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  • 02.11.2010

    Finanzgericht München: Urteil vom 27.10.2009 – 6 K 3941/06

    1. Wählen Gesellschafter einer in die Krise geratenen GmbH die weitere Finanzierung durch Gesellschafterdarlehen, so hat dies lediglich die Folge, dass nach der im Streitjahr 2000 geltenden Zivilrechtslage die Darlehen ggf. eigenkapitalersetzend i. S. d. § 32a GmbHG werden.

    2. Werden Gesellschafterforderungen zivilrechtlich eigenkapitalersetzend, ergeben sich hieraus steuerliche Folgen bei der Anwendung des § 17 EStG. Kommt es auf § 17 EStG nicht an (im Streitfall, weil wegen des Vorliegens einer Betriebsaufspaltung die GmbH-Anteile im Betriebsvermögen gehalten wurden), respektiert dagegen das Steuerrecht die Finanzierungsentscheidungen der Gesellschafter.

    3. Die im Streitfall gewählte Gestaltung, dass die Gesellschafter der Betriebs-GmbH Kapital zuzuführen, mit dem diese die gegenüber der personenidentischen Besitz-Personengesellschaft bestehenden Verbindlichkeiten tilgt, aus der die Gesellschafter das Kapital sodann wieder entnehmen, war aufgrund anzuerkennender außersteuerlicher Gründe – auch unter dem Aspekt des Gesamtplans – nicht missbräuchlich.

    4. Die Gesellschafter haben auch keinen unüblichen, gekünstelten Weg der Gesellschafterfinanzierung gewählt. Zwar ist zuzugeben, dass ein Forderungsverzicht einfacher gewesen wäre. Entscheidend ist ber, dass nach § 26 Abs. 2 GmbHG die Bareinzahlung von im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Nachschüssen als gesetzlicher Normalfall geregelt ist. Dies schließt es aus, nicht im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Nachschusszahlungen als unüblichen Weg zu qualifizieren.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In der Streitsache

    hat der 6. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht …, der Richterin am Finanzgericht … und des Richters am Finanzgericht … sowie der ehrenamtlichen Richter … ohne mündliche Verhandlung am 27. Oktober 2009

    für Recht erkannt:

    1. Die Feststellungen nach § 47 Abs. 2 Nr. 3 Körperschaftsteuergesetz a.F. (KStG) im Körperschaftsteuerbescheid 2000 vom 26.1.2005 wird dahingehend geändert, dass das Einkommen auf -90.308 DM herabgesetzt wird. Der Bescheid vom 26.1.2005 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2000 wird dahingehend geändert, dass der verbleibende Verlustabzug nach § 10d Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auf 795.956 DM festgestellt wird.

    2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

    3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

    4. Die Revision wird zugelassen.

    Gründe

    I.

    Die Klägerin ist eine GmbH, die mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet worden ist. Gegenstand des Unternehmens ist der Groß-und Einzelhandel. Nach § 13 der Satzung der Klägerin vom 11.12.1978 muss die Gesellschafterversammlung zustimmen, wenn Gesellschafterdarlehen über 10.000 DM zurückgezahlt werden.

    Gesellschafter der Klägerin waren im Streitjahr bis zum 28.12.2000 die KG (2.000 DM), A (24.000 DM), B (8.000 DM), C (8.000 DM) und D (8.000 DM).

    Die Gesellschafterinnen A (50 %), B (16 2/3 %), C (16 2/3 %) und D (16 2/3 %) waren zugleich Gesellschafterinnen der KG und hielten die Beteiligungen an der Klägerin im Sonderbetriebsvermögen der KG.

    Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 20.11.2000 wurden Bareinlagen in Höhe von 750.000 DM festgelegt (A 375.000 DM, B 125.000, C 125.000 DM, D 125.000 DM). Die Einlagen sollten in die Kapitalrücklage eingestellt (Ziff. 4 des Beschlusses) und aufgelöst werden, soweit dies zur Beseitigung eines Jahresfehlbetrages und eines Verlustvortrages erforderlich ist (Ziff. 5 des Beschlusses).

    Am 15.12.2000 beschlossen die Gesellschafter – nach Einzahlung des Betrages von 750.000 DM gem. Beschluss vom 20.11.2000 – die Rückzahlung des Saldos des Verrechnungskontos mit der KG in Höhe von 735.694,55 DM (Stand 30.11.2000). Ferner stimmten die Gesellschafter der Übertragung sämtlicher Geschäftsanteile auf die KG zu.

    Mit Vertrag vom 28.12.2000 veräußerten die Gesellschafterinnen A, B, C und D ihre Beteiligungen an der Klägerin zum Nominalwert an die KG.

    In der Bilanz zum 31.12.2000 löste die Klägerin die Kapitalrücklage zur Beseitigung des Jahresfehlbetrages und des Verlustvortrages wieder auf.

    Für das Streitjahr erklärte die Klägerin einen Jahresfehlbetrag von -90.400 DM und einen verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer von 795. 956 DM. Das FA veranlagte die Klägerin erklärungsgemäß. Die Bescheide vom 21.1.2002 wurden bestandskräftig.

    Nach einer Betriebsprüfung erließ das FA am 26.1.2005 entsprechend den Feststellungen im Bericht vom 6.8.2004 geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer 2000 und die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2000. Dabei berücksichtigte es einen Jahresüberschuss von 659.600 DM und setzte eine Körperschaftsteuer von 0 DM fest. Das Einkommen im Sinne des § 47 Abs. 2 Nr. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) a.F. (Verlustvortrag) stellte das FA mit 659.692 DM fest. Den verbleibenden Verlustabzug zum 31.12.2000 stellte es auf 45.956 DM fest.

    Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung wurde die Einlage von 750.000 DM (Beschluss vom 20.11.2000) von den Gesellschaftern fremdfinanziert und am 22.12.2000 auf das Konto der Klägerin bei der Bank eingezahlt. Davon überwies die Klägerin am 28.12.2000 einen Betrag von 735.694 DM auf das Konto der KG, deren Gesellschafter den Betrag umgehend entnahmen und zur Rückführung des Einlagendarlehens verwendeten. Das FA wertete diesen Vorgang als gestaltungsmissbräuchlich (§ 42 Abgabenordnung – AO –) und behandelte die Einlage mit der Auflage der Rückzahlung des Verrechnungskontos (Beschluss vom 15.12.2000) wie einen Forderungsverzicht durch die Gesellschafter der KG gegenüber der Klägerin.

    Gegen die Änderungsbescheide legte die Klägerin Einspruch ein und führte zur Begründung aus, dass die Bescheide vom 22.1.2002 bestandskräftig seien. Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 AO komme nicht in Betracht, da dem Finanzamt der Sachverhalt über die Bareinlage aus dem Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom 17.9.2001 (Gewinnfeststellung 2000 der KG), dem Beschluss vom 20.11.2000 und dem Jahresabschluss 2000 bekannt gewesen sei. Ferner erklärte die Klägerin, dass das FA unzutreffend die Verwendungseinlage der Gesellschafter (Beschluss der Gesellschafter vom 15.12.2000) als Forderungsverzicht der KG werte. Die KG könne nicht mit den Gesellschaftern gleichgesetzt werden. Die übrigen Gesellschafter könnten keine Forderung der KG einbringen.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 6.9.2006 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, dass das damals zuständige Veranlagungsfinanzamt keine Kenntnisse von den Beschlüssen vom 20.11. und 15.12.2000, von der Personenidentität zwischen den Gesellschaftern der KG und der GmbH sowie der sofortigen Rückführung der Bareinlage an die Gesellschafter zur Tilgung des Einlagendarlehens hatte. Diese Kenntnisse habe erst die Betriebsprüfung gewonnen. Die Gesellschafter beabsichtigten den Jahresfehlbetrag und den Verlustvortrag zu beseitigen. Dies Ziel sei direkt durch einen Verzicht der KG auf Ausgleich des Verrechnungskontos zu erreichen gewesen.

    Dagegen richtet sich die vorliegende Klage. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, dass aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Veröffentlichungspflicht des Jahresabschlusses der Klägerin die Gesellschafterinnen die hohen Verlustvorträge nicht mehr ausweisen wollten. Zudem sei die Kreditwürdigkeit in Bezug auf die Eigenkapitalrelation ein Grund für die Kapitaleinlage gewesen. Des Weiteren erklärt die Klägerin, dass durch die Betriebsprüfung keine neuen rechtlich erheblichen Tatsachen festgestellt worden seien. Mit dem Jahresabschluss habe die Klägerin alle relevanten Informationen erhalten (Vermögens-/Ertragssituation der GmbH im Streitjahr; Liquiditätsbereitstellung durch Gesellschaftereinlage).

    Für die Entscheidung, ob die Einlage gewinnwirksam ist, sei die Form der Einlage (Bareinlage oder Darlehensverzicht) irrelevant. Maßgebend sei allein, ob die Einlage im Moment der Erbringung werthaltig war. Im Übrigen erklärt die Klägerin, dass es sich bei dem zu beurteilenden Sachverhalt um eine sinnvolle Gestaltung handele, die auf einfache Weise den wirtschaftlich angestrebten Zweck erreiche und gleichzeitig steuerlich günstig sei. Ein Missbrauch i.S.d. § 42 AO liege daher nicht vor.

    Auf die Schriftsätze der Klägerin vom 9.10.2006 und 10.7.2009 wird Bezug genommen.

    Die Klägerin beantragt sinngemäß,

    die Bescheide über Körperschaftsteuer 2000 und über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2000 jeweils vom 26.1.2005 und die Einspruchsentscheidung vom 6.9.2006 mit der Maßgabe zu ändern, dass ein Jahresfehlbetrag von 90.400 DM berücksichtigt wird.

    Das Finanzamt beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung weist das FA darauf hin, dass die Klage wegen Körperschaftsteuer 2000 unzulässig sei, da die Körperschaftsteuer 2000 in Höhe von 0 DM festgesetzt wurde. Die Klägerin sei durch den Bescheid nicht beschwert. Im Übrigen habe die Klägerin durch die vorgenommene Gestaltung das Ziel der Entschuldung zwar erreicht. Die Gestaltung stelle aber einen Gestaltungsmissbrauch dar, weil die als Einlage zugeführten fremdfinanzierten Mittel innerhalb von 6 Tagen einmal im Kreis herumliefen und dann wieder zurückgezahlt wurden. Das wirtschaftliche Ergebnis, dass die Klägerin keine Verbindlichkeit mehr gegenüber der KG ausweisen müsse, sei einfacher – aber steuerlich ungünstiger – durch einen Forderungsverzicht der KG zu erreichen gewesen. Für den gewählten Umweg bestünde kein vernünftiger wirtschaftlicher Grund.

    Für die Änderungsbefugnis spreche, dass das für die Veranlagung zuständige Finanzamt nicht erkennen konnte, dass die Gesellschafter bereits nach 6 Tagen wieder über die Einlagemittel verfügen konnten.

    Auf den Schriftsatz des FA vom 24.11.2006 wird Bezug genommen.

    Mit Gerichtsbescheid vom 28.7.2009 hat der Senat der Klage stattgegeben.

    Mit Fax vom 3.9.2009 hat das FA gem. § 90a Abs. 2 FGO fristgerecht Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.

    Zur Begründung erklärt das FA, dass bisher im Wesentlichen die Vorgänge bei der Klägerin (Kapitaleinlage in Höhe von 750.000 DM, Tilgung des Verrechnungskontos der KG, Erhalt des Verlustvortrags in Höhe von 795.956 DM) gewürdigt worden seien. Nicht berücksichtigt worden sei, dass in zeitlichem Zusammenhang damit, die Gesellschafter die Gesellschaftsanteile an der Klägerin aus dem Sonderbetriebsvermögen der KG an die KG (in das Gesamthandsvermögen) veräußerten und ein Veräußerungsverlust für die Gesellschafter in Höhe von 695.548 DM entstanden sei. Dieser ergebe sich daraus, dass die Veräußerung der Anteile zum Nominalwert (50.000 DM) erfolgt sei und die Anschaffungskosten nach der Bareinlage 800.000 DM betrugen. Bei der Beurteilung, ob ein Gestaltungsmissbrauch vorliege, sei der Fall in der Gesamtschau zu betrachten und deshalb die Gestaltung bei der KG mit einzubeziehen.

    Erklärtes Ziel sei gewesen, die bilanzielle Überschuldung der Klägerin zu beseitigen. Durch die gewählte Gestaltung hätten die Gesellschafter der Klägerin erreicht, dass die Verlustvorträge der Klägerin erhalten blieben und dass durch die Veräußerung der Anteile an der Klägerin zum Nennwert an die KG, Veräußerungsverluste etwa in Höhe der Bareinlage entstanden seien. Die Veräußerung zum Nominalwert sei unter dem tatsächlichen Wert erfolgt.

    Im Vergleich wären bei einem Forderungsverzicht durch die KG ein Ertrag bei der Klägerin – mit der Folge der Verrechnung des bilanziellen und steuerlichen Verlustvortrags – und ein Verlust bei der KG bzw. den Gesellschaftern eingetreten.

    Nach Auffassung des FA ist ein wirtschaftlicher Grund für diese Gestaltungen nicht zu erkennen. Im vorliegenden Verfahren sei zu berücksichtigen, dass erklärtes Ziel gewesen sei, die Klägerin zu entschulden. Da die Gesellschafter aber nicht auf das eingesetzte Kapital verzichten wollten, sei wirtschaftlich der Forderungsverzicht gewollt gewesen.

    Auf den Schriftsatz des FA vom 15.9.2009 wird verwiesen.

    Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

    II.

    Die zulässige Klage ist begründet.

    1. Eine Rechtsverletzung nach § 40 Abs. 2 FGO liegt auch durch den auf 0 DM lautenden Körperschaftsteuerbescheid vor, da der Körperschaftsteuerbescheid gem. § 47 Abs. 2 KStG a.F. im Streitjahr Grundlagenbescheid für den Bescheid über die gesonderte Feststellung nach § 10d Abs. 4 EStG hinsichtlich des Einkommens ist.

    2. Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO können Steuerbescheide nachträglich geändert werden, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall durch die zusätzlichen Tatsachenfeststellungen der Betriebsprüfung nicht erfüllt. Die neuen Feststellungen des Betriebsprüfers rechtfertigen nicht die Annahme, es läge eine missbräuchliche Gestaltung vor. Vielmehr ist die gewählte Gestaltung durch die Finanzierungsfreiheit gedeckt.

    Ein Gestaltungsmissbrauch i.S. von § 42 AO ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die – gemessen an dem erstrebten Ziel – unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Eine rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll (Bundesfinanzhof-BFH-Urteil vom 29. Mai 2008 IX R 77/06, BStBl II 2008, 789).

    Nach diesen Maßstäben weist der Senat darauf hin, dass er die nachträglich ermittelte Tatsache der Kreditfinanzierung der Gesellschafterzahlung an die Klägerin für nicht entscheidungserheblich hält. Es kann keinen Unterschied machen, ob die Gesellschafter die gewählte Gestaltung mit Eigenmitteln oder mit Kreditmitteln finanzieren. Ein Missbrauch könnte sich allenfalls unter dem Gesichtspunkt von „Hin- und Herzahlungen” ergeben. Dies ist indes nicht der Fall.

    3. Die Klägerin war im Streitjahr bilanziell überschuldet und hat bereits in der Vorjahresbilanz ein erhebliches negatives Eigenkapital bilanziert. Insolvenz haben die Geschäftsführer der Klägerin gleichwohl unter Ausübung ihrer zivilrechtlichen Finanzierungsfreiheit nicht angemeldet.

    Gerät eine GmbH in die Krise haben die Gesellschafter zivilrechtlich ein Wahlrecht über ihre weitere Vorgehensweise. Die Gesellschafter können

    die weitere Unterstützung ihrer Gesellschaft einstellen und Insolvenz anmelden,

    der Gesellschaft neues Eigenkapital zuführen oder

    der Gesellschaft Fremdkapital durch Gesellschafterdarlehen zuführen.

    Zivilrechtlich ist jede dieser Entscheidungen möglich (vgl. Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, § 5 Rz. 5; § 32a Rz. 2; Bundesgerichtshof-BGH-Urteile vom 7. November 1994 II ZR 270/93, BGHZ 127, 336 und vom 16. Oktober 1989 II ZR 307/88, BGHZ 109, 55). Wählen Gesellschafter die weitere Finanzierung durch Gesellschafterdarlehen hat dies lediglich die Folge, dass nach der im Streitjahr geltenden Zivilrechtslage die Darlehen ggf. eigenkapitalersetzend im Sinne des § 32a des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung – GmbH-Gesetz-werden.

    Das Steuerrecht knüpft an die zivilrechtlichen Möglichkeiten an und geht ebenfalls von einer steuerrechtlichen Finanzierungsfreiheit aus (vgl. BFH-Urteil vom 6. November 2003 IV R 10/01, BStBl II 2004, 416 unter 2c). Werden Gesellschafterforderungen zivilrechtlich eigenkapitalersetzend, ergeben sich hieraus steuerliche Folgen bei der Anwendung des § 17 Einkommensteuergesetzes (EStG). Kommt es auf § 17 EStG nicht an, respektiert dagegen das Steuerrecht die Finanzierungsentscheidungen der Gesellschafter (so ausdrücklich BFH-Urteil vom 24. April 1997 VIII R 23/93, BStBl II 1999, 342 unter 1).

    Im Streitfall kommt es auf § 17 EStG unter keinem Gesichtspunkt an, da eine Betriebsaufspaltung vorliegt und alle Gesellschaftsanteile an der Klägerin im Betriebsvermögen gehalten werden. Damit ist die Finanzierungsentscheidung der Gesellschafter, die Klägerin durch Zuführung von Barmitteln zu entschulden, steuerrechtlich zu respektieren. Es würde der Finanzierungsfreiheit widersprechen, einen Missbrauch mit der Folge anzunehmen, dass den Gesellschaftern eine andere Art der Finanzierung zwangsweise vorgeschrieben wird. Denn dies würde im Streitfall bedeuten, die Finanzierung durch einen Verzicht auf Fremdmittel (Gesellschafterforderungen) vorzuschreiben und die Finanzierung durch Eigenmittel in Bar zu verbieten.

    4. Das Finanzamt hat auch keine Tatsachen vorgetragen, die es rechtfertigen könnten, einen Ausnahmefall anzunehmen, in dem die Finanzierungsfreiheit außer Acht gelassen werden kann.

    a) Die Klägerin hat ausgeführt, dass Anlass ihrer Entschuldung durch die Gesellschafter die bevorstehende Pflicht zur Veröffentlichung ihrer Bilanzen war. Die Überschuldung sollte nicht publiziert werden. Diesen außersteuerlichen Anlass der Gestaltung hält der Senat für glaubhaft. Denn aus steuerrechtlicher Sicht musste nichts unternommen werden, um das mit der Gestaltung erreichte steuerliche Ergebnis zu erzielen. Hätten die Gesellschafter schlichtweg nichts getan, wäre es durch die Gesellschafterforderungen zu keinen Gewinnen nebst Verzehr des Verlustvortrags gekommen. Damit wahrt der eingeschlagene Weg lediglich den steuerlichen Ist-Zustand ohne zu einem zusätzlichen nicht gerechtfertigten Steuervorteil zu führen. Dieser kann insbesondere nicht darin gesehen werden, dass die Verlustvorträge erhalten bleiben. Denn die Ausschöpfung von Verlusten entspricht dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (vgl. BFH-Urteil vom 29. Mai 2008 IX R 77/06, BStBl II 2008, 789 unter 2b).

    b) Die Gesellschafter der Klägerin haben auch keinen unüblichen, gekünstelten Weg der Gesellschafterfinanzierung gewählt. Zwar ist zuzugeben, dass ein Forderungsverzicht einfacher gewesen wäre. Entscheidend ist aber, dass nach § 26 Abs. 2 GmbH-Gesetz die Bareinzahlung von im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Nachschüssen als gesetzlicher Normalfall geregelt ist (vgl. Baumbach/Hueck, 17. Auflage, § 26 GmbHG, Rz. 2: Nachschusspflicht stets in Geld). Dies schließt es aus, nicht im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Nachschusszahlungen als unüblichen Weg zu qualifizieren.

    c) Die Gesellschafter müssen sich auch nicht entgegenhalten lassen, dass sie im Gesellschafterbeschluss vom 15. Dezember 2000 die Rückzahlung der Geldmittel – wenn auch über den Umweg der KG – bereits beschlossen hätten und der Klägerin damit wirtschaftlich nichts endgültig zugeflossen ist. Denn nach dem Gesellschaftsvertrag konnten Gesellschafter die Rückzahlung von Darlehen über 10.000 DM nur fordern, wenn die Gesellschafterversammlung zustimmt. Dieser besonderen Vereinbarung trägt der Gesellschafterbeschluss Rechnung.

    d) Im Übrigen wäre der gewählte Weg ohne Zweifel nicht zu beanstanden, wenn die Klägerin mit den Nachschüssen Schulden fremder Dritter beglichen hätte. Lässt man es – unter konsequenter Anwendung des Trennungsprinzips – aber zu, dass Gesellschafter mit ihrer Gesellschaft Geschäfte wie fremde Dritte abschließen, ist es nicht plausibel, sie hier schlechter zu stellen. Aus der Bilanz ist ersichtlich, dass fremde Gläubiger nicht benachteiligt wurden. Verbindlichkeiten gegenüber Dritten bestanden nur in geringer Höhe.

    5. Auch bei Würdigung des Sachverhalts unter Einbeziehung der Veräußerung der Anteile an der Klägerin aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen liegt nach Auffassung des Senats kein Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO vor.

    Die Veräußerung der Anteile kann Teil eines Gesamtplans der Gesellschafter gewesen sein. Dies führt aber nicht automatisch zur Unangemessenheit der Gestaltung. Im Rahmen der Finanzierungsfreiheit steht es den Gesellschaftern frei, wie sie ihrer Gesellschaft aus der Krise helfen. Die Einlagenlösung ist – wie ausgeführt – ein üblicher Weg. Soweit die Gesellschafter auf der Ebene der KG durch die Veräußerung der Anteile Verluste erzielen, die durch die Einlage – als nachträgliche Anschaffungskosten – beeinflusst werden, kann dies nicht dazu führen, dass die Einlage ungemessen wird. Im Übrigen würde auch der Forderungsverzicht der KG bei ihr zu einem Verlust führen. Das Veräußerungsgeschäft als solches kann hier – im Verfahren der Klägerin – nicht überprüft werden.

    6. Nachträglich bekannt gewordene Tatsachen, die die Änderung der bestandskräftigen Steuerbescheide unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt erscheinen lassen könnten, hat das FA nicht vorgetragen.

    7. Berechnung der Feststellungen: Das Einkommen in Höhe von -90.308 DM i.S.d. § 47 Abs. 2 Nr. 3 KStG ergibt sich aus dem von der Klägerin erklärten Steuerbilanzverlust in Höhe von -90.400 DM vermindert um die nichtabziehbaren Aufwendungen von 92 DM. Feststellungsgrundlagen für den verbleibenden Verlustabzug zum 31.12.2000 in Höhe von 795.956 DM ergeben sich aus dem festgestellten verbleibenden Verlustabzug zum 31.12.1999 in Höhe von 705.648 DM und dem steuerlichen Verlust 2000 in Höhe von -90.308 DM.

    8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

    VorschriftenEStG 1997 § 17, AO § 42, GmbHG § 32a, GmbHG § 26