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27.04.2005 · IWW-Abrufnummer 050715

Landgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 11.11.2004 – 2/3 O 241/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


2/3 O 241/04
Verkündet am 11.11.2004

Im Namen des Volkes!

In dem Rechtsstreit xxx

hat das Landgericht Frankfurt a. M.- 3. Zivilkammer ? durch Vors. Richter am Landgericht Dr. Schartl, Richterin am Landgericht Zöller und Richterin am Landgericht Bonkas aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.10.2004 für Recht erkannt:

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu ? 250.000,-- für jeden Fall der Zuwiderhandlung ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Zeitungsanzeigen oder sonst werblich Kundenkarteninhabern die Gewährung von 5 Hibu-Talern sowie ermäßigte Preise anzukündigen und/oder zu gewähren, wenn dies geschieht wie in der als Anlage K I beigefügten Werbeanzeige in der Südthüringer Rundschau vom 01.04.2004.

Auf die Widerklage wird der Kläger ferner verurteilt, an die Beklagte 189,-- nebst Zinsen in Höhe von 5 %punkten über dem Basiszinssatz seit 25.08.2004 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 11.600,-- vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger betreibt eine Apotheke in Hildburghausen. Als Kundenbindungssystem hat er den sog. Hibu-Taler etabliert. Der Kunde hat die Möglichkeit, bei klar definierten Gelegenheiten Hibu-Taler zu erhalten, etwa beim Einkauf von Waren aus den Selbstbedienungssortiment. Die Taler können gesammelt und in der Apotheke oder bei Kooperationspartnern gegen bestimmte Prämien eingetauscht werden. Außerdem haben die Kunden die Möglichkeit, eine Kundenkarte zu nutzen.

Am 01.04.2004 schaltete der Kläger in der Südthüringer Rundschau eine Anzeige, wegen deren genauen Inhalts auf Bl. 9 d. A. verwiesen wird. Er bewarb darin eine weitere Prämie. Gegen 20 Hibu-Taler und die Arztpraxisgebühr-Quittung erhält der Kunde 10 ? in bar. Außerdem offeriert der Kläger Kunden zur Kundenkarte zusätzlich 5 Hibu-Taler. Ferner werden in der Anzeige verschiedene Produkte beworben unter Angabe des jeweiligen Preises einmal ohne Kundenkarte und des jeweils günstigeren Preises mit Kundenkarte.

Die beklagte Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V. erkannte den Angaben des Klägers zwei Wettbewerbsverstöße. Sie mahnte ihm mit Schreiben vom 16.04.2004 ab und forderte ihn unter Fristsetzung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung ? wie im Klageantrag wiedergegeben ? auf. Der Kläger kam dieser Aufforderung nicht nach.

Durch eine wettbewerbliche Abmahnung entstehen der Beklagten durchschnittlich Kosten in Höhe von ? 176,64 ohne Mehrwertsteuer.

Der Kläger ist der Ansicht, aus der angegriffenen Anzeige werde offensichtlich, dass die 5 Hibu-Taler nur bei Beantragung der Kundenkarte gewährt würden, nicht aber beim Kauf von Arzneimitteln. Des Weiteren sei es ihm auch im Segment der Heilmittelwerbung gestattet, für Kundenkarteninhaber besondere Preise festzusetzen und diese zu bewerben. Mit der Preisfreigabe durch das GKV-Modernisierungsgesetz habe der Gesetzgeber gerade die individuelle Preisfestsetzung durch den Apotheker bezweckt.

Der Kläger hat zunächst beantragt.

festzustellen, dass der Beklagte keinen Anspruch hat, das es der Kläger unterlässt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Zeitungsanzeigen oder sonst werblich.

a) anzukündigen, dass man dem Kunden die Praxisgebühr erstatte, insbesondere wenn dies wie folgt geschieht.

?Wir ersetzen Ihnen ihre Arzt-Praxis-Gebühr gegen Hibu-Taler!!!
Gegen ihre Arztpraxis-Quittung und Hibu-Taler bekommen Sie von uns 10 ? in bar!?

und/oder

b) Kundenkarteninhabern die Gewährung von 5 Hibu-Talern sowie ermäßigte Preise anzukündigen und/oder zu gewähren.

Nachdem die Beklagte im Wege der Widerklage beantragt hat,

1. den Kläger zu verurteilen, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,-- für jeden Fall der Zuwiderhandlung ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Zeitungsanzeigen oder sonst werblich.

a) anzukündigen, dass man dem Kunden die Praxisgebühr erstatte, insbesondere wenn dies wie folgt geschieht.

?Wir ersetzen Ihre Arzt-Praxis-Gebühr gegen Hibu-Taler!!!
Gegen ihre Arztpraxis-Quittung und 20 Hibu-Taler bekommen Sie von uns 10 ? in bar!.

und/oder

b) Kundenkarteninhaberin die Gewährung von 5 Hibu-Talern sowie ermäßigte Preise anzukündigen und/oder zu gewähren, wenn dies geschieht wie der als Anlage K 1 beigefügten Werbeanzeige in der Südthüringer Rundschau vom 01.04.2004;

2. den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte ? 189,-- nebst Zinsen in Höhe von 5 %punkten über dem Basiszinssatz seit 25.08.2004 zu zahlen

haben beide Parteien der mündlichen Verhandlung vom 07.10.2004 den Klageantrag übereinstimmend für erledigt erklärt.

Der Kläger beantragt nunmehr.

die Widerklage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Nachdem beide Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit hinsichtlich der Klage für erledigt erklärt haben, war noch über die Widerklage zu erkennen.

Die Beklagte ist unstreitig ein Verband zu Förderung gewerblicher Interessen i. S. von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG und somit für den von ihr mit der Widerklage verfolgten wettbewerbsrechtlich Unterlassungsanspruch klagebefugt.

I.

Die Ankündigung des Klägers, dass der Kunde gegen Vorlage seiner Arztpraxisgebühr und 20 sog. Hibu-Taler die Praxisgebühr in Höhe von ? 10,-- erstattet bekommt, ist nicht unlauter im Sinne von § 3 UWG:

Die streitgegenständliche Werbemaßnahme des Klägers ist insbesondere nicht unlauter unter dem Aspekt des Vorsprungs durch Rechtsbruch (§ 4 Nr. 11 UWG) wegen Missachtung der gesetzlichen Regelung in §§ 28 Abs. 4, 61 SGB V.
Nach den Vorschriften der §§ 28 Abs. 4, 61 SGB V ist von den Versicherten das 18. Lebensjahr vollendet haben, eine sog. Praxisgebühr in Höhe von ? 10,-- je Kalendervierteljahr für jede erste Inanspruchnahme eines an der ambulanten ärztlichen, zahnärztlichen oder psychotherapeutischen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers, die nicht auf Überweisung aus demselben Kalendervierteljahr erfolgt, als Zuzahlung an den Leistungserbringer zu leisten. Die Vorschrift regelt somit Rechtsbeziehung zwischen Versicherten und Leistungserbringern. Normadressat sind die Versicherten einerseits sowie an der ambulanten ärztlichen, zahnärztlichen oder psychotherapeutischen Versorgung teilnehmende Leistungserbringer anderseits. Hierzu gehört der Kläger in seiner Funktion als Apotheker indes nicht. Ebenso wenig ist dem Kläger eine Beteiligung an einem Rechtsbruch seiner Kunden vorzuwerfen. Denn diese müssen, um in den Genuss der angegriffenen Prämie zu kommen, zunächst selbst die Arztpraxisgebühr gezahlt haben, verhalten sich somit gerade gesetzeskonform. Soweit der Kläger durch seine Werbung mit der Erstattung der Praxisgebühr möglicherweise die gesetzgeberische Intention unterläuft, ein neues Kostenbewusstsein auf Patientenseite zu schaffen und die Patienten zu rationalerem Verhalten anzuhalten, erachtet die erkennende Kammer dies entgegen der Auffassung der von der Beklagten angeführten Entscheidungen des LG Stuttgart vom 01.04.2004 ? Az. 36 O 41/04 KfH - in B 6 sowie des OLG Hamburg vom 29.06.2004 ? Az. 312 O 409/04 ? in B 11 nicht für unlauter im Sinne von § 3 UWG. Zum einen entspricht die Vereitelung des Gesetzeszwecks nicht der Intention des Klägers, diese wird von ihm allenfalls in Kauf genommen, um sein primäres Anliegen - die Werbung von Kunden zu verwirklichen. Im Übrigen ist es dem Gesetzgeber unbenommen, Verkehrungen zu treffen gegen eine anderweitige Erstattung der Praxisgebühr gegenüber gesetzlich Versicherten. Solches lässt sich nicht über die Regelungen des UOWG durchsetzen.

Es ist auch nicht ersichtlich, das durch ein etwaiges Unterlaufen des Gesetzeswecks erhebliche Auswirkungen auf die Volksgesundheit zu befürchten wären. Dass die Aussicht auf die Erstattung der Praxisgebühr Kunden des Klägers dazu bewegen mag, einen Arztbesuch durchzuführen, den sie andernfalls auch wegen der damit verbundenen Praxisgebühr unterlassen hätten, kommt nur für die erste ärztliche bzw. zahnärztliche Inanspruchnahme pro Quartal zum Tragen. Denn gleichermaßen wird es einem Patienten, der bereits die Praxisgebühr in einem Kalendervierteljahr gezahlt hat, wirtschaftlich gleichgültig sein, ob er in diesen Quartal weiterhin zum Arzt geht oder nicht. Auch wenn die angegriffene Werbemaßnahme des Klägers geeignet sein mag, die Schwelle seinen Kunden herabzusetzen, einen Arzt erstmalig dem Kalenderjahr aufzusuchen, ist die Gefahr, dass dies zu einer dauerhaften Schwächung des Systems der gesetzlichen Krankenkassen und damit zu einer Beeinträchtigung der Volksgesundheit führt, nach Ansicht der Kammer auch unter Berücksichtigung einer potentiellen Nachahmungsgefahr höchst theoretisch.

Die Werbung mit einer Erstattung der Praxisgebühr, welche dem Kunden für den Fall in Aussicht gestellt wird, dass er 20 Hibu-Taler etwa durch den Kauf von Waren aus dem Selbstbedienungssortiment des Klägers erhalten hat, enthält auch keine unsachliche Beeinflussung im Sinne von § 4 Nr.1 UWG.
Grundsätzlich sind verkaufsfördernde Kopplungsangebote einschließlich Zugaben zulässig [Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 4 Rn. 1,60; Harte/Henning UWG 1. Aufl. § 4 Nr. 1 Rn. 19]. Die unangemessene sachliche Beeinflussung kann sich bei Kopplungsangeboten allenfalls aus ihrer übermäßigen Anreizwirkung ergeben. Die Anlockwirkung muss so stark sein, dass die Rationalität der Nachfrageentscheidung des Verbrauchers vollständig in den Hintergrund tritt [Baumbach/Hefermehl., a. a. O., Rn. 177]. Die Rationalität der Verbraucherentscheidung ist dann ausgeschaltet, wenn auch der durchschnittlich informierte, situationsadäquat aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher durch die Werbung davon abgehalten wird, Preis und Qualität des Gesamtangebots kritisch zu überprüfen, insbes. Vergleiche mit Konkurrenzangeboten vorzunehmen, und er seine Entscheidung nur noch danach trifft, wie er in den Genuss der Vergünstigung gelangt. Das dürfte indessen nur in Ausnahmefälle anzunehmen sein [vgl. Baumbach/Hefermehl, a. a. O. Rn. 1.35; Harte/Henning. a. a. O. Rn. 43]. Auch die Anlockwirkung, die von der Unentgeltlichkeit des Kopplungsangebots ausgeht, ist grds. wettbewerbskonform. Der verständige Verbraucher kann im Allgemeinen einschätzen, was ihm die Zugabe bedeutet [Baumbach/Hefermehl, a. a. O. Rn. 79]. Der Wert einer Zugabe wird für den verständigen Verbraucher ein wichtiges und rationales Kalkül der Nachfrageentscheidung sein. Selbst wenn es dem Käufer nur um die Zugabe geht kann seine Entscheidung noch rational sein (Baumbach/Hefermehl, a. a. O. Rn.1. 81). Vorliegend ist nicht davon auszugehen, dass ein verständiger Verbraucher sich zum Einkauf von Waren aus dem Selbstbedienungssortiment in der Apotheke des Klägers ohne Berücksichtigung der damit verbundenen wirtschaftlichen Belastungen allein von dem Wunsch beherrschen lässt, in den Genuss der versprochenen Prämie zu gelangen. Dass ein verständiger Verbraucher sich durch die streitgegenständliche Werbemaßnahme vorschnell zum Vertragsschluss verleiten lässt, ist schon deshalb nicht anzunehmen, weil er zunächst 20 Hibu-Taler sammeln und diese als Gegenleistung erbringen muss, um die Praxisgebühr erstattet zu erhalten. Der freie Entscheidung ist auch nicht dadurch gefährdet, dass die Kaufentscheidung auf emotionalen und nicht rationalen oder gar rein wirtschaftlichen Gründen beruht (Harte/Henning, a. a. O. Rn. 107]. Selbst wenn ? wie die Beklagte meint ? die streitgegenständliche Werbung sich den Unmut der Bevölkerung über die Einführung der Praxisgebühr zunutze macht, geht von ihr jedenfalls keinen konkrete Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung und damit Verfälschung der Entscheidungsfreiheit aus.

Schließlich stellt der Umstand, dass der Kläger mit der angegriffenen Werbemaßnahme den Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung die Erstattung der sog. Praxisgebühr in Aussicht stellt, nicht hingegen den Personen, die über diese Versicherung nicht verfügen, d. h. privat oder überhaupt nicht krankenversichert oder im Ausland krankenversichert sind, keine unzulässige Diskriminierung der zuletzt genannten Personen dar.
Das Wettbewerbsrecht kennt kein allgemeines Diskriminierungsverbot. So ist es nicht unlauter, wenn etwa nach Familienstand oder Berufszugehörigkeit differenziert wird. Es müssen daher besondere Umstände hinzutreten, um eine Diskriminierung unlauter zu machen [vgl. Baumbach/Hefermehl, a. a. O. Rn. 10.210: Harte/Henning. a. a. O,. Rn. 90.]. Solche sind vorliegend nicht erkennbar. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung, welche sich für die Erstattung der Praxisgebühr durch den Kläger als Prämie entscheiden, den Barbetrag von ? 10,-- nur erhalten gegen Vorlage ihrer Arzt-Praxisquittung, sie also zuvor diesen Betrag bereits als Praxisgebühr gezahlt haben müssen. Darüber hinaus steht derjenigen, die keine Arzt-Praxisquittung haben, ein Prämiensortiment aus der Apotheke des Klägers oder bei Kooperationspartnern zur Auswahl; gesammelte Hibu-Taler werden somit für diese Kunden nicht wertlos.

II.

Dagegen ist der Widerklageantrag zu b) gemäß §§ 7 Abs. 1 HWG i. V. m. §§ 3, 8 UWG begründet.

Die Ankündigung des Klägers in seiner Anzeige in der Südthüringer Rundschau vom 01.04.2004, dass Kunden zur Kundenkarte zusätzlich 5 Hibu-Taler sowie mit Kundenkarte ermäßigte Preise auf die beworbenen Produkte gewährt werden, und die Gewährung dieser Hibu-Taler bzw. der ermäßigten Preise verstößt gegen §§ 7 HWG, 3 UWG.

Gemäß § 7 Abs. 1 HWG in der seit 01.01.2004 gültigen Fassung ist es unzulässig, im Rahmen der Werbung für Heilmittel im Sinne von § 1 HWG Zuwendungen oder sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren, soweit nicht im Einzelnen in Ziff. 1 bis 5 dieser Vorschrift aufgezählte Ausnahmetatbestände dies zulassen. Aus § 7 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 2 HWG folgt, dass die Gewährung eines Geld- oder Warenrabattes auf Arzneimittel nur im Verhältnis zu besonders qualifizierten Endverbrauchern zulässig ist. Danach ist eine Rabattierung apothekenpflichtiger Arzneimittel gegenüber dem Endverbraucher nach § 7 Abs. 1 HWG ansonsten unzulässig.
Das von dem Kläger angekündigte und nach der Werbung des Klägers zu besorgende Gewähren von ermäßigten Preisen für Kunden mit Kundenkarte für die beworbenen Produkte sowie die Erstattung von 5 Hibu-Taler stellt eine Zuwendung im Sinne von § 7 Abs. 1 HWG dar und zwar unabhängig davon, ob diese Taler einmal mit Erhalt der Kundenkarte oder mehrmals beim Kauf der beworbenen Arzneimittel oder anderer Heilmittel im Sinne von § 1 HWG gewährt werden. Der Begriff der Zuwendung ist im Sinne dieser Bestimmung weit auszulegen. So fällt auch der engere Betriff der Zugabe unter den Begriff der Zuwendung. Ein Preisnachlass, der beim Kauf einer Hauptware gewährt wird, ist nach ganz herrschender Auffassung begrifflich eine Zuwendung [vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl. § 1 Zugabe VO Rn. 74]. Ein Preisnachlass (Rabatt) ist ein betragsmäßig oder prozentual festgelegter Abschlag vom angekündigten oder allgemein geforderten Preis (Grundpreis, Ausgangspreis) [Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. § 4 Rn. 1.92]. Preisnachlässe sind auch Sonderpreise, die einzelnen Kunden wegen ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Verbraucherkreises -- hier den Inhabern von Kundenkarten ? gewährt werden.

Die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG. wonach Zuwendungen zulässig sind, wenn es sich bei ihnen um geringwertige Kleinigkeiten handelt liegen nicht vor.
Der Grenzbereich für gerade noch zulässige geringwertige Kleinigkeiten im Sinne von § 7 HWG ist bereits bei Zuwendungen im Werte von 1,-- DM/0,50 ? erreicht [Doepner, a. a. O., § 7 Rn. 38 f mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung]. Dieser Höchstwert ist vorliegend überschritten. Die Preisreduzierung für die beworbenen Arzneimittel für Kunden mit Kundenkarte liegt zwischen 0,60 bis 1,50 ?; ausgehend von der streitgegenständlichen Prämie (10 ? in bar gegen 20 Hibu-Taler) entspricht der Wert von 5 Hibu-Talern einem Betrag von ? 2.50,--.

Hierbei handelt es sich auch nicht um eine reine Imagewerbung, da der durchschnittliche Leser der streitgegenständlichen Anzeige davon ausgeht, dass er die 5 Hibu-Taler zusätzlich zur Kundenkarte bei jedem Warenkauf in der Apotheke des Klägers, also etwas auch beim Kauf der in der Anzeige abgebildeten Arzneimittel erhält.

Wegen des Vorstoßes der Werbung des Klägers gegen § 7 HWG ist auch ein Verstoß gegen § 3 UWG gegeben, da die Vorschrift eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion hat [vgl. OLG Hamburg GUR-RR 2004, 219 (220)].

Entgegen der Auffassung des Klägers hat sich an dieser Rechtslage durch die Einführung des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) nicht geändert. Hätte der Gesetzgeber mit der Einführung des Gesetzes zugleich auch eine Änderung der Regelung des § 7 HWG herbeiführen wollen, hätte nichts näher gelegen, als dass diese Vorschrift insbesondere was die hier maßgebliche Gewährung von Rabatten bzw. Sonderrabatten angeht, zugleich auch geändert worden wäre. Der Wegfall der Arzneimittelpreisverordnung für apothekenpflichtige Arzneimittel bedeutet nämlich nicht zugleich, dass damit die Werbung mit der Einräumung von Rabatten für diese Mittel erlaubt wird. Durch die Werbung mit Rabatten wird den Kunden bzw. Patienten der Eindruck vermittelt, dass sie die Apothekenwaren günstiger bekommen als sonst. Gerade diese Art von Werbung soll aber aus dem Arzneimittelbereich im Verhältnis Apothekenkunden als Endverbrauchern herausgehalten werden, wie die Regelung des § 7 Abs. 1 HWG zeigt. Aufgrund dieser bestehenden Gesetzlage ist die von der Beklagten beanstandete Werbung des Klägers unzulässig.

Aufgrund des bereits begangenen Wettbewerbsverstoßes wird die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr vermutet.

III.
Des Weiteren kann die Beklagte von dem Kläger unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag Erstattung der geltend gemachten Abmahnkosten in Höhe von ? 189,-- verlangen (§§ 68, 677, 670 BGB).

Die Abmahnung gemäß Schreiben der Beklagten vom 16.04.2004 diente zur Beseitigung der rechtswidrigen Störung, zu welcher der Kläger als Störer verpflicht war. Den die angegriffene Werbung des Klägers ist in dem oben dargelegten Umfang unlauter im Sinne § 3 UWG. Mit der Abmahnung führte die Beklagte zugleich ein objektiv fremdes Geschäft im Sinne von § 683 BGB. Sie verfolgte nicht nur eigene Interessen, sondern handelte auch mit dem Willen, für den abgemahnten Kläger tätig zu sein. und zwar im Einklang mit dessen mutmaßlichem Willen, damit ein kostspieliger Prozess vermieden wird.

Die Höhe der Klageforderung entspricht einem angemessen Anteil der Aufwendungen der Beklagten. Durch eine wettbewerbliche Abmahnung entstehen dieser durchschnittlich Kosten in Höhe von ? 176,64 netto zzgl. 7 % MwSt. mithin ? 189,--.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 29 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 921, 91 a ZPO.
Die Klage war zum Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärung hinsichtlich des Antrags zu 1 a) begründet, im Übrigen unbegründet. Insoweit wird auf die Ausführungen zur Widerklage verwiesen.

Der Entscheidung vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.

RechtsgebietWettbewerbsrecht (UWG)Vorschriften§§ 3, 4 UWG

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