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  • · Fachbeitrag · Beiordnung

    Auch „Terminsvertreter“ des Pflichtverteidigers erhält Grund- und Verfahrensgebühr

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    • 1. Durch die Beiordnung als Verteidiger für einen Terminstag oder Teile hiervon anstelle des verhinderten (Pflicht)Verteidigers wird ein eigenständiges, öffentlich-rechtliches Beiordnungsverhältnis begründet, aufgrund dessen der bestellte Verteidiger während der Dauer der Bestellung die Verteidigung des Angeklagten umfassend und eigenverantwortlich wahrzunehmen hat.
    • 2. Der Vergütungsanspruch des Verteidigers, der anstelle des verhinderten Pflichtverteidigers für einen Hauptverhandlungstermin als Verteidiger eines Angeklagten bestellt worden ist, beschränkt sich nicht auf die Terminsgebühren, sondern umfasst alle durch die anwaltliche Tätigkeit im Einzelfall verwirklichten Gebührentatbestände des Teils 4 Abschn. 1 VV RVG.
    • 3. Für die Tätigkeit in einem jeden gerichtlichen Verfahren entsteht eine Verfahrensgebühr als Ausgangsgebühr. Durch sie wird bereits die Information als Bestandteil des Betreibens des Geschäfts entgolten. Die daneben entstehende Grundgebühr soll den zusätzlichen Aufwand entgelten, der für die erstmalige Einarbeitung anfällt.

    (OLG Saarbrücken 10.11.14, 1 Ws 148/14, Abruf-Nr. 143494)

     

     

    Sachverhalt

    Dem Angeklagten war in einem beim LG anhängigen Strafverfahren zunächst Rechtsanwalt X als Pflichtverteidiger bestellt. X war an einigen der terminierten Hauptverhandlungstagen verhindert. Daher wurde dem Angeklagten jeweils unter Aufhebung der Beiordnung von X für den Termin Rechtsanwältin Y als Pflichtverteidigerin beigeordnet. Y beantragte neben der Festsetzung der Terminsgebühren auch die der Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG und der Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV RVG. Grundgebühr und Verfahrensgebühr sind abgesetzt worden. Das Rechtsmittel der Pflichtverteidigerin Y hatte Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Das OLG verweist in seinem Beschluss darauf, dass dem anstelle des verhinderten Pflichtverteidigers für die teilweise oder gesamte Dauer eines Hauptverhandlungstermins beigeordneten weiteren Verteidiger für den in der Beiordnung bezeichneten Verfahrensabschnitt die Verteidigung ohne jede inhaltliche Beschränkung übertragen ist. Er trägt insoweit sämtliche Verteidigerrechte und -pflichten. Die StPO kennt keine Beiordnung als Vertreter des bereits bestellten Pflichtverteidigers dergestalt, dass der Beigeordnete nur gleich einer Hilfsperson einbezogen wird. Durch die Beiordnung als Verteidiger für einen Terminstag oder Teile hiervon anstelle des verhinderten Pflichtverteidigers wird vielmehr ein eigenständiges, öffentlich-rechtliches Beiordnungsverhältnis begründet.