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  • 14.11.2013 · IWW-Abrufnummer 133476

    Landgericht Essen: Urteil vom 23.10.2007 – 13 S 103/07

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Essen

    13 S 103/07

    Tenor:

    hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Essen

    auf die mündliche Verhandlung vom 23.10.2007

    durch die Vors. Richterin am LG B.,

    den Richter am Landgericht I.

    und den Richter Dr. H.

    für R e c h t erkannt:

    Die Berufung der Beklagten gegen das am 23.05.2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bottrop (8 C 110/07) wird zurückgewiesen.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Gründe:

    I.

    Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. Das Gericht lässt eine Revision nicht zu, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen und der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer einen Betrag von 20.000 € nicht übersteigt, § 26 Nr. 8 EGZPO.

    II.

    Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

    Zu Recht hat das Amtsgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.038,49 € zu zahlen. Ein entsprechender Anspruch des Klägers folgt aus §§ 7, 17 StVG, §§ 1, 3 PflVG und § 249 Abs. 2 BGB.

    Dass die Beklagte dem Grunde nach für sämtliche durch den Unfall entstandenen Schäden des Klägers zu vollumfänglich zu haften hat, steht zwischen den Parteien außer Streit.

    Eine Einstandspflicht der Beklagten besteht auch, soweit der Kläger fiktiv – und zwar entsprechend dem von ihm eingeholten Gutachten des Sachverständigen O. – Stundenverrechnungssätze, Nebenkosten und Lackierkosten i.H.v. insgesamt 1.038,49 € geltend macht.

    Ausgangspunkt ist insoweit die schadensrechtliche Vorschrift des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, wonach der Geschädigte den zur Reparatur objektiv erforderlichen Geldbetrag verlangen kann, und zwar auch dann, wenn er das beschädigte Fahrzeug nicht oder zu tatsächlich günstigeren Konditionen repariert hat (vgl. bereits LG Essen, Urteil vom 27.09.2005, Az.: 13 S 115/05). Maßgeblich ist, was ein verständiger, wirtschaftlich denkender Betrachter in der Lage des Geschädigten zur Schadensbeseitigung für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Dies ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auch für die in einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten zu bejahen (vgl. BGH NJW 2003, 2086, 2087 m.w.N.), hier also für die von der Beklagten nicht bestrittenen Sätze der Firma D. in Bottrop.

    Zwar muss sich der Geschädigte, der mühelos eine ohne Weiteres zugängliche, günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, auf diese verweisen lassen. Wie der Bundesgerichtshof (a.a.O.) entschieden hat, genügt hierfür jedoch nicht die abstrakte Möglichkeit der technisch ordnungsgemäßen Reparatur in irgendeiner kostengünstigeren Fremdwerkstatt. Die Beklagte ist der Auffassung, im vorliegenden Fall gelte etwas anderes, weil sie konkret andere Betriebe in der näheren Umgebung des Klägers benannt habe, die in gleicher Weise zu einer fachgerechten Reparatur des in Rede stehenden Schadens in der Lage seien. Der Kläger könne unter diesen Umständen bei Abrechnung fiktiver Reparaturkosten nur deren Stundenverrechnungssätze und Lackierkosten ersetzt verlangen (so im Ergebnis auch LG Heidelberg, Urteil vom 25.04.2006, Az.: 2 S 55/05). Dem vermag die Kammer indes nicht zu folgen. Billigte man dem Geschädigten nämlich bei Abrechnung fiktiver Reparaturkosten nur Ersatz der bei Ausführung der Arbeiten in einer "sonstigen" Fachwerkstatt anfallenden geringeren Kosten zu, so würde damit der Grundsatz unterlaufen, dass der Geschädigte sowohl in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung als auch in der Verwendung des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes frei ist. Hiermit ist es unvereinbar, hinsichtlich der Höhe der ersatzfähigen Reparaturkosten zu differenzieren je nach dem, ob bzw. wie er das Fahrzeug reparieren lässt (LG Mainz, Urteil vom 31.05.2006, Az.: 3 S 15/06), zumal der Schaden bereits im Moment des Unfalls entstanden ist. Eine entsprechende Differenzierung wäre auch, wie das LG Mainz (a.a.O.) überzeugend dargelegt hat, insbesondere deswegen problematisch, weil je nach Erfahrung der Werkstatt für die Reparatur der entsprechenden Fahrzeugmarke, Art und Umfang des Schadens, Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs, Bestehen einer Herstellergarantie u.a. der Geschädigte ein berechtigtes Interesse haben kann, eine ihm vertrauenswürdig und kompetent erscheinende Vertragswerkstatt mit der Reparatur zu beauftragen, zumal er in der Regel nicht wissen wird, ob eine sonstige Werkstatt über hinreichende Erfahrungen mit der Reparatur der entsprechenden Fahrzeugmarke verfügt. Vor diesem Hintergrund verbietet sich nach Auffassung der Kammer eine Differenzierung der Erstattungsfähigkeit der Kosten und Sätze markengebundener Fachwerkstätten danach, ob fiktiv oder konkreter abgerechnet wird.

    Hieraus folgt zugleich, dass neben den geltend gemachten Stundensätzen auch die Verbringungskosten, Mietkosten für den Richtwinkelsatz sowie die Lackierungskosten im vollen Umfang erstattungsfähig sind. Denn unstreitig handelt es sich bei der Firma D. um die einzige markengebundene Fachwerkstatt in der Nähe des Wohnorts des Klägers. Aus diesem Grund konnte sich der vom Kläger beauftragte Sachverständige O. bei der Erstellung seines Gutachtens auch auf darauf beschränken, allein die Sätze und Preise der Firma D. zugrunde zu legen. Daher sind von der Beklagten sowohl die Stundensätze der Firma D. wie auch die Verbringung des Fahrzeugs zwecks Lackierung und die Miete eines Richtwinkelsatzes, insgesamt weitere 1.038,49 € zu erstatten.

    Nach alledem trifft den Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten auch kein Mitverschulden i.S.v. § 254 Abs. 2 BGB. Die Frage eines Mitverschuldens hätte sich nämlich nur und erst dann stellen können, wenn dem Kläger gleichwertige günstigere Reparaturmöglichkeiten zur Verfügung gestanden hätte, woran es indes vorliegend schon deshalb fehlt, weil es in zumutbarer Entfernung keine andere markengebundene Fachwerkstatt als die Firma D. gab.

    Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 97 Abs. 1; 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

    RechtsgebietBGBVorschriften§§ 249 (2) S. 1 BGB