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  • · Fachbeitrag · Betriebswirtschaft

    Bei der Anstellung eines Zahnarztes: Welches Gehalt soll der Kollege erhalten?

    von Dr. med. dent. Detlev Nies und Dipl. Volkswirt Katja Nies, Köln, www.praxisbewertung-praxisberatung.com 

    | Viele Inhaber von Zahnarztpraxen tragen sich derzeit mit dem Gedanken, einen Kollegen oder - hochaktuell - eine Kollegin anzustellen. Möglich wurde das mit Geltung des Vertragsarztrecht-Änderungsgesetzes im Jahr 2007: Berufskollegen können seitdem nicht mehr nur zur Ausbildung, sondern dauerhaft fest angestellt werden. Doch was kostet den Praxisinhaber eigentlich ein angestellter Zahnarzt? Dieser Beitrag erklärt, wie sich ein Gehalt bestimmen lässt, mit dem ein angestellter Zahnarzt für die jeweilige Praxis wirtschaftlich überhaupt tragbar ist. |

    Was vor einer Anstellung überlegt werden sollte

    Die Entscheidung des Praxisinhabers, einen Ausbildungsassistenten oder einen angestellten Zahnarzt einzustellen, wird außer durch die Höhe des Gehalts durch zahlreiche weitere Faktoren beeinflusst. Hierbei handelt es sich um klar definierbare und kalkulierbare Gesichtspunkte, zum Beispiel

     

    • ob weiteres (Assistenz-)Personal eingestellt werden muss,
    • welche Neuinvestitionen in die Praxissubstanz erforderlich sind und
    • wie sich die „Budgetsituation“ verändert.

     

    Es können aber auch sogenannte „weiche Faktoren“ eine Rolle spielen, die sich eben nicht in Heller und Pfennig berechnen lassen. Geklärt werden müssen etwa die folgenden Fragen:

     

    • Können durch die Einstellung des Assistenten die Praxisöffnungszeiten ausgeweitet werden?

     

    • Leidet die Produktivität des Praxiseigentümers dadurch, dass ihm weniger Behandlungskapazitäten zur Verfügung stehen - zum Beispiel sind vier Behandlungszimmer zu knapp bemessen, wenn gleichzeitig zwei Zahnärzte behandeln und zusätzlich PZR angeboten wird.

     

    • Kann der Assistent durch eigene Leistung solche Patienten an die Praxis binden, die anderenfalls abwandern oder die Praxis erst gar nicht aufsuchen würden?

     

    • Erzielt der Praxiseigentümer einen Gewinn an Lebensqualität (zum Beispiel zusätzliche Freizeit) - und wie bewertet er diesen?

     

    Im Folgenden soll in erster Linie erläutert werden, wie Sie - unter allein ökonomischen Aspekten - zu einer angemessenen Vergütung des angestellten Kollegen gelangen.

    Das Gehalt angestellter Zahnärzte in der Statistik

    Weder das von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) veröffentlichte „Jahrbuch 2012“ noch die vom Statistischen Bundesamt kürzlich publizierte „Kostenstruktur bei Arzt- und Zahnarztpraxen, Praxen von psychologischen Psychotherapeuten sowie Tierarztpraxen“ (2011) enthalten aussagekräftige Daten über die Gehaltsstruktur angestellter Zahnärzte.

     

    Aus beiden Publikationen lässt sich jedoch herauslesen, dass von den rund 60.000 an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Zahnärzten etwa 6.500 hiervon angestellte Zahnärzte sind (Stand: 2. Quartal 2012, Tendenz weiter steigend) - daneben sind rund 3.000 Ausbildungsassistenten bei selbstständigen Zahnärzten angestellt.

     

    Wenige Zahnärzte im Öffentlichen Dienst beschäftigt

    Gehälter im Öffentlichen Dienst können kaum als Vergleich herangezogen werden, da dieses Marktsegment nur vergleichsweise wenige Zahnärzte beschäftigt. Zudem gibt es hier andere ökonomische Rahmenbedingungen als bei einer Zahnarztpraxis. Außerhalb der öffentlichen Verwaltung existiert jedoch kein Tarifvertrag für das Gehalt eines angestellten Zahnarztes.

     

    Auch bei den Zahnärztekammern werden - soweit ersichtlich - weder Listen über vereinbarte Gehälter geführt noch Vorschläge, Hinweise oder Empfehlungen an Praxisinhaber gegeben, welche Gehälter bei der Anstellung von Assistenten oder angestellten Zahnärzten üblicherweise gezahlt werden.

     

    Erfahrene angestellte Zahnärzte können 5.000 Euro im Monat verdienen

    Eine Internetrecherche hat ergeben, dass Gehaltsangaben für angestellte Zahnärzte stark schwanken: Ausbildungsassistenten ohne Berufserfahrung erhalten in stark nachgefragten Regionen ein Monatsgehalt von etwa 1.500 bis 2.500 Euro brutto, erfahrene angestellte Zahnärzte mit entsprechend attraktiven Tätigkeitsschwerpunkten können angeblich bis zu 5.000 Euro brutto monatlich verdienen. In diesem Bereich liegen auch die Einstiegs-Gehälter bei Universitätskliniken; etwas mehr wird beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung gezahlt (etwa 6.000 Euro).

    Vergütungsstrukturen bei Niedergelassenen

    In der Praxis gibt es im Wesentlichen drei Formen von Vergütungsvereinbarungen, die geschlossen werden:

     

    • Festgehalt als monatliches Entgelt
    • Geringeres Festgehalt plus Beteiligung am zahnärztlichen Umsatz, sofern ein bestimmter Mindestumsatz (abrechenbares zahnärztliches Honorar) überschritten wird
    • Rein prozentuale Beteiligung am abrechenbaren zahnärztlichen Honorar

     

    Von den genannten Alternativen ist die mittlere (geringeres Festgehalt plus Umsatzbeteiligung ab einem bestimmten Mindestumsatz) nach unserer Kenntnis am meisten verbreitet.

    Plausibilitätsüberlegungen zur Höhe des Gehalts

    Laut Statistik beträgt bei Zahnarztpraxen der Anteil der Kosten am Praxisumsatz etwa 70 Prozent. Das bedeutet, dass ein Praxisinhaber maximal 
30 Prozent des erwirtschafteten zahnärztlichen Umsatzes als Bruttogehalt inklusive Sozialabgaben (Arbeitgeberanteile) zahlen kann, wenn er durch die Anstellung eines Zahnarztes keinen finanziellen Schaden erleiden möchte. Unterstellt man, dass ein Praxisinhaber das Anstellungsrisiko nicht allein tragen will, muss der oben genannte Prozentsatz je nach Risikoeinschätzung noch geringer ausfallen.

     

    Der durchschnittliche Umsatz aus selbstständiger zahnärztlicher Tätigkeit betrug im Jahr 2011 laut „KZBV-Jahrbuch 2012“ 427.942 Euro je Praxisinhaber in den alten Bundesländern (neue Länder: 302.550 Euro). Aus der Kenntnis zahlreicher Praxisdaten ist bekannt, dass ein angestellter Zahnarzt nie den gleichen Umsatz erwirtschaftet wie der Praxisinhaber: In der Regel wird der angestellte Zahnarzt nicht mehr als höchstens zwei Drittel des Umsatzes erzielen, den der Praxisinhaber erwirtschaftet.

     

    Umsatz eines angestellten Zahnarztes

    Dies bedeutet, dass ein Inhaber aus der Tätigkeit eines angestellten Zahnarztes bezogen auf die genannte Durchschnittspraxis maximal etwa 285.000 (202.000) Euro Umsatz erwarten kann, entsprechendes Behandlungspotenzial vorausgesetzt (Tabelle unten). Hiervon müssen Material- und Laborkosten für zahntechnische Arbeiten abgezogen werden, da diese aus betriebswirtschaftlicher Sicht „durchlaufende Posten“ sind.

     

    Der entsprechende Umsatz - er beläuft sich durchschnittlich auf etwa 21 Prozent des Praxisumsatzes - wird an das zahntechnische Labor weitergereicht und trägt nicht zum wirtschaftlichen Erfolg der Praxis bei.

     

    ... und nach Laborkosten?

    Somit verbleibt - bezogen auf die Durchschnittspraxis - ein Honorarumsatz von rund 225.000 (160.000) Euro, der dem Praxisinhaber aus der Tätigkeit des angestellten Zahnarztes höchstens zufließt. Subtrahiert man die Praxiskosten (circa 70 Prozent des Umsatzes), bleiben knapp 68.000 (48.000) Euro übrig - hieraus ist das Bruttogehalt des angestellten Zahnarztes inklusive der Arbeitgeberanteile für die Sozialversicherungen zu bestreiten.

     

    Außerdem sollte ein angemessener Betrag für die Übernahme des unternehmerischen Risikos durch den Praxisinhaber abgezogen werden. In schematischer Form stellt sich die Kalkulation wie folgt dar:

     

     

    ./.

     

     

    ./.

    ./.

    Erwarteter, durch den Assistenten erarbeiteter zusätzlicher Praxisumsatz

    Material- und Laborkosten 

    = zusätzlicher Honorarumsatz

     

    Praxiskosten

    Risikoprämie 

    = Höchstmögliches Assistentengehalt

     

     

    Unseres Erachtens kann daher das Brutto-Jahreseinkommen inklusive Arbeitgeberanteile basierend auf der Durchschnittspraxis aus ökonomischer Sicht höchstens etwa 4.500 bis 5.000 (3.000 bis 3.400) Euro im Monat bzw. 54.000 bis 60.000 (36.000 bis 40.800) Euro im Jahr betragen.

     

    Anderenfalls muss damit gerechnet werden, dass der Praxisinhaber durch die Einstellung eines angestellten Zahnarztes einen wirtschaftlichen Verlust erleidet, der sich allerdings unter Berücksichtigung der eingangs dargestellten „weichen Faktoren“ im Einzelfall aus subjektiver Sicht relativieren kann.

     

    PRAXISHINWEIS |  Bei Praxen mit eigenem zahntechnischen Labor kann - je nachdem, wie ertragreich das Labor arbeitet - unter Umständen ein etwas höheres Gehalt gezahlt werden, sofern der Assistent entsprechende Prothetikumsätze erwirtschaftet.

     

    Umsatzpotenzial des angestellten Zahnarztes

    Aus dem Gesagten folgt, dass eine Zahnarztpraxis zu dem ermittelten Höchstgehalt nur dann einen Kollegen anstellen sollte, wenn mit ihm der Umsatz um mindestens rund 285.000 (202.000) Euro gesteigert werden kann im Vergleich zum derzeit erwirtschafteten Umsatz. Nur dann ist die Beschäftigung eines Assistenten unter rein wirtschaftlichen Aspekten sinnvoll.

     

    Aus dieser Aussage ergibt sich als nachgelagerte Überlegung, wie ein derartiges Umsatzpotenzial abgeschätzt werden kann. Abgesehen davon, dass eine konkrete Betrachtung der jeweiligen Praxissituation hierfür unerlässlich ist, weisen zum Beispiel folgende Umstände auf nicht ausgeschöpfte Umsatzpotenziale hin:

     

    • Neue Patienten erhalten kurzfristig keine Termine oder werden von der Praxis abgewiesen.
    • Das Bestellbuch ist auf Wochen voll, und die Patienten beschweren sich über lange Wartezeiten.
    • Bei zahlreichen Patienten werden nur Schmerzbehandlungen durchgeführt.
    • Gebisssanierungen ziehen sich ohne behandlungstechnische Notwendigkeit über mehrere Monate hin.
    • Geplante Erweiterungen des Behandlungsspektrums können mangels Kapazitäten nicht realisiert werden.

    Schlussbemerkung

    Die in diesem Beitrag angestellten Überlegungen beziehen sich auf Festgehälter. Sofern Anreizsysteme wie etwa eine Umsatzbeteiligung vereinbart werden, darf der Bonus nur dann zu einem höheren Einkommen des angestellten Kollegen führen, wenn auch entsprechende Umsätze erzielt werden. Daher ist es ratsam, eine praxisindividuelle Kalkulation der Auswirkungen einer beabsichtigten Prämienregelung vorzunehmen, bevor eine entsprechende Vereinbarung getroffen wird.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 1 | ID 42258643