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  • 07.11.2023 · IWW-Abrufnummer 238154

    Oberlandesgericht Karlsruhe: Beschluss vom 19.06.2023 – 6 W 26/23

    Erledigt sich das Verfahren durch Rechtsmittelrücknahme, so beginnt die Frist nach § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG erst mit der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts nach § 516 Abs. 3 ZPO.


    Oberlandesgericht Karlsruhe

    Beschluss vom 19.06.2023


    Tenor:

    Auf die Beschwerde des Klägers wird die Festsetzung des Streitwerts in dem Beschluss des Landgerichts Baden-Baden vom 14. Juni 2022, Az. 3 O 25/21, auf bis 60.000 € geändert.

    Gründe

    I.

    Der Kläger erhob im Rahmen seiner auf die Behauptung einer Abgas-"Manipulation" an dem von ihm erworbenen Neufahrzeug gestützten Klage Anspruch gegen die zu 1 beklagte Verkäuferin auf Erstattung des Kaufpreises (59.440 €) sowie - nach Klageerweiterung am Tag vor dem letzten Verhandlungstermin des Landgerichts - von Aufwendungen für nachträgliche Einbauten in das Fahrzeug (3.143,92 €), zusammen 62.583,92 €, abzüglich einer von der Beklagten noch darzulegenden Nutzungsentschädigung, für deren Berechnung eine erreichbare Gesamtlaufleistung von mindestens 400.000 km und eine bei zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz erreichte Laufleistung von 26.204 km anzusetzen seien, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs. Daneben begehrte er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten zu 1 sowie der Verpflichtung der zum Herstellerkonzern gehörenden Beklagten zu 2 und zu 3, ihm Schadensersatz für Schäden leisten, die aus der behaupteten Manipulation des Fahrzeugs durch die Beklagte zu 2 resultieren, ferner die Verurteilung sämtlicher Beklagten zur Freistellung des Klägers von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit des gegen die Beklagten zu 2 und zu 3 gerichteten Feststellungsantrags nahm er diese im selben Umfang wie die Beklagte zu 1 auf Zahlung unter Abzug von Nutzungsentschädigung und Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs in Anspruch und begehrte die Feststellung deren Annahmeverzugs und Verpflichtung, dem Kläger darüber hinaus Schadensersatz für weitere Schäden aufgrund einer unzulässigen Abschalteinrichtung zu leisten.

    Das Landgericht hat den Streitwert bei der Schließung der mündlichen Verhandlung auf 125.667,84 € festgesetzt.

    Eine gegen das anschließende klageabweisende Urteil des Landgerichts eingelegte Berufung (Az. 6 U 292/22 des Senats) hat der Kläger mit beim Berufungsgericht am 4. November 2022 eingereichtem Schriftsatz zurückgenommen. Am 7. November 2022 hat der Senat im Berufungsverfahren beschlossen, dass der Kläger des eingelegten Rechtsmittels der Berufung verlustig und verpflichtet ist, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen, sowie den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 58.398,35 € festgesetzt. Dies hat der Senat mit Beschluss vom 22. Dezember 2022 dahin ergänzt, dass der Kläger auch verpflichtet ist, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten der Streithelferin der Beklagten zu 1 zu tragen. Mit Beschlüssen vom 25. und 29. November 2022 hat das Landgericht Baden-Baden insbesondere die für die erste Instanz vom Kläger an die Beklagten zu erstattenden Kosten festgesetzt, wogegen der Kläger kein Rechtsmittel eingelegt hat.

    Mit am 5. Mai 2023 beim Landgericht eingereichtem Schriftsatz hat der Kläger Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss vom 14. Juni 2022 eingelegt und beantragt den Streitwert auf bis zu 58.398,35 € festzusetzen. Das Landgericht hat die Beklagten angehört. Die Beklagten zu 2 und zu 3 und die Streithelferin der Beklagten zu 1 sind der Beschwerde entgegengetreten. Das Landgericht hat beschlossen, der Beschwerde nicht abzuhelfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beschwerde sei unzulässig, weil sie ist nicht innerhalb der Frist nach § 63 Abs. 3 Satz 2, § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG eingegangen sei, die mit Eingang der Berufungsrücknahme beim Berufungsgericht begonnen habe.

    II.

    Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

    1. Die Beschwerde ist zulässig.

    a) Wie das Landgericht richtig ausgeführt hat, ist die nach § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthafte Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren nach § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden ist, von einer hinreichenden Beschwer des Klägers (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) getragen.

    b) Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist sie auch binnen der nach § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG maßgeblichen Frist gemäß § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingereicht.

    Die Beschwerdefrist beträgt nach dieser Vorschrift sechs Monate, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Sie ist im Streitfall gewahrt. Die gegenteilige Auffassung des Landgerichts beruht darauf, dass dieses den Fristbeginn in unzutreffender Gesetzesauslegung an die Wirksamkeit der Berufungsrücknahme geknüpft hat, die es - insoweit zutreffend - in deren Eingang beim Berufungsgericht am 4. November 2022 erkannt hat. Bei richtiger Auslegung des Gesetzes begann die Frist aber jedenfalls nicht vor Erlass des Beschlusses vom 7. November 2022 über den Verlust des Rechtsmittels und dessen Kosten gemäß § 516 Abs. 3 ZPO (der im Übrigen erst mit Beschluss vom 22. Dezember 2022 um die Entscheidung über die Kosten der Streithelferin ergänzt wurde), womit der Eingang der Beschwerde beim Landgericht (§ 66 Abs. 5 Satz 5, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG) am 5. Mai 2023 fristgerecht war.

    aa) Das Landgericht hat allerdings zutreffend erkannt, dass in Rechtsprechung und Literatur Streit über den Beginn der Frist gemäß § 63 Abs. 3 Satz 2 ZPO in verschiedenen Fällen besteht, in denen die Anhängigkeit in der Sache unmittelbar mit dem Eingang einer Prozesserklärung der Partei endet, wie etwa einer Erledigungserklärung, der Klagerücknahme oder der Rechtsmittelrücknahme (oder erforderlichenfalls jeweils der Zustimmung des Gegners dazu). Diese Fragen sind bisher auch nicht abschließend höchstrichterlich geklärt. Der Bundesgerichtshof ( Beschluss vom 7. April 2011 - VII ZR 66/07, juris Rn. 7) hat beispielsweise offengelassen, ob bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen die Frist schon mit dem Eingang der letzten Erledigungserklärung beginnt ("frühestens"). Die vom Landgericht als herrschende Meinung angeführten, größtenteils verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen, die auf den Erklärungseingang abstellen und die nachfolgende Gerichtsentscheidung für unerheblich halten, beziehen sich allerdings mit einer Ausnahme nicht auf den hier vorliegenden Fall der Rechtsmittelrücknahme, für den sich der Meinungsstand wie folgt darstellt:

    (1) Zumindest für den Fall der Rechtsmittelrücknahme wird ganz überwiegend angenommen, dass die Frist nach § 63 Abs. 3 Satz 2 ZPO mit der gerichtlichen Kostenentscheidung nach § 516 Abs. 3 GKG beginnt (Dörndorfer in Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, 5. Aufl., § 63 Rn. 11a; Toussaint, Kostenrecht, 53. Aufl., GKG § 63 Rn. 84; Hartmann, Kostengesetze online, Stand Nov. 2022, GKG § 63 Rn. 55; Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., GKG § 63 Rn. 54; [jeweils als Fall der anderweitigen Erledigung]; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl., § 32 Rn. 79 [unter Hinweis auf BGH, NJW 1961, 1819]; Potthoff in Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., § 32 Rn. 87 mwN; BeckOK-KostR/Jäckel, Stand Apr. 2023, GKG § 63 Rn. 31). Als Zustimmung dazu dürfte zu verstehen sein, dass der Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom 9. Juni 2015 (IX ZR 257/14, AGS 2015, 521 Rn. 2) ausdrücklich (wenngleich nicht tragend) für den Fristbeginn im Fall von § 516 Abs. 3 GKG auf die zuletzt zitierte Kommentierung von Jäckel (aaO) verwiesen hat, die schon im damaligen Stand (z.B. Feb. 2015) diese Auffassung vertrat. Damit stimmt zumindest im Grundsatz auch Laube (BeckOK-KostR, Stand Apr. 2023, GKG § 68 Rn. 110) überein, der die mit der Befristung nach § 63 Abs. 2 GKG bezweckte Rechtssicherheit (vgl. BGH, NJW 1961, 1819 f) dann noch nicht beeinträchtigt sieht, wenn eine Berechnung und Abwicklung von Gerichts- und Anwaltsgebühren zwar bereits zum Teil, aber noch nicht unbeschränkt möglich ist, weil eine Kostenentscheidung fehlt und die Kostenfestsetzung noch nicht stattfinden kann, und einen Fristbeginn schon mit der Wirksamkeit der Prozesserklärungen nur ausnahmsweise für geboten hält, soweit die Parteien auf eine Kostenentscheidung verzichtet haben oder aus anderen Gründen keine Kostenentscheidung notwendig ist.

    (2) Vereinzelt wird demgegenüber die Auffassung vertreten, die Frist beginne im Allgemeinen mit der Wirksamkeit der Rechtsmittelrücknahme durch deren Erklärung gegenüber dem Gericht und - sofern erforderlich - Zustimmung des Gegners ( OLG Hamm, Urteil vom 2. März 2006 - 28 U 135/05, juris Rn. 37; N. Schneider in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl., GKG § 63 Rn. 92; NJW-Spezial 2018, 667; B. Schneider, NJW 2017, 3764). Auch der Bundesgerichtshof hat in einem  Beschluss vom 6. Dezember 2016 (VIII ZR 13/16, juris Rn. 2 f) eine Gegenvorstellung mangels Wahrung der Frist nach § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG für unstatthaft erachtet und dafür darauf abgestellt, dass Berufungsurteil mit dem Zeitpunkt der Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde rechtskräftig geworden sei.

    bb) Der Senat schließt sich der ersten Auffassung an, wonach die Frist nach § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG erst mit der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts nach § 516 Abs. 3 ZPO ausgelöst wird.

    Ihr steht nicht der Wortlaut von § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG entgegen. Schon danach wird die Frist nicht notwendig dadurch in Gang gesetzt, dass die erstinstanzliche Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt. Ist die Hauptsache in die Rechtsmittelinstanz gelangt und wird das Rechtsmittelverfahren ohne Entscheidung in der Hauptsache beendet, so wird der Rechtsstreit, was seine in dieser Vorschrift geregelte gebührenrechtliche Bedeutung angeht, nicht (insgesamt) durch eine rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache (einschließlich der Entscheidung über die Kosten der Berufung) im Sinn der ersten Alternative, sondern anderweitig im Sinn der zweiten Alternative dieser Bestimmung erledigt. Diese anderweitige Erledigung tritt in der im Rahmen von § 63 GKG, also gebührenrechtlich interessierenden Hinsicht nicht ein, solange noch die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels aussteht. Mit der rechtskräftigen Entscheidung in der "Hauptsache" ist in diesem Zusammenhang nicht im engen Sinn ausschließlich die Entscheidung über das sachliche Begehren gemeint, sondern das Verfahren, dessen Wert festzusetzen ist, in Abgrenzung zur Streitwertfestsetzung (siehe OLG Düsseldorf,  WuW 2016, 543).

    Es entspricht insbesondere dem gesetzlichen Zweck, auf den das Rechtsmittelverfahren auch hinsichtlich der Kostentragung dem Grunde nach abschließenden Beschluss nach § 516 Abs. 3 ZPO abzustellen. Dass die Frist an die Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder anderweitige Erledigung des Verfahrens geknüpft ist, soll nämlich die Änderungs- und Beschwerdemöglichkeit gerade im Nachgang dazu eröffnen, dass eine Berechnung und Abwicklung von Gerichts- und Anwaltsgebühren möglich geworden ist, wofür es darauf ankommt, dass eine Kostenentscheidung als Grundlage für die eigentliche Kostenfestsetzung (§§ 103 ff ZPO) vorliegt (siehe BGH, NJW 1961, 1819 f). Gerade der Eintritt der Rechtskraft der Kostenentscheidung kann für die beschwerte Partei Anlass sein, sich nunmehr gegen die Wertfestsetzung zu wenden (vgl. OLG Rostock, MDR 1995, 212). Solange der Rechtsstreit noch in irgendeiner Instanz schwebt, muss das Bedürfnis nach Rechtssicherheit über die Gebührenhöhe zurücktreten (vgl. BGH, NJW 1961, 1819, 1820). Insoweit ergibt sich auch nichts Anderes daraus, wenn Gegenstand der Beschwerde (nur) die Festsetzung des Streitwerts für die Gebühren der ersten Instanz ist, über deren Tragung mit der Kostengrundentscheidung des erstinstanzlichen Urteils entschieden worden ist, die mit der Berufungsrücknahme rechtskräftig wird. Denn unter Erledigung des Verfahrens ist im Gerichtskotengesetz wie auch sonst in der Regel die Erledigung des Rechtsstreits im Ganzen, nicht nur der einzelnen Instanz zu verstehen (BGH, NJW 1961, 1819 mwN; Toussaint, Kostenrecht, 53. Aufl., GKG § 63 Rn. 81 mwN).

    Diese Beurteilung entspricht im Übrigen systematisch der unbestrittenen Auslegung von § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO, wonach das Rechtsmittelgericht erst mit der Mitteilung des Beschlusses nach § 516 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Befugnis verliert, den Streitwertbeschluss der Vorinstanz zu ändern (OLG Stuttgart, NJW 2015, 421, 422  [OLG Stuttgart 15.09.2014 - 10 U 18/14] mwN; implizit ebenso BGH, Beschluss vom 6. April 2017 - EnVR 21/10, juris Rn. 2; Senat, Beschluss vom 8. Oktober 2018 - 6 U 93/17, unveröffentlicht; offengelassen BGH, Beschluss vorm  17. März 2015 - II ZR 391/13, juris Rn. 3 ["spätestens"]).

    c) Anders als die Beschwerdeerwiderung der Beklagten zu 2 und zu 3 meint, ist schließlich das Ziel der Beschwerde nicht unter dem Gesichtspunkt der bereits eingetretenen Bestandskraft der Kostenfestsetzung unzulässig. Dies hat das Landgericht zutreffend ausgeführt.

    Die Beschwerdeerwiderung begründet diesen Einwand mit der Erwägung, "[d]er Bestandskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses stünde eine nachträgliche Abänderung des Streitwerts entgegen" (Hervorhebungen hinzugefügt). Dies trifft freilich wörtlich verstanden gerade zu. Denn eine Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses ist nach der Regelung in § 107 ZPO gerade möglich, wenn der Wert des Streitgegenstands nachträglich vom Gericht abweichend festgesetzt wird; dann wird die Rechtskraft der ursprünglichen Festsetzung durchbrochen (vgl. nur BGH, AGS 2011, 566  [BGH 10.03.2011 - IX ZB 104/09] Rn. 8 mwN). Bei verständiger Würdigung dürfte die Formulierung der Beschwerdeerwiderung allerdings ein grammatikalische Versehen sein und umgekehrt meinen, die Bestandskraft (Subjekt) des Kostenfestsetzungsbeschlusses stünde einer nachträglichen Abänderung (Objekt) des Streitwerts entgegen, weil erstere nicht beeinträchtigt werden dürfe. Diese Sichtweise widerspricht aber den eindeutigen gesetzlichen Regelungen in §§ 63, 68 GKG, wonach das Vorliegen einer bestandskräftigen Kostenfestsetzung unerheblich ist, und in § 107 ZPO.

    2. Die Beschwerde ist auch begründet. Im Ergebnis mit Recht fordert sie, den Streitwert in Abänderung der angefochtenen Entscheidung auf einen in die Stufe bis 60.000 € fallenden Streitwert festzusetzen.

    a) Nach den vom Landgericht in der Nichtabhilfeentscheidung angegebenen Gründen hat dieses bei der angefochtenen Streitwertfestsetzung die Werte der Ansprüche gegen die Beklagte zu 1 zu denen der Ansprüche gegen die Beklagten zu 2 und zu 3 addiert. Als Grund dafür hat es angegeben, dass eine Verurteilung als Gesamtschuldner nicht beantragt gewesen sei. Letzteres trifft zwar (zumindest für die den Streitwert allein bestimmenden Hauptforderungen) zu. Eine Addition der Werte der gegen die verschiedenen Beklagten verfolgten Ansprüche, soweit diese dasselbe Interesse, namentlich Ersatz für den geleisteten Kaufpreis und Aufwendungen zu Einbauten Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs, betrafen, hat gleichwohl zu unterbleiben. Danach lag der Wert im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz bei dem in die Wertstufe bis 60.000 € fallenden Betrag von 58.398,35 €.

    Die zu alledem maßgeblichen Gründe ergeben sich im Wesentlichen aus den folgenden Erwägungen des Senats im Beschluss vom 7. November 2022 (6 U 292/22), mit dem der Senat die dortige Festsetzung des Werts der Berufung begründet hat:

    "Die Höhe des nach § 63 Abs. 2 GKG festgesetzten Streitwerts für das Berufungsverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 2, 48 Abs. 1 GKG, wonach es mangels Einreichung von Berufungsanträgen auf die Beschwer des Klägers ankommt. Deren Wert errechnet sich gemäß den zuletzt in erster Instanz gestellten Anträgen wie folgt. Im Verhältnis zur Beklagten zu 1 ergibt sich eine Beschwer von: Kaufpreis 59.440 € + nachträgliche Einbauten 3.143,92 € minus Nutzungsentschädigung 4.685,57 € (ausgehend von einem Kilometerstand bei Erwerb von 0 [LGU 2], einem behaupteten Kilometerstand von 26.204 im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung [LGU 3] und einer behaupteten möglichen Gesamtlaufleistung von 400.000 km [AS I 227]), also 57.898,35 €. Im Verhältnis zu den Beklagten zu 2 und zu 3 hat der Hilfsantrag auf Zahlung gegenüber dem Feststellungsantrag den höheren, wie bei der Beklagten zu 1 zu errechnenden Wert. Bei diesen ist der Wert des Feststellungsantrags wegen weiterer Schäden zu addieren, den der Senat auf 500 € schätzt, so dass sich im Verhältnis zu den Beklagten zu 2 und zu 3 der (hier im Ergebnis festgesetzte) Wert von 58.398,35 € ergibt. Dieser höchste Wert ist für die gesamte Beschwer des Klägers maßgebend, weil eine Zusammenrechnung mit dem Wert der Ansprüche gegen die Beklagte zu 1 nicht stattfindet. Diese wird zwar kumulativ neben den Beklagten zu 2 und zu 3 auf den Zahlbetrag in Anspruch genommen. Bei der Klage von Streitgenossen oder - wie hier - deren Inanspruchnahme durch eine Klage findet aber zur Bestimmung der Beschwer keine Wertaddition statt, wenn die verfolgten Ansprüche wirtschaftlich identisch sind (BGH, NJW-RR 2004, 638, 639 mwN). So liegt es hier. Wenngleich die Beklagten zu 2 und zu 3 nicht auf eine gesamtschuldnerische Haftung mit der Beklagten zu 1 in Anspruch genommen werden, geht das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Verurteilung sämtlicher Parteien, was die bezifferten Schäden angeht, insgesamt nicht über den oben genannten Betrag hinaus. Denn auf der Grundlage der gegen die Beklagten zu 2 und zu 3 begehrten Feststellung würde der Kläger den Ersatz von Schäden nur insoweit einfordern können, als diese nicht bereits durch eine antragsgemäße Zahlung der Beklagten zu 1 kompensiert wären. Soweit der Kläger hilfsweise eine kumulative Verurteilung aller Beklagten zur Zahlung begehrt, gesteht er mit jedem Zahlungsantrag den jeweiligen Beklagten zu, diese Zahlung nur Zug um Zug gegen insbesondere Übereignung des Fahrzeugs zu leisten. Da der Kläger das Fahrzeug nur einmal übereignen könnte, geht sein wirtschaftliches Interesse insoweit nicht darüber hinaus, die Zahlung einmalig - von welcher Beklagten auch immer - erwirken zu können."

    Diese Bewertung gilt entsprechend für die Bestimmung des Werts des Streitgegenstands nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts geltenden Vorschriften, nach dem sich die gebührenrechtliche Wertfestsetzung für den ersten Rechtszug richtet (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG). Das dafür maßgebliche wirtschaftliche Interesse des Klägers am Erfolg seiner Klage mit den in erster Instanz zuletzt gestellten Anträgen deckt sich - angesichts deren vollständiger Abweisung durch das Landgericht - mit der wie im zitierten Senatsbeschluss für das Berufungsverfahre bestimmten Beschwer des Klägers.

    b) Ein über die Wertstufe bis 60.000 € hinausgehendes Interesse hat der Kläger auch mit den im Lauf der ersten Instanz zuvor angekündigten Anträgen nicht verfolgt.

    Zwar hat der Kläger für die Zeit vor der mündlichen Verhandlung keinen Kilometerstand angegeben. Das gilt insbesondere für die in dem nach § 40 GKG maßgeblichen Zeitpunkt der Klageeinreichung erreichte Laufleistung, so dass bei der Bestimmung des ursprünglichen Werts der Kaufpreisrückforderung kein Abzug wegen Anrechnung einer Nutzungsentschädigung möglich ist (vgl. Senat, Beschluss vom 24. November 2022 - 6 W 54/22, unveröffentlicht). Indes ging die anhängige Zahlungshauptforderung bis zu der am Tag vor der letzten mündlichen Verhandlung eingereichten Klageerweiterung (AS I 637) jedenfalls nicht über den Betrag des Kaufpreises von 59.440 € hinaus. Damit überschritt der Wert der Klageforderungen - selbst unter Berücksichtigung eines etwa weitergehenden Werts des bis dahin gegen die Beklagten zu 2 und zu 3 verfolgten Feststellungsbegehrens, dessen Mehrwert entsprechend den obigen Ausführungen mit 500 € zu schätzen wäre - jedenfalls nicht die sich bis 60.000 € erstreckende Wertstufe.

    Erst mit der genannten Klageerweiterung machte der Kläger auch den Ersatz von bezifferten Schäden in Gestalt von Aufwendungen für nachträgliche Einbauten im Gesamtwert von 3.143,92 € geltend und erweiterte seine Zahlungsforderung um diesen Betrag. Zwar hat er auch den Kilometerstand zu diesem Zeitpunkt nicht angegeben. Es kann aber insoweit geschätzt werden, dass dieser nach der Vorstellung des Klägers nicht erheblich unter der vom Kläger am folgenden Tag der mündlichen Verhandlung behaupteten aktuellen Laufleistung lag. Daher ist davon auszugehen, dass der letztlich für den erstinstanzlichen Streitwert maßgebliche Wert der Anträge im Zeitpunkt der Einreichung der genannten Klageerweiterung allenfalls (wegen wenig geringerer Nutzungsentschädigung) geringfügig über 58.398,35 €, jedenfalls aber nicht über 60.000 € lag.

    3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil das Verfahren gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (§ 68 Abs. 3 GKG).

    RechtsgebietStreitwertVorschriften§ 63 Abs. 3 S. 2 GKG; § 516 Abs. 3 ZPO