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06.08.2008 · IWW-Abrufnummer 081571

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 19.12.2007 – L 9 KR 141/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


L 9 KR 141/03

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 10. September 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger zwischen dem 9. Oktober 2000 und dem 30. November 2006 bei dem Beigeladenen zu 4) sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Der 1943 geborene Kläger hat den Beruf des Kraftfahrzeugmeisters erlernt, in dem er zunächst selbständig tätig war. 1980 (1983 Anmeldung des Gewerbes) übernahm er eine Gaststätte, die er jedenfalls bis 1997 und ab 2002 selbst betrieb. 1990 eröffnete er ein Tiefbaugeschäft und betreibt seit 1999 eine gewerberechtlich als Reitschule angemeldete Reitanlage, in der er insgesamt 40 Boxen für die Unterstellung von Pferden vermietet. Seit 1988 arbeitete er daneben bis Ende 1997 in dem Kfz-Unternehmen des Beigeladenen zu 4), in dem dieser einen Auto- und Ersatzteilhandel sowie Service und Restauration von Oldtimern betreibt. Im August 1998 nahm er diese Arbeit wieder auf und wurde für 20 Stunden in der Woche bei dem Beigeladenen zu 4) eingestellt und zu allen Zweigen der Sozialversicherung gemeldet. Am 9. August 1998 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig, erhielt bis zum 20. September 1998 Entgeltfortzahlung vom Beigeladenen zu 4) und danach von der Beklagten bis zum 5. Februar 2000 für 78 Wochen Krankengeld. Zum 5. Februar 2000 meldete ihn der Beigeladene zu 4) nach Erschöpfung der Bezugsdauer des Krankengeldes bei der Beklagten ab.

Am 19. Oktober 2000 meldete ihn der Beigeladene zu 4) rückwirkend zum 9. Oktober 2000 als vollbeschäftigten Kraftfahrzeugführer bei der Beklagten sozialversicherungsrechtlich an. Bereits am 15. Oktober 2000 hatte der Kläger einen schweren Reitunfall erlitten, infolge dessen er bis zum 18. September 2001 arbeitsunfähig war. Die Beklagte übernahm die für die Heilbehandlung entstehenden Kosten und nahm Anfang 2001 Ermittlungen zum Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses auf. Auf ihre Fragen erklärte der Kläger: Er sei seit dem 3. August 1998 bei dem Beigeladenen zu 4) als Kfz-Meister beschäftigt. Seine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 20 Stunden. Er erhalte ein Bruttoentgelt von 1.500,- DM monatlich. Seinen Lebensunterhalt bestreite er aus diesem Arbeitsentgelt, dem Einkommen seiner Ehefrau und aus selbständiger Tätigkeit. Seine Einkünfte aus der Gaststätte bezifferte er im Jahre 2000 auf monatlich 550,- bis 650,- DM, aus der Reitanlage habe er 2000 keine positiven Einkünfte erzielen können. Seine Angaben zum Beschäftigungsverhältnis wurden von dem Beigeladenen zu 4) bestätigt.

Mit Bescheid vom 25. Oktober 2001 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger fest, dass ab 9. Oktober 2000 keine Sozialversicherungspflicht bestehe. Im anschließenden Widerspruchsverfahren ergänzten der Kläger und der Beigeladene zu 4) ihre Angaben. Der Kläger erklärte: Er habe aus dem Gaststättenbetrieb keine Einnahmen und aus der Reitanlage einen Gewinn von monatlich 500-800 DM erzielt. In der Zeit vom 6. Februar 2000 bis zum 8. Oktober 2000 habe er seine Tätigkeit für den Beigeladenen zu 4) eingestellt, um sich mit der Reitanlage eine selbständige Existenz zu schaffen. Der Aufbau der Reitanlage sei ab Oktober 2000 weitgehend abgeschlossen gewesen. Da er auf zusätzliche Einnahmen im Hinblick auf seine wirtschaftliche Lage angewiesen gewesen sei, habe er die unselbständige Beschäftigung beim Beigeladenen zu 4) wieder aufgenommen, der zu diesem Zeitpunkt einen erheblichen Bedarf an Arbeitskräften gehabt habe. In der Zeit vom 6. Februar 2000 bis zum 8. Oktober 2000 sei er weder gesetzlich noch privat krankenversichert gewesen. Der Beigeladene zu 4) ergänzte seine Angaben wie folgt: Die erneute Beschäftigung des Klägers beruhe auf einem Arbeitsvertrag, er sei für eine Meistertätigkeit und Organisationsaufgaben eingestellt worden; der Schwerpunkt seiner Arbeit habe im Bereich der "Vorkriegsautos" gelegen. Vom 9. bis zum 13. Oktober 2000 habe der Kläger Arbeitsvorbereitungen und Kundendienstaufgaben erledigt. Er sei von Montag bis Freitag von 8.00 - 13.00 Uhr beschäftigt worden, habe keine Tätigkeitsberichte abgeben müssen und sei bar bezahlt worden. Ab dem 14. Oktober 2000 habe er den Kläger selbst vertreten.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2002 zurück: Der Kläger sei ab dem 9. Oktober 2000 vom Beigeladenen zu 4) nicht abhängig beschäftigt worden. Vielmehr sollten die Bedingungen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses konstruiert werden, um dem Kläger den dringend benötigten Krankenversicherungsschutz zu verschaffen. Der Beigeladene zu 4) habe den Kläger unter einer falschen Tätigkeitsbezeichnung angemeldet; dieser habe weder eine andere Arbeitskraft beim Beigeladenen zu 4) ersetzt noch sei für ihn nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit eine andere Arbeitskraft eingestellt worden. Außerdem seien die Angaben des Beigeladenen zu 4) zur Arbeitszeit widersprüchlich, weil der Kläger nach den von diesem mitgeteilten Arbeitszeiten wöchentlich 25 und nicht nur 20 Stunden habe arbeiten sollen. Schließlich sei der Kläger nach seinen eigenen Angaben auch hauptberuflich selbständig tätig und deshalb nicht versicherungspflichtig.

Mit der hiergegen zum Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen: Er sei nicht hauptberuflich selbständig tätig. Seine Gaststätte habe er vom 1. Oktober 1997 bis zum April 2002 nicht selbst betrieben, sondern habe sie einem anderen zur eigenwirtschaftlichen Führung ohne formelle Verpachtung überlassen. Der Betreiber sei ihm nur zur Erbringung von Naturalleistungen bis zu einer Gesamthöhe von 1.700,- DM verpflichtet gewesen. Seit April 2002 betreibe er die Gaststätte wieder selbst täglich von 12.00 - 23.00 Uhr mit 5 - 6 angestellten Arbeitnehmern. Die Reitanlage habe wegen des erheblichen Investitionsbedarfs für ihn in den Jahren 1999 - 2001 keinen Gewinn abgeworfen. In seiner Beschäftigung für den Beigeladenen zu 4) lege er für historische Fahrzeuge Restaurierungspläne fest und überzeuge sich von der fachgerechten Durchführung der Arbeiten an den vom Beigeladenen zu 4) reparierten Fahrzeugen als verantwortlicher Kfz-Meister. Eine feste Arbeitszeit bestehe nicht, ihr wöchentlicher Umfang liege bei 20 Stunden, seine Anwesenheit zu den üblichen Werkstattzeiten sei eher die Ausnahme. Er treffe den Beigeladenen zu 4) häufig zu Besprechungen zu ungewöhnlichen Zeiten und außerhalb der Werkstatt. Dies bedeute jedoch nicht, dass er dem Beigeladenen zu 4) seine Arbeit und Kenntnisse unentgeltlich zur Verfügung stelle.

Das Sozialgericht hat in dem Erörterungstermin vom 11. Juni 2003 den Kläger und den Beigeladenen zu 4) angehört und den beim Beigeladenen zu 4) beschäftigten Kfz-Schlosser I O als Zeugen vernommen; hinsichtlich der Zeugenaussage wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11. Juni 2003 Bezug genommen. Der Kläger hat erklärt: Der Beigeladene zu 4) habe sich 1998 selbständig gemacht. Um auch Reparaturen an Bremsen und Lenkungen ausführen zu können, sei er eingestellt worden. Seine Arbeitszeiten seien sehr locker gewesen; die Probleme der Reparatur von Oldtimern seien nicht nur in der Werkstatt, sondern auch in seiner Gaststätte besprochen worden. Der zeitliche Umfang solcher Besprechungen habe zwischen einer halben und 3 - 4 Stunden gelegen. Manchmal sei er auch einen ganzen Monat nicht in Anspruch genommen worden; das sei davon abhängig gewesen, welche konkreten Aufträge der Beigeladene zu 4) gehabt habe. Das Beschäftigungsverhältnis habe seit August 1988 durchgängig bestanden. Er habe während der gesamten Tätigkeit für den Beigeladenen zu 4) ein wöchentliches Entgelt i.H.v. 150,- bis 200,- EUR erhalten, das er niemals quittiert habe. Der Beigeladene zu 4) hat erklärt: Er sei gelernter Kfz-Mechaniker. Er habe seinen Betrieb zusammen mit dem Kläger aufgebaut und die jeweiligen Schritte abgesprochen. Er habe mit dem Kläger 1988 einen schriftlichen Arbeitsvertrag geschlossen. Die Arbeitszeiten des Klägers für ihn ließen sich nur schwer beziffern, weil sie sehr unterschiedlich gewesen seien, mal sehr kurze Zeit, mal mehrere Stunden. Häufig habe der Kontakt telefonisch, teilweise auch abends in der Gaststätte stattgefunden. Der Kläger habe von ihm wöchentlich 150,- EUR erhalten. Während der langen Erkrankung des Klägers habe er den Kontakt zu ihm gehalten, um Arbeitssachen zu besprechen und aus freundschaftlichen Gründen. Aus diesem Grund habe er auch keine Ersatzkraft eingestellt, die der kleine Betrieb auch nicht tragen könne. 1997 habe er den Kläger aus finanziellen Problemen ohne Kündigung abgemeldet, 1998 und 2000 wieder angemeldet, weil neue Aufträge hereingekommen seien.

Mit Gerichtsbescheid vom 10. September 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, weil seit 9. Oktober 2000 kein anhängiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe. Der Kläger sei nicht in den Betrieb des Beigeladenen zu 4) eingegliedert worden, weil er nicht dessen Weisungen nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeit unterlegen habe. Denn die Angaben des Klägers und des Beigeladenen zu 4) hinsichtlich der Einzelheiten der Arbeitsleistungen seien widersprüchlich, ein Nachweis über die Auszahlung des Entgeltes existiere nicht. Auffällig sei außerdem, dass sowohl 1998 als auch 2000 die Meldung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bei der Beklagten jeweils im Zusammenhang mit einem Reitunfall gestanden habe. Schließlich sei der Kläger auch als Betreiber einer Gaststätte und der Reitanlage hauptberuflich selbständig tätig.

Gegen den ihm am 9. Oktober 2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag, den 10. November 2003 Berufung eingelegt und sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Klageverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend hat er vorgetragen: Das Beschäftigungsverhältnis sei zum Dezember 2006 gekündigt worden. Seitdem sei er arbeitslos gemeldet und erhalte monatlich 350,- EUR Arbeitslosengeld I. Das Landesozialgericht hat den Kläger und den Beigeladenen zu 4) in einem Erörterungstermin am 28. April 2004 erneut angehört. Wegen des Inhaltes wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 10. September 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2002 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger vom 9. Oktober 2000 bis zum 30. November 2006 in seiner Beschäftigung beim Beigeladenen zu 4) versicherungspflichtig zur Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung und versicherungs- und beitragspflichtig zur Bundesanstalt für Arbeit/Bundesagentur für Arbeit beschäftigt war.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für fehlerfrei.

Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die dem Senat vorgelegen haben und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 10. September 2003 ist zulässig, aber unbegründet. Der Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zutreffend hat die Beklagte darin festgestellt, dass der Kläger bei dem Beigeladenen zu 4) in der streitigen Zeit vom 9. Oktober 2000 bis zum 30. November 2006 nicht in einem versicherungs- und beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat.

Rechtsgrundlage für die Beurteilung der hier streitigen Fragen sind § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) hinsichtlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Sechstes Buch (SGB VI) hinsichtlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, §§ 24 Abs.1, 25 Abs.1 Sozialgesetzbuch/Drittes Buch (SGB III) hinsichtlich der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung und § 20 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI) hinsichtlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung. Diese Vorschriften setzen jeweils ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Viertes Buch (SGB IV) voraus. Hiernach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Ein Beschäftigungsverhältnis im vorgenannten Sinne ist zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Diese persönliche Abhängigkeit erfordert die Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Dieses Weisungsrecht kann zwar - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur funktionsgerechten dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein, darf aber nicht vollständig entfallen. Maßgeblich ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. (s. hierzu insgesamt Urteil des Senats vom 25. Januar 2006, B 12 KR 30/04 R, ZIP 2006, 678 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149). Ein strenger Prüfungsmaßstab der vorgenannten Kriterien ist insbesondere dann angezeigt, wenn der Versicherungsschutz erstmals in zeitlicher Nähe zu einem Leistungsfall behauptet wird oder der Absicherung eines auf andere Weise nicht zu erlangenden preiswerten Krankenversicherungsschutzes dient - beides ist hier der Fall - und wenn das behauptete Beschäftigungsverhältnis zwischen Personen bestanden haben soll, deren Verhältnis nicht durch die typischen Interessen als Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sondern durch eine besondere Nähebeziehung - Ehe, Familie, Lebenspartnerschaft oder Freundschaft - geprägt ist, was hier ebenfalls gegeben ist. Denn in solchen Fällen besteht die Gefahr von Rechtsmissbrauch, der wegen der engen Beziehung zwischen den Betroffenen leichter als sonst möglich ist.

Gemessen an diesen Grundsätzen steht zur Überzeugung des Senats auf der Grundlage der Gesamtumstände des Falles fest, dass eine Arbeitsleistung des Klägers in dem Betrieb des Beigeladenen zu 4) in der hier streitigen Zeit nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses geleistet worden ist.

1.) Nach dem übereinstimmenden Vorbringen des Klägers und des Beigeladenen zu 4) ist der Arbeitsvertrag vom 20. September 1988 rechtliche Grundlage ihrer vertraglichen Beziehungen. Diesen Arbeitsvertrag hat der Kläger jedoch niemals unterschrieben, so dass ihm die Wirksamkeit fehlt. Darüber hinaus ist der Kläger nach dem Vertrag als "Betriebsleiter" eingestellt worden; diese Funktion hat er sowohl nach dem Vorbringen des Klägers als auch des Beigeladenen und der Aussage des Zeugen in dem hier streitigen Zeitraum nicht (mehr) ausgeübt.

2.) Die Hauptpflichten aus dem behaupteten Arbeitsverhältnis sind weder in dem schriftlichen Vertragsentwurf fixiert worden, noch waren der Kläger und der Beigeladene zu 4) in der Lage, sie genau zu bezeichnen. Abgesehen von der durch die Aussage des Zeugen O und durch das spätere eigene Vorbringen widerlegten Angabe des Beigeladenen zu 4) im Verwaltungsverfahren, der Kläger habe von Montag bis Freitag jeweils vormittags gearbeitet, haben die Beteiligten im Rechtsstreit vorgetragen, dass der Kläger "nach dem Bedarf" des Beigeladenen zu 4) gearbeitet habe, d.h. in manchen Monaten gar nicht, manchmal nur kurze Zeit, dann wieder mehrere Stunden pro Tag. Eine solche Arbeit entspricht nicht dem typischen Bild eines Arbeitnehmers, an dem die Feststellung eines Beschäftigungsverhältnisses auszurichten ist, weil sie das Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers über die Pflichten des Arbeitnehmers völlig einseitig an den Interessen des Arbeitgebers ausrichtet. Kein Arbeitnehmer, der nicht mit dem Arbeitgeber familiär oder freundschaftlich verbunden ist oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse an einem hohen Gewinn hat, lässt sich auf ein solches Arbeitsverhältnis ein. Des Weiteren lässt sich auch nicht feststellen, welches Entgelt der Kläger für seine Arbeit erhalten hat. Legt man seine Angaben vor dem Sozialgericht zu Grunde, hat er 150,-, 180,- oder 200,- EUR pro Woche, d.h. monatliche erheblich divergierende Entgelte von 649,50 EUR, 779,40 bzw. 866,- EUR erhalten. Damit lassen sich die davon abweichenden Angaben im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter des Senats (300,- DM pro Woche = 1.299,- DM monatlich + Ausgleichsbetrag auf 1.214,- oder 1.220,- DM [!]) bzw. aus dem Verwaltungsverfahren (monatlich brutto 1.500,- DM) nicht vereinbaren. Ob sich das behauptete Entgelt jeweils am Umfang der geleisteten Arbeit orientierte oder monatlich losgelöst von der Arbeitszeit immer der gleiche Betrag geleistet wurde, war trotz mehrfacher Anhörungen des Klägers und des Beigeladenen zu 4) wegen der von ihren eigenen früheren Angaben erheblich abweichenden späteren Erklärungen deshalb nicht feststellbar. Berücksichtigt man weiterhin, dass Kläger und Beigeladene zu 4) miteinander befreundet sind, der Beigeladene zu 4) nach seinen Angaben zusammen mit dem Kläger seinen Betrieb aufgebaut und alle Schritte des Betriebes mit ihm besprochen hat, der Kläger im Hinblick auf die fehlende handwerkliche Qualifikation des Beigeladenen zu 4) bis 1992 den Betrieb leiten musste, der Beigeladene zu 4) auch während der Erkrankung des Klägers bei diesem Rat suchte und er u.a. deswegen auch keine Ersatzkraft eingestellt hat, ist der Rechtsgrund der Arbeiten des Klägers nicht in einem Beschäftigungsverhältnis, sondern in einem freundschaftlichen Verhältnis dieser Beteiligten zu finden, bei dem der eine dem anderen mit Rat und Tat bei seiner gewerblichen Tätigkeit hilft und dafür ein an der jeweiligen Hilfeleistung ausgerichtetes Honorar und vor allem eine soziale Absicherung erhält. Hierfür spricht auch die Abwicklung der Arbeitsleistungen am Telefon oder in der Gaststätte des Klägers (des Arbeitnehmers!) außerhalb der üblichen Werkstattzeiten im Betrieb des Beigeladenen zu 4), wie der dort angestellte Zeuge ausgesagt hat.

3.) Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist nicht einmal auszuschließen, dass der Kläger außer freundschaftlichen Ratschlägen in der hier streitigen Zeit für den Beigeladenen zu 4) überhaupt keine Arbeitsleistungen erbracht und auch kein (regelmäßiges) Entgelt erhalten hat, weil weder Arbeitsleistung noch Entgeltzahlung feststellbar sind. Denn der Kläger soll immer bar bezahlt worden sein und hat Arbeitsleistungen niemals quittiert. In diesem Falle läge ein Arbeitsverhältnis nur dem Schein nach vor, wofür insbesondere die z. T. erheblich widersprüchlichen Angaben des Klägers und des Beigeladenen zu 4) im Verwaltungsverfahren, im sozialgerichtlichen Verfahren und vor dem Landessozialgericht sprechen. Hierzu bedarf es jedoch keiner weiteren Ermittlungen. Denn an einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis fehlt es immer dann, wenn Arbeitsleistungen nicht gegen Entgelt erbracht werden, was hier nach den obigen Ausführungen zu 2.) und 3.) zur Überzeugung des Senats feststeht.

Auf die Frage, ob der Kläger als hauptberuflich Selbständiger nicht der Versicherungspflicht unterlag, kommt es nach alledem nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil hierfür kein Grund nach § 160 Abs. 2 SGG vorlag.

RechtsgebietSGB IVVorschriften§ 7 Abs. 1 SGB IV

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