nicht oder nicht vollständig für den Versicherungsnehmer repariert wird, ersetzt der Versicherer bei einer Abrechnung auf Gutachten-/Kostenvoranschlagbasis höchstens den Betrag, der sich aus der Differenz von Wiederbeschaffungswert und Restwert ergibt, soweit die Kosten der Wiederherstellung diesen Betrag übersteigen.

    ...

    (8) Der Schaden wird abzüglich der jeweils vereinbarten Selbstbeteiligung ersetzt.

    ..."

    Das von der Beklagten genutzte und zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls von Herrn , einem Freund des Lebensgefährten der Beklagten, gelenkte Kraftfahrzeug BMW 730 d, erlitt am 24.01.2008 in der Nähe von Rom einen Verkehrsunfall (Unfallprotokoll in Übersetzung: Anlage B 6, Bl. 159 ff.). Nach dem Unfall verwertete die Leasinggeberin, die GmbH, das Kraftfahrzeug der Beklagten und kehrte an diese den Restwertbetrag in Höhe von 7.808,00 € aus.

    Am Unfalltag des 24.01.2008 wies der Kilometerstand des Kraftfahrzeugs der Beklagten 116.000 km auf, was einer jährlichen Fahrleistung von ca. 32.000 km seit Versicherungsbeginn entspricht. Die Versicherung wurde zum 04.12.2008 von den Parteien aufgehoben.

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte als Versicherungsnehmerin mit Schreiben vom 16.03.2009 einen anteiligen höheren Jahresbeitrag für die Kfz-Versicherung und eine Jahresprämie als Vertragsstrafe gegenüber der Beklagten in Rechnung gestellt (Anlage K 5, Bl. 28 ff):

    "...
    Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung 712,13 EUR
    Fahrzeugversicherung (Kaskoversicherung) 1.789,45 EUR
    insgesamt 2.501,58 EUR

    In der Anlage ist dargestellt, wie sich die einzelnen Beträge errechnen.

    ..."

    Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung der erhöhten Versicherungsprämie und der Vertragsstrafe von einer Jahresprämie, insgesamt 2.501,58 € nebst Zinsen, sowie zu unbestrittenen Nebenkosten in Höhe von insgesamt 181,49 € verurteilt. Auf die Widerklage der Beklagten hat sie die Klägerin zu 3.692,00 € Versicherungsleistung als "Ersatzleistung" gem. § 13 Abs. 5 AKB für das von der Beklagten genutzte Kraftfahrzeug BMW 730 d nebst Zinsen verurteilt und die Widerklage im Übrigen (= 28.611,50 €) abgewiesen. Die Beklagte sei zur anteiligen erhöhten Jahresprämie und zur Vertragsstrafe in Höhe von 1.789,45 €, insgesamt 2.501,58 €, nach Nr. 6 Abs. 2 b TB-KR verpflichtet. Die Beklagte habe entgegen Nr. 6 Abs. 2a TB-KR die jährliche Fahrleistung von ca. 32.000 km der Klägerin nicht angezeigt. Nach Nr. 6 Abs. 2b TB-KR sei die Klägerin als Versicherer berechtigt gewesen, wegen des Verstoßes gegen die jährliche Fahrleistung den "doppelten Beitrag", der bei richtiger Meldung des Tarifmerkmals "Jahresfahrleistung" erhoben worden wäre, für das laufende Versicherungsjahr zu erheben.

    Der Beklagten stünden auf die von ihr erhobene Widerklage lediglich 3.692,00 € nebst Zinsen zu. Zwar könne die Beklagte nach § 13 Abs. 5 AKB die erforderlichen Kosten für die Wiederherstellung bei einem Vollkaskoschaden ersetzt verlangen. Jedoch gelte dies nach § 13 Abs. 5 S. 3 AKB nicht, wenn das Kraftfahrzeug des Versicherungsnehmers nicht oder nicht vollständig repariert worden sei. Dies sei hier der Fall, weshalb die Beklagte gegen die Klägerin als Versicherer bei einer Abrechnung auf Gutachtenbasis höchstens den Betrag ersetzt verlangen könne, der sich aus der Differenz von Wiederbeschaffungswert und Restwert ergebe, soweit die Kosten der Wiederherstellung diesen Betrag überstiegen.

    Das Landgericht berechnet den (berechtigten) Widerklagbetrag wie folgt:
    Wiederbeschaffungswert (teilrepariertes Fahrzeug) 12.000,00 €
    - Restwert zugunsten der Beklagten 7.808,00 €
    = 4.192,00 €
    - Selbstbehalt in der Vollkaskoversicherung 500,00 €
    = Widerklagbetrag (LG Tenor Ziff. 2) 3.692,00 €

    Entgegen der Auffassung der Beklagten habe diese einen höheren Wiederbeschaffungswert als 12.000,00 € nicht beweisen können. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) vom 22.05.2012 (Bl. 376 ff.), dessen Ergänzungsgutachten vom 17.09.2012 (Bl. 405 ff.) und der mündlichen Anhörung des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) im Termin vom 05.12.2012 (Bl. 429 ff.) sowie den Angaben des Zeugen könne die Beklagte einen höheren Wiederbeschaffungswert als 12.000,00 € im Hinblick auf die beweisbaren Unfallschäden nicht ersetzt verlangen. Aufgrund der überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH)

    seien nur die Schäden an der vorderen rechten Fahrzeugseite des BMW 730 d auf den Unfall vom 24.01.2008 zurückzuführen. Hingegen könnten weder die Schäden an der rechten Längsseite des Kraftfahrzeuges noch an der linken Kraftfahrzeugseite dem Unfallereignis vom 24.01.2008 zugeordnet werden. Die Entstehung der beiden letztgenannten Beschädigungen an der rechten Längsseite des Kraftfahrzeugs sei zwar technisch möglich, jedoch nicht nachweis- oder beweisbar. Diese Beschädigungen könnten nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH)

    teilweise oder vollständig aus anderen Schadensereignissen herrühren. Unter anderem lasse sich der Streifschaden rechts auf keinen Fall einem Leitplankenkontakt zuordnen, da eine Kollision der Fahrzeugseite mit einem Profil einer Leitplanke ein charakteristisches Schadensbild verursache, was mit dem vorgefundenen Schadensbild am von der Beklagten verwendeten Kraftfahrzeug nicht korrespondiere. Der Zeuge könne die auf objektiven Merkmalen beruhenden Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) nicht in Zweifel ziehen, weil er das Kraftfahrzeug beim Unfallhergang nicht gesehen, sondern den BMW 730 d nur an den Fahrzeuglenker zum Unfallzeitpunkt, Herrn , zuvor ausgehändigt habe. Es könne deshalb durchaus sein, dass das Kraftfahrzeug bei Übergabe des Zeugen an den Fahrzeuglenker noch in "perfektem Zustand" gewesen sei.

    Unter Berücksichtigung der zum Unfallereignis vom 24.01.2008 nicht zuordenbaren Beschädigungen sei von einem korrigierten Wiederbeschaffungswert von 12.000,00 € auszugehen.

    Die Teilberufung verfolgt die Klagabweisung in Höhe von 2.501,58 € wie im ersten Rechtszug weiter. Die Widerklage wird teilweise in Höhe von weiteren 27.600,00 € weiterverfolgt.

    Zur Verurteilung aus der Klage behauptet die Beklagte, die Klausel Nr. 6 Abs. 2b TB-KR sei AGB-widrig. Die Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Aus der Klausel sei nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht nachvollziehbar, in welcher Höhe der neue Beitrag berechnet werde. Dies könnten 50 %, 100 %, 200 % oder 300 % oder gar mehr sein. Der Versicherungsnehmer sei hier der Willkür des Versicherers ausgesetzt. Auch sei nicht klar, ob der Versicherungsnehmer "doppelt" bestraft werde, weil er unter Umständen neben der Vertragsstrafe eine höhere Jahresprämie zusätzlich bezahlen müsse. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte hinsichtlich einer Prämienanpassung und/oder der Vertragsstrafe bei Anwendung von Nr. 6 Abs. 2b TB-KR.

    Die Berufung rügt zur teilweise abgewiesenen Widerklage, das Landgericht habe den Wiederbeschaffungswert nicht richtig bestimmt. Der Wiederbeschaffungswert sei nicht nur in Höhe von 12.000,00 € festzustellen, sondern in Höhe von 39.600,00 €. Der Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) habe in seinem Gutachten (S. 8 f.) ausgeführt, dass es "technisch möglich" sei, dass der BMW mit seiner rechten vorderen Ecke gegen die linke hintere Ecke des Renault Clio gestoßen sei und anschließend bei Fortsetzung seiner Vorwärtsbewegung mit seiner rechten Längsseite an der linken hinteren Ecke des Renault Clio entlanggestreift sei.

    Die Berufung trägt zur Widerklage im zweiten Rechtszug neu vor, dass die weiteren Beschädigungen, soweit sie nicht auf das Unfallereignis vom 24.01.2008 in der Nähe von Rom zurückzuführen seien, ebenfalls versichert seien, weil alle Vollkaskoschäden am versicherten Kraftfahrzeug der Beklagten ersatzpflichtig seien.

    Die Beklagte berechnet die im zweiten Rechtszug weiterverfolgte Ersatzleistung aus der Vollkaskoversicherung wie folgt:
    Wiederbeschaffungswert 39.600,00 €
    abzügl. Restwert 7.808,00 €
    abzügl. Selbstbehalt in der Vollkasko 500,00 €
    abzügl. Erstattungsbetrag 3.692,00 €
    Gesamt 27.600,00 €

    Die Beklagte beantragt:

    Das angefochtene Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 16.01.2013, AZ: 18 O 111/12, ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.

    Gleichzeitig ist die Klägerin/Widerbeklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 16.01.13, AZ: 18 O 111/12, im Rahmen der Widerklage zu verurteilen, an die Beklagte/Widerklägerin EUR 27.600,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 16.12.2008 zu bezahlen.

    Die Klägerin beantragt:

    Die Berufung wird zurückgewiesen.

    Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Soweit die Beklagte im zweiten Rechtszug neuen Tatsachenvortrag vorbringt, insbesondere zu weiteren und im Einzelnen unbekannten Unfällen ("Altschäden"), bestreitet die Klägerin den neuen Vortrag und rügt ihn im zweiten Rechtszug als verspätet. Im Übrigen wird auf die Berufungserwiderung Bezug genommen.

    II.

    Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Der Klägerin steht kein Klaganspruch in Höhe von 2.501,58 € nebst Nebenforderungen (LG Tenor Ziff. 1) zu.

    A Klage

    Die Klage in Höhe von 2.501,58 € nebst Nebenforderungen ist unbegründet. Die Berufung der Beklagten ist in gleichem Umfang begründet.

    1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Differenz eines neu berechneten und nachzuerhebenden Beitrags aus der Kfz-Versicherung gem. Nr. 6 Abs. 2b TB-KR (Anlage K 6, Bl. 84 ff., 96).

    a) Die AKB und die TB-KR sind von den Parteien unstreitig in den Versicherungsvertrag mit einbezogen, § 314 S. 1 ZPO (LGU S. 2).

    b) Dahinstehen kann, ob die Klausel zur Nacherhebung und Neuberechnung von Prämien bei unrichtigen oder unterlassenen Angaben gem. Nr. 6 Abs. 2b S. 1 TB-KR wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB (= § 9 AGBG) unwirksam ist, § 306 Abs. 1 BGB.

    c) Nach Nr. 6 Abs. 2b TB-KR kann die Klägerin als Versichererin ab Beginn der Versicherungsperiode, in der der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht gem. Nr. 6 Abs. 2a TB-KR "schuldhaft" verletzt hat, den Beitrag neu berechnen und den Differenzbetrag nacherheben.

    Unstreitig hat die Beklagte als Versicherungsnehmerin für das von ihr genutzte Kraftfahrzeug BMW 730 d die erhöhte Kilometerleistung von rund 32.000 km pro Jahr ab Versicherungsbeginn nicht nachträglich angezeigt.

    Entgegen Nr. 6 Abs. 2b S. 1 TB-KR ist eine nachvollziehbare Neuberechnung und eine Nacherhebung in Höhe der Differenz des Jahresbeitrags bei einer maximalen Jahresfahrleistung von 32.000 km statt, wie ursprünglich angegeben, nur maximal 9.000 km, mit dem Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 16.03.2009 (Anlage K 5, Bl. 28 ff.) nicht erfolgt. Aus dem Schreiben vom 16.03.2009 (Anlage K 5, Bl. 28 ff.) ist nur ein Betrag in Höhe von insgesamt 2.501,58 € unter Aufteilung auf die "Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung" und die "Fahrzeugversicherung (Kaskoversicherung)" zu entnehmen. Weder aus dem Anschreiben der Klägerin an die Beklagte noch aus den dazugehörigen Anlagen (vgl. Anlage K 5) oder den sonstigen vorgelegten Urkunden ist nachvollziehbar, wie sich die Nachforderung, die wohl aus einem Anspruch aus Nr. 6 Abs. 2b S. 1 TB-KR und einem Anspruch aus Nr. 6 Abs. 2b S. 2 TB-KR (Vertragsstrafe) gebildet ist, im Einzelnen zusammensetzt. Den Anforderungen einer "Neuberechnung", wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer diesen Begriff in den AVB versteht und verstehen darf, ist mit dem aus sich heraus nicht verständlichen Schreiben der Klägerin vom 16.03.2009 (Anlage K 5) nicht genügt. Soweit die Klägerin davon ausgehen sollte, dass die Neuberechnung den Regelungen in ihren AVB in Nr. 6 Abs. 2b TB-KR entsprechen sollte, erläge sie einem Auslegungsirrtum, der indes keine objektiven Zweifel bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer gem. § 305 c Abs. 2 BGB nach sich zieht.

    2. Die Vertragsstrafen-Klausel in Nr. 6 Abs. 2b S. 2 TB-KR benachteiligt einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, weshalb die Klausel unwirksam ist, § 306 Abs. 1 BGB.

    a) Prämienanpassungsklauseln bei unterlassenen Angaben bezüglich der tatsächlichen Merkmale zur Beitragsberechnung sind im Grundsatz bei schuldhaften Verstößen zulässig. Dasselbe gilt für Vertragsstrafen, jedenfalls bei vorsätzlichen Verstößen gegen die Anzeigepflicht (vgl. K 4.3 und K 4.4 der AKB 2008; Prölss/Martin, VVG, 28. Auflage, AKB 2008, Buchst. K [= S. 2050]).

    Bei vorsätzlichen Verstößen des Versicherungsnehmers gegen seine Anzeigepflicht ist der Versicherer berechtigt, zusätzlich zur Beitragsanpassung nach beispielsweise K 4.3 AKB 2008 eine Vertragsstrafe geltend zu machen, deren Höhe zwischen den Versicherern variiert. Es handelt sich in solchen Fällen um eine Vertragsstrafenregelung im Sinne der §§ 339 ff. BGB und nicht um eine sog. Schadenspauschalierung, da die Vereinbarung in erster Linie die Einhaltung der vereinbarten Merkmale zur Beitragsberechnung sichern und auf den Versicherungsnehmer einen möglichst wirkungsvollen Druck ausüben soll, diese richtig anzugeben und die Vereinbarungen auch während der Laufzeit zu beachten. Eine solche Vertragsstrafe ist grundsätzlich zulässig (Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., §§ 16, 17, Rn. 44 a ff.; Prölss/Martin, VVG, 28. Auflage, § 25 Rn. 6 ff. und AKB 2008 zu Buchst. K, Rn. 7 ff. [= S. 2050 f.]; Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl., AKB K, Rn. 5 ff.; Feyock/Jacobsen/Lemur, Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl., AKB 2008 zu Buchst. K, Rn. 16 ff.).

    Ein zusätzlicher Rückgriff. auf die gesetzlichen Institute der vorvertraglichen Anzeigepflicht (§§ 19 ff. VVG n.F.) und der Gefahrerhöhung (§§ 23 ff. VVG n.F. bzw. §§ 16 ff. VVG a.F.) wäre nicht sachgerecht. Bei der vorvertraglichen Anzeigepflicht und der Gefahrerhöhung würde den Versicherungsnehmer die harte Strafe der vollständigen Leistungsfreiheit drohen (§§ 19 Abs. 2, 21 Abs. 2 VVG und § 26 VVG). Dies war von den Versicherer mit den Klauseln nicht gewollt und würde dem besonderen Charakter der Tarifmerkmale auch nicht gerecht, da die Einhaltbarkeit der bei der Beitragsberechnung berücksichtigten Umstände für den Versicherungsnehmer selbst schwer abschätzbar ist (z.B. die tatsächliche jährliche Fahrleistung) und diese zudem auch häufigen Veränderungen unterliegen (z.B. Erweiterung des Fahrerkreises).

    Umstritten ist, ob und mit welcher Begründung die Vertragsstrafe neben den Regelungen zur vorvertraglichen Anzeigepflicht und Gefahrerhöhung zuzulassen ist. Diese gesetzlichen Obliegenheitsregelungen sind nach § 32 VVG (= § 34 a VVG a.F.) halbzwingend. Eine Abweichung zum Nachteil des Versicherungsnehmers ist deshalb unzulässig.

    aa) Nach einer hierzu vertretenen Auffassung weicht die Vertragsstrafenregelung als "lex specialis" so deutlich vom Obliegenheitenrecht ab, dass eine Anwendung der §§ 19 und 23 VVG n.F. schon von vornherein ausscheidet (Michaelis ZfV 97, 731). Für diese Auffassung spricht ein Vergleich mit der Regelung zu den Falschangaben beim Verwendungszweck nach D 1.1 AKB 2008, die einen Unterfall der Gefahrerhöhung darstellt und für deren Anwendbarkeit verlangt wird, dass mit einem Verstoß gegen die Verwendungsklausel zugleich eine Gefahrerhöhung einhergeht.

    Eine solche Gefahrerhöhung ist jedoch gerade nicht typisches Merkmal eines Tarifmerkmals.

    bb) Eine zweite Auffassung sieht die Vertragsstrafenregelung als für den Versicherungsnehmer vorteilhafte Abweichung von den gesetzlichen Instituten an (Schirmer/Marlow, VersR 1997, 782). Bei der Prüfung der Vorteilhaftigkeit der Regelung ist eine generelle und nicht einzelfallbezogene Abwägung zu treffen, da für Versicherungsbedingungen der Grundsatz der objektiven Auslegung gilt (vgl. BGH VersR 2006, 1066 [BGH 24.05.2006 - IV ZR 263/03]). Zu beachten ist hierbei, dass die Tarifmerkmale primär dazu dienen, die Äquivalenz zwischen versichertem Risiko und Versicherungsbeitrag innerhalb der Versicherungsgemeinschaft herzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, benötigt der Versicherer ein Druckmittel, das insgesamt - also ohne Berücksichtigung des Einzelfalls - geeignet ist, den Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss und bei späteren Änderungen zu wahrheitsgemäßen Angaben zu bewegen, ohne ihn dabei jedoch unangemessen zu benachteiligen.

    Eine Einzelfallbetrachtung kann dieser Anforderung nicht gerecht werden. Die der Höhe nach zwingend gedeckelte Vertragsstrafe muss in einer Gesamtbetrachtung für den Versicherungsnehmer günstiger als eine drohende unbegrenzte Leistungsfreiheit bei den gesetzlichen Instituten der Gefahrerhöhung und Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht sein.

    cc) Die Vertragsstrafe darf auch nicht unverhältnismäßig hoch sein, § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB.

    Ist eine vereinbarte Vertragsstrafe zudem unverhältnismäßig hoch, ist die Vereinbarung ebenfalls gem. § 307 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Aber auch im Falle der Wirksamkeit der Vertragsstrafenklausel kommt eine Herabsetzung der vereinbarten Strafe gem. § 343 Abs. 1 BGB in Betracht. Üblich und verhältnismäßig werden Vertragsstrafen nach der teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung (Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., §§ 16, 17, Rn. 44 a ff.; Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 25 Rn. 6 ff. und AKB 2008 zu Buchst. K, Rn. 7 ff. [= S. 2050 f.]; Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl., AKB K, Rn. 5 ff.; Feyock/Jacobsen/Lemur, Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl., AKB 2008, Buchst. K, Rn. 16 ff.) bis zur Höhe des Doppelten des berechtigten Jahresbeitrags angesehen, da eine Vertragsstrafe deutlich über der Prämiendifferenz liegen muss, um die bezweckte abschreckende Wirkung zu entfalten.

    Gerichtlich als angemessen eingestuft wurden Vertragsstrafen in Höhe von 500,00 € bei Überschreitung der in der Kaskoversicherung vereinbarten Laufzeit (AG Heidenheim, VersR 2009, 628 [AG Heidenheim 16.09.2008 - 8 C 711/08]; AG Leutkirch, VersR 2009, 1398 f.).

    dd) Unzulässig ist in jedem Fall, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung hinsichtlich der Angaben zu Merkmalen zur Beitragsermittlung im Schadensfall mit Leistungskürzungen verknüpft. Beispielsweise ist eine Verdoppelung der Selbstbeteiligung bzw. Leistungskürzung um 300,00 € im Falle eines Unfalls überraschend im Sinne von § 305 c BGB, weil die Höhe der Jahreskilometerlaufleistung gerade keinen Einfluss auf die Höhe der Versicherungsleistung hat (LG Dortmund, NJW-RR 2009, 249 [LG Dortmund 28.08.2008 - 2 S 16/08]).

    b) Gemessen an diesen Grundsätzen widersprechen die Klauseln Nr. 6 Abs. 2a und Nr. 6 Abs. 2b TB-KR, auch in einer Gesamtschau, den Geboten von Treu und Glauben, weil der Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt wird, da die Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist, § 307 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB.

    Aus den von der Klägerin verwendeten Klauseln Nr. 6 Abs. 2a TB-KR und Nr. 6 Abs. 2b S. 1 und S. 2 TB-KR ist nicht zweifelsfrei ersichtlich, ob der Versicherer unter Vereinbarung der möglichen Vertragsstrafe nach Nr. 6 Abs. 2b S. 2 TB-KR auf die gesetzlichen Vorschriften bei Gefahrerhöhung (§§ 16 ff. VVG a.F.) verzichtet.

    Zwar kann aus Nr. 6 Abs. 2b S. 2 TB-KR ("statt") entnommen werden, dass entweder die Rechte auf Rücktritt oder Kündigung aus dem VVG durch den Versicherer geltend gemacht werden können oder ersatzweise und unter Ausschluss der Gefahrerhöhungsrechte (Rücktritt und Kündigung) eine Vertragsstrafe in Höhe des neu berechneten Jahresbeitrags. Der Versicherer ist aber bei einer Vereinbarung einer Vertragsstrafe nicht berechtigt, sich die weiteren Rechte bei nicht angezeigten Gefahrerhöhungen (§§ 16 ff. VVG a.F.) zu sichern. Dies gilt auch, wenn der Versicherer sich diese Rechte nur wahlweise ("statt" in der Klausel Nr. 6 Abs. 2b S. 2 TB-KR) sichert oder weiter vorbehält.

    Jedenfalls ist die genannte Vertragsstrafenklausel nicht eindeutig und kann in mehrfacher Hinsicht ausgelegt werden. Zweifel gehen bei Mehrdeutigkeit insoweit zu Lasten des Klauselverwenders, § 305 c Abs. 2 BGB.

    Für die Mehrdeutigkeit sprechen auch die Regelungen in Nr. 6 Abs. 2a und 2 b TB-KR, weil in Nr. 6 Abs. 2a Abs. 2 TB-KR die Rechte bei nicht angezeigten Gefahrerhöhungen unberührt bleiben sollen. Nr. 6 Abs. 2a lautet auszugsweise wie folgt (Anlage K 6, Bl. 82 ff., 96):

    "Im Übrigen gelten die Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) zur Gefahrerhöhung (§§ 16 bis 30 VVG)."

    Dahinstehen kann, ob die Vertragsstrafenklausel, die auf eine bloße schuldhafte Nichtanzeige, somit auf eine vorsätzliche, grob fahrlässige und auch leicht fahrlässige Nichtanzeige abstellt, zusätzlich gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 306 Abs. 1 BGB unwirksam ist.

    B Widerklage

    1. Die Widerklage der Beklagten ist lediglich in der vom Landgericht zu Recht zugesprochenen Höhe von 3.692,00 € nebst Zinsen berechtigt. Soweit die Beklagte mit der Berufung weitere Ansprüche mit der Widerklage geltend macht, ist die Berufung unbegründet.

    Entgegen der Auffassung der Beklagten sind dem Landgericht Beweiswürdigungsfehler nicht entgegenzuhalten. Der Senat ist an die Feststellungen des Landgerichts gebunden, § 529 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

    Das Landgericht hat im Anschluss an die überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) zutreffend festgestellt, dass der BMW beim Unfall vom 24.01.2008 lediglich nachweisbare Schäden an der rechten vorderen Fahrzeugseite erlitten hat. Die weiter geltend gemachten Schäden an der rechten Längsseite und an der linken Seite des Kraftfahrzeugs sind dem Unfallereignis vom 24.01.2008 in der Nähe von Rom nicht zuordenbar.

    Der Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) hat dies in seinem Gutachten vom 22.05.2012 (Bl. 376 ff.), in seinem Ergänzungsgutachten vom 17.09.2012 (Bl. 405 ff.) und in seiner mündlichen Anhörung vom 05.12.2012 vor dem Landgericht Stuttgart (Bl. 429 ff.) überzeugend und widerspruchsfrei festgestellt.

    Bereits im ersten Gutachten vom 22.05.2012 (Bl. 376 ff., 381 ff.) hat der Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) ausgeführt, dass nach dem geschilderten Unfallablauf allenfalls an der linken Längsseite des BMW ein Leitplankenkontakt stattgefunden haben könnte. Die durch die Lichtbilder dokumentierten Beschädigungen seien jedoch keinesfalls mit einem Leitplankenkontakt vereinbar. Der Gesamtschaden an der linken Längsseite des BMW lasse sich mit dem geschilderten Unfallablauf nicht in Einklang bringen (Bl. 383). Diese Auffassung hat der Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) in seinem Ergänzungsgutachten vom 17.09.2012 (Bl. 405 ff.) bestätigt und ferner ausgeführt, dass die Beschädigungen an der linken Längsseite des BMW, aber auch die Entstehung der Beschädigungen an der rechten Längsseite des BMW, im Zusammenhang mit dem für den 24.01.2008 angegebenen Schadensereignis zwar technisch möglich, aber nicht nachweisbar seien (Bl. 406 f.). Zu der behaupteten Leitplankenkollision führt der Sachverständige Dipl.-Ing. (FH)

    ergänzend an, dass zwischen den Eindellungen am linken vorderen Kotflügel und an den beiden linken Türen des BMW keine Verbindung bestanden habe. Es handele sich lediglich um einzelne, punktuelle Kontaktstellen. Sie könnten deshalb dem Kontakt zu einer Fahrbahnbegrenzung nicht zugeordnet werden, da dieser entweder streifend oder an nur einer Stelle der linken Fahrzeuglängsseite erfolge. Zudem seien die vorgefundenen Kontaktspuren an den Karosserieteilen (Anstoßmerkmale) in unterschiedlichen Höhen angeordnet, sodass der Kontakt zu einer Fahrbahnbegrenzung, Betonmauer oder Leitplanke für die Verursachung nicht in Betracht komme. Diese Ausführungen hat der Sachverständige Dipl.-Ing. (FH)

    auch bei seiner mündlichen Anhörung vor dem Landgericht am 05.12.2012 bestätigt (Bl. 430).

    Den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs unter Berücksichtigung der nicht möglichen Unfallereignisse hat das Landgericht entgegen der Auffassung der Beklagten keineswegs aus dem Nichts geschöpft, sondern aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) in der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2012 (Bl. 430) zutreffend festgestellt. Der Sachverständige Dipl.-Ing. (FH)

    hat einen Wiederbeschaffungswert von 12.000,00 € brutto vor Schadenseintritt, unter Herausrechnung der nicht zuordenbaren Beschädigungen, festgestellt. Der Wiederbeschaffungswert belaufe sich bei Berücksichtigung des Schadens an der Fahrzeugecke vorne rechts für das Fahrzeug der Beklagten auf 12.000,00 € brutto, weil sich der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs von 22.000,00 € auf 12.000,00 € reduziere, weil die Beschädigungen rechts, die weiter nach hinten verlagerten Schäden, nicht vom Unfallereignis am 24.01.2008, sondern als Vorschaden einzustufen seien (Bl. 430).

    Zutreffend führt das Landgericht auch an, dass die Angaben des Zeugen

    nicht geeignet waren, die objektiven Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) in Zweifel zu ziehen. Der Zeuge habe zwar angegeben, das Fahrzeug sei, bevor der Fahrzeuglenker mit dem Kraftfahrzeug der Beklagten einen Unfall am 24.01.2008 gehabt hätte, in einem perfekten Zustand übergeben worden. Das Landgericht stellt jedoch zutreffend darauf ab, dass der Zeuge

    das Kraftfahrzeug durchaus in unbeschädigtem Zustand dem Fahrzeuglenker übergeben haben kann. Soweit dies nicht der Fall war, stünden die Angaben des Zeugen im unüberbrückbaren Widerspruch zu den auf objektiven Umständen beruhenden Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH)

    , weil dieser aufgrund objektiver Anknüpfungstatsachen aufgrund der vorgelegten Lichtbilder und der Unfallaufnahme seine Feststellungen getroffen hat.

    Das Landgericht hat die berechtigte Widerklagforderung in Höhe von 3.692,00 € nebst Zinsen folglich zutreffend berechnet wie folgt:

    Wiederbeschaffungswert 12.000,00 €

    - Restwert (bereits an die Beklagte ausgekehrt) 7.808,00 €

    - Selbstbehalt 500,00 €

    = 3.692,00 €

    2. Soweit die Beklagte mit der Widerklage im zweiten Rechtszug "Altschäden" geltend macht, die durch die Vollkaskoversicherung bei der Klägerin mit versichert seien, fehlt hierzu hinreichender Vortrag.

    Zwar sind auch weitere Beschädigungen aufgrund anderer Unfallereignisse möglich und gegebenenfalls versichert. Als Mindestvoraussetzung für den Vortrag für einen weiteren Versicherungsfall in der Vollkaskoversicherung ist jedoch notwendig, dass jedenfalls der Unfallzeitpunkt und die Unfallörtlichkeit der weiter behaupteten Unfälle, somit weitere selbständige Versicherungsfälle, zusätzlich benannt und dargelegt werden. Dem ist die Beklagte im ersten Rechtszug nicht nachgekommen.

    Für den "Unfall" in der Vollkaskoversicherung ist der Versicherungsnehmer darlegungs- und beweisbelastet (Prölss/Martin, VVG, 28. Auflage, AKB 2008 zu A.2.3 Rn. 2 [= S. 1965]). Der Schaden muss einem konkret dargestellten Unfall wenigstens in etwa zugeordnet werden können. Wenn feststeht, dass die Schäden nach Art und Beschaffenheit nur auf einem Unfall nach den Bedingungen der Vollkaskoversicherung im versicherten Zeitraum beruhen können, so können diese Feststellungen ausreichend sein, um die Leistungspflicht des Versicherers zu begründen (Prölss/Martin, VVG, 28. Auflage, AKB 2008 zu A.2.3 Rn. 2 mit Rspr.-Nachw.).

    Jedoch gilt dies nicht, wenn sich der Unfall nicht an der behaupteten Stelle, wie hier vom Sachverständigen festgestellt, oder nicht unter den vorgetragenen Umständen ereignet hat, sondern zu einer anderen Zeit oder an anderer Stelle. In diesem Fall ist der Beweis für den Versicherungsfall nicht erbracht (Prölss/Martin, VVG, 28. Auflage, AKB 2008 zu A.2.3 Rn. 2 [= S. 1965]). Ein solcher Unfall - hier: mehrere frühere nicht näher bekannte Unfälle ("Altfälle") - ist dann schon nicht Gegenstand des Prozesses (Prölss/Martin, VVG, 28. Auflage, AKB 2008 zu A.2.3 Rn. 2; OLG Hamm r+s 2005, 194). So liegt der Fall hier.

    Zudem sind keine Gründe dargetan oder ersichtlich, weshalb die Beklagte den Vortrag bezüglich der von der Klägerin bestrittenen "Altfälle", der zudem unzureichend ist, erst im zweiten Rechtszug gehalten hat. Der neue Vortrag ist im zweiten Rechtszug nicht zuzulassen, §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO.

    III.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 711 S. 2 i.V.m. § 709 S. 2 ZPO.

    Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 307 Abs. 1 BGB; § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB