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  • 16.01.2013 · IWW-Abrufnummer 122840

    Landgericht Duisburg: Urteil vom 25.06.2012 – 3 O 18/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Duisburg

    3 O 18/12

    Tenor:

    1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug mit identischer technischer Ausstattung Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangelhaften Wohnmobils Fabrikat I, Fahrzeugidentitätsnummer 0 nachzuliefern zuzüglich Zinsen aus dem Kaufpreis in Höhe von *) 41.400,00 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.4.2011 zu zahlen.

    2.

    Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Nachlieferung des oben aufgeführten Fahrzeuges in Verzug befindet.

    3.

    Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 2.118,44 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.4.2011 freizustellen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.

    T a t b e s t a n d :

    Der Kläger nimmt die Beklagte auf Nacherfüllung in Form der Nachlieferung aus einem Fahrzeugkaufvertrag in Anspruch. Der Kläger kaufte von der Beklagten am 2.12.2010 das im Klageantrag näher bezeichnete fabrikneue Wohnmobil I zum Kaufpreis in Höhe von 100.400,00 €. Am 4.2.2011 verbrachte der Kläger das Fahrzeug zur Beklagten, da während der Fahrt die Fehlerbeleuchtung für „Einspritzanlage defekt“ aufleuchtete. Bei der Beklagten befand sich das Fahrzeug vom 4.2.2011 bis zum 8.11.2011 in Reparatur. Am 6.3.2011 hatte der Kläger Probleme mit dem Motor. Es wurde insoweit ein selbstständiges Beweisverfahren unter dem Aktenzeichen 3 OH 155/11 durchgeführt. Insoweit wird auf das entsprechende Gutachten des Sachverständigen M vom 14.10.2011 verwiesen. Der Kläger trägt vor, dass die voraussichtlichen Reparaturkosten 8.077,35 € betragen würden. Er ist der Auffassung, er könne nunmehr Nacherfüllung verlangen. Darüber hinaus begehrt der Kläger noch einen Zinsschaden, da er den Kaufpreis nicht habe fest anlegen können. Zudem begehrt der Kläger Schadensersatz, da er mit dem Wohnmobil nicht in Urlaub fahren könne. Hierfür seien Kosten ursprünglich in Höhe von 586,00 € aufgrund eines Urlaubs in Bayern angefallen. Tatsächlich habe er allerdings Mehrkosten in Höhe von 2.090,98 € gehabt. Er habe nämlich insoweit eine Flugreise buchen müssen.

    Der Kläger beantragt,

    1 die Beklagten zu verurteilen, an ihn ein mangelfreies fabrikneues typengleiches Ersatzfahrzeug mit identischer technischer Ausstattung Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangelhaften Wohnmobils Fabrikat I, Fahrzeugidentitätsnummer 0 nachzuliefern zuzüglich Zinsen aus dem Kaufpreis in Höhe von 100.400,00 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.4.2011 zu zahlen,

    2 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.090,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

    3 festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Nachlieferung des im Klageantrag zu 1. näher bezeichneten Fahrzeuges in Verzug befindet,

    4 die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten seines Prozessbevollmächtigten in Höhe 2.118,44 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.4.2011 freizustellen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte trägt in ihrer Klageerwiderung vor, dass sie die Feststellung des Sachverständigen im selbstständigen Beweisverfahren, wonach die Reparaturkosten 8.077,35 € ausmachen würden, akzeptiere. Sie hält es jedoch durchaus für möglich, dass auch Reparaturkosten lediglich in Höhe von 3.000,00 € anfallen würden. Sie ist zudem der Auffassung, dass die Nacherfüllung durch Nachlieferung auf Seiten der Beklagten zu unverhältnismäßigen Kosten führen würde. Allein der Wertverlust des zurückzunehmenden Fahrzeugs liege bei mindestens 20 % des Kaufpreises somit 20.000,00 €. Darüber hinaus habe sie noch nicht die Gelegenheit gehabt, das Fahrzeug nachzubesichtigen.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsatz nebst Anlagen verwiesen.

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

    Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Neulieferung eines mangelfreien Wohnmobils Fabrikat I aus §§ 433 Abs. 1, 434 Abs. 1, 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB zu. Das vom Kläger bei der Beklagten gekaufte Wohnmobil weist einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB auf. Wie der Sachverständige im Rahmen seines selbstständigen Beweisverfahrens festgestellt hat, liegt ein Motorschaden vor. Aufgrund des Auftretens dieses Schadens wird auch vermutet, dass der Mangel bereits bei Übergabe des Fahrzeuges vorlag. Soweit die Beklagtenseite vorträgt, sie habe noch nicht Gelegenheit gehabt, das Fahrzeug selbst in Augenschein zu nehmen, kann hier insoweit nicht befolgt werden. Es ist nicht ansatzweise erkennbar oder vorgetragen, dass die Beklagte jeweils den Wunsch seitens hinsichtlich gegenüber dem Kläger geäußert hat, das Fahrzeug in Augenschein zu nehmen. Es hätten zahlreiche Möglichkeiten auch noch im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens bestanden. Die Erhebung insoweit der Einrede, das Fahrzeug noch nicht begutachtet zu haben, erscheint im Hinblick auf den Zeitablauf der mittlerweile eingetreten ist, als zumindestens treuwidrig.

    Substantiiert hat die Beklagte auch nicht weiter vorgetragen, dass etwa der Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe noch nicht vorgelegen habe oder der Mangel aufgrund eines Verschuldens seitens des Klägers eingetreten sei.

    Gemäß § 439 Abs. 1 BGB kann der Kläger wegen des Mangels des gekauften Fahrzeuges die Lieferung eines neuen mangelfreien Wohnmobils verlangen. Entgegen der Auffassung der Beklagten muss er sich auch nicht mit der Reparatur des gekauften Fahrzeuges durch Einbau eines neuen Motors zufriedengeben.

    Das Wahlrecht, ob die neue Lieferung im Wege der Beseitigung des Mangels oder der Neulieferung einer mangelfreien Sache erfolgt, steht gemäß § 439 Abs. 1 BGB dem Käufer zu. Der Kläger hat das ihm zustehende Wahlrecht durch Anwaltsschreien ausgeübt.

    Die Beklagte kann die Neulieferung eines mangelfreien Fahrzeuges nicht unter Berufung auf § 439 Abs. 3 BGB verweigern, weil diese nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich sei. Die von ihr insoweit erhobene Einrede für deren tatsächliche Voraussetzungen sie darlegungspflichtig ist, hat keinen Erfolg. Unabhängig von der tatsächlich durchzuführenden Verhältnismäßigkeitskontrolle der möglicherweise anfallenden Kosten scheitert die von der Beklagten erhobene Einrede des § 439 Abs. 3 BGB vorliegend aber auch daran, dass bei der Beurteilung der Frage, ob die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unverhältnismäßige Kosten verursacht, nach § 439 Abs. 3 Satz 2 BGB neben dem Wert der Sache in mangelfreiem Zustand und der Bedeutung des Mangels auch zu berücksichtigen ist, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Neben dem Kostenvergleich spielt somit auch das Interesse des Käufers an der Neulieferung eines mangelfreien Fahrzeuges eine Rolle. Besteht ein berechtigtes Interesse des Käufers daran, dass die von ihm verlangte Variante der Nacherfüllung verwirklicht wird, ist dies dem Verkäufer auch dann zuzumuten, wenn sie höhere Kosten als die andere Art der Nacherfüllung verursacht. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es sich bei einem Motorschaden eines solchen neuen Fahrzeuges um einen wesentlichen Mangel handelt. Hierbei kann zu Gunsten des Beklagten unterstellt werden, dass der Einbau eines werksneuen Motors dazu führt, dass das Neufahrzeug technisch keinen Wertverlust erleidet, weil ein Fahrzeug mit einem nachträglich eingebauten werksneuen Motor gleichwertig ist mit einem Fahrzeug mit dem ursprünglichen Motor. Denn selbst wenn ein Fahrzeug mit dem Erstmotor und ein Fahrzeug mit einem nachträglich eingebauten neuen Motor anders als im Falle eines Austauschmotors technisch als gleichwertig anzusehen ist, bleibt nach Auffassung des Gerichts dennoch ein merkantiler Minderwert, der daraus resultiert, dass im Verkehr eine Sache, die einen ... Mangel aufgewiesen hat und dann repariert worden ist, in ihrer Wertschätzung geringer bewertet wird als eine von Anfang an mangelfreie Sache. Bei einem späteren Weiterverkauf des Fahrzeugs würde sich dies in dem zu erzielenden Verkaufserlös niederschlagen.

    Ferner war antragsgemäß festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des ihr vom Kläger gemäß § 439 Abs. 4 in Verbindung mit §§ 346, 348 BGB zurückzuübereignenden Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.

    Soweit darüber hinaus der Kläger Mehrkosten für einen fehlgeschlagenen Urlaub geltend macht, war die Klage abzuweisen. Der Kläger hat ursprünglich zwei Wochen Urlaub in Bayern geplant. Tatsächlich hat er eine Flugreise gebucht in einem Ferienhaus. Diese Urlaubsvariante unterscheidet sich eklatant von der ursprünglich geplanten Variante. Der Kläger hätte durchaus seine ursprünglich geplante Variante durchführen können etwa, indem er ein entsprechendes Wohnmobil angemietet hätte. In diesem Fall wären möglicherweise die Mehrkosten zu erstatten gewesen. Entscheidet sich der Kläger jedoch für eine komplett andere Reise in Form einer Flugreise sind die insoweit naturgemäß höheren Kosten nicht der Beklagten anzulasten, so dass die Klage insoweit abzuweisen war.

    Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

    *) Am 06.07.2012 erging folgender Berichtigungsbeschluss

    Der Tenor des Urteils der 3. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 25.06.2012 wird gemäß § 319 ZPO wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend

    berichtigt, dass der Betrag unter 1. von 41.400,00 € ersetzt wird durch den Betrag

    100.400,00 €.

    Der Streitwert wird auf 103.000,00 € festgesetzt.