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  • 13.06.2012 · IWW-Abrufnummer 121750

    Oberlandesgericht Oldenburg: Urteil vom 06.09.2011 – 13 U 43/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Im Namen des Volkes

    Urteil

    13 U 43/10
    16 O 699/09 Landgericht Oldenburg Verkündet am 06.09.2011
    …, Justizangestellte
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

    In dem Rechtsstreit

    1. B… K…, B… …, … D…,

    2. Öffentliche Landesbrandkasse Oldenburg, vertreten durch den Vorstands-
    vorsitzenden F… T…, S… …, … O…,
    Geschäftszeichen: Schaden-Nr.: 40.08.440213.8

    Beklagte und Berufungsklägerinnen,

    Prozessbevollmächtigte zu 1, 2:
    Rechtsanwälte Dr. S… & Partner, L… …, … D…,
    Geschäftszeichen: 01902/08 S / an

    gegen

    G… GmbH & Co. KG, K… …, … B…,
    vertreten durch die Komplementärin G… Verwaltungs GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer P… G…,

    Klägerin und Berufungsbeklagte,

    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte T… & Partner, O… …, … D…,
    Geschäftszeichen: 590/08

    hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
    auf die mündliche Verhandlung vom 23. August 2011
    durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht … sowie
    die Richter am Oberlandesgericht … und …
    für R e c h t erkannt:

    Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31. August 2010 verkündete Urteil des Einzelrichters der 16. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels geändert und wie folgt neu gefasst:

    1. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin als Gesamtschuldner 3.761,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2009 zu zahlen.

    2. Die Beklagten werden weiter verurteilt, die Klägerin von der Forderung ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.005,35 Euro zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13.03.2009 freizustellen.

    3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    4. Die Kosten des Rechtsstreits - beider Rechtszüge - tragen die Klägerin zu 1/10 und die Beklagten zu 9/10 als Gesamtschuldner.

    5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    G r ü n d e :
    I.

    Wegen des diesem Rechtsstreit zugrundeliegenden Sachverhalts nimmt der Senat auf den Tatbestand und - ergänzend - die Entscheidungsgründe des von den Beklagten in vollem Umfang angefochtenen Urteils Bezug, §§ 540 Abs. 1, 313a Abs. 1 ZPO.

    Die Beklagten wenden sich gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts und insbesondere gegen die vom Einzelrichter ausgeurteilten Haftungsquote zu ihren Lasten. Sie meinen, das Vorfahrtsrecht des Beklagten zu 1. gehe nicht dadurch verloren, dass er sich selbst verkehrswidrig verhalten habe.
    Ferner greifen sie die Ausführungen des Landgerichts zum Nutzungsausfallschaden an; zum einen sei das Fahrzeug gewerblich genutzt worden; im Übrigen sei nicht ersichtlich, warum das Landgericht eine Dauer des Nutzungsausfalls von 42 Tagen angenommen habe, zumal der Sachverständige ursprünglich nur 23 - 25 Tage in Ansatz gebracht habe.

    Ferner wird „bestritten“, dass die Anwaltskosten für die Inanspruchnahme der Kaskoversicherung in der geltend gemachten Höhe einen erstattungsfähigen Schaden darstellten.

    Die Beklagten beantragen,
    das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen
    und regen an, die Revision zuzulassen.

    Die Kläger, die beantragen,
    die Berufung zurückzuweisen,
    verteidigen die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Bekräftigung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

    Die Ermittlungsakten 360 Js 9963/09 StA Oldenburg lagen vor.

    II.

    Das - zulässige - Rechtsmittel hat in der Sache nur in geringem Umfang Erfolg, nämlich zum Teil hinsichtlich der Kosten für die Inanspruchnahme der Kaskoversicherung der Klägerin.
    Im Übrigen erweist sich die Berufung als unbegründet.

    1. Das Landgericht ist aufgrund der in der Beweisaufnahme gewonnenen Erkenntnisse zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 1. das Rotlicht der für ihn geltenden Lichtzeichenanlage missachtet hat. Die sorgfältige Beweiswürdigung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der getroffenen Feststellungen begründen könnten, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, sind weder ersichtlich noch mit der Berufung dargelegt. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Würdigung der Bekundungen der Zeugin H…. Der Einzelrichter hat auch das Aussageverhalten dieser Zeugin in seine Beurteilung einfließen lassen. Entgegen der im Schriftsatz vom 18.08.2011 geäußerten Auffassung der Beklagten rechtfertigen auch die im Ermittlungsverfahren getätigten Aussagen der Zeugin keine andere als die vom Landgericht vorgenommene Würdigung. Die Zeugin hat nämlich auch im Ermittlungsverfahren erklärt, dass der Pkw-Fahrer noch beschleunigt und die Haltelinie bei Rotlicht überfahren habe.

    Die auf dieser Grundlage vom Landgericht vorgenommene Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten der Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch wenn der Fahrer des Kraftwagens der Klägerin die ihm gemäß § 9 Abs. 3 StVO obliegende Wartepflicht nicht hinreichend beachtet hat, ist die Beurteilung des Landgerichts, wonach der Rotlichtverstoß im konkreten Fall schwerer wiegt, nicht zu beanstanden (vgl. auch Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 10. Aufl., Kapitel A Rdnr. 222 m.w.N.).

    2. Ohne Erfolg wenden sich die Beklagten gegen die Zuerkennung des Nutzungsausfallschadens.
    Diesen hat das Landgericht unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 2008, 913, 914), wonach auch bei gewerblich genutzten Fahrzeugen eine abstrakte Berechnung in Betracht kommen kann, mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, und unter Berücksichtigung der Haftungsquote mit 2.548,00 Euro zutreffend berechnet. Dem Einwand der Beklagten ist im Übrigen entgegenzuhalten, dass der BMW 740 i ein repräsentatives Firmenfahrzeug ist, das dem Seniorchef, der beim Unfall am Steuer saß, zur überwiegend privaten Nutzung zur Verfügung stand. Gegen die Dauer des Nutzungsausfalls von 42 Tagen bringt die Berufung nichts Erhebliches vor. Dass der Sachverständige ursprünglich eine geringere Reparaturdauer veranschlagt hatte, ist unbeachtlich Denn die Nutzungsausfallentschädigung richtet sich, wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat, nach dem tatsächlichen Ausfall des Kraftwagens, der sich ausweislich der Reparaturrechnungen vom 26.08. bis zum 06.11.2009 in der Werkstatt befand und deshalb nicht genutzt werden konnte.

    3. Das Landgericht hat dem Grunde nach auch zutreffend die Kosten für die anwaltliche Inanspruchnahme ihrer Kaskoversicherung als erstattungsfähigen Schaden berücksichtigt.

    Abgesehen davon, dass der Klägerin lediglich 1.538,80 Euro in Rechnung gestellt worden sind (Anlagenband Anlage K 8), ist auch insoweit die Mithaftungsquote von 1/3 zu berücksichtigen. Bei Rechtsanwaltskosten, die durch die Inanspruchnahme einer Kasko-Versicherung entstanden sind, ist dabei der Geschäftswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (BGH NJW 2005, 1112; vgl. BGH NJW 2006, 1065 sowie NJW 2008, 1888; Palandt-Grüneberg, BGB, § 249 Rdnr. 57).
    Kostenerstattung aufgrund des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs kann der Geschädigte vom Schädiger nämlich grundsätzlich nur insoweit verlangen, als seine Forderung diesem gegenüber objektiv auch berechtigt war. Kosten, die dadurch entstehen, dass er einen Anwalt zur Durchsetzung eines unbegründeten Anspruchs beauftragt, können dem Schädiger - anders als dies das OLG Düsseldorf allerdings ohne nähere Begründung meint (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.01.2006 - 1 U 159/05 - zitiert nach juris) - nicht mehr als Folge seines Verhaltens zugerechnet werden (BGH a.a.O).
    Was die Höhe der Gebühren anbelangt, sind die Rechtsanwaltskosten nicht wie die übrigen Schadenspositionen nach der Quote (hier: 2/3) zuzusprechen, sondern die Kosten sind aus dem Geschäftswert der berechtigten Forderung der Kläger zu berechnen (BGH a.a.O.; vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 08.02.2011
    - 22 U 162/08 - recherchiert nach juris). Danach kann von einer 1,3-Geschäfts- gebühr nach VV 2300 ausgegangen werden (OLG Frankfurt a.a.O.), weil seitens der Kläger ein umfassender Anwaltsauftrag vorlag, den Schaden insgesamt geltend zu machen.

    Geht man von den um 1/3 reduzierten Geschäftswert (40.326,- €, davon 2/3 = 26.884,- €) errechnen sich Gebühren von insgesamt 1.196,43 € (758 x 1,3 = 985,40 + 20,- € = 1.005,40 + 19 % Mehrwertsteuer = 1.196,43 €).

    Danach errechnet sich eine Forderung der Klägerin in Höhe von 2.548,00 Euro
    (Nutzungsausfall), 16,67 Euro anteilige Kostenpauschale sowie weiteren 1.196,43 Euro, insgesamt folglich 3.761,10 Euro.

    4. Gegen die vom Landgericht ausgesprochene Verurteilung (Lit. 2 des Tenors), die Klägerin von der Forderung ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.005,35 Euro nebst Zinsen freizustellen, bringen die Beklagten nichts Erhebliches vor.

    5. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286, 291 BGB.

    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
    Die Entscheidung über die Sicherheitsleistung folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

    6. Der Senat hat im Hinblick auf die vom Landgericht vorgenommene Haftungsquote keinen Anlass gesehen, die Revision zuzulassen, weil es sich insoweit um eine Einzelfallentscheidung handelt.
    Auch bezüglich des Nutzungsausfalls besteht aufgrund der erwähnten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 2008, 913 f) kein Anlass, die Revision zuzulassen.
    Schließlich liegen die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 ZPO angesichts der insoweit in Bezug genommenen Rechtsprechung auch im Hinblick auf die Erstattungsfähigkeit der vorgerichtlichen Anwaltskosten für die Inanspruchnahme der Kaskoversicherung der Klägerin nicht vor.