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  • · Nachricht · Arbeitsrecht

    Die Inflationsausgleichsprämie muss nicht allen Mitarbeitenden gewährt werden

    von StB Christian Herold, Herten, herold-steuerrat.de

    | Die Inflationsausgleichsprämie nach § 3 Nr. 11c Einkommensteuergesetze (EStG) muss nicht allen Arbeitnehmern in gleicher Weise gewährt werden, wenn sachliche Gründe für eine Differenzierung bestehen (Arbeitsgericht [AG] Paderborn 06.07.2023, Az. 1 Ca 54/23) |.

    Hintergrund

    Wenn Arbeitgeber ihren Mitarbeitern eine Inflationsausgleichsprämie gewähren, bleibt diese bis zu einem Betrag von 3.000 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei. Voraussetzung für die Steuer- und Beitragsfreiheit ist, dass die Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird. Die Regelung gilt für Zahlungen, die vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 gewährt werden (§ 3 Nr. 11c EStG). Steuerlich gibt es keine Verpflichtung, die Prämie an alle Arbeitnehmer auszuzahlen. Das heißt, der Arbeitgeber hat es in der Hand, dem einen Arbeitnehmer eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie zu zahlen und dem andere nicht (Bundestagsdrucksache 20/3987 vom 14.10.2022). Etwas anderes kann allenfalls gelten, wenn es um ein Arbeitsverhältnis mit einem nahen Angehörigen geht, denn dieses muss einem Fremdvergleich standhalten. Details zum Thema lesen Sie in PP 11/2022, Seite 19.

     

    Doch auch wenn sowohl die grundsätzliche Zahlung der Inflationsausgleichsprämie als auch eine eventuelle Verteilung unter den Arbeitnehmern ‒ steuerlich ‒ im freien Belieben des Arbeitgebers stehen, können sich aus dem Tarif- oder dem Arbeitsrecht abweichende Handhabungen ergeben. So dürfen Arbeitgeber nicht einfach willkürlich bestimmte Arbeitnehmer begünstigen bzw. andere benachteiligen.

     

    Sofern also nicht alle Arbeitnehmer eine Prämie erhalten oder diese ihrer Höhe nach differenziert gezahlt wird, müssen objektive Gründe für die unterschiedliche Behandlung vorliegen. Ansonsten gilt arbeitsrechtlich der Gleichbehandlungsgrundsatz.

    Sachverhalt

    Der Arbeitgeber aus dem eingangs genannten Urteil hatte seinen Arbeitnehmern während der Coronapandemie und den damit einhergehenden wirtschaftlichen Engpässen den Abschluss neuer Arbeitsverträge angeboten. Damit haben die Betroffenen auf ihren Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichtet. Die Klägerin hatte das Angebot aber nicht angenommen. Als Zeichen der Dankbarkeit für diejenigen Mitarbeiter, die sich solidarisch gezeigt hatten, hat der Arbeitgeber dieser Mitarbeitergruppe später eine freiwillige Sonderzahlung in Höhe von maximal 1.000 Euro netto zugesagt. Die Zahlung sollte Anfang Dezember 2022 erfolgen.

     

    Die Klägerin ging bei dieser Sonderzahlung leer aus. Der Arbeitgeber begründete die Ungleichbehandlung damit, dass die Klägerin bereits Sonderzahlungen erhalten habe (Urlaubs- und Weihnachtsgeld). Folglich sei sie nicht in vergleichbarem Maße von den inflationsbedingten finanziellen Einbußen betroffen wie die übrige Belegschaft, die diese Zahlungen nicht erhalten habe. Die Klägerin sah dennoch einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

    Entscheidungsgründe

    Mit ihrer Klage scheiterte die Arbeitnehmerin. Das AG Paderborn war der Ansicht, dass der Arbeitgeber nach sachlichen Gründen differenzieren durfte, welcher Arbeitnehmergruppe er einen Inflationsausgleich zukommen lassen wollte und welcher Arbeitnehmergruppe nicht. Ein Ausgleich der inflationsbedingten Teuerungsrate müsse nicht allen Arbeitnehmern gleichmäßig gewährt werden, wenn sachliche Gründe für eine Differenzierung bestünden.

     

    Im Urteilsfall hat der Arbeitgeber bei der Verteilung zwischen Arbeitnehmern, die bereits Anspruch auf eine Sonderzahlung haben, und Arbeitnehmern, die ansonsten keine Sonderzahlung erhalten, differenziert. Dies war zulässig. Der Arbeitgeber hat mit der Beschränkung der Leistungen einen weitergehenden Zweck verbunden. Die Gleichbehandlung muss nicht allein nach dem Ziel des Inflationsausgleichs beurteilt werden. Vielmehr zeigt die Verteilung der Leistung und die dafür gegebene Begründung, dass es dem Arbeitgeber bei der Differenzierung um eine Angleichung der Arbeitsbedingungen ging.

     

    MERKE | Das Arbeitsgericht hat sich auch mit dem sogenannten Maßregelverbot befasst. Es besagt (vgl. § 612a BGB), dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder Maßnahme nicht deshalb benachteiligen darf, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Indem die Klägerin das Angebot auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages ablehnte, hat sie zulässigerweise von ihrem Recht Gebrauch gemacht. Das Angebot enthielt einen Verzicht auf ein Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Die Rechtsausübung durch die Klägerin war aber nicht kausal für die vom Arbeitgeber vorgenommene Maßnahme ‒ so das Arbeitsgericht.

     

    In ähnlichen Fällen sollte aber darauf geachtet werden, dass weder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen das Maßregelverbot verstoßen wird.

     

    Nur am Rande: Der Arbeitgeber hat letztlich doch eine Prämie an die Klägerin gezahlt ‒ möglicherweise zur Wahrung des Betriebsfriedens. Aufgrund dessen waren die Kosten des Rechtsstreits von den Parteien anteilig zu tragen.

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • Praxisgewinn durch Inflationsausgleichsprämie reduzieren (im Beitrag „Vier lukrative Steuersparmöglichkeiten zum Jahreswechsel“ in PP 11/2023, Seite 16)
    Quelle: Ausgabe 04 / 2024 | Seite 10 | ID 49970221