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21.05.2015 · IWW-Abrufnummer 144534

Oberlandesgericht Karlsruhe: Urteil vom 20.01.2015 – 19 U 99/14

1. Eine - besonderen Formvorschriften unterliegende - Vergütungsvereinbarung liegt vor, wenn zwischen Anwalt und Mandant eine höhere oder niedrigere als die gesetzlich festgelegte Vergütung vereinbart werden soll. Fehlt es an gesetzlich festgelegten Gebühren, handelt es sich bei einer Honorarregelung um eine Gebührenvereinbarung.

2. Das Tatbestandsmerkmal des "deutlichen Absetzens" in § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG umschreibt das Gebot einer räumlichen Trennung der Vergütungsvereinbarung von den "anderen Vereinbarungen" in ihrer Gesamtheit. Um diesem Dualismus Rechnung zu tragen, bedarf es keiner drucktechnischen Hervorhebung.

3. Wird die Widerrufsbelehrung in die Vertragsurkunde integriert, muss sie sich in ihrer Gesamtwirkung so deutlich vom übrigen Vertragstext abheben, dass sie dem Vertragspartner die Rechtslage unübersehbar zur Kenntnis bringt.


Oberlandesgericht Karlsruhe

Urt. v. 20.01.2015

Az.: 19 U 99/14

Im Rechtsstreit
(...)
wegen Forderung
hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2015 unter Mitwirkung von Vors, Richter am Oberlandesgericht Dr. Bergmann Richterin am Oberlandesgericht Hölk Richter am Oberlandesgericht Loebbe
für Recht erkannt:
Tenor:

I.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Vorbehalts-Urteil des Landgerichts Karlsruhe -2 O 426/13 -vom 19.05.2014 im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.
II.

Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.
III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin - bei ihr handelt es sich um eine Anwaltsozietät - macht gegen die Beklagte im Urkundenprozess ein Vergütungsbegehren aus einem so bezeichneten Beratungsvertrag geltend.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen, der erstinstanzlich gestellten Anträge sowie der Entscheidungsgründe wird auf den Inhalt des der Klage stattgebenden landgerichtlichen Vorbehalts-Urteils verwiesen.

Ergänzend bleibt festzustellen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Beratungsvertrag folgende Gestaltung aufweist:

"Beratungsvertrag

zwischen

...

- Auftraggeber und

...

- Auftragnehmer

Präambel

Die Parteien schließen nachfolgenden Beratungsvertrag. Angestrebt ist eine langfristige Zusammenarbeit. Dabei sind sich die Parteien einig, dass die Beratungsleistungen der Auftragnehmer bei Bedarf für sämtliche Unternehmen der ... und deren Geschäftsführung erbracht werden. Auftraggeber der Beratungsleistungen auf der Grundlage dieses Vertrages ist der Auftraggeber, auch wenn die Beratungsleistungen gegenüber anderen Unternehmen der ... erbracht werden. Die Auftragnehmer sind berechtigt, die Beratungsleistungen unmittelbar gegenüber den betroffenen Unternehmen zu erbringen.

§ 1 Vertragsgegenstand

1) Gegenstand dieses Vertrages sind rechtliche Beratungsleistungen der Auftragnehmer, insbesondere Überprüfung und Erstellung von Verträgen/Urkunden, Erstattung von Gutachten/gutachterlichen Stellungnahmen, Vorbereitung von und Mitwirkung an Verhandlungen mit Geschäftspartnern und sonstigen Dritten, Erteilung schriftlicher und (fern-) mündlicher Auskünfte, mit Ausnahme von strafrechtlichen Angelegenheiten.

2) Dieser Beratungsvertrag gilt für die außergerichtliche Tätigkeit.

3) Die Beratungsleistungen erfolgen schriftlich, telefonisch oder per Email. Die Mitarbeiter der Auftraggeberin sind berechtigt, unmittelbar Beratungsleistungen für die Auftraggeberin in Anspruch zu nehmen.

4) Sollten einzelne Beratungstätigkeiten über das übliche Maß hinausgehen und/oder Fremdleistungen in Anspruch genommen werden müssen, werden die Parteien hinsichtlich dieser außergewöhnlichen Beratungstätigkeit einvernehmlich eine gesonderte Regelung treffen.

5) Die Beratungstätigkeit wird sowohl am Geschäftssitz der Auftragnehmer, als auch am Geschäftssitz der Auftraggeberin durchgeführt, ohne dass hierdurch Mehrkosten für die Auftraggeberin entstehen.

§ 2 Unternehmen der ...

Dieser Beratungsvertrag gilt auch für die weiteren Unternehmen der ..., die in der als Anlage 1 beigefügten Liste aufgeführt sind. Diese Unternehmen werden ebenfalls durch den alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer Herrn ... vertreten.

§ 3 Beginn des Vertragsverhältnisses, Kündigung

1) Das Vertragsverhältnis beginnt am 1. November 2012 und läuft auf unbestimmte Zeit.

2) Das Vertrags Verhältnis ist von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Monaten zum Monatsende kündbar.

§ 4 Vergütung

1) Zwischen den Parteien wird eine monatliche Vergütung in Höhe von netto EUR 3.000,- (in Worten: Euro dreitausend) vereinbart, zuzüglich der jeweiligen gesetzlichen Mehrwertsteuer. Das Beratungshonorar beträgt derzeit somit brutto EUR 3.570,-.

2) Die Auftraggeber in wird die Vergütung jeweils zur Monatsmitte auf folgendes Konto überweisen: Kontoinhaber ... Bank Konto-Nr. ... BLZ ...

3) Die Parteien werden einvernehmlich die Vergütung anpassen, sollte die tatsächliche Tätigkeit nicht nur vorübergehend über das bis dahin übliche Maß hinausgehen.

§ 5 Haftungsbegrenzung

Hinsichtlich der Haftung der Auftragnehmer gelten die gesetzlichen Bestimmungen. Die Haftung wird im Einzelfall auf EUR 250.000,- und insgesamt auf maximal EUR 1 Mio. pro Jahr begrenzt. Darüber hinaus gehende Haftungsansprüche gegen die Auftragnehmer, die nicht vom Versicherungsschutz der Auftragnehmer umfasst sind, werden ausdrücklich ausgeschlossen.

§ 6 Schweigepflicht, Datenschutz

1) Der Auftragnehmer ist nach Maßgabe der Gesetze verpflichtet, über alle Tatsachen, die ihm im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für den Auftraggeber bekannt werden, Stillschweigen zu bewahren, gleich ob es sich dabei um den Auftraggeber selbst oder dessen Geschäftsverbindungen handelt, es sei denn, dass der Auftraggeber ihn von dieser Schweigepflicht entbindet.

2) Der Auftragnehmer ist befugt, ihm anvertraute personenbezogene Daten im Rahmen der Durchführung dieses Vertrages selbst oder durch seine Mitarbeiter zu verarbeiten oder durch Dritte verarbeiten zu lassen. Im Fall der Verarbeitung der Daten durch Dritte, hat der Auftragnehmer diese zur besonderen Verschwiegenheit zu verpflichten und die Schweigepflicht der Dritten durch geeignete Maßnahmen, zum Beispiel durch Vereinbarung von Vertragsstrafen zugunsten des Auftraggebers, s icherzuste llen.

§ 7 Gerichtsstand, Schlussbestimmung

1) Der Gerichtsstand ist Karlsruhe. Es wird deutsches Recht vereinbart.

2) Änderungen dieses Vertrages, Ergänzungen und Nebenabreden bedürfen der Schriftform. Sofern einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sind oder unwirksam werden sollten, oder dieser Vertrag unvorhergesehene Tücken enthält, wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Die Vertragsparteien werden sich in diesem Fall auf eine wirksame Regelung einigen, die dem zwischen den Parteien wirtschaftlich gewollten Sinn und Zweck entspricht.

..., den 16. November 2012"

Gegen die vorbezeichnete Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Wie schon im ersten Rechtszug erstrebt sie weiterhin eine Abweisung der Klage. Zur Begründung ihres Rechtsmittels hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Entgegen der Einschätzung des Landgerichts sei zwischen den Parteien keine Gebührenvereinbarung im Sinne des § 34 RVG getroffen worden. Zwar hätten die Parteien das zwischen ihnen begründete Schuldverhältnis als "Beratungsvertrag" bezeichnet. Die von der Klägerin geschuldeten Dienste hätten sich jedoch nicht allein in der Erbringung von Beratungsleistungen erschöpft, sondern diese habe absprachegemäß weitergehende Tätigkeiten -insbesondere in Gestalt einer außergerichtlichen Vertretung sowie dem Erstellen von Verträgen -entfaltet. Da hierin die Ausübung einer Geschäftstätigkeit zu erblicken sei, erweise sich § 34 RVG nicht als einschlägig, weshalb die Form Vorschriften des § 3a RVG zu beachten seien. Diesen Anforderungen genüge die gegenständliche Vergütungsvereinbarung indes in zweifacher Hinsicht nicht. § 4 des Vertrages sei schon deshalb nichtig, weil es an einer ausdrücklichen Bezeichnung als Vergütungsvereinbarung fehle. Darüber hinaus sei die Abrede bezüglich des Honorars nicht deutlich von den sonstigen Vereinbarungen abgesetzt, was ebenfalls einen Verstoß gegen § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG verkörpere. Schließlich könne die erstinstanzliche Entscheidung auch in Bezug auf die zuerkannten Verzugszinsen keinen Bestand haben.

Die Beklagte beantragt,

in Abänderung des Vorbehaltsurteils des Landgerichts Karlsruhe vom 19.05.2014 -2 O 426/13 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Partei Vorbringens wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

1. Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage erweist sich als unbegründet.

A.

Das geltend gemachte Verlangen ist zulässig; insbesondere hat das Landgericht - auf dessen Ausführungen insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird (LGU 3, 4) - zu Recht erkannt, dass die Klage im Urkundenprozess statthaft ist.

B.

Der Klage kann jedoch deshalb nicht entsprochen werden, weil der Klägerin gegen die Beklagte -bezogen auf die Zeitspanne vom 01.08. - 30.09.2013 - weder ein vertraglicher noch ein gesetzlicher Vergütungsanspruch zusteht.

a) Zwar haben die Parteien gemäß § 4 Abs. 1 des Vertrages ein monatliches Pauschalhonorar in Höhe von 3.000,00 Euro (netto) festgelegt. Diese Vergütung kann die Klägerin jedoch gemäß § 4b Satz 1 RVG nicht fordern, weil es sich um eine fehlerhafte Vergütungsvereinbarung handelt. Sie genügt nämlich nicht der in § 3a Abs. 1 Satz 2 Variante 2 RVG umschriebenen Voraussetzung. Ohne dass sich aus diesem Verstoß eine Nichtigkeit nach § 125 BGB ableiten ließe, wird dadurch die vereinbarte Vergütung auf die -vorliegend nicht angefallene {siehe nachfolgend unter b) - gesetzliche Gebühr beschränkt (vgl. BGH ZIP 2014, 1338 [BGH 05.06.2014 - IX ZR 137/12]).

aa) Das erstinstanzliche Gericht hat die Ansicht vertreten, die zwischen den Parteien getroffene Regelung verkörpere eine Gebührenvereinbarung im Sinne des § 34 RVG, weshalb die besonderen (Form-)Vorschriften des § 3a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 RVG nicht gelten würden (vgl. § 3a Abs. 1 Satz 4 RVG).

Wie die Berufung zu Recht rügt, kann dieser Beurteilung nicht beigepflichtet werden.

aaa) Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 RVG soll der Rechtsanwalt für eine Beratung - also die Erteilung eines Rats oder einer Auskunft -, die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt, auf den Abschluss einer Gebührenvereinbarung hinwirken. Hängt die Beratung mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammen, kann hingegen eine Vergütung nach § 34 RVG nicht berechnet werden; vielmehr wird die Beratung in diesem Fall durch die für die Angelegenheit vorgesehene Gebühr abgegolten (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 19. Aufl., § 34 Rn. 19m. w. N.).

Nach zutreffender Ansicht, welcher der Senat beitritt, lässt sich daraus auch eine klare systematische Abgrenzung der Begriffe "Vergütungsvereinbarung" einerseits und "Gebührenvereinbarung" andererseits herleiten: Das Gesetz verwendet den Begriff der Vergütungsvereinbarung dann, wenn eine höhere oder niedrigere als die gesetzlich festgelegte Vergütung zwischen Anwalt und Mandant vereinbart werden soll, während es im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 Satz 1 RVG an gesetzlich festgelegten Gebühren fehlt, weshalb die vom Gesetzgeber insoweit gewählte Bezeichnung Gebührenvereinbarung folgerichtig erscheint (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, a. a. O., § 34 Rn. 4 m. w. N.).

bbb) Gemessen daran verkörpert die zwischen den Parteien getroffene Abrede über die Zahlung eines monatlichen Pauschalhonorars keine Gebührenvereinbarung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 RVG, sondern vielmehr eine Vergütungsvereinbarung gemäß § 3a RVG.

Die von der Klägerin vertraglich geschuldeten Leistungen erschöpften sich nämlich nicht in einer bloßen Beratung, sondern sie umfassten auch eine nach Nr. 2300 VV von Gesetzes wegen zu vergütende Geschäftstätigkeit. Dies folgt bereits aus § 1 Abs. 1 des Vertrages: Zum Aufgabenkreis der Klägerin zählte es u. a., zum einen Verträge zu erstellen sowie zum andern an Verhandlungen mit Geschäftspartnern und sonstigen Dritten mitzuwirken. Jeder dieser beiden Gesichtspunkte steht für sich genommen der Bewertung des Landgerichts entgegen: Tritt der Rechtsanwalt nach außen hervor, ist das ein sicheres Zeichen für eine Geschäftstätigkeit in dem vorbezeichneten Sinne (vgl. Gerold/Schmidt /Mayer, a. a. O., § 34 Rn. 14 m. w. N.). Ebenso steht außer Frage, dass die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages das Entstehen einer Geschäftsgebühr auslöst (vgl. dazu Vorbemerkung 2.3 Absatz 3 W).

bb) Greift mithin die Ausnahmebestimmung des § 3a Abs. 1 Satz 4 RVG aus den gerade dargestellten Gründen nicht Platz, hätte der Klägerin das von ihr geltend gemachte vertragliche Pauschalhonorar (vgl. § 4b RVG), nur dann gebührt, wenn die getroffene Vergütungsvereinbarung den in § 3a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 RVG geregelten formalen Anforderungen genügte. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Zwar weist sie die erforderliche Textform (vgl. § 3a Abs. 1 Satz 1 RVG) auf. Auch ist sie nicht in der Vollmacht (mit-)enthalten (vgl. § 3a Abs. 1 Satz 2 Variante 3 RVG). Jedoch ist sie nicht von den "anderen Vereinbarungen" - die Auftragserteilung ausgenommen -"deutlich abgesetzt" (vgl. § 3a Abs. 1 Satz 2 Variante 2 RVG), weshalb der Senat nicht darüber zu befinden braucht, ob der gegenständliche Vertrag überhaupt eine dem Begriff "Vergütungsvereinbarung" vergleichbare Bezeichnung (vgl. § 3a Abs. 1 Satz 2 Variante 1 RVG) enthält, und was die Rechtsfolgen eines (alleinigen) Verstoßes dagegen wären (vgl. BGH NJW 2004, 2818 [BGH 08.06.2004 - IX ZR 119/03]).

aaa) Zu den "anderen Vereinbarungen", von welchen die Vergütungsvereinbarung deutlich abzusetzen ist, zählen sämtliche Klauseln, die die Vergütung nicht unmittelbar betreffen (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, a. a. O., § 3a Rn. 10).

Darunter fallen vorliegend insbesondere die in § 5 des Vertrages vorgesehene Haftungsbegrenzung (vgl. BGH NJW 2004, 2818 [BGH 08.06.2004 - IX ZR 119/03]) sowie die in § 7 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages enthaltene - für alle Streitigkeiten aus dem Mandatsverhältnis geltende - Gerichtsstandsvereinbarung (vgl. Mayer/Kroiß/Teubel, RVG, 6. Aufl., § 3a Rn. 41). Aber auch die Bestimmungen gemäß §§ 2, 3 und 6 des Vertrages verkörpern "andere Vereinbarungen" in diesem Sinne.

bbb) Was unter "deutlichem Absetzen" im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG zu verstehen ist, wird in der Literatur - soweit ersichtlich, ist zu dieser Frage bislang weder höchst- noch obergerichtliche Rechtsprechung ergangen, - kontrovers beurteilt.

Einvernehmen herrscht noch darüber, dass das vorbezeichnete Tatbestandsmerkmal eine optische Abhebung von anderweitigen Erklärungen erfordert, und zwar dergestalt, dass für den Auftraggeber sofort erkennbar ist, dass hier eine gesonderte Vergütungsvereinbarung getroffen wird (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, a. a. O., § 3a Rn. 12 m. w. N.).

Welche konkreten Kriterien erfüllt sein müssen, um eine ausreichende optische Auffälligkeit zu befürworten, wird dagegen unterschiedlich bewertet.

Zum Teil wird aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in den Bestimmungen der §§ 4 Abs. 3 Satz 1 HWG und § 11 Abs. 5 Satz 2 AMG jeweils eine identische Formulierung gewählt hat, der Schluss gezogen, dass eine "deutliche Zäsur" zwischen den Texten notwendig sei (vgl. Mayer/Kroiß/Teubel, a. a. O., § 3a Rn. 42-44). Eine solche lasse sich insbesondere durch die Verwendung eines Trennungsstrichs, eines erheblichen Zeilenabstands oder durch unterschiedliche Überschriften erreichen (vgl. Mayer/Kroiß/Teubel, a. a. O.). Im Ergebnis ähnlich stellt sich folgender Vorschlag dar: Unter Hinweis darauf, dass die Gesetzesbegründung zur Neuregelung des § 3a RVG in diesem Zusammenhang von einer "räumlichen Trennung" spreche, wird empfohlen, unterschiedliche Überschriften zu wählen, und zwar für die so zu bezeichnende Vergütungsvereinbarung einerseits und die das übrige Mandatsverhältnis betreffenden Abreden andererseits (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, a. a. O., § 3a Rn. 13, 14). Eine andere Ansicht stellt - ohne konkrete Anforderungen in Bezug auf die äußere Gestaltung festzulegen - lediglich darauf ab, dass die Gebührenvereinbarung und die anderen Vereinbarungen optisch so scharf voneinander zu sondern seien, dass der Auftraggeber beim besten Willen nicht überzeugend behaupten könne, die Vergütungsvereinbarung nicht gewollt zu haben (vgl. Hartmann, KostG, 44. Aufl., RVG § 3a Rn. 20). Schließlich wird der Standpunkt eingenommen, zur Verwirklichung des oben genannten Tatbestandsmerkmals bedürfe es einer drucktechnischen Trennung bzw. Hervorhebung (vgl. Römermann in Hartung/Römermann/Schons, RVG [a. F.], 2. Auflage, § 4 Rn. 96).

Ausweislich der Gesetzesbegründung zur Norm des § 3a RVG greift dessen Absatz 1 Satz 2 die vormals in §4 Abs. 1 Satz 2 RVG a. F. geregelten Anforderungen auf -Bezeichnung als "Vergütungsvereinbarung" und räumliche Trennung von sonstigen Vereinbarungen - und erstreckt diese Regelung zum Schutz des Auftraggebers oder der Auftraggeberin auf alle Vergütungsvereinbarungen, mit denen von der gesetzlichen Vergütung abgewichen werden soll (BT-Drucks. 16/8384, S. 10).

Nach dem Dafürhalten des Senats umschreibt das Tatbestandsmerkmal des "deutlichen Absetzens" in Einklang mit der vorgenannten Gesetzesbegründung das Gebot einer räumlichen Trennung der Vergütungsvereinbarung von den "anderen Vereinbarungen" in ihrer Gesamtheit. Um diesem Dualismus Rechnung zu tragen, bedarf es zwar keiner drucktechnischen Hervorhebung. Von dieser Einschränkung abgesehen, erscheint jedoch ein Rückgriff auf diejenigen Anforderungen angezeigt, welche die Rechtsprechung an die äußere Gestaltung der Widerrufsbelehrung nach Art. 246 Abs. 3 EGBGB (bzw. § 360 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F.) stellt (vgl. Mayer/Kroiß/Teubel, a. a. O., Rn. 42).

Wird die Widerrufsbelehrung in die Vertragsurkunde integriert, muss sie sich in ihrer Gesamtwirkung anerkanntermaßen so deutlich vom übrigen Vertragstext abheben, dass sie dem Vertragspartner die Rechtslage unübersehbar zur Kenntnis bringt (vgl. BGH NJW 1987, 125 [BGH 07.05.1986 - I ZR 95/84]; NJW-RR 1990, 368 [BGH 20.12.1989 - VIII ZR 145/88]; NJW 1994, 1800 [BGH 27.04.1994 - VIII ZR 223/93]; NJW 1996, 1964 [BGH 25.04.1996 - X ZR 139/94]; MüKo/Masuch, BGB, 6. Auflage 2012, § 360 [a. F.] Rn. 27, 28; Staudinger/Kaiser, BGB -Neubearbeitung 2012, § 360 [a. F.] Rn. 11, m. w. N.). Für den Fall einer drucktechnischen Ausgestaltung ist dabei anerkannt, dass sich die Belehrung mangels hinreichender Abhebung vom übrigen Vertragstext als unwirksam erweisen kann, wenn andere Vertragsteile in gleicher Weise oder mit gleicher Wirkung hervorgehoben sind wie die Widerrufsbeiehrung (vgl. BGH NJW 1987, 125 [BGH 07.05.1986 - I ZR 95/84]; NJW-RR 1990, 368 [BGH 20.12.1989 - VIII ZR 145/88]; NJW 1994, 1800 [BGH 27.04.1994 - VIII ZR 223/93]; NJW 1996, 1964 [BGH 25.04.1996 - X ZR 139/94]; MüKo/Masuch a. a. O. ; Staudinger/Kaiser a. a. O., m. w. N.).

Gemessen daran kann hier nicht angenommen werden, dass die Vergütungsvereinbarung von den "anderen Vereinbarungen" in dem oben näher umschriebenen Sinne hinreichend deutlich abgesetzt ist. Als Mittel der räumlichen Trennung finden sich in dem gegenständlichen Vertrag ausschließlich Absätze und durch Fettdruck hervorgehobene Überschriften. Diese werden wiederholt und gleichförmig verwendet, womit der Gesamteindruck einer äußeren Homogenität erzeugt wird. Die Regelungen in § 4 des Vertrages - mithin auch die Vergütungsvereinbarung -sind diesem Muster der äußeren Gestaltung ohne Einschränkung unterworfen. Sind aber die einzelnen "anderen Vereinbarungen" voneinander in der gleichen Weise räumlich abgegrenzt wie die Vergütungsvereinbarung von den übrigen Vertragsinhalten, von denen sie getrennt werden muss, bleibt mangels ausreichender Differenzierung für die Annahme eines "deutlichen Absetzens" kein Raum.

b) Da die Klägerin in den beiden oben näher bezeichneten Monaten unstreitig keinerlei Tätigkeiten für die Beklagte erbracht hat, steht ihr auch von Gesetzes wegen kein Vergütungsanspruch zu (vgl. § 4b RVG).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit lässt sich den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO entnehmen.

4. Die Revision war zuzulassen.

Soweit ersichtlich, fehlt es insbesondere an einer höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der Frage, was unter einem "deutlichen Absetzen" im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG zu verstehen ist.

RechtsgebietRVGVorschriftenRVG § 3a Abs. 1; RVG § 4b S. 1; RVG § 34 Abs. 1 S. 1

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