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15.01.2004 · IWW-Abrufnummer 040123

Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 10.11.2003 – 5 K 1429/02

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Verkündet am: 10.11.2003

FINANZGERICHT RHEINLAND-PFALZ

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Finanzrechtsstreit XXX

wegen Einkommensteuer 2000

5 K 1429/02

hat der 5. Senat durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...
den Richter am Finanzgericht ... und
den Richter am Finanzgericht sowie
die ehrenamtliche Richterin
die ehrenamtliche Richterin
aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10. November 2003
für Recht erkannt:

I. Der Einkommensteuerbescheid 2000 in der Fassung vom 21. August 2001 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2002 werden dahingehend geändert, dass weitere Aufwendungen in Höhe von 2.018 DM als außergewöhnliche Belastung nach § 33 des Einkommensteuergesetzes steuermindernd berücksichtigt werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu 85 v. H. und der Beklagte zu 15 v. H. zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Streitig ist, ob Aufwendungen u. a. für die Wohnungsausstattung im Zusammenhang mit einem krankheitsbedingten Umzug eine neue Wohnung als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind.

Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger bezieht eine Pension, die Klägerin eine Altersrente. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2000 beantragten die Kläger die Anerkennung von Umzugskosten als außergewöhnliche Belastung, wovon noch folgende Aufwandspositionen in Streit sind:

Ergänzung und Umarbeitung von Gardinen und Gardinenstangen 8.896,23 DM
(hierin enthalten Kosten für die Umarbeitung und Montage 2.611,-- DM)
Gardinenkauf 100,-- DM
Küchenelektroinstallation (incl. Keller und Garage) 3.455,06 DM
Anschlusskosten Kabel TV 656,05 DM
Anschlusskosten Telefon 100,86 DM
Kosten für die Pkw-Ummeldung nebst neuen Kennzeichen 100,-- DM

Zur Begründung trugen die Kläger unter Beifügung eines privatärztlichen Attestes vor, dass bei der Klägerin wegen fortschreitender Osteoporose bereits vor Jahren beide Hüftgelenke durch künstliche Gelenke hätten ersetzt werden müssen. Hinzu gekommen sei die operative Einsetzung eines künstlichen Kniegelenkes im linken Bein. Nunmehr habe sich der Zustand auch des rechten Kniegelenkes zwischenzeitlich derart verschlechtert, dass demnächst der Einsatz einer weiteren Kniegelenkprothese erforderlich werde.
Die krankheitsbedingten Bewegungseinschränkungen machten das Begehen von Steigungen und Treppen ohne fremde Hilfe nahezu unmöglich, weshalb der Umzug in eine andere Wohnung mit einem steigungs- und treppenfreien Zugang zwingend notwendig geworden sei.

Bei der Steuerfestsetzung im Einkommensteuerbescheid vom 5. März 2001 lehnte der Beklagte die Anerkennung der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung in Gänze ab. Nach Vorlage eines amtsärztlichen Attestes vom 24. März 2001 (Bl. 37 der Einkommensteuerakte) zur Notwendigkeit des Umzugs zur Heilung bzw. Linderung der Krankheit berücksichtigte der Beklagte im Teilabhilfebescheid vom 21. August 2001 mindest die Speditionskosten in Höhe von 3.455,-- DM als außergewöhnliche Belastung. Im Übrigen wies der Beklagte, auch nachdem die Kläger ihr Einspruchsbegehren mit Schriftsatz vom 2. Februar 2002 (Bl. 46 der Einkommensteuerakte) auf die Anerkennung der Kosten für die Küchen- und Elektromontage sowie für die Umarbeitung und Montage der Gardinen beschränkt hatten, den Einspruch mit Entscheidung vom 19. Februar 2002 als unbegründet zurück.

Privat veranlasste Umzugskosten seien nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhof ?BFH- typische Kosten der Lebensführung, die grundsätzlich unabhängig vom jeweiligen Grund des Wohnungswechsels nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig seien (Hinweis auf BFH-Urteil vom 28. Februar 1975 VI R 120/73, BStBl II 1975, 482 und vom 23. Juni 1978 VI R 175/75, BStBl II 1978, 526 und auf BFH-Beschluss vom 25. Februar 1993 I B 125/93, BFH/NV 1993, 658). Nur ausnahmsweise könnten Umzugskosten hiernach unter dem Gesichtspunkt von Krankheitskosten außergewöhnliche Belastungen darstellen (Hinweis auf BFH-Urteil vom 14. Dezember 1965 VI 102/65 U, BStBl III 1966, 113 und auf Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 26. November 1999, 18 K 3056/96 E, DStRE 2000, 243). Vor dem Hintergrund des vorgelegten amtsärztlichen Attests seien lediglich die anlässlich des Umzugs entstandenen Transportkosten als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen gewesen. Die noch streitigen Aufwendungen für Küchen- und Elektromontage sowie für die Umarbeitung und Montage von Gardinen in der neuen Wohnung stellen keine Krankheitskosten dar.
Nach der Rechtsprechung sei hierbei zu unterscheiden zwischen den anzuerkennenden unmittelbaren Krankheitskosten, d. h. den Kosten, die zum Zwecke der Heilung oder mit dem Ziel aufgewendet würden, die Krankheit erträglicher zu machen, und den nicht abzugsfähigen mittelbaren Aufwendungen, den sog. Krankheitsfolgekosten (Hinweis auf BFH-Urteil vom 1. Dezember 1978 VI 149/75, BStBl II 1979, 78). Bei den Montage- und Umarbeitungskosten handele es sich um solche mittelbaren Aufwendungen, deren Anerkennung als außergewöhnliche Belastung zu einer nicht mehr vertretbaren steuerlichen Berücksichtigung von Kosten der Lebensführung führen würde, die mit Sinn und Zweck des § 33 EStG nicht vereinbar wäre (Hinweis auf BFH-Urteil von 21. August 1974 VI R 237/71, BStBl II 1974, 745 und vom 16. Mai 1975 VI R 132/72, BStBl II 1975, 536).
Letztlich könne auch dahingestellt bleiben, ob es sich um unmittelbare Krankheitskosten oder um Krankheitsfolgekosten handele, da die Kläger für die streitigen Aufwendungen einen jeweiligen Gegenwert erhalten hätten. schon hiernach scheide die Annahme einer außergewöhnlichen Belastung aus. Von einer Belastung im Sinne einer offensichtlichen Härte könne nämlich dann nicht gesprochen werden, wenn Teile des Einkommens für die Anschaffung von Gegenständen oder die Ausführung von Leistungen ? wie hier Umbauten und Montage ? verwendet würden, die zumindest von längerem Wert und Nutzen seien. Ausnahmen hiervor können nach der Rechtsprechung nur anerkannt werden, wenn, die Notwendigkeit der Aufwendungen so stark unter dem Gebot der sich aus einer Situation ergebenden Zwangsläufigkeit stehe, dass die Erlangung eines Gegenwertes in Anbetracht der Gesamtumstände des Einzelfalles den Hintergrund trete (Hinweis auf BFH-Urteil vom 15. Februar 1974 VI R 67/70, BStBl II 1974, 335). Dies sei vorliegend nicht der Fall.

Mit der hiergegen fristgerecht erhobenen Klage machen die Kläger geltend, die gesamten Aufwendungen anlässlich des Umzuges seien als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd zu berücksichtigen. Die Finanzverwaltung habe im allgemeinen nicht zu prüfen, ob die ärztliche Behandlung durch die die geltend gemachten Kosten verursacht worden seien, notwendig angemessen gewesen sei. Höhe, Umfang und Zweckmäßigkeit der Krankheitsbehandlung gehörten zu den höchstpersönlichen Angelegenheiten des Steuerpflichtigen. Nichts anderes könne für die Kosten zur Linderung bzw. Erträglichmachung einer erheblichen Behinderung gelten. Deshalb sei bei der an sich erforderlichen Prüfung, ob und inwieweit die Krankheitskosten notwendig und angemessen seien, kein strenger Maßstab anzulegen. (Hinweis auf BFH-Urteil vom 17. Juli 1981 VI R 77/78, BStBl II 1981, 711).

Der Differenzierung des Beklagten in anzuerkennende unmittelbare Krankheitskosten und nicht abzugsfähige mittelbare Krankheitskosten könne nicht gefolgt werden. Die insoweit zur Begründung herangezogene BFH-Entscheidung vom 21. August 1974 betreffend die Anschaffung und Installation einer Geschirrspülmaschine sei mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Ebenso wie die bereits anerkannten Speditionskosten seien auch die streitgegenständlichen Kosten für Gardinen, Küchenmontage, Telefon- und Kabelanschluss sowie für die PKW-Ummeldung kausal durch den krankheits- bzw. behinderungsbedingten Umzug veranlasst gewesen.
Zu bedenken sei auch, dass die Kläger in den Jahren 1998 und 2000, also innerhalb sehr kurzer Zeiträume, zweimal auf Grund der körperlichen Behinderung der Klägerin hätten umziehen müssen. Bei den geltend gemachten Aufwendungen habe es sich allein um verlorenen Aufwand ohne einen Gegenwert gehandelt. Da auch in ihrer alten Wohnung Gardinen vorhanden gewesen seien, habe deren Ergänzung und Umarbeitung für die neue Wohnung nicht in erster Linie dazu gedient, den Wohnbedürfnissen der Kläger Rechnung zu tragen. Eine Wertsteigerung sei durch die angefallenen Kosten ohnehin nicht eingetreten. Entsprechendes gelte für die Küchenmontage und die Anschluss- und Ummeldungskosten.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 in der Fassung vom 5. März 2001 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2002 dahingehend zu ändern, dass weitere außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 13.308,20 DM steuermindernd berücksichtigt, werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassung und verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er aus, dass ebenso wie die Kosten für den Erwerb einer Geschirrspülmaschine in dem vom BFH entschiedenen Fall die streitigen Aufwendungen für die Küchen- und Elektromontage sowie für die Umarbeitung der Gardinen der Erfüllung eines allgemeinen, nicht krankheitsspezifischen Wohnbedürfnisses gedient hätten.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.

Allerdings ist die Klage nicht bereits mangels Änderungsmöglichkeit teilweise unbegründet, weil einer Änderung des Steuerbescheides im begehrten Umfang seine Teilbestandskraft entgegenstehen könnte. Dies wäre nämlich nur im Falle einer im Einspruchsverfahren erklärten Teilanfechtung der Fall gewesen. Die Beschränkung ihres Einspruchsbegehrens mit Schreiben vom 2. Februar 2002 stand jedoch in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Anfrage des Beklagten vom 21. Januar 2002, unter welchen Voraussetzungen das Rechtsbehelfsverfahren abgeschlossen werden könnte. Damit waren nach Auffassung des erkennenden Senats die Voraussetzungen einer Teilanfechtung nicht erfüllt. Denn trotz der möglicherweise missverständlichen Formulierung, wonach mit der Reduzierung des Antrages auf die Geltendmachung von Neuanschaffungen verzichtet werde, kam der Wille, auch im Falle einer ablehnenden Entscheidung des Beklagten von einem weitergehenden Begehren endgültig abzusehen, nicht eindeutig zum Ausdruck. Insoweit kann eine bloße Teilanfechtung nur in Ausnahmefällen bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden (vgl. BFH-Urteile vom 7. September 2000 III R 33/96, BFH/NV 2001, 415 und vom 23. April 2003 IX R 28/00, BFH/NV 2003, 1140).

Zu Recht hat der Beklagte die Aufwendungen für die Gardinen und die Anschlüsse für Kabel TV und für Telefon nicht als weitere außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt. Denn auch im Falle eines beruflich veranlassten Umzuges wären diese Aufwendungen für die Ausstattung der neuen Wohnung nicht als Werbungskosten abziehbar. Denn sie hätten zumindest im gleichen Maße ihre Ursache in der persönlichen Lebensführung, weil sie der wesentlichen Gestaltung des privaten Wohnens dienen (Urteile des Finanzgerichts Köln vom 30. September 1999 ? 2 K 7463/96, EFG 1999, 114 und des Finanzgerichts des Landes Brandenburg vom 1. März 2000 ? 6 K 1185/98 E, EFG 2000, 483 sowie BFH-Urteil vom 17. Dezember 2002 VI R 188/98, BStBl II 2003, 314 betreffend die Anschaffungskosten für Gardinen, Kosten für einen Telefonanschluss und Renovierungskosten). Aufwendungen, die über die Vorbereitung und Durchführung des Umzugs hinausgehen und auf unbestimmte Zeit in die Zukunft wirken, weil sie die Einrichtung der neuen Wohnung betreffen, sind danach regelmäßig durch § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG vom Abzug als Werbungskosten ausgeschlossen (vgl. auch Urteile des Finanzgerichts Hamburg vom 2. Dezember 1994 V 133/92, EFG 1995, 518 und vom 7.Mai 1998 V 88/6, EFG 1998, 1386 sowie Urteil des Finanzgerichts des Saarlandes vom 29. August 2001 ? 1 K 120/00, EFG 2001, 1491).

Die nach öffentlichen Umzugskostenrecht erstattungsfähigen Aufwendungen sind hierbei nicht ohne weiteres steuermindernd zu berücksichtigen, da diese Beträge einem Beamten aus Anlass eines dienstlich angeordneten Umzugs gegebenenfalls auch allein unter beamtenrechtlichen Fürsorgegesichtspunkten gezahlt werden können (vgl. zu allem insbesondere die BFH-Urteile vom 1. März 1072 IV R 166/69, BStBl II 1972, 458; vom 6. November 1986 VI R 135/85, 82, BStBl II 1987, 188; vom 7. September 1990 VI R 141/86, BFH/NV 1991, 445 und vom 17. Dezember 2002 VI R 188/98; a. a. O.; BFH-Beschluss vom 19. Januar 2001 VI B 198/00, BFH/NV 2001, 778).

Entscheidender Abgrenzungsmaßstab für die Anerkennung von umzugsbedingten Aufwendungen ist danach allein, ob sich der jeweilige Aufwand seinem Wesen nach nicht als wesentliche Gestaltung des privaten Wohnens in der neuen Wohnung darstellt, sondern dergestalt in einem direkten Zusammenhang zum konkreten Umzugsgrund steht, dass sich dieser Zusammenhang bereits vor oder mit der Durchführung des Umzuges gleichsam verbraucht, wie das beispielsweise bei Kosten der Wohnungssuche, den eigentlichen Umzugstransport, -reise- und -nebenkosten, aber auch bei den einmaligen Kosten für den Anschluss der Küchen- und sonstigen Geräte an das Energienetz der neuen Wohnung oder für den Aufbau der Umzugsmöbel der Fall ist.

Folgerichtig müssen umgekehrt solche Aufwendungen unberücksichtigt bleiben, die, indem sie über die Umzugsvorbereitung und -durchführung hinausgehen, sich mit ihrem Gegenwert in der Einrichtung oder Ausstattung der neuen Wohnung niederschlagen und sich deshalb erst über einen längeren Zeitraum der Haushaltsführung verbrauchen. Nicht abzugsfähig sind damit Folgeaufwendungen eines Umzuges, die sich auf die Beschaffung von Einrichtungsgegenständen jeder Art und die Umstellung des Steuerpflichtigen und seiner Familie auf die neuen Lebensumstände, d. h. auf individuelle Ausgestaltung der neuen Wohnung für die Art und Weise ihres privaten Bewohnens beziehen, auch wenn durch diese Aufwendungen lediglich ein Wohnzustand wiederhergestellt wird, der in etwa dem früheren in der alten Wohnung entspricht oder vergleichbar ist (s. zu allem z. B. Urteile des Finanzgerichts Hamburg vom 2. Dezember 1994 V 133/92, a. a. O.; des Finanzgerichts Köln vom 30. September 1998 2 K 7463/96, a. a. O. und des Finanzgerichts des Landes Brandenburg vom 1. März 2000 6 K 1185/98 E, a. a. O.)

Fehlt es somit nach der einhelligen Rechtsprechung in diesen Fällen bereits an einer beruflichen Veranlassung, so scheiden diese Kosten erst Recht unter dem Gesichtspunkt der Zwangsläufigkeit i. S. des § 33 Abs. 2 EStG aus. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG). Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen nach § 33 Abs. 2 EStG zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.

Krankheitsbedingte Maßnahmen und die dadurch veranlassten Aufwendungen aus tatsächlichen Gründen erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig, soweit sie zum Zwecke der Heilung einer Krankheit getätigt werden oder den Zweck verfolgen, die Krankheit erträglicher zu machen (vgl. BFH-Urteil vom 09. August 1991 III R 54/90, BStBl II 1991, 920). Abziehbar sind derartige Aufwendungen weiterhin nur, soweit es sich um unmittelbare Krankheitskosten handelt (vgl. BFH-Urteile vom 30. Juni 1998 III R 110/93, BFH/NV 1998, 1480 und vom 07. Juni 2000 III R 54/98, BStBl II 2001, 94 sowie BFH-Beschluss vom 25. Juni 2001 III B 27/01, BFH/NV 2001, 1562).

Die Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Krankheitskosten im Rahmen des § 33 EStG dient hierbei dazu, sachgerechter Weise die außergewöhnlichen und zwangsläufigen Aufwendungen i. S. von § 33 Abs. 2 EStG von den der privaten Lebensführung zuzurechnenden, nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähigen Aufwendungen abzugrenzen (vgl. BFH-Urteile vom 16. Mai 1975 VI R 132/72, BStBl II 1975, 536; vom 1. Dezember 1978 VI R 149/75, BStBl II 1979, 78 und BFH-Beschluss vom 25. Juni 2001 III B 27/01, a. a. O, jeweils m. w. N.).

Die Unterscheidung soll verhindern, Kosten der allgemeinen Lebensführung, die lediglich in einem Zusammenhang mit der Erkrankung stehen, ebenfalls steuerlich zu begünstigen (vgl. u. a. BFH-Urteile vom 13. Februar 1987 III R 208/81, BStBl II 1987, 427; vom 3. Dezember 1998 III R 5/98, BStBl II 1999, 227, vom 18. Mai 1999 III R 46/97, BStBl II 1999, 761, m.w. N.). Derartige bloße Folgemaßnahmen fallen nicht unter den steuerrechtlich maßgebenden Begriff der Heilbehandlung (BFH-Urteil vom 26. Juni 1992 III R 83/91, BStBl II 1993, 212, 214) und erwachsen dementsprechend nicht zwangsläufig (BFH-Urteil vom 24. Oktober 1995 III R 106/93, BStBl II 1996, 88, 89).

Der BFH hat an dieser ständigen Rechtsprechung in Kenntnis im Schrifttum geübten Kritik ausdrücklich festgehalten. Die ablehnende Stellungnahme von Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach (Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 20. Aufl. § 33 EStG Anm. 96) datiert vom Juni 1993 Arndt in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff (Einkommensteuergesetz, § 33 Anm. C 45) hält zwar unverändert in seiner jüngsten Kommentierung vom Januar 2001 daran fest, die von der Rechtsprechung vorgenommene Differenzierung sei fragwürdig, weil die Unterscheidung keineswegs ?griffig? sei, gleichwohl überzeugten die Urteile des BFH bei genauer Betrachtung im Ergebnis. Von Oepen in Blümich (Einkommensteuergesetz, § 33 Rz. 150 ?Krankheitskosten?) stimmt andererseits keineswegs nur der Rechtsprechung zu, sondern weist den Vorschlag von Kanzler (a. a. O.), derartige Aufwendungen insgesamt nur als Krankheitskosten zu umschreiben und deren Außergewöhnlichkeit und Zwangsläufigkeit jeweils besonders zu prüfen, zurück, weil eine solche, in jedem Fall bei Krankheitskosten erforderliche Prüfung noch weniger praktikabel wäre.

Der BFH hat schließlich in Anwendung dieser Unterscheidung der besonderen Umstände im Einzelfall sehr wohl Aufwendungen aufgrund wertender Betrachtung in den Anwendungsbereich der unmittelbaren Krankheitskosten einbezogen, so bereits im Urteil vom 14. Dezember 1965 VI 102/65 U (BFHE 84, 311, BStBl III 1966, 113). Dort hat er Aufwendungen für eine Mietabfindung als außergewöhnliche Belastung anerkannt, weil der Wohnungswechsel wegen der Krankheit eines völlig gelähmten Sohnes notwendig gewesen war. Ebenso hat er die Zuordnung von Trinkgeldern, die im Zusammenhang mit der ärztlich angeordneten Behandlung einer Krankheit hingegeben werden, der Art nach als unmittelbare Krankheitskosten beurteilt (vgl. BFH-Urteil vom 22. Oktober 1996 III R 240/94, BFHE 181, 468, BStBl II 1997, 346, unter 1. der Gründe, m. w. N.).

Gleiches kann jedoch für die insoweit von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen nicht gelten, da es sich hierbei unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung offensichtlich um Kosten der allgemeinen Lebensführung handelt.

Entgegen der Auffassung der Kläger handelt es sich bei den Aufwendungen für die Gardinen hier auch nicht deshalb um Außergewöhnliche Belastungen, weil eine Ersatzbeschaffung für zuvor gleichwertig vorhandene Fenstervorhänge vorliegt. Die Tatsache allein, dass der Krankheitsbedingte Umzug ursächlich für die Ersatzbeschaffung war, vermag die Entstehung von außergewöhnlichen Belastungen nicht zu begründen. Eine Disposition aus dem Bereich der privaten Lebensführung verliert ihren Charakter nicht schon dadurch, dass sie in einem bestimmten Vorgang ihren Auslöser hat. Insoweit bleibt auch das Argument, dass die Gardinen aus der alten Wohnung nach dem Umzug keine Verwendung mehr finden konnten, für die Entscheidung ohne Bedeutung. Dieser Gesichtspunkt begründet entgegen der Auffassung der Kläger keinen Ausnahmefall zu den vom BFH entschiedenen Fällen, die universell einsetzbar, neu beschaffte Einrichtungsgegenstände betrafen. Die Frage, ob es sich um eine Erstbeschaffung zu Einrichtungszwecken handelt oder ob eine Ersatzbeschaffung für nicht mehr verwendbare Wohnungseinrichtung vorliegt, ist nicht entscheidungserheblich, weil jeweils der steuerlich nicht zu berücksichtigende Bereich der privaten Lebensführung betroffen ist. Gleiches gilt insoweit auch für den Kabel TV ? und Telefonanschluss.

Lediglich die Kosten für die Anschlüsse der Küchen- und sonstigen Geräte an das Energie- und Versicherungsnetz der neuen Wohnung und für den Aufbau der Umzugsmöbel, insbesondere der Küche, konnten hiernach als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, da sie mit dem Umzug untrennbar verbunden waren. Denn schließlich sollte das Umzugsgut nicht allein sachgerecht an den neuen Wohnort befördert werden, sondern in der neuen Wohnung wieder funktional einsetzbar sein. Gleiches gilt für die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ummeldung ihres PKW.

Hinsichtlich der berücksichtigenden Höhe der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung ist freilich die insoweit von den Klägern vorgelegten Rechnung der Fa. Popp (Bl. 10 der Einkommensteuerakte) nur bedingt aussagekräftig, da ausweislich der erstellten Rechnung neben der Küchenmontage auch Elektroinstallationsarbeiten im Keller und in der Garage durchgeführt worden sind. Darüber hinaus musste die Küche, wie im Schreiben der Kläger vom 25. Juli 2001 eingeräumt wurde, auch umgebaut werden, wofür zusätzliche Kosten angefallen waren. Für diese, über den rein funktionalen Einsatz hinausgehenden Aufwendungen waren jedoch wiederum Gründe der Befriedigung rein privater Wohnbedürfnisse mit ausschlaggebend, so dass insoweit die Berücksichtigung dieser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen ausscheidet.

Vor diesem Hintergrund hält der erkennende Senat jedenfalls den Ansatz des Pauschbetrages für sonstige Umzugsauslagen analog § 10 des Bundesumzugskostengesetzes ?BUKG-, der in der Fassung ab 1. Juni 1999 für Verheiratete einen Betrag von 2.018,-- DM vorsieht, sachgerecht und angemessen. Denn jeder Umzug bringt erfahrungsgemäß nicht nur nachweisbare Umzugskosten in engerem Sinne, wie Beförderungskosten und Kosten der Wohnungsbeschaffung, mit sich. Vielmehr entstehen darüber hinaus vielfach Aufwendungen, die sich nicht immer durch den Steuerpflichtigen in einzelnen belegen lassen, wie dies z. B. ?wie auch vorliegend ? bei den Kosten für die Installation von Einrichtungsgegenständen der Fall sein kann. Es handelt sich hierbei um Aufwendungen, über die angesichts ihrer Höhe im Einzelfall zumeist keine Belege vorliegen oder für die üblicherweise eine Quittung nicht ausgestellt wird. In diesen Fällen verbleibt im allgemeinen nur die Möglichkeit, die Höhe solcher Aufwendung zu schätzen (§ 162 der Abgabeordnung -AO-).

Zwar wird sich schwerlich ein auf Erfahrungen oder gar Erhebungen beruhender allgemeingültiger tatsächlicher Maßstab für die Bemessung von abziehbaren sonstigen Umzugskosten finden lassen. Der erkennende Senat hält es jedoch in Übereinstimmung mit den Urteilen des BFH vom 1. März 1972 IV R 166/69, BStBl II 1972, 458 und vom 30. März 1982 VI R 162778, BStBl II 1982, 595, für angebracht, Regelungen, die der Gesetzgeber auf anderen Rechtsgebieten getroffen hat, zur Lösung des Bemessungsproblems hier heranzuziehen. Dementsprechend sieht er in der Vorschrift des § 10 BUKG einen Hinweis dafür, in welcher Höhe nicht nachgewiesene Umzugsauslagen, auch soweit sie nicht als Werbungskosten sondern ? wie hier ? als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd zu berücksichtigen sind, im Schätzungswege zu ermitteln sind.

Der Senat folgt insoweit der in der Literatur vertretenen Auffassung, wonach hinsichtlich des Maßstabes für die Angemessenheit dem Grunde nach abziehbarer Umzugskosten ein Rückgriff auf die Vorschriften des BUKG geeignet erscheine, soweit diese Bestimmungen auch für den Werbungskostenabzug herangezogen würden (so Kanzler in: Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O. § 33 Anm. 300). Insoweit kann es nämlich keinen Unterschied machen, ob es sich um einen berufs- oder krankheitsbedingten Umzug gehandelt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der vom Beklagten tragenden Kosten beruht auf §§ 151 Abs. 2 und 3, 155 i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 713 der Zivilprozessordnung -ZPO- .

Die Fassung des Tenors erfolgt gemäß § 199 Abs. 2 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Art nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof schriftlich einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat der, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann.

Bei der Einlegung und Begründung der Beschwerde muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Straße 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss 089/9231-201.

Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.

RechtsgebietEinkommensteuer

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